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Wenn eine Ärztin einen Totenschein auf Herzversagen ausstellt und die 16 Messerstiche im Rücken der Leiche nicht bemerkt, so kann sich der erfahrene Pathologe Hans Bankl darüber nicht wundern. Nach 35 Berufsjahren und 30.000 Obduktionen ist er überzeugt, dass viele Ärzte nicht in der Lage sind, ohne Obduktion die wirkliche Todesursache eines Menschen festzustellen. Deshalb solle man, so rät er, auch den Statistiken darüber, woran Menschen in der Regel sterben, nicht allzuviel Glauben schenken.Glauben sollte man auch nicht unbedingt, dass es sich zu Hause besser stirbt. Immer wieder stellen…mehr

Produktbeschreibung
Wenn eine Ärztin einen Totenschein auf Herzversagen ausstellt und die 16 Messerstiche im Rücken der Leiche nicht bemerkt, so kann sich der erfahrene Pathologe Hans Bankl darüber nicht wundern. Nach 35 Berufsjahren und 30.000 Obduktionen ist er überzeugt, dass viele Ärzte nicht in der Lage sind, ohne Obduktion die wirkliche Todesursache eines Menschen festzustellen. Deshalb solle man, so rät er, auch den Statistiken darüber, woran Menschen in der Regel sterben, nicht allzuviel Glauben schenken.Glauben sollte man auch nicht unbedingt, dass es sich zu Hause besser stirbt. Immer wieder stellen sich unauffällige Herzstillstände als heimtückische Anschläge oder kuriose Unfälle heraus. Wie etwa bei der alten Frau, bei der erst der Leichenbestatter sich wunderte, warum er ihren Mund nicht schließen konnte. Als er genauer hinsah, hatte sie ein Taschentuch tief im Rachen. Oder jener Mann, der im Garten zusammenbrach; erst später bemerkte man, dass er ein Loch in der Brust hatte. Sein Na chbar hatte Schießübungen gemacht und ihn dabei mit einer abgeprallten Kugel tödlich getroffen. Da Bankl als Pathologe häufig mit Mordopfern zu tun hat, gibt er bereitwillig Expertentipps für den perfekten Mord. Mögliche Nachahmer warnt er jedoch, dass die Detektive mit dem Skalpell nicht nur gute Spürnasen und scharfe Instrumente haben, sondern auch über modernste Hightech-Wissenschaft verfügen und nicht einmal davor zurückschrecken, sich von Schmeißfliegen Auskunft über einen Todeszeitpunkt geben zu lassen. Bankl berichtet über die beliebtesten Gifte der Geschichte und über interessante Selbstmorde von Kleopatra über Karl Lütgendorf bis hin zur Baader-Meinhof-Gruppe. Spannend sind die Irrfahrten berühmter Leichen, die oft Jahrhunderte nach ihrem Tod noch nicht zur letzten Ruhe gefunden haben; von mancher blieb gar nur noch ein halber Kopf übrig wie im Fall des Gesichts von Kardinal Richelieu. Ganz arg erging es dem englischen Parlamentarier Oliver Cromwell im 17. Jahrhundert. ZweiJahre nach seinem Tod wurde er von Königstreuen wieder ausgegraben, erst aufgehängt und dann enthauptet. Bankl bewahrt übrigens die Schädel seiner Vorfahren zu Hause auf, um sie vor solchen Unbilden zu schützen. Schließlich warnt Bankl vor ganz neuen Gefahren, die zum Tod in delikaten Lebenslagen führen können. Allem voran bei unvorsichtiger Verwendung des Potenzmittels Viagra. Da kann Liebe schnell tödlich sein.
Ein humorvoller und informativer Streifzug durch die Welt gewaltsamer Tode von einem Meister aus der Zunft der Detektive mit dem Skalpell.
Autorenporträt
Univ. Prof. Dr. Hans Bankl habilitierte 1972, 31-jährig, zum damals jüngsten Dozenten Österreichs. Ab 1977 war er Vorstand des Pathologischen Institutes eines großen Krankenhauses.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Das Thema des Buches ist das Sterben. "Und zwar in all seinen vielfältigen Formen." Kein Wunder, wenn der Autor (ein Arzt, keine Bange) im Leben so um die 30.000 Leichen unter der Hand gehabt hat. Ob Johanna Adorjan es allerdings genossen hat, wie der Mediziner "mit größter Gelassenheit" Mord und Totschlag schildert, über prominente Leichen (Napoleon, Mozart) plaudert und obendrein die besten Tipps gibt für angehende Mörder, die es möglichst perfekt machen wollen, oder ob sie das eiskalte Grausen befiel - das ist der Rezension nicht zu entnehmen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.2001

Im neunten Stock traf ihn die Kugel
Hans Bankl schaut sich Leichen an / Von Johanna Adorján

Sein erstes Mädchen hieß Ramona. Sie war jung, bildschön, vielleicht ein wenig blaß um die Nase, aber das war nicht weiter verwunderlich, steckte doch ein kleines Bleigeschoß fein säuberlich in ihrem Herzen. Das Eintrittsloch an der Brust war kaum sichtbar, so gut hatte das Mädchen gezielt. Selbstmord. Mit einem Kleinkalibergewehr. Unglückliche Liebe, das Motiv, wie ein Abschiedsbrief verriet. Und weil dies seine erste Leiche war und weil das erste Mal ja immer etwas ganz Besonderes ist, auch bei Obduktionen, trägt der österreichische Gerichtsmediziner Hans Bankl das Projektil, das er dem Mädchen Ramona vor vielen Jahrzehnten aus dem Herzen operierte, noch heute als Talisman bei sich.

