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Eigentlich ist alles bestens. Jessica sieht gut aus, ist jung und intelligent, ein Muster der Generation Golf Zwei. Eigentlich sollte sie nur mit vielen one night stands experimentieren, die sie dann am nächsten Tag mit ihren Freundinnen bespricht. Doch dann erfährt sie die Politik am eigenen Leib und aus "Sex and the City" wird ein C-movie und der Neoliberalismus erotisiert auf Dauer auch nicht. Aber Jessica hat Gegenstrategien: Sie beschließt, ihren Körper zu privatisieren, und lässt die Täter nicht stillschweigend davonkommen.
Jessica Somner - 30 Jahre alt, Kulturwissenschaftlerin,
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Produktbeschreibung
Eigentlich ist alles bestens. Jessica sieht gut aus, ist jung und intelligent, ein Muster der Generation Golf Zwei. Eigentlich sollte sie nur mit vielen one night stands experimentieren, die sie dann am nächsten Tag mit ihren Freundinnen bespricht. Doch dann erfährt sie die Politik am eigenen Leib und aus "Sex and the City" wird ein C-movie und der Neoliberalismus erotisiert auf Dauer auch nicht. Aber Jessica hat Gegenstrategien: Sie beschließt, ihren Körper zu privatisieren, und lässt die Täter nicht stillschweigend davonkommen.

Jessica Somner - 30 Jahre alt, Kulturwissenschaftlerin, Single - ist die hinreißende Heldin dieser Geschichte, die man sich zur Freundin wünscht. Ihr innerer Monolog ein irrwitzig literarisches Abenteuer von Marlene Streeruwitz.

Autorenporträt
Marlene Streeruwitz, in Baden bei Wien geboren, studierte Slawistik und Kunstgeschichte und begann als Regisseurin und Autorin von Theaterstücken und Hörspielen. Für ihre Romane erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter zuletzt den Bremer Literaturpreis und den Preis der Literaturhäuser. Ihr Roman »Die Schmerzmacherin.« stand 2011 auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis. Zuletzt erschienen der Roman »Flammenwand.« (Longlist Deutscher Buchpreis 2019), die Breitbach-Poetikvorlesung »Geschlecht. Zahl. Fall.« (2021) sowie der Roman »Tage im Mai.« (2023). Literaturpreise (u.a.):Mara-Cassens-Preis 1996Österreichischer Würdigungsstaatspreis für Literatur 1999Hermann-Hesse-Literaturpreis 2001 (für "Nachwelt")Walter-Hasenclever-Literaturpreis 2002Bremer Literaturpreis 2012Franz-Nabl-Preis 2015Preis der Literaturhäuser 2020Wiener Buchpreis 2023
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.06.2004

