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Der Maler Bartholomäus Zeitblom ist einer der bedeutendsten Repräsentanten der Ulmer Malerschule des ausgehenden 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Nahezu 30 Vollständig oder zumindest fragmentarisch erhaltene Werke, darunter der Pfullendorfer Altar und große Teile des Blaubeurer Altars, zeigen die Fähigkeit dieses Künstlers, gotische Formideale auch noch in der Zeit der beginnenden Renaissance überzeugend in Bilder umzusetzen. In der vorliegenden Arbeit, der ersten umfassenden Monographie über Zeitblom, werden Rang und Bedeutung des Malers neu interpretiert und bewertet; dabei wird auch der…mehr

Produktbeschreibung
Der Maler Bartholomäus Zeitblom ist einer der bedeutendsten Repräsentanten der Ulmer Malerschule des ausgehenden 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Nahezu 30 Vollständig oder zumindest fragmentarisch erhaltene Werke, darunter der Pfullendorfer Altar und große Teile des Blaubeurer Altars, zeigen die Fähigkeit dieses Künstlers, gotische Formideale auch noch in der Zeit der beginnenden Renaissance überzeugend in Bilder umzusetzen. In der vorliegenden Arbeit, der ersten umfassenden Monographie über Zeitblom, werden Rang und Bedeutung des Malers neu interpretiert und bewertet; dabei wird auch der Umfang seines Werkes neu definiert. Ein reichhaltiger, nahezu alle erhaltenen Werke berücksichtigender Abbildungsteil bietet die Möglichkeit, das wiet verstreute Oeuvre und die künstlerische Entwicklung Zeitbloms kennenzulernen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.11.2000

Martyrium unerwünscht
Glück der Tränenflut: Dietlinde Bosch findet in Bartholomäus Zeitblom ihren Meister

Die Kunstgeschichte hält Künstler parat, die auch nach fünfhundert Jahren noch zu entdecken sind. Zu ihnen gehört der - in Ulm nie vergessene - Bartholomäus Zeitblom, kein Einzelgänger, sondern im Gegenteil ein Maler, dessen Verflechtungen mit den Künstlern seiner Zeit, den am Ort ansässigen Malern, Bildhauern, Kupferstechern und Zeichnern für den Holzschnitt, deren Vorlagen er aufgegriffen hat, ihm rezeptionsgeschichtlich zum Nachteil ausgeschlagen sind. Tatsächlich konnte man in der Zeit seines Wirkens, zwischen 1482 und 1510, Maler sein, ohne eine Zeichnung hinterlassen zu haben. Man zehrte vom gemeinsamen Formenvorrat, von Praktiken, die vom Meister auf den Lehrjungen übergingen. Auch die Auftraggeber verlangten nicht aus solchen Kreisläufen herauszutreten.

Die vorliegende Monographie von Dietlinde Bosch erfaßt vierunddreißig Arbeiten, darunter Gruppen zusammengehöriger Bildtafeln. Von Modellköpfen und Einzelstudien, auf die man von manchen Wiederholungen her schließen kann, hat sich nur eine Arbeit, dem Typ nach wohl ein Pauluskopf, in der Anhaltischen Gemäldegalerie in Dessau erhalten, auf Papier oder Pergament gemalt, vielleicht aus der Zeit des Heerberger Retabels. Es schmälert das Verdienst der Verfasserin nicht, daß diese Arbeit ihr unbekannt geblieben ist.

Bei der Durchsicht des Werks fällt auf, welch geringes Gewicht Darstellungen der Passion Christi bei Zeitblom besitzen; gerade darin sind die Maler der nächsten Generation, Dürer, Grünewald und Cranach, bekanntlich besonders hervorgetreten. Er und mit ihm seine Auftraggeber haben das Martyrium gemieden. Wenn er auf dem Altarwerk in Blaubeuren die Kreuztragung gemalt hat, dann nicht einmal in Anlehnung an Schongauer, sondern wohl eher in Auseinandersetzung mit dem formmilderen Kupferstich-Monogrammisten AG. Zeitblom sucht die gemessene Haltung, das Stehen auf Zehenspitzen, das Vorlesen aus heiligen Texten mit entsprechenden Gesten, die Tränenflut, die das fromme Gesicht nicht zerklüftet.

