Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 95,00 €
  • Buch mit Leinen-Einband

Dantes Commedia ist wie der Dom, der zu seiner Zeit in Florenz entstand.: Zahllose Ein- und Ausgänge führen unter eine große Kuppel, in der die Geschichten und Figuren, die Biographien und das Wissen ihrer Zeit unendlich nachhallen. Seine "Commedia" durchmisst den gesamten metaphysischen Kosmos der damaligen Zeit - Hölle, Fegefeuer und Paradies - und durcheilt gleichzeitig die dunklen Gassen und verschwiegenen Hintertreppen seiner Zeit. Das Buch war Vision wie Skandal. Mit seiner Übertragung legt Kurt Flasch die Frucht seiner lebenslangen Dante-Bschäftigung vor. Seine elegante Sprache, seine…mehr

Produktbeschreibung
Dantes Commedia ist wie der Dom, der zu seiner Zeit in Florenz entstand.: Zahllose Ein- und Ausgänge führen unter eine große Kuppel, in der die Geschichten und Figuren, die Biographien und das Wissen ihrer Zeit unendlich nachhallen. Seine "Commedia" durchmisst den gesamten metaphysischen Kosmos der damaligen Zeit - Hölle, Fegefeuer und Paradies - und durcheilt gleichzeitig die dunklen Gassen und verschwiegenen Hintertreppen seiner Zeit. Das Buch war Vision wie Skandal.
Mit seiner Übertragung legt Kurt Flasch die Frucht seiner lebenslangen Dante-Bschäftigung vor. Seine elegante Sprache, seine Kunst zur plastischen Darstellung und sein enzyklopädisches Wissen greifen in einander und erschließen Dantes Kosmos neu. Kurt Flasch entdeckte, dass nicht der Vers, sondern der Satz das eigentliche ArchitekturelementDantes ist und übersetzt sein Meisterwerk in eine rhythmisch federnde Prosa, die die Farben der Details, die erzählerische Brisanz seiner Stimmen hervorhebt.
In seiner "Einladung, Dante zu lesen" führt er den Leser durch diese Welt der falschen Päpste und wahren Sünder, der antiken Liebenden und verfluchten Despoten. Hinter dem Meisterwerk und Meilenstein der europäischen Kunst entdeckte er ein Labyrinth der Geschichten und legt so die Kontur einer Epoche frei.
Autorenporträt
Dante Alighieri, geb. 1265 in Florenz, gest. 1321 in Ravenna, sah mit neun Jahren erstmals Beatrice, die er später in seinem Werk verklärt. Sein Engagement im Kampf um die Unabhängigkeit von Florenz führte 1302 zu einem Gerichtsprozess und schließlich zu lebenslänglicher Verbannung. Dante, der seitdem als vogelfrei galt, hielt sich danach vor allem in Verona auf und reiste von dort aus in viele oberitalienische Städte und Landschaften. Ab etwa 1316 ließ Dante sich in Ravenna nieder, znächst am Hofe des Cangrande della Scala, später als fürstlicher Sekretär und Lehrer für Poetik und Rhetorik.

Kurt Flasch, geboren 1930 in Mainz, studierte Philosophie, Geschichte, Gräzistik und Germanistik in Bonn und Frankfurt, wo er 1956 promovierte und 1969 habilitierte. Von 1970 bis 1995 war er Ordinarius für Philosophie im Philosophischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. Darüber hinaus hielt er zahlreiche Gastvorlesungen, u.a. an der Sorbonne in Paris. Kurt Flasch verfasste zahlreiche Publikationen und wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, u.a. dem "Sigmund-Freud-Preis" für wissenschaftliche Prosa (2000) der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, dem "Hannah- Arendt-Preis" (2009) und dem "Joseph-Breitbach-Preis" (2012).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.12.2011

