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St. Petersburg, Hamburg, Neu Isenburg, Zürich - oder 'Wie die russische Mafia an die Börse ging' An der Frankfurter Wertpapierbörse werden Aktien eines deutschen Unternehmens gehandelt, das nur in St. Petersburg tätig ist. Die Aktiengesellschaft ist die einzige Möglichkeit für einen westlichen Privatinvestor, sich an der Entwicklung von Immobilienprojekten in der Stadt zu beteiligen. Gefördert hatte diese Firma von Anfang an sowohl der damalige St. Petersburger Oberbürgermeister Sobtschak sowie dessen damaliger Stellvertreter, der heutige Präsident Rußlands, Wladimir Putin. Putin war insgesamt…mehr

Produktbeschreibung
St. Petersburg, Hamburg, Neu Isenburg, Zürich - oder 'Wie die russische Mafia an die Börse ging'
An der Frankfurter Wertpapierbörse werden Aktien eines deutschen Unternehmens gehandelt, das nur in St. Petersburg tätig ist. Die Aktiengesellschaft ist die einzige Möglichkeit für einen westlichen Privatinvestor, sich an der Entwicklung von Immobilienprojekten in der Stadt zu beteiligen. Gefördert hatte diese Firma von Anfang an sowohl der damalige St. Petersburger Oberbürgermeister Sobtschak sowie dessen damaliger Stellvertreter, der heutige Präsident Rußlands, Wladimir Putin. Putin war insgesamt acht Jahre im Beirat der "SPAG". Dies ist nur eine von zahllosen abenteuerliche Geschichte mit hoher politischer Sprengkraft.
Autorenporträt
Jürgen Roth, geboren 1945, ist einer der bekanntesten investigativen Journalisten in Deutschland. Seit 1971 veröffentlicht er brisante TV-Dokumentationen und aufsehenerregende Bücher über Korruption und organisierte Kriminalität.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Auch in Jürgen Roths neuestem Buch hat Cord Aschenbrenner wieder die typische Mischung des Frankfurter Publizisten gefunden, die sich durch Fleiß, gute Kontakte und Lust an aufwendiger Recherche auszeichne. Mit genauen Fallbeschreibungen und nicht ganz so genauen Verdachtsmomenten versucht Roth seinen Vorwurf zu untermauern, dass Politik, Justiz und Polizei eben jene "Gangster aus dem Osten" gewähren lassen, entweder "aus Ignoranz, Bequemlichkeit oder Berechnung", wie Rezensent Aschenbrenner darstellt. Und während vor allem in Russland Politik Wirtschaft und Mafia sich inzwischen überlappen, entwickle sich Deutschland in Roths Sicht zu einem der Hauptbetätigungsfelder dieser unheiligen Allianz. So spannend der Rezensent die Lektüre spannend findet, so entdeckt er doch auch zwei Schwachpunkte in dem Buch: den Stil des Autors und die recht vage Beweisführung.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.04.2004

