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Baku sehen und sterben. Im Jahr 2004 veröffentlicht Olivier Rolin einen Roman, in dem ein Schriftsteller gleichen Namens nach Baku reist. Er mietet sich im Hotel Abscheron ein, Zimmer 1123, und nimmt sich dort mit einer 9mm Makarow das Leben. Fünf Jahre später, im Frühjahr 2009, fliegt Olivier Rolin von Paris aus in die aserbaidschanische Hauptstadt, um herauszufinden, ob er tatsächlich ein Rendezvous mit dem Tod hat. Als er jedoch in Baku ankommt, erwartet ihn eine Überraschung. Das Hotel Abscheron existiert nicht mehr. Es wurde zwei Monate zuvor abgerissen ... Olivier Rolin erzählt von einer…mehr

Produktbeschreibung
Baku sehen und sterben. Im Jahr 2004 veröffentlicht Olivier Rolin einen Roman, in dem ein Schriftsteller gleichen Namens nach Baku reist. Er mietet sich im Hotel Abscheron ein, Zimmer 1123, und nimmt sich dort mit einer 9mm Makarow das Leben. Fünf Jahre später, im Frühjahr 2009, fliegt Olivier Rolin von Paris aus in die aserbaidschanische Hauptstadt, um herauszufinden, ob er tatsächlich ein Rendezvous mit dem Tod hat. Als er jedoch in Baku ankommt, erwartet ihn eine Überraschung. Das Hotel Abscheron existiert nicht mehr. Es wurde zwei Monate zuvor abgerissen ... Olivier Rolin erzählt von einer Welt, die im Nirgendwo zwischen Vergangenheit und Zukunft verharrt. Auf den Ölfeldern am Kaspischen Meer ragen die rostigen Fördertürme wie Stacheln aus der Erde. Hier gibt es Friedhöfe, wo die Toten auf ihren Gräbern stehen, und Moscheen, die aussehen wie riesige Ostereier. Olivier Rolin lernt berühmte Künstler kennen und kurvenreiche Ministergattinnen. Er speist im Texas Café und wandelt auf den Spuren von Iossif Dschugaschwili, als dieser noch nicht 'Stalin' genannt wurde. Nur seinen Tod, den findet Olivier Rolin nicht.
Autorenporträt
Olivier Rolin wird 1947 in Boulogne-Billancourt geboren. Die Kindheit verbringt er im Senegal, nach seinem Schulabschluss studiert er in Paris Literatur und Philosophie. 1967 tritt er der Kommunistischen Jugend Frankreichs bei, ein Jahr später wird er Mitglied des maoistisch orientierten 'Neuen Volkswiderstands' und beteiligt sich an militanten Aktionen. Als sich die Bewegung 1973 auflöst, geht er für längere Zeit in den Untergrund. 1978 wird er Lektor und später Herausgeber in einem Pariser Verlagshaus, 1983 erscheint sein erster von bislang zehn Romanen. Für 'Port Sudan' wird er 1994 mit dem renommierten Prix Femina ausgezeichnet, für 'Die Papiertiger von Paris' erhält er 2003 den Prix France Culture.
Rezensionen
"Ein hinreißendes Buch!" -- LE MONDE

