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In "Die Verbündeten", einem seiner Hauptwerke, das 1927 in Paris erschienen ist, porträtiert Emmanuel Bove seine Mutter und seinen Bruder Léon, die sich im Kampf gegen ihr Schicksal zusammengetan hatten. Geld, eine wahre Obsession im Leben und Werk Emmanuel Boves, ist auch hier eines der wichtigsten Themen. Seine Beziehung zu Mutter und Bruder war lebenslang schwer davon belastet, daß die beiden ihn als ihren Ernährer betrachteten - ihn, den Schriftsteller, der selbst kaum über die Runden kam. Radikal und schonungslos zeigt Bove seine Figuren in ihrer Unfähigkeit zu handeln, in ihrem…mehr

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Produktbeschreibung
In "Die Verbündeten", einem seiner Hauptwerke, das 1927 in Paris erschienen ist, porträtiert Emmanuel Bove seine Mutter und seinen Bruder Léon, die sich im Kampf gegen ihr Schicksal zusammengetan hatten.
Geld, eine wahre Obsession im Leben und Werk Emmanuel Boves, ist auch hier eines der wichtigsten Themen. Seine Beziehung zu Mutter und Bruder war lebenslang schwer davon belastet, daß die beiden ihn als ihren Ernährer betrachteten - ihn, den Schriftsteller, der selbst kaum über die Runden kam.
Radikal und schonungslos zeigt Bove seine Figuren in ihrer Unfähigkeit zu handeln, in ihrem ausweglosen Scheitern. Peter Handke, ein großer Bewunderer Emmanuel Boves, meinte zu "Die Verbündeten": "Ich könnte so ein Buch nicht schreiben. Man bräuchte viel Mut dazu."
Autorenporträt
Emmanuel Bove (1898-1945), Sohn eines russischen Lebemanns und eines luxemburgischen Dienstmädchens, brachte sich mit den verschiedensten Berufen notdürftig durch, ehe er als Journalist und Schriftsteller sein Auskommen fand. Nach seinem frühen Tod jahrzehntelang völlig vergessen, gilt er heute als ein Klassiker der französischen Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.10.1999

Auf leisen Sohlen in den Tod
Traurig möbliert: Emmanuel Bove besucht die Familienhölle

Wer auch nur eine leise Ahnung von der Romanwelt Emmanuel Boves (1898 bis 1945) hat, weiß, worauf er sich einlässt. Sein rund zwanzig Romane und doppelt so viele Erzählungen umfassendes OEuvre zelebriert das Scheitern in allen Variationen. Man fragt sich ernstlich, ob man sich noch einmal von dem aus Mühsal gesponnenen Netz einfangen lassen soll, doch schon nach den ersten Seiten erliegt man aufs Neue dem, was seine Verehrer treuherzig den "Bove-Sound" nennen. Die unaufgeregte Schilderung menschlicher Niederlagen ist offenbar attraktiv. Sie entwickelt einen Sog, dem man sich ganz ungebührlich amüsiert überlässt.

Nirgendwo lässt er im Elend eine Spur von Komik oder Ironie aufkommen. Rilke hat ihn bewundert, Samuel Beckett hat ihn gepriesen. Die Kritik hat für ihn das Etikett eines "Proust der armen Leute" gestrickt, der nicht müde wird, die Virtuosen des Scheiterns zu seinen Helden zu machen. Seit ihn Peter Handke mit "Meine Freunde", Boves erstem Roman, für den deutschen Leser entdeckt hat, folgen die Übersetzungen in bizarrer Verzettelung bei diversen Verlagen. Kein Klappentext ohne Handkes segnende Sentenzen: "Ich könnte so ein Buch nicht schreiben. Man bräuchte viel Mut dazu." Spricht das eher für Bove oder gegen Handke? Bove, von Handke in seinem ersten Plädoyer zum "Schutzpatron der reinen Schriftsteller" erkoren, bekommt heute Handke als unvermeidlich zitierten Schutzpatron angehängt.