Neue Menschen, alte Hüte
Noch heute maile ich den Endemol-Leuten: In „ Jessica, 30” lässt Marlene Streeruwitz das Komma joggen
Meint eine Frau nein, wenn sie nein sagt? „,Gerhard, geh jetzt bitte. Ich habe nein gesagt.‘ ,Aber du meinst nicht nein!‘ ,Das kann schon sein. Aber meine rationale Entscheidung ist ja vielleicht auch noch etwas wert.‘” Es ist eine wichtige Frage, es hängt daran Verständigung und Glück der Geschlechter. Der Mann ist natürlich ein Macho vom alten Schlag, ein Staatssekretär auf wohlfeilen erotischen Abwegen, er raspelt ein bisschen Süßholz, er droht (und das nicht nur ein bisschen), er kriegt oder kriegt nicht, was er will.
Aber die Frau, die diese Antwort gibt, manövriert sich in die komplexestmögliche Sackgasse hinein. Gleichgültig wie es ausgeht, sie wird das Gefühl haben müssen, dass geschehen ist, was sie nicht wollte, oder nicht geschehen, was sie wollte. „Die Schweine sind einfach unkomplizierter.” Das wird mit Erbitterung gesagt, aber auch resigniert und nicht ohne Neid; „und da könnte man seinen Spaß haben”: Das ist als Option und Unmöglichkeit zugleich formuliert.
Die Frau in diesem neuen Roman von Marlene Streeruwitz ist „Jessica, 30”. So lautet auch der Titel. Sie hat in Kulturwissenschaften promoviert und arbeitet als Freie bei einer postfeministischen Frauenzeitschrift, die wieder, als wäre das ein Fortschritt, beim Vuittontäschchen als dem höchsten der Gefühle angelangt ist. Jessica war in New York und lebt in Wien, und infolgedessen umfasst ihr Wortschatz „Flankerln” und „Geschichterln” ebenso wie „binge eating”, „consenting adults” oder „scheming and cunning”. Das Buch ist zur Gänze, sieht man vom Mittelstück der Gerhard-Episode ab, als ein innerer Monolog abgefasst. Das mag auf den ersten Blick wie ein Stück leicht angestaubte klassische Moderne aussehen und speziell für Wien schon von Arthur Schnitzlers Leutnant Gustl und Fräulein Else durchexerziert.
In Wirklichkeit jedoch verlangt keine andere literarische Gestaltungsweise einem Autor so ausgeprägtes Form- und Taktgefühl ab wie dieses scheinbar formlose Fließen. Das vorsprachliche Bewusstseinsgeschehen in Sprache zu verwandeln, diese Qualle sozusagen aus dem sie tragenden Wasser zu heben, ohne dass sie entweder strukturell verhärtet oder aber gestaltlos zusammensackt, so, dass sie ihrer durchsichtigen Zartheit nach ganz erscheint – das verlangt eine unausgesetzte Anstrengung der Behutsamkeit und Präzision.
Lockung der Nörgelei
Was Streeruwitz hier zustande bringt, ermisst man, wenn man ihr Schreiben neben das von Thomas Bernhard und Elfriede Jelinek hält. Diese gehen, wo sie nicht sehr aufpassen (und das tun sie oft nicht), sofort der spezifisch österreichischen Lockung der Nörgelei ins Garn. Bei Jelinek wird der Kalauer, bei Bernhard die Litanei auf Autopilot gestellt; man hat den Eindruck, das schreibt sich so von alleine weiter, wenn der Autor zwischendurch ein Gläschen nachschenkt oder mal aufs Klo muss.
Bei Streeruwitz geschieht das niemals. Hier hat man tatsächlich was verpasst, wenn man versehentlich eine Zeile beim Lesen auslässt. Ist nun, in Geiz und Eifersucht, Geld ein Symbol für Sexualität oder Sexualität für Geld? Schon ist der Ball weitergehüpft. Die äußeren Situationen sind mit großem Bedacht gewählt: Jessica joggt und kommt außer Atem, sie fährt Auto in der Rush-hour, sie wartet spätnachts auf Gerhard, der sie immer wieder per Handy vertröstet, sie sitzt im Flugzeug – allesamt Zustände, in denen die Aufmerksamkeit nach außen hin gebunden wird und zugleich das assoziative Denken durch den vagen Stress unter Druck gerät, so dass es bereitwilliger hervortritt und Anstöße aufnimmt. Dieser Strom verläuft so:
„(. . .) ich werde schon irgendetwas machen, irgendwie wird das schon gehen und den Endemol-Leuten maile ich einen Vorschlag, dann können ja die entscheiden und wenn die fest angestellten Redaktionsladies es nicht aushalten, dass eine nicht bei ihnen unterkriechen will, dann kann mich das auch nur kalt lassen, und wann beginnt man Hüte zu tragen, wie das alte Ehepaar da mit dem Hund, der hoffentlich auch zu alt ist, mir nachzusetzen, ich lebe also nun bald 30 Jahre und immer gibt es diese alten Herrschaften, die Hüte tragen, und es können ja nicht immer die Gleichen sein, das müssen doch immer wieder neue Menschen sein, die beginnen, diese Hüte zu kaufen und setzen die dann auf und ist das ein Entschluss zum Hut oder rutscht man da hinein und wo bekommt man diese Hüte überhaupt noch, die Hutgeschäfte haben doch schon Mitte der 90er alle endgültig zugemacht (. . .)”
Nur mit Gewalt lässt sich das zum Zitat abschneiden. Es ist schwer, die besondere Qualität dieses Schreibens durch einzelne Stellen zu belegen, denn die gibt es hier nicht, alles hängt vom Rhythmus ab und der von ihm geschaffenen Gesamtheit; die Einsichten blitzen auf und werden sofort in eine andere Richtung abgelenkt, nichts wird festgehalten. Der Übergang vom Redaktionsgeschehen zur Reflexion über die Hüte alter Menschen scheint unvermittelt und hat doch zu seinem verborgenen Gelenk die Angst davor, wie es mit ihr, Jessica, 30, wohl später einmal werden soll, da sich keins der überkommenen ökonomischen und modischen Muster mehr von selbst versteht. Alles zusammen fügt sich zu einem überaus genauen seelischen und gesellschaftlichen Bild des Singles, das sich nicht mehr als Trümmerstück einer missglückten Paarbindung, als verwaister Zwilling darbietet, sondern als Lebensform eigenen Rechts oder vielmehr eigener Unsicherheit.
Das unterscheidet das neue Buch von Streeruwitz‘ Roman „Nachwelt”(1999). Dort war es Margarete (schon der Namen signalisiert die andersartige Affektlage), die in Kalifornien für eine Anna Mahler-Biografie recherchierte, während sie zugleich ein gebrochenes Herz herumtrug, denn Helmut hatte sie verraten. Dem entsprach formal die Vorherrschaft des Punkts, der die Gedankengänge bereits nach kürzesten Strecken wie ein verhaltenes Schluchzen wegsacken ließ.
Das konnte einem männlichen Leser durchaus auf die Nerven gehen, wenn die Sätze abwürgten wie ein Motor ohne Batterie: „Aber so.” „Also dann.” „Und.” Diese etwas kuhhafte Unglücklichkeit hat die rund ein Vierteljahrhundert jüngere Jessica hinter sich gelassen; Trittsiegel ihres rascheren Assoziierens ist das joggende Komma. Vielleicht nicht in Sensibilität und geistigem Vermögen, aber jedenfalls im Tempo, mit dem sie sich umsetzen, übertrifft sie ihre Vorgängerin - und auch in einer gewissen Abgebrühtheit.
Verlass dich nicht!
Dem weicht der Klappentext aus, der unverkennbar auf ein identifikationsfreudiges weibliches Publikum zielt, wenn er rhapsodiert: „Sie bringt die Machenschaften der Mächtigen ans Licht der Öffentlichkeit, im Gegenzug privatisiert sie ihren Körper. Sie besteht auf ihrer Würde, und die Liebe bekommt eine Chance.” Das heißt den Käufer irreführen, und wer daraufhin den Band erwirbt, sollte einen Anspruch auf Rückzahlung haben. In Wahrheit versucht Jessica nur, dem „Stern” eine Enthüllungsstory anzudrehen, und die „Würde” ist ein klarer Fall von Irrealis.
Der Indikativ sieht anders aus: Niemand kann sich mehr auf irgendetwas verlassen, als dass es ihn entwicklungsfrei herumschüttelt, außen wie innen, und die Unzahl mentaler und emotionaler Ausgleichsbewegungen reicht, wenn man Glück hat, gerade eben von Moment zu Moment, um nicht umzufallen. Diese Bewegungen, so rasend wie sie nötig sind, vollzieht die Prosa von Marlene Streeruwitz mimetisch nach. Es ist ein sehr gutes, mehr als das: es ist ein intelligentes Buch geworden.
BURKHARD MÜLLER
MARLENE STREERUWITZ: Jessica, 30. Roman. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2004. 255 Seiten, 18,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.05.2004