Die Krake aus dem Osten
Kriminelle Banden machen sich zunehmend im Westen breit
JÜRGEN ROTH: Die Gangster aus dem Osten. Neue Wege der Kriminalität. Europa Verlag, Hamburg, 2003. 317 Seiten, 17,90 Euro.
Die Widmung ist bemerkenswert. Sie gilt der Tochter des Autors: „Als junge Rechtsanwältin glaubt sie noch an Recht und Gerechtigkeit. Möge ihr dieser naive Glaube noch sehr lange erhalten bleiben.” Abgesehen davon, dass diese Worte nicht unbedingt auf ein gedeihliches Vater-Tochter-Verhältnis schließen lassen, stimmen sie den Leser auf eine gewisse Bitterkeit des Verfassers ein. Und tatsächlich: Der Journalist Jürgen Roth hat mit großem Fleiß, mit Lust an vermutlich höchst komplizierten Recherchen und offenbar guten Beziehungen die krummen Wege osteuropäischer, meistens russischer Verbrecher nachgezeichnet, die seit dem Ende der Sowjetunion ihre begehrlichen Blicke auf Westeuropa werfen.
Roths Bitterkeit erklärt sich aus der Grundthese seines Buchs: Politik, Justiz und Polizei ließen die „Gangster aus dem Osten” aus Ignoranz, Bequemlichkeit oder Berechnung oftmals einfach gewähren. Folgt man Roth und seinen Recherchen, ist Deutschland eines der auswärtigen Hauptbetätigungsfelder russischer Krimineller, die im Auftrag ihrer jeweiligen Organisationen die unter ihresgleichen üblichen Geschäftsfelder erschließen: Drogen- und Waffenhandel, Prostitution, Geldwäsche, Schmuggel, Schutzgelderpressung, Betrug und dergleichen mehr. Das allein ist besorgniserregend und im Grunde auch zur Genüge bekannt.
Roth fasst aber auch zusammen, was in der Fachwelt der Geheimdienste und Kriminalämter und derer, die sich sonst von Berufs wegen mit organisierter Kriminalität befassen, ebenfalls zum Allgemeingut gehört, basierend auf mehr oder weniger handfesten Informationen: So stecken hinter den Kriminellen aus Osteuropa auch Politiker und Beamte aus osteuropäischen Ländern – und zwar keine unbedeutenden. Der Transformationsprozess in Russland und Osteuropa hat es mit sich gebracht, dass Politik, Wirtschaft und kriminelles Milieu eine oft schwer durchschaubare Beziehung zueinander eingegangen sind, ja „Teilidentitäten” bilden, wie ein ehemaliger Mitarbeiter des Bundeskanzleramts zitiert wird. Hiesige Beobachter reagieren darauf je nach Temperament, Stellung und Interessenlage beschwichtigend oder mit Alarmrufen.
Der Frankfurter Publizist Jürgen Roth gehört zweifellos zur zweiten Gruppe. Er schildert anhand einer Vielzahl von Beispielen, dass vor allem russische Mafiosi nicht nur ihre eigene Gesellschaft mittlerweile durchdrungen haben, sondern dies auch im Westen versuchen. Ausführlich zeichnet Roth einen Fall nach, der 1999 seinen Anfang nahm.
Es geht um eine Frankfurter Immobiliengesellschaft, um deren Beziehungen zur St. Petersburger Mafia und zu Wladimir Putin höchstselbst – Putin saß im Beirat der Firma. Diese steht im Verdacht der Geldwäsche, Putins Beziehungen zu ihr sind undurchsichtig, die Staatsanwaltschaften in Liechtenstein – wo der Mehrheitsaktionär der börsennotierten Firma lebt – und in Hessen ermitteln seit Jahren. Roth unterstellt, dass die Bundesregierung kein Interesse an einer Aufklärung hat, um die guten Beziehungen zum Kreml nicht zu gefährden. Überhaupt wirft Roth deutschen Politikern vor, die organisierte Kriminalität resignierend in Kauf zu nehmen.
Das Buch des Kriminalitätsexperten liest sich streckenweise spannend, was mit dem Stoff zu tun hat, denn an seinem Stil liegt es nicht. Manchmal ist er immerhin bissig, so wenn er Bundesinnenminister Schily, der nach Roths Meinung leichtfertig BKA-Erkenntnisse mit dem Kreml teilt, als „altersstarrköpfig” und „greisen Law-and-Order-Politiker” tituliert.
Roth hat viel zusammengetragen, was er auch durch eine recht umfangreiche Quellen- und Literaturliste belegt, und er verfügt über beeindruckende Kontakte zu Gut und Böse in Ost und West. Vieles bleibt jedoch vage, weil ihm die Beweise fehlen. Er beschreibt die Machenschaften reich gewordener Manager des russischen Energiekonzerns Gazprom, kasachischer Geschäftsleute, russlanddeutscher Kleinkrimineller, georgischer Dunkelmänner. Alle haben irgendwie Dreck am Stecken – manchmal fallen sie aber auch einfach nur mit viel Bargeld im Kofferraum skeptischen deutschen Grenzbeamten auf.
Mit seinen Verdachtsmomenten und Fallbeschreibungen, die für sich genommen alle unschön, wenn nicht beängstigend sind, versucht Roth zu belegen, dass aus dem Osten jedenfalls nicht viel Gutes kommt. Im Westen jedenfalls fehlt bei denen, die es eigentlich wissen müssten, oft das Bewusstsein für die Bedrohung, die mit der krakenförmigen Ausbreitung osteuropäischer Banden in Westeuropa einhergeht.
CORD ASCHENBRENNER
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.04.2004