Auch in dem neuen Buch des schreibenden Arztes dreht sich alles um das Thema seines Lebens: das Sterben. Und zwar in all seinen vielfältigen Formen. Mehr als dreißigtausend Leichen hat Bankl obduziert, ihn scheint so leicht nichts mehr erschüttern zu können. Mit größter Gelassenheit schildert er schlimme Verbrechen, grausame Morde, erzählt von Selbsterlebtem, von Selbstobduzierten, aber auch von Gehörtem, Gelesenem, Zusammengetragenem: Hauptsache, die Todesursache ist unklar. Dann schlägt die Stunde des Gerichtsmediziners, die Stunde von Hans Bankl, dann wird nach Indizien gesucht, nach Spuren und Motiven.

Napoleon Bonaparte zum Beispiel. In seinen Haaren, vom FBI vor sieben Jahren mit modernsten Methoden untersucht, läßt sich eine erstaunlich hohe Konzentration von Arsen nachweisen. Mord? Ist anzunehmen, daß er während seiner Verbannung auf St. Helena vergiftet wurde? Bankl hat eine andere Erklärung, und sie klingt so ausgedacht, daß sie wohl wahr sein muß: Seiner Meinung nach hat eine Tapete Napoleon vergiftet. Auf Wunsch des Gefangenen waren dessen Räumlichkeiten in seiner Lieblingsfarbe Grün gestaltet worden, Stühle, Tische, Tapeten - alles wurde überstrichen. Als Farbton verwandte man damals üblicherweise Kupferarsenit, das, wie heute bekannt ist, in Verbindung mit Schimmelpilzen flüchtiges Arsen freisetzt. Ein Zeitzeuge, der die Wände in Napoleons Wohnung in Longwood als "mit einer grünen Feuchtigkeit und mit Schimmel bedeckt" beschreibt, stützt diese Theorie. Allerdings war die Arsenbelastung nicht sehr hoch, Napoleon starb schließlich an Magenkrebs.

Über prominente Leichen, zumindest Teile derselben, erfährt man einiges. Zum Beispiel daß der Kopf von Wolfgang Amadeus Mozart höchstwahrscheinlich nicht mit seinen übrigen Gebeinen zusammen auf einem ehemaligen Armenfriedhof verscharrt liegt. Angeblich hält ihn die Stadt Salzburg, die über verschlungene Wege in seinen Besitz gekommen sein soll, an einem geheimen Ort unter Verschluß. Bankls Buch handelt jedoch nicht nur von bereits Gestorbenen, sondern richtet sich auch an all jene, die vorhaben, den perfekten Mord zu begehen. Für sie hat der Autor einige wertvolle Tips parat. So sollte man beispielsweise bei der Beseitigung einer Leiche in einem Gewässer vorsorglich deren Brust, Bauchhöhle und Darm aufschneiden: Nur so können die Auftrieb erzeugenden Fäulnisgase entweichen, die den Körper sonst nach einiger Zeit wie einen Luftballon an die Wasseroberfläche treiben lassen. Beim Verscharren unter der Erde empfiehlt es sich, entweder das Einsetzen der Totenstarre abzuwarten oder aber sehr tief zu graben. Die Totenstarre hat eine Beugung im Ellenbogengelenk zur Folge, die wiederum den Unterarm anheben kann - unter Umständen ragt also nach kurzer Zeit eine Leichenhand aus dem Boden.

Ist ein Mord zu vertuschen, kann natürlich ein Selbstmord vorgetäuscht werden, und auch hier gibt der Autor wichtige Hinweise. Wenn die Tatwaffe ein Messer ist, sollte man beachten, daß Selbstmörder immer erst ein paar zaghafte, oberflächliche Probierschnitte machen. Wichtig auch: Selbstmörder erstechen sich nie durch Kleidung hindurch, an der betreffenden Stelle pflegen sie die Haut zu entblößen. Und noch eine Petitesse: Jemand, der sich in selbstmörderischer Absicht aus einem Fenster gestürzt hat, liegt am Ende weiter entfernt von der Hauswand als einer, der hinausgestürzt wurde und bis zuletzt versucht hat, sich irgendwo festzuhalten.

In einem Kapitel, mit "Neues vom Geschlechtsverkehr" überschrieben, steht zu lesen, daß 75 Prozent aller Todesfälle, die während des Koitus eintreten, beim außerehelichen Verkehr passieren. Für Ehefrauen, die nun befürchten müssen, daß ihr Mann außer Hause stirbt, hat Bankl ein paar Seiten weiter hinten eine hübsche Anregung aus Rußland. Dort hat eine Frau, die ihren Mann der Untreue verdächtigte, Pfeffer in ein Kondom gestreut, das sie in seiner Jackentasche gefunden hatte, und es anschließend wieder versiegelt. Der Arme wurde kurze Zeit später in ein Moskauer Krankenhaus eingeliefert, die lokale Entzündung mußte ärztlich behandelt werden.

1994 stürzte sich ein Mann aus einem zehnten Stock, um seinem Leben ein Ende zu bereiten - als er am neunten Stockwerk vorbeisegelte, traf ihn eine Kugel, die während eines Ehestreits abgefeuert wurde. Wir alle werden sterben. Fragt sich bloß, wie.

Hans Bankl: "Im Rücken steckt das Messer". Geschichten aus der Gerichtsmedizin. Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 2001. 256 S., geb., 38,- DM.

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