Die Rache des Schokobechers
Jetzt mach aber mal ein Komma: Marlene Streeruwitz kämpft weiter

Für Marlene Streeruwitz ist der "vollständige Satz eine Lüge". Also hat sie einen gewissen Ehrgeiz darin entwickelt, mit Hilfe des Punktes Halbsätze und einzelne Wörter aus dem Satzgefüge herauszutrennen, um die Sprache des Patriarchats in ein subversives "Stakkato" zu überführen: "Und. Überhaupt. Stop." Auch ihr neuer Roman trägt das Markenzeichen der österreichischen Autorin zwar wie gewohnt im Titel, kommt dann aber überraschenderweise über weite Strecken fast nur mit dem Komma aus. "Jessica, 30." besteht aus drei Kapiteln, und jedes Kapitel besteht nur aus einem einzigen, langen Satz.

Am Anfang ist diese atemlose Erzählweise schlicht der schweißtreibenden Ausgangssituation geschuldet. Die Journalistin Jessica Somner beginnt das neue Jahr mit einem Dauerlauf: "Alles wird gut, ich muss nur die Praterhauptallee hinauf- und hinunterrennen und dann ist wieder alles gut, dann kann ich das Schokoeis von heute Nacht und das Essen von Weihnachten vergessen", quält sie sich durch den kalten Januarmorgen, vor Augen die "absolute Grenze" der Konfektionsgröße 38. Gleichzeitig denkt sie über eine neue Serie zum Thema Sex nach, die sie der Chefredakteurin ihrer Frauenzeitschrift vorschlagen möchte. "Nicht in dem Ton wie Cosmopolitan, glamouröses Onanieren, das wissen wir jetzt alle", findet Jessica. Sie möchte sich statt dessen lieber wieder den Grundlagen des Beischlafs widmen und "einfach nur beschreiben wie in den Kochbüchern mit den Zeichnungen".

Jessica Somner, dreißig Jahre alt und promovierte Kulturwissenschaftlerin, ist sicherlich keine Feministin. Sie fühlt sich durchaus wohl in der "Tussenriege" ihrer Kolleginnen, und zur Not "würde sie sich auch einen größeren Busen kaufen". So porträtiert die dreiundfünfzigjährige Marlene Streeruwitz die Erzählerin in diesem ersten von drei langen Monologen ihres Romans zunächst einmal als leicht naive Vertreterin der "Post-Brigitte-Generation", für die die Wahl der richtigen Körperlotion genauso wichtig sein kann wie die Frage, ob man "in zwei Minuten kommen kann" oder nicht. Doch dann führt ein verhängnisvoller Flirt mit der Politik dazu, daß Jessica aus der Solidargemeinschaft der jungen, attraktiven und mehr oder weniger erfolgreichen Geschlechtsgenossinnen ausbricht. Schluß mit lustig.

Um diesen radikalen Bewußtseinswandel zu beschreiben, hat Marlene Streeruwitz einen sehr konkreten zeitlichen Hintergrund für ihren Roman gewählt. Die Handlung setzt im Januar 2003 ein, als die ÖVP in Wien unter Vorsitz des amtierenden Kanzlers Wolfgang Schüssel nach den Neuwahlen gerade mit den österreichischen Grünen über eine Regierungsbildung verhandelt. Mit am Verhandlungstisch sitzt der (hoffentlich frei erfundene) Staatssekretär Gerhard Hollitzer, den Jessica beim "ersten Kanzlerheurigen vom Wolferl" kennengelernt hat - und der seitdem ihr Liebhaber ist. Nun werden die Nächte mit dem "stöhnenden Politiker" allerdings von Mal zu Mal weniger aufregend, und weil der Herr Staatssekretär natürlich nicht daran denkt, seine Frau zu verlassen, will Jessica ihn verlassen, "und das geht ja". Doch dann beginnt sie nach einem letzten, demütigenden blow job, bei dem Hollitzer routiniert einen Anruf seiner Frau auf dem Handy entgegennimmt, mit Recherchen.

