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Erinnerungen, Gefühle und Träume dreier Menschen, die mit der Alzheimerkrankheit der Mutter konfrontiert sind. Was macht Alzheimer mit den Familien der Betroffenen? Was bedeutet es für eine Tochter, wenn die Mutter sie nicht mehr erkennt?
Die erste Graphic Novel zum Thema Alzheimer berührt durch Ehrlichkeit und Humor, und durch einen überwältigenden Realismus, der auch vor den dunklen Seiten des Lebens mit Demenzkranken nicht zurückschreckt. Wertvolle Informationen zum Umgang mit Alzheimer wechseln sich ab mit berührenden Bildern des Ehemanns und der zwei erwachsenen Töchter, die trotz…mehr

Produktbeschreibung
Erinnerungen, Gefühle und Träume dreier Menschen, die mit der Alzheimerkrankheit der Mutter konfrontiert sind. Was macht Alzheimer mit den Familien der Betroffenen? Was bedeutet es für eine Tochter, wenn die Mutter sie nicht mehr erkennt?

Die erste Graphic Novel zum Thema Alzheimer berührt durch Ehrlichkeit und Humor, und durch einen überwältigenden Realismus, der auch vor den dunklen Seiten des Lebens mit Demenzkranken nicht zurückschreckt. Wertvolle Informationen zum Umgang mit Alzheimer wechseln sich ab mit berührenden Bildern des Ehemanns und der zwei erwachsenen Töchter, die trotz allem darum kämpfen, ihr eigenes Leben weiterzuführen, und dabei immer wieder Momente des Glücks zu finden.
Autorenporträt
Andreas Nohl, geboren 1954, studierte in Berlin, Frankfurt und San Francisco. Seit 1985 ist er freier Schriftsteller und Übersetzer. 2016 wurde er "für seine exzellenten Übersetzungen von englischsprachigen Klassikern" mit dem "Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis" ausgezeichnet.

Sarah Leavitts Prosa und Cartoons erscheinen in vielen Zeitschriften und Anthologien in Kanada, den USA und England.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Sarah Leavitt skizziert in ihrer Graphic Novel "Das große Durcheinander" den langsamen Verfall ihrer an Alzheimer erkrankten Mutter "dermaßen gelungen" und eindringlich, dass es in Kanada als erste Graphic Novel überhaupt für einen bedeutenden Sachbuchpreis nominiert wurde, berichtet Rezensent Alex Rühle. Das Buch basiert auf "mitstenografierten Alltagsskizzen", die Leavitt über Jahre hinweg anfertigte, während sie auf ihre Mutter aufpasste und sie genau beobachtete. Der Rezensent ist sich sicher, dass hierin die große Tiefe des Buches gründet. Die ganz alltäglichen Dinge würden beschrieben: "Arbeit, Essen, Liebe, Schweigen", und all dies wäre wahrscheinlich verloren gegangen, hätte Leavitt allein auf ihre Erinnerungen aufbauen müssen, meint Rühle. Vor allem hat ihn aber beeindruckt, mit welch liebevoller Souveränität Leavitt den niederschmetternden Verfall ihrer Mutter beschreibt: Nie weiche sie vor dem Horror zurück, bleibe aber auch empfänglich für die Komik mancher Momente.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.03.2013

Das Heranrücken
der Nebelbänke
Miriam Leavitts Graphic Novel über den Verfall
ihrer an Alzheimer erkrankten Mutter
VON ALEX RÜHLE
Die Frau, die auf dem Bild rechts zu sehen ist, heißt Miriam Leavitt und ist gerade 55 geworden. Sie weiß zu dem Zeitpunkt noch, wie sie heißt, wo sie wohnt und dass sie an Alzheimer erkrankt ist. Aber die Weißräume um sie herum werden größer, die Lücken, in denen alles verschwindet, Präsidentennamen, Orientierung, Grammatik . . . Ein paar Seiten später bekommt sie dann ein Armband. Von der Polizei. Für den Fall, dass sie sich wieder mal verirren sollte: Name, Adresse, Telefonnummern einiger Angehöriger. Auf dem Bild, das sie dabei zeigt, wie sie das Armband anlegt, sitzt sie sehr klein am Tisch, wie ein Schulkind, das seine Matheaufgaben nicht versteht.
