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Dieser Roman erschien erstmals 1964 und wurde als "die beste fantastische Komödie seit Tristram Shandy" gepriesen. Dem Spott in besonderem Maße ausgesetzt werden beispielsweise die Frömmigkeit, intellektuelle Abstraktionen wie J. W. Dunnes und Albert Einsteins Theorien über Zeit und Relativität oder etwa der hl. Augustinus und James Joyce, in deren Stimmen Teile des Romans (und als solcher ist der Text zweifellos zu bezeichnen) erzählt werden.
Der vierte von Harry Rowohlt übersetzte Band der Flann O Brien-Neuausgabe. Der absonderliche Wissenschaftler De Selby erfindet eine Substanz zur
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Produktbeschreibung
Dieser Roman erschien erstmals 1964 und wurde als "die beste fantastische Komödie seit Tristram Shandy" gepriesen.
Dem Spott in besonderem Maße ausgesetzt werden beispielsweise die Frömmigkeit, intellektuelle Abstraktionen wie J. W. Dunnes und Albert Einsteins Theorien über Zeit und Relativität oder etwa der hl. Augustinus und James Joyce, in deren Stimmen Teile des Romans (und als solcher ist der Text zweifellos zu bezeichnen) erzählt werden.
Der vierte von Harry Rowohlt übersetzte Band der Flann O Brien-Neuausgabe.
Der absonderliche Wissenschaftler De Selby erfindet eine Substanz zur Zerstörung allen organischen Lebens. De Selby ist durchaus bereit, von seiner Erfindung Gebrauch zu machen, begnügt sich allerdings vorerst damit, innerhalb einer Woche uralten Malt-Whiskey zu destillieren und, mit Hilfe eines mysteriösen Luftkompressionsverfahrens, in einer Unterwasserhöhle der Dublin-Bay bekannte biblische Gestalten oder frühchristliche Kirchenväter wie den Hl. Augustinus zu beschwören und in theologische Diskussionen zu verwickeln. Außerdem tritt in diesem Buch James Joyce auf, und zwar als ältlicher Pub-Wirt, der empört bestreitet, jemals ein Machwerk wie Finnegans Wake geschrieben zu haben. Vielmehr gibt sich Joyce als Verfasser jener Traktat-Heftchen zu erkennen, die gern an den Eingangspforten katholischer Kirchen ausliegen, und hat nur einen Herzenswunsch - nämlich Mitglied des Jesuitenordens zu werden.
Autorenporträt
Flann O'Brien, geboren am 5. Oktober 1911 als Brian O'Nolan in Strabane/County Tyrone, studierte Gälisch, klassische Philologie und Deutsch in Dublin und Köln und wirkte von 1937 bis 1953 als Ministerialbeamter. 1939 begann er mit "Auf Schwimmen-zwei-Vögel" seine Karriere als Schriftsteller, ab 1940 schrieb er 26 Jahre lang als Myles nag Copaleen (Myles von den Pferdchen) täglich seine "Trost-und Rat"-Kolumne in der Irish Times. Auf sein Hauptwerk folgten noch weitere Romane und Erzählungen, aber literarische Anerkennung wurde ihm erst posthum zuteil. Er starb am 1. April 1966 in Dublin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.12.2003

Nachbar, das Fläschchen!
Flann O’Briens Schlaumeierroman „Aus Dalkeys Papieren”
Der Beamte Mick Saughnessy und der Juwelier Hackett treffen in einer kleinen Badebucht der irischen Küstenstadt Dalkey auf den skurrilen Gelehrten De Selby. De Selby ist ein Mad Professor. Er hat eine Substanz erfunden, die die Zeit anhält, zurückstellt oder abschafft, die genauen Details unterliegen noch dem Forschergeheimnis. De Selbys Experimente untermauern seine Arbeitshypothese, dass die Zeit eine an Sauerstoff gebundene Illusion ist. Durch Sauerstoffextraktion entsteht ein Zeitvakuum, was das Atmen in der Ewigkeit allerdings spürbar erschwert. Setzt de Selby seine Substanz in einem abgeschlossenen Raum frei, entsteht eine nagelneue Dimension, in der gerne Abgesandte aus der Vergangenheit vorbeischauen und von ihren Abenteuern im Jenseits plaudern.