Das
Äußerste
in
Ewigkeit (Forts.)
Fortsetzung von Seite 1
„Kein Fass, das Boden oder Dauben verliert, kann so leck sein wie er. Zwischen den Beinen hingen die Gedärme; die inneren Organe waren sichtbar und auch der traurige Sack, der Scheiße macht aus allem, was man verschluckt.“ Dante schreibt wirklich und wahrhaftig Scheiße, merda, was ihm schon die Zeitgenossen verübelt haben. Aber hier den beschönigenden Ausdruck zu wählen, fällt ihm gar nicht ein. Es käme ihm wohl vor, als würde er sonst dieses Universum aus Fäkalien, brodelndem Pech und kochendem Blut parfümieren, wo doch die Ekligkeit Teil der Strafe ist.
Und Dante weiß natürlich genau, welche Personen wo gelandet sind. Von den sechs Päpsten seiner Lebenszeit steckt er fünf in die Hölle, desgleichen ungezählte Florentiner Lokalpolitiker, von denen heute schwerlich mehr die Rede wäre, hätten nicht die Alighieri ein Hühnchen mit ihnen zu rupfen gehabt. Ganz selbstverständlich lässt sich Dante vom größten Dichter aller Zeiten, Vergil, herumführen, und gibt damit beiläufig zu verstehen, dass ihm mindestens Platz zwei zusteht. Und auf Fürsprache der geliebten Beatrice, die ihn in verklärter Gestalt empfängt, wird es ihm am Ende sogar vergönnt, Gott in seiner unverstellten Herrlichkeit zu schauen, wenngleich kurz. Ihm wird das Größte zuteil, ohne dass er darüber auf die Befriedigung seines Privathasses verzichten müsste; auf diesem Weg gelangen bei Dante Mikro- und Makrokosmos zur Bindung. Hätte man ihn gefragt, für wen er sich halte, hätte er schlicht erwidert: Ich bin Dante.
Dieses Ich tönt riesenhaft in den Schlünden der Hölle und den Hallen des Himmels wider. Jeder, auch wenn er sonst wenig von ihm weiß, kennt sein Antlitz, wie Botticelli es gemalt hat: versonnen, verschlossen, stolz. Dante hat zweifellos das anmaßendste Buch der Weltliteratur geschrieben, ein Buch, das ihm sehr wohl, wenn er später wiederkommt (und diesmal nicht als Tourist), seinen Platz im Höllenkreis der Hochmütigen verschaffen könnte. Schon darum wird es niemals aufhören, interessant zu sein.
Aber es erschließt sich uns Heutigen nicht mehr von selbst. Seiner enormen präsentischen Kraft ungeachtet, ist es ein außerordentlich schwieriges Buch, weit schwieriger als Odyssee oder Nibelungenlied. Darum gebührt Kurt Flasch außerordentlicher Dank für seine „Einladung, Dante zu lesen“. Wie Dante, der sich am Anfang verirrt und verzagt in einem finsteren Wald vorfindet, brauchen auch wir nunmehr einen Vergil, der uns bei der Hand nimmt. Diese Rolle eben spielt Flasch, der jenem womöglich ungelesensten aller großen Klassiker wieder ein echtes Lesepublikum zuführen will. „Dies ist kein Buch für Dante-Spezialisten“, fängt er an, „sondern für Dantefreunde und solche, die prüfen, ob sie es werden wollen.“
Und wer würde es nicht, da er so freundlich geleitet wird! Flasch, einer der großen Kenner des europäischen Mittelalters, erschlägt den Leser nicht mit seinem Wissen, sondern entwickelt einen sorgsam durchdachten Wanderplan, der auf schwierigem Terrain von Stufe zu Stufe vorankommt, nicht unähnlich dem von Dante selbst. Er empfiehlt, das Buch nicht einfach von vorn nach hinten durchzulesen, sondern die Lektüre mit den Stücken zu beginnen, die sich auch ohne Vorkenntnisse öffnen: die Geschichte von Francesca, die, beim Ehebruch ertappt und getötet, in der Hölle der Wollüstigen wohnt und doch mit ihrer edlen und selbstlosen Wesensart Respekt und Mitleid des Dichters gewinnt; von Ugolino mit seinen Kindern im Hungerturm; von Odysseus, der über die Grenzen der bekannten Welt in den Atlantik hinaus vorstieß und samt seinen Gefährten unterging. Flasch ermutigt zu einer genauen Lektüre, häufig im Widerspruch zur herrschenden Meinung seiner Zunftgenossen. Wo stünde denn bei Dante geschrieben, fragt er, Odysseus sei wegen unziemlicher Neugier verdammt? Sitzt er doch ausdrücklich wegen seiner trojanischen Schandtaten in der Hölle, und zwar nicht in der Abteilung für Gotteslästerer, sondern für betrügerische Ratgeber.