Diesmal ist mit den "Verbündeten" ("La coalition") von 1927 ein besonderes Werk an der Reihe, weil es dem Gerücht nach tiefe Einblicke in Boves eigene und naturgemäß missliche Familiengeschichte verspricht. Der 1898 als Sohn eines russisch-jüdischen Einwanderers in Paris geborene Emmanuel Bobovnikoff, dessen Mutter das sprichwörtliche Deutsch sprechende Luxemburger Dienstmädchen war, hatte in seiner Familie den besten hoffnungslosen Roman. Die Verbindung seines Vaters mit der reichen Engländerin Emily, der Umzug nach Genf, der folgende Ruin machen nur einige der familiengeschichtlichen Schnipsel aus, die man in den "Verbündeten" wiedererkennen kann, wenn man die auch auf Deutsch erschienene Biografie von Raymond Cousse und Jean-Luc Bitton (1995) verschlungen hat. Bove porträtiert in der "Coalition" aber vor allem seine Mutter und seinen Bruder Léon als solche, die sich in der Verarmung verbündet haben. Sie betrachten ihn, den Schriftsteller, der selber nur mühsam über die Runden kam, großzügig als ihren ewigen Ernährer.

Die verwitwete Louise Aftalion landet also mit ihrem Sohn Nicolas in Paris, wo sie bei ihrer älteren Schwester Thérèse Cocquerel Unterschlupf sucht. Die beiden haben sich seit fünfzehn Jahren nicht mehr gesehen. Bove macht routiniert jeder Hoffnung auf einen Hauch von Geschwisterliebe sofort ein Ende: "Verbittert von einem Leben, in dem die Höhepunkte fehlten, brachte sie ihrer jüngeren Schwester einen tiefen Hass entgegen." Das Spiel der Demütigung und der Lust am fremden Elend kann beginnen. Schon am Ende des ersten Kapitels fällt der Satz: "Das ist ja die Hölle hier."

Nebenher erfahren wir auch den Lebensweg von Louises Vater und von ihrem Ehemann. Vater Petrier hatte etwas, was Boves Gestalten ganz und gar nicht ertragen können, auch wenn sie fortwährend danach streben: Erfolg. Der Fabrikant, der mit Gummiabsätzen ein Vermögen macht, lebt in der Erwartung einer Katastrophe, verfällt in Melancholie und Wahnsinn, klettert auf das Dach seiner Villa, wird von einem Gefühl der Leichtigkeit erfasst und lässt sich in die Tiefe fallen. Louises Ehemann aber hatte nach einer Kindheit im Elend und einem Sklavendasein in Sofia das Los des Emigranten gewählt und ist über Wien in die Stadt weitergezogen, "wo die Menschen glücklich und frei sind": Paris. Weil aber alle Helden Boves sich bis zur Erschöpfung abstrampeln müssen, bis sie endlich scheitern dürfen, gibt es auch in Paris nur miese Jobs. Dann ehelicht Alexandre Aftalion die reiche Erbin Louise, zieht mit ihr nach Genf, fängt an zu husten und legt sich, aufgezehrt von den Jahren des Elends wie des Wohlstands, aufs Totenbett. Das Erbe ist aufgebraucht, und Louise macht sich mit ihrem Sohn Nicolas auf Wanderschaft.

Die Gestrandeten werden von Schwester Thérèse zu Bruder Charles, von möblierten Wohnungen in schäbige Hotels umgesiedelt. Der Sohnemann soll nach etlichem Müßiggang in Paris endlich eine Stelle antreten. Doch auch in ihm ahnt der Leser sofort einen wahren Champion des Scheiterns. Als würdiges Mitglied von Boves Träumer-Syndikat, antriebsschwach, aber zerstreuungssüchtig, wird er, elend an ein Mütterchen gekettet, die soziale Stufenleiter herunterpurzeln. Er, der geträumt hatte, "auf allen Gebieten der Größte zu sein", lebt von Pump und Bettelei. Nicht die zwielichtigen Gestalten der "Monaco"-Bar, nicht die Näherin Simone, die er zu lieben versucht, können ihm heraushelfen. Das Wasser der Seine aber wartet schon ganz ungeduldig auf ihn, beschert ihm jene Erstickungsanfälle, die er bereits in Albträumen vorgekostet hat. Boves Romane müssten im miserabilistischen Kitsch versinken, wäre da nicht diese immerzu gebändigte, aber nie eingezwängte, ruhig und elegant jedes Pathos vermeidende Sprache. Am Schluss ist man nicht einmal mehr böse auf sich, dass man dem Bove-Sound wieder erlegen ist. Er ist eben ein wunderbarer, ganz unkomischer Schriftsteller.

RALPH DUTLI

Emmanuel Bove: "Die Verbündeten". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Thomas Laux. Deuticke Verlag, Wien/München 1999. 239 S., geb., 39,90 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

In einer Doppelrezension geht Martin Ebel auf die folgenden zwei Romane des französischen Schriftstellers Emmanuel Bove ein:
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