So verwandelt De Selby eine Grotte der Badebucht zur plätschernden Zeitmaschine und führt darin Mick und Hackett nach einem Tauchgang den heiligen Augustinus vor. Der Kirchenvater ist leider ein rechter Schwafler. De Selby ist nicht nur ein freundlicher Reiseleiter in der vierten Dimension, sondern hegt auch ambitionierte Vernichtungspläne. Er hält die Welt für so verkommen, dass er alles Leben mit Hilfe seiner sauerstoffextrahierenden Substanz DMP auslöschen möchte.
Sowieso egal, wenn man genauso gut gemütlich im transluziden Aspik der Ewigkeit herumschwabbeln kann. Also wird sich der kleine Staatsbeamte Mick aufmachen, dem klassischen McGuffin DMP hinterher zu jagen und die Welt zu retten. Dabei trifft er auch auf James Joyce, der wider Erwarten noch lebt und zurückgezogen in einer Fischerpinte einer Nachbarstadt als Barkeeper arbeitet. Seine Romane sind ihm eher peinlich, er hat nur einen Wunsch: den Jesuiten beizutreten.
Das klingt alles recht lustig. Ist es aber nur sehr begrenzt. Flann O’Briens Mannschaftsaufstellung darf noch als gelungen bezeichnet werden. Sie erinnert an all die tapferen Heldenduos, die gegen eine groteske Welt zu Felde ziehen. Würdevoll und einander zuprostend stolzieren Mick und sein Sidekick Hackett durch ein Labyrinth kruder Absurditäten, ganz so wie Don Quijote und Sancho Pansa, Stan und Olly, Bouvard und Pécuchet oder Wladimir und Estragon. Dem verrückten Gelehrten De Selby stellt Flann O’Brien den ziemlich verwirrten James Joyce als Double gegenüber. Als Anreiz und Lohn für die Rettung der Welt fungiert Mary, die vor allem Mick bezaubert: „Sie lungerte verlockend an den Rändern seiner Seele herum.”
In einem sehr lichten Moment beschließt Mick noch, James Joyce gegen De Selby auszuspielen, und das wäre wahrlich ein literarischer Geniestreich gewesen. Literarische Parodie im Gewand eines Wettlaufs gegen die globale Apokalypse. Der Gigant der Moderne als Gegenspieler eines Geistes, der stets verneint. James Joyce versus Dr. No.
Joyce und die Jesuitenwäsche
Doch leider kommt es nie zu der Konfrontation. All die Handlungsfäden verheddern sich zu einem wirren Knäuel, das der Autor lieblos herumschubst. Nachdem O’Brien seinen Strukturplan endlich fertig hatte, muss ihn die Lust und auch die Kondition verlassen haben. All die wunderbaren dramaturgischen Einfälle werden zur unverbindlichen Matrix einer hingeschluderten Nummernrevue, in der nur die allerwenigsten Stücke wirklich überzeugen. Nach gut der Hälfte dümpelt der Text dahin wie ein langer Abend in einer kleinen Fischerpinte, wenn alle Witze gemacht, alle Anekdoten erzählt sind, doch der Whisky einfach nicht alle werden will. Ist es wirklich ein so köstlicher Scherz, dass sich Joyce bei den Jesuiten um die Priesterunterwäsche kümmern soll?
Seinem Verleger hat Flann O’Brien seinen Text weniger als Roman denn als „eine Studie im Gebiet des Spotts” angepriesen, „wobei die Rolle der im Käfig gefangenen Ratten verschiedenen Schriftstellern und deren stilistischen Eigenheiten sowie allerlei sonstige Moden, Haltungen und Kulten zugewiesen ist.” Das wäre ein ehrenwertes literarischen Unterfangen gewesen, nur lacht man eben bei Spott auch ab und an ganz gerne.
Doch O’Brien verfällt in genau dieselben Marotten, denen sein ganzer – enttäuschend lahmer – Spott gilt. Er veranstaltet einen knarzenden Stapellauf von akademischen Insiderscherzchen. Der Tradition parodistischer Enzyklopädien und Flauberts grotesken Gelehrten Bouvard und Pécuchet folgend, machen sich Hackett und Mick auf die Reise in das Land der absurden Theorien. Doch das Panorama der absurden Wissenschaften ist lieblos gestaltet und willkürlich aneinander geklittert. Flann O’Brien ist in diesem Roman sehr weit entfernt von Laurence Sternes inspirierter Kunst der Abschweifung oder Flauberts systematischer Parodie der Universalbibliothek.