Der Blick bleibt haften an scheinbar stillebenhaften Dingen, einer linnenen Altardecke mit eingewebter Borte (wie sie Emil Nolde wohl gefallen hätte), einem farbigen Altarantependium darunter, dessen Hunde- und Lammsymbolik zwei Bearbeiterinnen zur näheren Interpretation angeregt hat. Höchste Genauigkeit ist zu finden, die dem Maler die Anerkennung der Sachverständigen seiner Zeit eingetragen haben muß. Beobachtungen dieser Art lassen sich ohne Ende finden. Der Kanon der sanft erblühenden Gesichter wird nur selten durch die Einfügung eines knorrigen Greisenkopfes unterbrochen. Das rosige Angehauchte oder bärtige Verhüllte der Gesichter ist geradezu ein Merkzeichen dieser Kunst des "deutschesten aller Maler" (so Gustav Waagen 1862). Die Kunstlandschaft im Südwesten Deutschlands hing dieser Art von gemaltem Dialekt an. Der ältere Holbein war ihm noch mit Studienköpfen nach der Natur entgegengetreten, der etwas jüngere "Meister von Meßkirch", durch Anna Moraht-Fromm vor wenigen Jahren mit Joseph von Balingen so gut wie identifiziert, war unter das schützende Dach der Konvention zurückgekehrt.

Zeitblom stammte aus Nördlingen und war bei Friedrich Herlinum 1472 ausgebildet worden. Unter seinen drei Ehefrauen waren zwei Künstlertöchter. Ein süßer Hauch liegt über seinem Werk, den man aus heutiger Sicht mit halber Geringschätzung strafen zu müssen glaubt, wie etwa die Kunst seines Zeitgenossen Perugino in Umbrien. Mit der gärenden Kunst der erwähnten Meister um Dürer hatte Zeitblom kaum tiefere Gemeinsamkeiten.

Man braucht zur Identifizierung der Werke dieses Meisters und seiner Werkstatt eine Menge von Befunden wie etwa die Muster der geschnittenen Goldgründe im Hintergrund, um Gewißheit zu erhalten. Zeitbloms erhaltenes Werk ist leider heute auseinandergerissen, zerschnitten und teilweise bis in ferne Sammlungen (Lübeck, Paris, Dublin, Bukarest) verstreut. Manches harrt der Konservierung und der Befreiung von gutgemeinten, jedoch entstellenden Übermalungen. Der bisherige Bestand ist in sorgfältiger Arbeit durch die Verfasserin zusammengetragen und in eine gute Übersicht gebracht worden. Hierin besteht das Verdienst des Buches. Über die Abbildungen, ihre Auswahl und ihren Maßstab, ist kein Wort zu verlieren.

An welche Adresse wendet sich das Buch? An die Fachleute gewiß, vor allem aber an Leser, die es zu eigenen Entdeckungen in der schwäbischen Kunstlandschaft anregen könnte, und endlich an die Gönner, die gebraucht werden, um die Werke Zeitbloms in den ihnen angemessenen konservatorischen Zustand zu bringen.

WERNER SCHADE

Dietlinde Bosch: "Bartholomäus Zeitblom". Das künstlerische Werk. Herausgegeben vom Stadtarchiv Ulm. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 1999. 447 S., br., 68,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Werner Schade begrüßt die Monographie über den von 1482 bis 1510 in Ulm wirkenden Maler, dessen Werk bisher schwer zugänglich war, weil die Bilder weit verstreut, zum Teil gar zerschnitten sind. Deshalb lobt er als besonderes Verdienst der Autorin, die heute bekannten Gemälde zusammengetragen und in eine "gute Übersicht gebracht" zu haben. Zu den Abbildungen des Buches allerdings will sich der Rezensent nicht äußern und es bleibt die Vermutung, dass sie seinen Ansprüchen nicht genügen. Auch weist er auf eine Zeichnung hin - die einzige bekannte des Malers - , die die Autorin nicht zu kennen scheint, doch das kann seiner Ansicht nach die Verdienste des Buches nicht "schmälern".

© Perlentaucher Medien GmbH