Es ist gar nicht nett, was sie herausfindet. Die Mitglieder der Regierungskommission zum "Projekt Zukunft 2020", zu der eben auch Gerhard Hollitzer gehört, haben sich nämlich nach ihren aufreibenden Sitzungen nicht nur Champagner, sondern auch osteuropäische Prostituierte auf Staatskosten in eine Hotelsuite kommen lassen. Endlich versteht man auch die Bemerkung im ersten Kapitel, daß Jessicas eigentliches Thema die "Globalisierung im Sex" sein müßte: Ihr ehemaliger Geliebter erweist sich als Symbolfigur für die "neoliberale Verachtung", mit der die Männer im 21. Jahrhundert ihr Recht behaupten, in wen auch immer "den Schwanz hineinstecken zu können". Aus dem privatem Frust der jungen Frau wird deshalb ein geschlechterpolitischer Rachefeldzug.

Der Plot um Politiker, die sich auf ihre Art um die europäische "Ost-Erweiterung" bemühen, ist bitter, aber gelungen - und wenn man an den Fall Michel Friedman denkt, wohl leider auch nicht allzu weit hergeholt. Der Wandel der Erzählerin jedoch, die sich von einer ambitionierten Lifestylejournalistin mit einem Faible für mitternächtliche Eiscreme-Orgien zur radikalen Frauenbeauftragten der Generation Golf aufschwingt, ist schwer nachzuvollziehen. Er liegt wohl vor allem in den sicherlich ehrbaren Absichten der Autorin begründet, die hier eine Romanfigur verbissen aus ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit befreien will. Zumindest steigert sich Jessica in dem letzten ihrer drei Monologe in einen antipatriarchalischen Furor hinein, der nun, im April 2003, unter anderem auch George W. Bush und den gerade begonnenen Irak-Krieg zum Thema hat. Der amerikanische Feldzug, erfährt man zum Beispiel, sei nichts als eine Rache der Männer für das zeitgemäße System des "double dating, wo jeder gleich erfährt, wenn einer den Schwanz nicht hochkriegt". Das Bombardement Bagdads liefere somit vor allem eine "Entlastung vom nächtlichen Funktionierenmüssen im Bett". Auch da verleihen die aktuellen Enthüllungen aus dem Irak der Romanthese eine gewisse Plausibilität.

Wenn die Welt beziehungsweise die Männerwelt tatsächlich so einfachen Regeln folgte, bestünde wohl auch eine begründete Hoffnung darauf, die überkommenen Machtstrukturen doch noch mit den Mitteln einer radikalen Interpunktion aufbrechen zu können. Wirklich bewundern muß man Marlene Streeruwitz auf jeden Fall für die Konsequenz, mit der sie diesen wirklich anstrengenden und zuletzt recht verbiesterten Roman einfach abrupt enden läßt, und zwar mitten im Satz. Mit drei Punkten statt einem. Der Kampf geht weiter ...

KOLJA MENSING

Marlene Streeruwitz: "Jessica, 30.". Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2004. 254 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Leopold Federmair bezeichnet Marlene Streeruwitz etwas abfällig als "fünfzigjährige Feministin, die zahllose Themen und Personen der österreichischen Tagespolitik durchhechelt", und lässt auch sonst kaum ein gutes Haar an ihrem Roman. Das Satzstakkato der früheren Bücher ist zwar verschwunden, nicht aber das "Gestammel und Gerede". mit dem Streeruwitz, so Federmair, die "Wirkungen trivialer Muster der Literatur... transparent zu machen beansprucht". Lesen möchte der Rezensent das allerdings nicht. Dabei sei der Text gar nicht sonderlich anstrengend, dafür aber ärgerlich mit seinen "nebulosen Figuren-Schemen" und der ungefähren Sprache, die "nullassoziativ" alles mit allem verbinde. Und hinter der Erzählerin sei immer - siehe oben - die Autorin zu hören; gemeinsam, schreibt Federmair, bilden sie ein frustriertes "Double der Denunziation" ihrer österreichischen Wirklichkeit. Und was die Technik des inneren Monologs angeht: Schnitzler und Joyce haben's vorgemacht, doch Streeruwitz, urteilt der Rezensent, "verdünnt" es "zum inneren Tratsch über Familie, Freunde, Politik".

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