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Machtkämpfe, Magnetismus und Affären: Die Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe
Berlin 1816: Karl August von Hardenberg, als preußischer Staatskanzler einer der angesehensten Männer seiner Zeit, trifft im Dämmerlicht einer Arztpraxis eine junge Frau, an der merkwürdige magnetische Heilverfahren ausprobiert werden, und verliebt sich in sie. In seinem neuen Buch erzählt Günter de Bruyn die Geschichte dieser ungewöhnlichen Liebe und entführt dabei wie in seinen vorangegangenen Büchern in das Spannungsfeld einer ganzen Epoche. Es geht um Machtkämpfe und Affären, um Romantik und Restauration.…mehr

Produktbeschreibung
Machtkämpfe, Magnetismus und Affären: Die Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe

Berlin 1816: Karl August von Hardenberg, als preußischer Staatskanzler einer der angesehensten Männer seiner Zeit, trifft im Dämmerlicht einer Arztpraxis eine junge Frau, an der merkwürdige magnetische Heilverfahren ausprobiert werden, und verliebt sich in sie. In seinem neuen Buch erzählt Günter de Bruyn die Geschichte dieser ungewöhnlichen Liebe und entführt dabei wie in seinen vorangegangenen Büchern in das Spannungsfeld einer ganzen Epoche. Es geht um Machtkämpfe und Affären, um Romantik und Restauration. Vor allem aber geht es um die letzten, bewegten Lebensjahre eines Staatsmannes, der für seine junge Geliebte eine Scheinehe mit einem anderen arrangiert und als Reformpolitiker zunehmend an Macht verliert. Ein Meisterwerk historischer Erzählkunst.
Autorenporträt
Günter de Bruyn wurde am 1. November 1926 in Berlin geboren und lebte seit 1969 im brandenburgischen Görsdorf bei Beeskow als freier Schriftsteller. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Heinrich-Böll-Preis, dem Thomas-Mann-Preis, dem Nationalpreis der Deutschen Nationalstiftung, dem Eichendorff-Literaturpreis und dem Johann-Heinrich-Merck-Preis. Zu seinen bedeutendsten Werken gehören u.a. die beiden kulturgeschichtlichen Essays »Als Poesie gut« und »Die Zeit der schweren Not«, die autobiographischen Bände »Zwischenbilanz« und »Vierzig Jahre« sowie die Romane »Buridans Esel« und »Neue Herrlichkeit«. Zuletzt erschien bei S. Fischer der Titel »Der neunzigste Geburtstag« (2018). Günter de Bruyn starb am 4. Oktober 2020 in Bad Saarow. Literaturpreise: Heinrich-Mann-Preis (1964) Lion-Feuchtwanger-Preis (1982) Ehrengabe des Kulturkreises des Bundesverbandes der deutschen Industrie (1987) Thomas-Mann-Preis der Stadt Lübeck (1989) Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln (1990) Ehrendoktor der Universität Freiburg (1990) Großer Literaturpreis der Bayerischen Akademie der schönen Künste (1993) Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung (1996) Brandenburgischer Literaturpreis (1996) Jean-Paul-Preis (1997) Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität, Berlin (1998) Ernst-Robert-Curtius-Preis für Essayistik (2000) Friedrich-Schiedel-Literaturpreis (2000) Nationalpreis der Deutschen Nationalstiftung (2002) Jacob-Grimm-Preis für Deutsche Sprache (2006) Hanns Martin Schleyer-Preis (2007) Hoffmann-von-Fallersleben-Preis (2008) Preis für deutsche und europäische Verständigung der Deutschen Gesellschaft e.V. (2010) Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay (2011)
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Vordergründig geht es in Günter de Bruyns neuem Buch um die unstandesgemäße Liebe des Fürsten und Staatskanzlers Karl August Freiherr von Hardenberg zu einer 40 Jahre jüngeren Uhrmachertochter. Doch der bald 90-jährige Schriftsteller und Preußen-Kenner de Bruyn rekonstruiere diese Amour fou nicht mit Lust am Skandalon, sondern vielmehr "mit Zurückhaltung und mit Interesse an den politischen Aspekten", merkt Rezensent Wilhelm von Sternburg lobend an. So gehe es etwa um Hardenbergs Kampf für eine von ihm entworfene Verfassung, die König Friedrich Wilhelm III. trotz anders lautender Versprechungen schließlich verhinderte. Dem Kritiker gefällt gut, dass der Autor seine Leser "unaufgeregt und anschaulich in die große-kleine Welt der Machtkämpfe und Affären" Preußens führt, wo Privates und Politik sich des Öfteren fatal vermischt hätten.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.11.2015

Huckkukkuk und Pücklerino
Günter de Bruyn erzählt von der letzten Liebe des Staatskanzlers Hardenberg

Was ist ein Roman? Eine lange Erzählung in Prosa, die sich, auch wo sie sich am Faktischen orientiert, im Fiktionalen erfüllt. Das kann man Günter de Bruyns schmalem Buch, in dem eine Episode aus der Geschichte Preußens "so wahrheitsgetreu wie möglich den spärlichen Überlieferungen nacherzählt wird", wie der Autor selbst sich ausdrückt, nicht nachsagen. Aber ein Roman steckt dennoch in diesem Buch, ein historischer Liebesroman voller Skandale, Dramen und Intrigen, all dem, was zu dem Genre dazugehört. Nur dass er nicht herauskommt, nicht herauskommen soll.

