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Welcher echte Ganove würde nicht vom "Großen Coup" träumen? Der verhinderte Partisan und Kunststudent Vladimir Heiter hat kein gutes Leben gehabt. In Belgrad hat er Lebensmittelmarken geklaut und ist dafür auf Titos Gefängnisinsel Goli Otok fast zu Tode gequält worden, in der Schweiz hat er gesessen, weil er ausgerechnet einem Agenten von Interpol einen gefälschten Botticelli anzudrehen versucht hat. Aber dann kommt "das ganz große Ding". Am Allerheiligentag des Jahres 1975 steht ein Bekannter vor der Tür und erklärt, daß er zusammen mit einem Komplizen den Kölner Domschatz geklaut hat: Gold,…mehr

Produktbeschreibung
Welcher echte Ganove würde nicht vom "Großen Coup" träumen? Der verhinderte Partisan und Kunststudent Vladimir Heiter hat kein gutes Leben gehabt. In Belgrad hat er Lebensmittelmarken geklaut und ist dafür auf Titos Gefängnisinsel Goli Otok fast zu Tode gequält worden, in der Schweiz hat er gesessen, weil er ausgerechnet einem Agenten von Interpol einen gefälschten Botticelli anzudrehen versucht hat. Aber dann kommt "das ganz große Ding". Am Allerheiligentag des Jahres 1975 steht ein Bekannter vor der Tür und erklärt, daß er zusammen mit einem Komplizen den Kölner Domschatz geklaut hat: Gold, Schmuck und Sakralgegenstände im Wert von Millionen! Leider klingelt schon fünf Minuten später die Polizei. Heiter ist als Hehler und "Kunstliebhaber" bekannt. Mangels Tatverdacht läßt man ihn allerdings bald wieder frei. Die fünfzigköpfige "Sonderkommission Domraub" muß anderswo suchen. Aber Heiters Qualitäten sind auch den wahren Auftraggebern der beiden Schatzdiebe, zwei Königen der Unterwel t, nicht verborgen geblieben. Sie möchten, daß Heiter die "Sore" für sie "vertickt" und bestellen ihn deshalb nach Frankfurt. Aber erst, als ihn Monate später auch die Staatsanwaltschaft bittet, bei der Wiederbeschaffung der Beute zu helfen läßt sich Heiter auf einen verhängnisvollen Deal ein: Er wird dem geheimnisvollen Undercover-Agenten "Ratzki" das Beutegut übergeben. Nur leider hat er nicht mit der Tücke seiner Widersacher gerechnet ... Der aus Freiheitsdurst auf Jamaica lebende Schriftsteller Peter-Paul Zahl ist dem unglückseligen Heiter vor vielen Jahren in einer deutschen Strafvollzugsanstalt begegnet und hat sich seine Geschichte erzählen lassen. Er macht daraus einen Schelmenroman im Stil von Fran ois Villon, in dem allen ehrlichen Halunken Gerechtigkeit widerfährt und den Heuchlern, Spießern und ihren Bütteln erst recht.
Autorenporträt
Peter Paul Zahl, geb. 1944, verbrachte neun Jahre in der DDR, elf in West-Deutschland, elf in West-Berlin, zehn im Knast und lebt seit 1985 auf Jamaika. Er hat neun Kinder (darunter drei Stieftöchter) in fünf Ländern. Förderpreis für Literatur der Freien und Hansestadt Bremen 1980; Deutscher Krimipreis 1994; zahlreiche Romane, Gedichtbände, journalistische Veröffentlichungen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.07.2002