Gezeichnet wird sie von ihrer Tochter Sarah, die oft zu Besuch kommt, um auf die Mutter aufzupassen, aber auch, um ihr Leiden und die Veränderungen, die das für sie und alle Angehörigen bedeutet, festzuhalten. Im Vorwort ihrer daraus entstandenen Graphic Novel klingt es fast wie Notwehr: „Ich musste die ganze Zeit Notizen machen und zeichnen. Oft fühlte ich mich wie eine Spionin oder, in dunkleren Momenten, wie ein Geier, der darauf wartete, dass Mama etwas sagte oder tat, das ich aufzeichnen konnte (. . .) Schließlich hatte ich eine Menge Notizen und Skizzen beisammen, manche ordentlich ausgearbeitet, andere inmitten einer Krise hingekritzelt und tränenverschmiert, etwa als Mama plötzlich am Essenstisch mit dem Brokkoli zu sprechen begann.“
Es ist ein Glück, dass „Das Große Durcheinander“ aus diesen mitstenografierten Alltagsskizzen entstand, hat das Buch so doch, anders als es bei einem im Nachhinein konzipierten Werk wäre, den Wert des Tagebuchs, das erstmal nur den gesamten Alltag festhält, klar, die Stufen des Verfalls, aber auch den Rest drumrum, den feinen Staub aus Alltag und Gedankenmurmeln, aus Arbeit, Essen, Liebe, Schweigen – all das, was stetig durch das Leben eines Menschen hindurchrieselt und das sicher alles verschwunden wäre in dem schwarzen Loch des Sterbens, wenn Leavitt erst im Nachhinein begonnen hätte, die Krankheit ihrer Mutter und deren Auswirkungen auf die gesamte Familie künstlerisch zu verarbeiten. Das heißt nun nicht, dass da jemand einfach nur einen Skizzenklumpatsch zwischen Buchdeckel gepresst hätte. Im Gegenteil: Zehn Jahre ließ sich Leavitt nach dem Tod ihrer Mutter Zeit, all ihre Erlebnisse, Träume und Erinnerungen zu einer fast schon epischen Familiengeschichte zu verarbeiten. Das Ergebnis ist dermaßen gelungen, dass Leavitts Buch als erste Graphic Novel überhaupt für den Sachbuchpreis des Writer’s Trust of Canada nominiert wurde.
  Leavitt wächst in einer pädagogischen Idylle auf, ihre Eltern sind ein fortschrittlich-liberales jüdisches Lehrer-Paar, das in soziokultureller Symbiose zu existieren scheint, zur selben Musik tanzt, einander Robert Frost vorliest und sich überhaupt aus Büchern, Kunst und der Liebe zu ihren Kindern ein wunderschönes Leben gebaut hatte. Bis die Mutter anfängt, merkwürdig zu werden: Verloren geht in altbekannten Straßen, Namen vergisst, an merkwürdigen Schmerzen leidet, die durch ihren Kopf ziehen wie Nebelbänke. Aber wer denkt bei einer 52-Jährigen schon an Alzheimer? Wer kann sich vorstellen, dass sie, die gerade noch eine erfolgreiche Pädagogin war, bald schon gewickelt werden muss? Immer steifer wirkt Miriam auf den Bildern, Leavitts Zeichenstil passt dazu, Zitterzeichnungen, oftmals fast kindlich . . . 
  Alzheimer ist aus zwei Gründen so grausam. Zum einen kann man dem Tod hier bei der Arbeit zusehen: Das was sonst im Moment des Sterbens in einem Moment passiert, wird bei dieser Krankheit in einzelne Phasen zerlegt: Der Verlust der Autonomie, das Verlöschen des Gedächtnisses, der Selbstwahrnehmung, zuletzt des Körpers. Leavitt stellt ihre Mutter im Verlauf des Buches immer häufiger in Weißräume, so als verlösche die Welt um sie herum mehr und mehr.