Polizist Fottrells Fahrradtheorie
Es ist ein beliebtes Exerzitium bibliophiler Schlaumeier, den Iren Flann O’Brien gegen James Joyce auszuspielen und zum Kultautor für Kenner hoch zu stilisieren. Er wird gerne als der wahrhaft originelle, weil wirklich lustige Vertreter einer Literatur der zerfasernden Formen gesehen. Diese liebenswerte literarische Kauzigkeit soll von dem Label „Harry Rowohlt” garantiert werden, das auch nicht mehr ist, was es mal war. Everybody’s Brummel- und Translation-Darling Harry „The Puh” Rowohlt prangt auf dem Cover auch dieser Ausgabe wie ein anspruchsvoller literarischer Qualitätsfilter. Doch nicht überall, wo Rowohlt drauf steht, ist auch geistvolle Widzischkeit drin. Ein Bonmot der Verfechter einer vermeintlich fröhlichen Avantgarde lautet, James Joyce hätte wie O’Brien geschrieben, wäre er nicht so bescheuert gewesen.
In Wirklichkeit schreibt O’Brien in diesem Roman exakt wie Joyce in seinen bescheuertsten Momenten. O’Briens akademische Stilscherzchen und pseudo-parodistischen Theorien ziehen sich so zäh in die Länge wie die ödesten Shakespeare-Debatten in „Ulysses”. „Dalkeys Archive” sind ein krauses Kuriositätenkabinett für Liebhaber des schelmisch augenzwinkernden Akademikerscherzes. So, so, De Selbys Badebucht mitsamt ihrer Zeitmaschine liegt in der VicoRoad? Derselbe Vico wie auf der ersten Seite von Joyces „Finnegan’s Wake”? Die kurvige Straße als Symbol einer zyklischen Zeit? Wie hochamüsant.
Eine der ganz wenigen wirklich komischen Passagen dieses Romans schildert die absurde Molekül-Theorie des Polizisten Fottrell. In rhetorischer Vollendung und exquisiter manieristischer Prunksucht erläutert der geschwätzige Sergeant, dass Menschen und Fahrräder, stehen sie durch regelmäßiges Radfahren in engstem Kontakt, ihre Moleküle austauschen. Schließlich muss sich der eisenhaltige Mensch überall anlehnen, weil er schon fast zum Fahrrad mutiert ist und kaum noch Stehkraft hat.
Wie sein gesamtes Buch hätte Flann O’Brien auch diese Theorie eine Spur ernster nehmen sollen: Er scheint sich so lange satirisch an den Marotten seines großen Feindes Joyce gerieben zu haben, dass er schließlich selbst schreibt wie der große Antagonist in seinen scheußlichsten Passagen. Aus eigener Kraft scheint O’Brien schon kaum mehr stehen zu können. „Aus Dalkeys Archiven” ist besonders enttäuschend, wenn man es mit Flann O’Briens komischem Meisterwerk „Auf-Schwimmen-Zwei-Vögel” vergleicht. Im Gedächtnis bleiben nur wenige poetische oder komische Kabinettstückchen, die sich hervorragend für eine launige Irland-Anthologie eignen. Harry Rowohlt kann ja ein Hörbuch draus machen.
STEPHAN MAUS
FLANN O’BRIEN: Aus Dalkeys Archiven. Roman. Aus dem Englischen von Harry Rowohlt. Verlag Kein & Aber, Zürich 2003. 255 Seiten, 18 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

An diesem Roman aus dem Jahr 1964 lässt Stephan Maus kaum ein gutes Haar. Die Geschichte, in der der Beamte Saughnessy und der Juwelier Hackett die Welt vor dem verrückten Professor De Selby retten wollen, der mit einer Zeitmaschine die Erde zerstören will, klinge zusammengefasst ja "recht lustig", räumt der Rezensent ein. Auch das Personal des Romans, in dem etwa James Joyce als Double des Professors auftritt, findet er durchaus gelungen. Doch dann macht Maus seinem ganzen Unmut Luft: das Vorhaben des irischen Autors Flann O'Brians, sich über die stilistischen Marotten von James Joyce und anderen Schriftstellern lustig zu machen, mündet für ihn nur in "lahmen Spott" und er findet, dass das Buch insgesamt ein "knarzender Stapellauf von akademischen Insiderscherzchen" geworden ist. Maus stellt daher fest, dass O'Brien, der unter Kennern gern gegen James Joyce ausgespielt wird, in diesem Roman schreibt "wie Joyce in seinen bescheuertsten Momenten".

© Perlentaucher Medien GmbH
"O'Brien ist ein Meister des sinnlosen Diskurses."

Die Tageszeitung