Witz, komm raus
Peter-Paul Zahl raubt
den Kölner Domschatz
Ein paar altertümliche Floskeln, ein kecker Einstieg, großspurige Ankündigungen und ein kehliger Ton, fertig ist der Bänkelsänger. So jedenfalls scheint es sich Peter-Paul Zahl gedacht zu haben, als er den leidgeprüften Kleinganoven und Ich-Erzähler Vladimir Heiter erfand. Zur besseren Orientierung kündigt der Urheber sein neues Buch im Untertitel offensiv als „Schelmenroman” an. Aber wer sich eine zeitgenössische Version der mehrfach beschworenen Dreigroschenoper, des Simplicissimus oder gar der großartigen Balladen François Villons erhofft hat, wird bitter enttäuscht. Mehr als eine kalauernde Wohngemeinschaftsvariante des illustren Genres ist Zahl nicht gelungen.
Wir werden zurück katapultiert in die siebziger Jahre: Vladimir Heiter, geboren 1932 in Belgrad, lebt nach einer glücklosen Gauner-Karriere in Köln und ist mittlerweile passionierter Kunstdieb. Mit mäßigem Erfolg, was ihm Kontakte zur Staatsanwaltschaft und deren Chargen bescherte, in echter Gangstermanier hier „die Schmier” genannt. Durch Titos Straflager auf der Insel Goli Otok schwer traumatisiert, erträgt Vladimir seine Heimat kaum länger als 14 Tage. Ausgerechnet nach Belgrad muss er sich aber zurückziehen, als ihn zwei Möchtegern-Diebe als Kontaktmann angeben. Seine Landsleute haben einen Coup in den Sand gesetzt: der Kölner Domschatz, in einer dilettantischen Aktion erbeutet, ist unverkäuflich, eine Sonderkommission kommt der Bande auf die Schliche, ein hochkarätiger Undercover-Agenten der zuständigen Versicherung ebenfalls. Die Hintermänner halten sich bedeckt und liefern die beiden Helfer ans Messer.
Vladimir wird in die Angelegenheit hinein gezogen. Er macht gute Miene zum bösen Spiel, denn er ist ein Outcast mit ethischen Grundsätzen, der für eine gewerkschaftliche Organisation der Halbwelt plädiert. Und so schildert der aufrechte Gauner in knarzenden Schwänken und Anekdoten die branchenüblichen Verwicklungen, hangelt sich an einem Krimiplot entlang und lässt auch seine umwerfende Manneskraft nicht unerwähnt. Aber das Glück ist ihm nur im Bett hold, am Ende muss der wackere Vladimir doch noch für alles büßen.
Mühsam kämpft man sich durch die zwangskomischen Kapitel, hört die Laute klimpern, lauscht gequält den Witzen des fahrenden Gesellen und fühlt sich wie bei einer WG-Versammlung zur Abstimmung des Abwaschplans. Gedacht war das Ganze vermutlich als satirische Abrechnung mit der bundesrepublikanischen Rechtsprechung der 70er Jahre, die Peter-Paul Zahl am eigenen Leib erfuhr. Wegen eines „zweifach versuchten Mordversuchs” an einem Polizisten wurde der Schriftsteller 1976 zu 15 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Das umstrittene Urteil führte im In- und Ausland zu heftigen Diskussionen; Zahl, der inzwischen in Jamaika lebt, wurde zu einem „justizpolitischen Fall”.
Vielleicht ist „Der Domraub” der Versuch, aus tragischen Verstrickungen eine Komödie zu basteln und sich so Erlittenes von der Seele zu schreiben. Das mag ein redliches Motiv sein. Verzeihen mag man Peter-Paul Zahl den dozierenden Kunsträuber mit seiner Attitüde zwischen Sponti und Chefredakteur dennoch nicht. Die wiederholten Darlegungen der richtigen Sicht der Dinge wirken penetrant, die Bezüge auf die deutsche Vergangenheit und den Holocaust obligatorisch. Gespickt ist das Ganze mit eher bemühten Kalauern, die wohl zum Genre passen sollen. Frau Voss wird, sehr originell, zu Frau „Votz”, der Vorsitzende Richter ist, hähä, der „Pforzsitzende Richter”, in dieselbe Kerbe hauen der „Anal-Phabetismus”, die „Ungerechtigkeitsvollzugsanstalt” und die „Viehlosophen”. Auch die regelmäßig eingeflochtenen Sexszenen sind an Eintönigkeit kaum zu überbieten.
Zu allem Überfluss hat der seinen Trieben tief verbundene Ich-Erzähler eine unbändige Freude am Unflätigen und berichtet wie ein ungezogener Vorschüler alle naselang von riesigen Ärschen, Verdauungsgewohnheiten und ausgedehnten Toilettensitzungen. In einem verderbten System, so der Subtext des gesamten Buches, nützt eben alles nichts. Obwohl er kein Wässerchen getrübt hat und das Herz auf dem rechten Fleck trägt, muss Vladimir Heiter bezahlen. Es gibt kein richtiges Leben im Falschen, und die wenigen Richtigen werden bestraft.
MAIKE ALBATH
PETER PAUL ZAHL: Der Domraub. Roman. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2002. 339 Seiten, 15 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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"Peter-Paul Zahl schreibt so wie er lebt. ohne Netz und sicheres Rezept, allein gespeist aus einer künstlerischen Persönlichkeit voller Engagement, Fantasie und Sprechlust. Wir hören ihm fasziniert zu wie jemanden, der etwas neu erfunden hat, was wir längst zu kennen glaubten. Aber es ist neu und einzig, volltiefsinnigem Humor und voll positiver Verachtung des Betriebs, nach dem unser öffentliches und privates Leben verläuft."'Nürnberger Nachrichten'

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Maike Albath haut in diesem Verriss ordentlich auf die Pauke. Der Roman, der im Untertitel als "Schelmenroman" angekündigt ist, kann sich mit Vorbildern des Genres in keiner Weise messen, befindet die Rezensentin. Durchaus virtuos macht sie ihrem Ärger Luft und beschimpft das Buch als "kalauernde Wohngemeinschaftsvariante". Albath findet, dass der Autor es sich viel zu leicht macht hat, wenn er versucht, mit ein "paar altertümlichen Floskeln" und Kalauern ('Viehlosophen') einen Helden zu schaffen, der gegen 'das System' zu Felde zieht. Zwar kann sie die Beweggründe Zahls für seine "satirische Abrechnung mit der bundesrepublikanischen Rechtsprechung" verstehen, - so lässt sich ihrer Ansicht nach das Buch nämlich lesen - doch "verzeihen" kann sie es ihm nicht. Dass Zahl zudem mit vielen Sexszenen und Beschreibungen von Verdauungsvorgängen aufwartet, die "an Eintönigkeit kaum zu überbieten sind", schürt zusätzlich den Ärger der Rezensentin.

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