"Olivier Rolin erzählt im Stil eines Nicolas Bouvier." -- LE FIGARO

"Voller Humor, aber zugleich auch sehr melancholisch." TÉLÉRAMA

"Viel mehr als nur ein Reisetagebuch." L'HUMANITÉ

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.03.2014

Zimmer 1123
Olivier Rolin besucht die rätselhafte Stadt Baku, die eine lebensbedrohliche Faszination auf ihn ausübt
Von der Terrasse seines Hotels blickt Olivier Rolin übers Meer auf die im Dunst liegende, schwarze Stadt Baku: „Molen durchziehen das perlmuttfarben schimmernde Wasser, das die langen Wimpern der Angelruten säumen.“ Der Autor ist zurückgekommen, um sich dem Tod zu stellen. Oder besser, einer sich womöglich selbsterfüllenden Prophezeiung. 2004 veröffentlichte Rolin den Roman „Suite im Hotel Crystal“, eine Sammlung von Geschichten, die in Hotelzimmern spielen, teils in der Zukunft. Die Hauptfigur – die den Namen Olivier Rolin trägt – nimmt sich im Zimmer 1123 des Hotels Abscheron in Baku mit einer Makarow-Pistole Kaliber 9 das Leben. Das Gedankenexperiment geht so weit, dass auf dem Bucheinband Rolins Lebensdaten mit 1947–2009 angegeben sind.
  Im Jahr 2009 beschließt der Franzose gegen jede Empfehlung seiner Freunde, nach Baku zu reisen, um der Fiktion seines eigenen Todes am Kaspischen Meer zu begegnen. In der aserbaidschanischen Hauptstadt muss Rolin feststellen, dass das Zimmer 1123 mit beigefarbener Relieftapete nicht mehr existiert. Das Hotel ist zwei Monate zuvor abgerissen worden. Schon hier scheint Rolin seinem selbst auferlegten Tod entronnen zu sein. Die Ahnung vom nahenden Ende schwindet, nachdem die orakelhaften Vorzeichen sich ändern. Ohne das Hotelzimmer ist die Gefahr gebannt.
  Was nun beginnt, ist ein gelöster, immer noch sehr persönlicher Reisebericht über die faszinierende Stadt Baku. Eine Flaneursglosse auf 160 Seiten. Angereichert durch den hochgebildeten Geist eines Künstleregos.
  Geprägt von persischer und sowjetischer Vergangenheit, hadert Baku selbst mit seinen Zugehörigkeiten zu Sprachen, Religionen, politischen Systemen, Ost und West, gestern und morgen. Olivier Rolin besucht abgetragene Touristenorte, merkwürdige stalinistisch-venezianische Gebäude, ein Ausflugslokal auf einer Landzunge – das Lenin-Museum ist jetzt ein Teppichmuseum. Bei einer Tour in die turkmenische Hauptstadt Aschgabad sieht Rolin die größte Moschee Zentralasiens weiß und golden erstrahlen, im Inneren dann ein 2000 Jahre alter Teppich, ein Geschenk des ehemaligen iranischen Präsidenten Ahmadinedschad.
  „Letzte Tage in Baku“ führt durch eine unbekannte und zerrissene Stadt, Rolin hilft auch zu begreifen, historisch einzuordnen, sogar Situationen zu bewerten. Manchmal treibt er es etwas weit, die kulinarischen Bemühungen des Frühstückskochs missfallen ihm ebenso offensichtlich wie manch ein übermotivierter Fremdenführer mit ausgeprägter Gottesfurcht. Und immer wieder wiegen sich die Hintern weiblicher Wesen, sei es die Studentin in der Bibliothek oder die dralle Ministergattin. Aber sinnlich ist sie, seine Beschreibung. Rote hochhackige Schuhe einer kleinen Frau, passend zu ihren Lippen. Nach einem Abend in der Oper Bakus, deren architektonischer Stil auf ewig Rätsel bleiben wird, beginnt die Mahlzeit mit einem Pflücksalat, denn „in Aserbaidschan beginnt ein Abendessen immer damit, dass man Grünzeug weidet“. Danach gibt es Schaschlik mit Pilzen, Gurken, kleinen Zwiebeln und Dolma, gefüllte Weinblätter. Dazu Wodka und Tee mit eingemachten Kirschen. Irgendwann sitzt der Flaneur im Riesenrad, ein Motiv, das er schon in Romanen erzählt hat. War „Letzte Tage in Baku“ bisher selbstreferenziell und voller Zitate von Hemingway bis Khayyam, hier ein Moment aufrichtiger Reflexion: „Welchen Sinn hat diese Geschichte?“ Ein Reisetagebuch, ein Testament? Die Begegnungen mit dem Tod – Rolin lässt sie nicht aus, er besucht Friedhöfe, bewundert deren Abstraktion. Kurz vor Schluss fotografiert er sein erstes Selbstporträt, nackt im Hotelzimmer. Dieser Tag sei nicht spurlos vorübergegangen.
ANTONIA MAHLER
Olivier Rolin: Letzte Tage in Baku. Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller. Verlagsbuchhandlung Liebeskind, München 2014. 160 Seiten, 16,90 Euro.
Aserbaidschan pendelt
zwischen Sprachen, Religionen
und politischen Systemen
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Gegen jeden Rat ist Olivier Rolin nach Baku gereist, wo sich sein gleichnamiger Protagonist im Roman "Suite im Hotel Christel" von 2004 in einem Hotelzimmer das Leben genommen hatte, lässt Antonia Mahler wissen. Zu seiner und der Erleichterung der Rezensentin stellt er fest, dass das betreffende Hotel mittlerweile abgerissen wurde und kann sich dann mit etwas weniger morbiden Gedanken auf seine Stadtspaziergänge machen. Der daraus resultierende Reisebericht ist sehr "persönlich" und gewinnt durch die nicht selten klugen und geistreichen Betrachtungen Rolins. Wenn es nach der Rezensentin gegangen wäre, hätte sie auf manche Situationsbewertung beispielsweise das Frühstück betreffend verzichten können. Doch insgesamt findet sie diesen Reisebericht durchaus nützlich, die Stadt und ihre Geschichte in ihrer Zerrissenheit zu verstehen.

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