Günter de Bruyn hat sich diesen Roman versagt, aus wohlerwogener Abneigung dagegen, seiner Phantasie auf dem schlüpfrigen Boden, auf dem die Geschichte spielt, die Zügel schießen zu lassen. Und doch meint man beim Lesen bisweilen zu spüren, wie es ihn in den Fingern gejuckt hat, diesen Stoff in die Fiktion überfließen zu lassen. Dass er der Versuchung nicht erlegen ist, gibt seiner "Somnambulen" ihre besondere Form, ihre asketische Prägnanz. Aber es ist auch ein Verlust, den man immer deutlicher spürt, je näher das Buch seinem Ende kommt, der Auflösung der Fäden, die der historische Zufall so elegant und beziehungsreich geknüpft hat.

"Die Somnambule", die Hauptfigur des Buches, ist Friederike Hähnel, die letzte Geliebte des Staatskanzlers Karl August von Hardenberg, dem die Welt die preußischen Reformen und Schinkels klassizistisches Schloss in Neuhardenberg verdankt. Der Kanzler lernt die junge Frau im Jahr 1816 in einem "magnetischen Salon" kennen, in den ihn sein Leibarzt David Koreff geführt hat, um ihn von der Wirksamkeit der neuartigen Heilmethode des Mesmerismus zu überzeugen. Dieser damals von vielen Intellektuellen bewunderte Hokuspokus, bei dem die Patienten durch Handauflegen und allerlei phantastische Apparaturen in Trancezustände versetzt wurden, funktionierte besonders bei weiblichen Versuchskandidaten, die im "magnetischen Schlaf" Visionen und Prophezeiungen von sich gaben. Eine von ihnen ist die vierundzwanzigjährige Friederike, deren von Zeitgenossen beschriebene "frische Üppigkeit des Leibes" den alten, schon zweimal geschiedenen Hardenberg derart beeindruckt, dass er sie als Gesellschafterin seiner dritten Frau Charlotte in sein Haus aufnimmt und zur Tarnung mit einem Baron Kimsky verheiratet. Sechs Jahre später stirbt er auf einer Italien-Reise in ihren Armen.

Über diese Affäre, die Weltgeschichte hätte schreiben können, wenn der Staatskanzler in jenen Jahren nicht schrittweise aus der Gunst seines Königs verdrängt und zuletzt gänzlich entmachtet worden wäre, gibt es kaum verlässliche Quellen; die zuverlässigste, die Korrespondenz zwischen Hardenberg und Hähnel, hat die Geliebte nach dem Tod ihres Mentors anscheinend verbrannt. Was aber vorhanden ist, hat de Bruyn mit der ihm eigenen Gründlichkeit gesichtet: "Reminiscenzen" eines Arztes aus Hähnels Geburtsstadt Neubrandenburg, Erinnerungsblätter der gleichfalls dort geborenen, heute vergessenen Populärschriftstellerin Luise Mühlbach, Italien-Skizzen ihres Mannes, des Publizisten Theodor Mundt, der die "üppige Mecklenburgerin" an ihrem Lebensabend in Rom traf. Schließlich, neben den Mitteilungen Hardenbergs an seine betrogene und alsbald verstoßene Ehefrau, die Briefe, die sein Schwiegersohn, der als Parkschöpfer und Speiseeis-Namensgeber bekannte Fürst Hermann von Pückler-Muskau, zu Lebzeiten des Kanzlers mit dessen Bettschatz wechselte.

Unter diesen Stimmen ist die Pücklers die interessanteste, weil sie anders als alle anderen eine Entwicklung durchmacht. Zuerst biedert sich der Fürst bei der Mätresse seines Schwiegervaters, die er zärtlich "Huckkukkuk" nennt (sie antwortet mit "edler Pückler-Pücklerino"), mit allen Mitteln an. Dann aber, auf einer Bäderkur in Pyrmont, bei der "die Kimsky" ihre privilegierte Stellung allzu unverblümt genießt, hat er plötzlich genug von ihr. Zuletzt ist sie für ihn nur noch "der feindliche Dämon", dessen Launen den armen Staatskanzler in den Tod treiben. Allerdings hat Pückler inzwischen den Fürstentitel in der Tasche, den er mit Hardenbergs Protektion vom preußischen König erbeten hat. Auch bei ihm ist also Kalkül im Spiel, wie bei allen Beteiligten außer dem Kanzler selbst, der bis an sein Sterbebett auf die "nachtheilige körperliche Reizung" durch seine Geliebte einfach nicht verzichten will.

Man sieht den Autor schmunzeln bei solchen Zitaten, und man schmunzelt mit ihm. Aber viel mehr als solche milden Vergnügungen hat "Die Somnambule" leider nicht zu bieten. Seit langem, spätestens seit seiner 2001 erschienene Monographie über die Königin Luise, schreibt Günter de Bruyn an einer Geschichte der preußischen Umbruchszeit am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. Mit den beiden Erzählbänden "Als Poesie gut" und "Die Zeit der schweren Not" hat er dieses Vorhaben in große Literatur verwandelt. Das Büchlein über die letzte Liebe des alten Staatskanzlers ist dagegen mehr eine Fußnote als eine Fortsetzung. Das Netz historischer Verweise, das bei de Bruyn sonst so dicht geknüpft ist, wirkt hier lose und löchrig, und von der Sympathie, mit der er jedes Mal auf seine Figuren schaut, ist beim Blick auf Hardenberg und seine Entourage wenig zu spüren. Vielleicht wollte der Autor auch einfach nicht mehr Aufhebens um die Affäre machen. Erzählen aber musste er sie doch.

ANDREAS KILB

Günter de Bruyn: "Die Somnambule oder Des Staatskanzlers Tod".

S. Fischer Verlag, Frankfurt, 2015. 152 S., geb., 17,99 [Euro].

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in gewohnt präziser Mischung aus Essay und Erzählung Annerose Kirchner Ostthüringer Zeitung 20151024