Nein, so hermetisch im Geist abgeriegelt, wie wir glauben wollen, war das Mittelalter gar nicht! Und was heißt überhaupt „Mittelalter“, wo die Zeit von 1250 und 1350 zu den umstürzlerischsten Epochen Europas gehört, in der kein geistiger Stein auf dem anderen blieb? Womit Flasch den zweiten Kreis erreicht hat: nämlich nach der Nähe auch die Ferne Dantes sichtbar zu machen. Immer mehr Material zieht er in seinen Wirbel hinein, er erläutert die mythologischen ebenso wie die philosophischen Implikationen des Buchs, hilft uns die Wirren der italienischen Politik um 1300 verstehen und erschließt die Göttliche Komödie (das ist die Krönung des Vorhabens) ihrem scholastischen Gehalt nach; denn Dante ist nicht zuletzt ein bedeutender Theologe. Man darf es Flasch nachrühmen, dass er Traditionspflege im besten Sinn betreibt: Er legt an einen Berg, dessen Zugang im Lauf der Zeit zur senkrechten Wand ausgewittert ist, eine Leiter an und macht den Gipfel auch für diejenigen frei, die keine Bergsteiger von Profession sind. Der Rezensent gesteht, dass er ohne Flaschs Hilfe nicht zur Göttlichen Komödie gefunden hätte.
Ein Wermutstropfen fällt dennoch in diesen Trank. Flasch legt zwei großformatige schöne Bände im Schuber vor; beim zweiten handelt es sich um seine Neu-Übersetzung, und diese ist in Prosa. Damit aber muss Dantes Werk, gebaut in weit gespannten Dreifach-Reimen, vom Ross der Poesie herunter und seinen Weg zu Fuß nehmen. Flasch hat dafür die besten Gründe, besonders den, dass es im Deutschen keine Chance gibt, die im vokalfrohen Italienisch so leicht möglichen Reime ohne Krampf nachzubilden; und das Versische ohne Reim erscheint ihm schal. Tatsächlich wird, wer einen Blick auf ältere Vers-Übertragungen wirft, den Eindruck einer gleichförmig schaukelnden Karawane gewinnen, wo die Zeilen, im jambischen Passgang Kopf an Schwanz gebunden, den großen Schwung von Dantes Terzinen leider vermissen lassen. „Mein Dante“, sagt Flasch, „spricht hart und knapp. Nie verplaudert er sich. Auch wenn er eine Metapher breit ausmalt, blitzen die Details nur kurz auf. Dem will ich nahe kommen. Wenn ich schon auf Reim und Versmaß verzichte, muss der Vorteil der Prosa herauskommen: Ihre freien Variationsmöglichkeiten zwischen Sätzen wie Drahtseilen, ausgeruhten Bildern, schneidender Polemik und dialektisch durchgearbeitetem Gebet.“
Es hat dennoch ein Tausch stattgefunden: Klarheit gegen Schönheit, Gehalt gegen Form. Man versteht die Göttliche Komödie nunmehr; dass man sie darum schon erworben hätte, um sie zu besitzen, wie Faust es verlangt, wäre wahrscheinlich zu viel behauptet. Wen das betrübt, der möge sich mit folgendem Gedanken trösten: Zwar handelt es sich hier um Flaschs Dante, um „meinen“, wie er sagt; aber dieses Ich ist minder herrisch als dasjenige Dantes selbst, es setzt sich nicht als Instanz, sondern als Mittler, der, was er vermag, durch Liebe leistet. Die Leistung aber besteht darin, jedem Leser das Rüstzeug in die Hand zu geben, damit er seinen eigenen Dante finden kann. Denn die Göttliche Komödie ist nicht nur das Buch von der Unendlichkeit; sie ist ein unendliches Buch.
Dante Alighieri
Commedia
In deutscher Prosa von Kurt Flasch.
Kurt Flasch
Einladung, Dante zu lesen
Zwei Bände im Schuber, 415 und 319 Seiten. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011. 98 Euro.
Es gibt im Deutschen keine
Chance, die italienischen Reime
der Terzinen nachzubilden
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Das unendliche Buch, hier in der Neuübertragung und Kommentierung vom großen Kurt Flasch, nimmt Rezensent Burkhard Müller zum Anlass, über die Hölle als Sujet nachzudenken. Schwierig sei es, dieses Thema in der Kunst zu verhandeln. Wenn Müller Flachs Danteübersetzung zur Hand nimmt, sind jedoch alle Zweifel verflogen. Ob die eingängige, drastische Sprache ("Scheiße", sagt Dante wirklich), die Kreisstruktur mit den herrlich ausgemalten Leidensstufen für die Sünder (Geizhälse ab auf Level 4) oder der Schlüsselcharakter des Werkes, der Müller allein fünf Päpste identifizieren lässt - dies Buch ist stark, meint Müller. Noch stärker wird es durch Flasch, Müllers Vergil, der den Rezensenten und ausdrücklich alle Nicht-Spezialisten an die Hand nimmt und ihnen den Text peu a peu und ohne die dicke Hose des Mittelalter-Kenners (der er zweifellos ist) historisch, mythologisch, theologisch und philosophisch erschließt. Dass Flaschs Commedia in Prosa kommt, kann Müller allerdings nur schwer verschmerzen, Klarheit gegen Schönheit lautet der Deal, mit dem er sich trösten muss.

© Perlentaucher Medien GmbH