Faktengehärtet

FILZ UND KORRUPTION. Gleich mehrfach platzt einem in die Lektüre der Gedanke, daß dieser Ermittler in Sachen Mafia-Kapitalismus entweder ein Messer oder zumindest einige Gerichtsverfahren an den Hals kriegt, aber wohl kaum das wirklich verdiente Bundesverdienstkreuz. Denn an öffentlicher Erregung über Geldwäsche, Menschen-, Rohstoff- und Drogenhandel sowie über Auftragsmord, Schutzgelderpressung und Inkasso-Schläger scheint man "ganz oben bei uns" nach Eindrücken des Autors nicht mit letzter investigativer Entschlossenheit interessiert zu sein. Wohl wegen, meint Roth, der deutsch-russischen Freundschaft. Immerhin umspült die Gischt des Verdachts Putins Füße. Dem einstigen Top-Geheimdienstler und Zweiten Bürgermeister von St. Petersburg blieb wohl kaum verborgen, daß gerade dort eine Schaltzentrale der Schattenwelt aus Filz und Korruption hochgezogen wurde. Mit einem Netz organisierter Kriminalität weltweit, wofür der Autor atemberaubende Beispiele liefert. Mafia-Kuriere und Residenten leben bei uns häufig in staunenswertem Luxus. Nicht selten beziehen sie dazu Sozialhilfe. Oder eine andere Groteske aus Usbekistan: Dort wurde im Mai 2000 der Chef von Interpol Usbekistan entlassen. Das Fernsehen hatte dokumentiert, wie er telefonisch über die Bezahlung für einen Mordanschlag verhandelte. Beklemmend sind Roths Recherchen zur kriminellen Energie unter Söhnen rußlanddeutscher Zuwanderer. Dramatisch ist insgesamt die Lage bei den EU-Beitrittskandidaten. Gegenüber Hermann Lutz, Präsident der Europäischen Polizeigewerkschaften, äußerte ein dortiger Polizist mit erstaunlichem Lebensstil: "Das Gesetz ist bei uns nur ein Handlungsrahmen und gilt in erster Linie für die einfachen Leute." Roths Enthüllungen sind nicht nur faktengehärtet. Auch Spekulation, Vermutung und Andeutung findet man. Doch reicht das Material für die Feststellung von Lutz im Nachwort: "Mehr als Jürgen Roth kann man nicht tun, um wachzurütteln." Und jene, sei hinzugefügt, besser zu rüsten, die für unsere innere Sicherheit Frontdienst tun. Gekappte Leistungszulagen und Personalnot entmutigen wie der Regen, in dem man von der Politik zuweilen allein stehengelassen wird. Das Roth-Buch setzt Joschka Fischers Wort von deutscher Selbstzerstörung nicht nur in eine Retro-, sondern auch in eine Zukunftsperspektive. (Jürgen Roth: Die Gangster aus dem Osten. Neue Wege der Kriminalität. Europa Verlag, Hamburg/Wien 2003. 318 Seiten, 17,90 [Euro].)

MANFRED FUNKE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Ein hartnäckiger Rechercheur und wagemutiger Enthüller." Frankfurter Rundschau)