  Anfangs wehen auch Gedichtfetzen um sie, Liedzeilen, Dialoge mit den Kindern. Dann aber gerät die Semantik ins Rutschen: Signifikant und Signifikat, bei den gesunden Menschen so sicher und fest verschraubt, trennen sich voneinander. Miriam steht immer öfter isoliert im nackten Nichts, so als gehe das Vergessen mit Tipp-Ex über den Lebenstext drüber.
  Wenn aus einigen ihrer wirren Sätze plötzlich ein verborgener Sinn aufzuleuchten scheint, ertappt sich die Tochter bei dem Gedanken, dass da ein Fenster zu einem tieferen Selbst aufgeht. Dass ihre wahre Mutter noch irgendwo versteckt ist in diesem Menschen, die andere, die wahre Mutter, die aus ihrem Versteck heraus die kranke, hilflos wirre Frau betrachtet, die gerade wieder durch den Flur geistert.
  Arno Geiger hat das Thema dieser Zufallskreativität in seinem Buch über die Alzheimererkrankung seines Vaters überreizt und die Krankheit streckenweise zu etwas poussierlich Poetischem gemacht, so als spreche eine Mischung aus Dada-Künstler und Weltweisem aus dem kranken, greisen Vater. Seine Schwester sagt deshalb auch einmal in dem Buch, wenn sie Geigers Sachen lese, könne sie schmunzeln, in Wahrheit aber sei’s doch der Horror.
  Leavitt gelingt beides: Liebevoll registriert sie die stille Komik solcher Momente, liest sie aber immer auch als Teil des Verfalls und macht so das Unheimlichste an dieser Krankheit deutlich, die Tatsache, dass Alzheimer unser Bild vom Menschen als einem selbstbestimmten Subjekt in ihrem Verlauf so gnadenlos dekonstruiert, indem sie an den fleischlichen Ursprung des Verstandes erinnert, daran, dass das Gehirn, wie der Amerikaner Jonathan Franzen mal schrieb, „der mit Abstand komplexeste Gegenstand ist; und zugleich ist er ein Klumpen Körpermasse.“
  Nach dem Tod ihrer Mutter hatte Leavitt einen Traum: „Etwas kitzelte an meinem Ohr. Als ich nachschaute, sah ich, dass Mama Samen auf unsern Schultern gepflanzt hatte, und daraus wuchsen Papierblumen hervor.“ Man kann ihr Buch als späte, beeindruckende Umsetzung dieses Traumes deuten.
Sarah Leavitt: Das große Durcheinander. Alzheimer, meine Mutter und ich. Beltz Verlag, Weinheim 2013. 128 Seiten, 19,95 Euro.
Leavitt stellt ihre Mutter
im Verlauf des Buches
immer häufiger in Weißräume
Traumbuch und Trauerarbeit, Familienepos, Krankengeschichte und Tagebuch: Die kanadische Comiczeichnerin und Autorin Sarah Leavitt nahm sich zehn Jahre Zeit für ihre Graphic Novel.
FOTO: OH
„Oft fühlte ich mich wie eine Spionin oder, in dunkleren Momenten, wie ein Geier, der darauf wartete, dass Mama etwas sagte oder tat, das ich aufzeichnen konnte“ – Miriam Leavitt über ihr zeichnerisches Tagebuch.
FOTO: BELTZ VERLAG
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"Eine ergreifende Erzählung - und Bilder, die uns die Krankheit Alzheimer nahe bringen." The New York Times "Leavitt stellt sich [mit ihrer Graphic Novel] in eine Reihe autobiografischer Comics über solche Schicksalskrankheiten, die von B.s Die heilige Krankheit Cancer Woman Graphic Memoir Graphic Novel