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Georg Büchner (1813-1837) ist bisher vorwiegend als politischer Agitator, Frühsozialist und Vorläufer der 1848er Revolution betrachtet worden. Das Menschliche kam dabei zu kurz, ebenso das Künstlerische, das Romantische, das Psychologische, das Metaphysische und die wildwüchsige Religiosität. Aufsässig und melancholisch, satirisch aggressiv und romantisch verträumt, politisch gescheitert und steckbrieflich gesucht, in mindestens zwei Frauen verliebt, Naturliebhaber und eiserner Arbeiter, im französischen und schweizerischen Exil steile Karriere als Anatom, dann der schreckliche Typhustod mit…mehr

Produktbeschreibung
Georg Büchner (1813-1837) ist bisher vorwiegend als politischer Agitator, Frühsozialist und Vorläufer der 1848er Revolution betrachtet worden. Das Menschliche kam dabei zu kurz, ebenso das Künstlerische, das Romantische, das Psychologische, das Metaphysische und die wildwüchsige Religiosität.
Aufsässig und melancholisch, satirisch aggressiv und romantisch verträumt, politisch gescheitert und steckbrieflich gesucht, in mindestens zwei Frauen verliebt, Naturliebhaber und eiserner Arbeiter, im französischen und schweizerischen Exil steile Karriere als Anatom, dann der schreckliche Typhustod mit 23 Jahren, gerade als das erste Berufsziel erreicht war âEUR" dieses Leben verschlägt einem den Atem. Die politische Flugschrift, deren Verfasser er war, löst eine Verfolgungs- und Verhaftungswelle aus. Er kann fliehen, fühlt sich aber schuldig, meidet fortan politische Aktionen und steckt seine Kraft in Wissenschaft und Dichtung. Er schreibt seine Dramen (Dantons Tod, Leonce und Lena,Woyzeck) und seine Erzählung (Lenz) autobiographisch und quellengestützt, das erklärt sein Tempo. Die autobiographischen Elemente wurden bisher unterschätzt. Sie bilden die wichtigste Quelle dieses Buchs. Es sucht nach dem Bedingungsgeflecht der Genialität. Die Kräfte, für die das Leben keinen Raum bietet, drängen ins Werk. Hermann Kurzke deutet Büchners Leben und Werk von den geistigen Wurzeln her, die Büchner selbst wichtig waren - wissenschaftlich fundiert und erzählerisch auf höchstem Niveau.
Autorenporträt
Hermann Kurzke ist Professor em. für Neuere deutsche Literatur an der Universität Mainz. Einer breiten Leserschaft bekannt ist er durch seine große Biographie Thomas Manns. Bei C.H.Beck ist von ihm lieferbar: "Thomas Mann. Das Leben als Kunstwerk" (2006); "Novalis" (22001); "Unglaubensgespräch" (zus. mit Jacques Wirion, 2007), "Geistliches Wunderhorn" (Hrsg., 22003), "Thomas Mann. Epoche-Werk-Wirkung" (42010); "Die kürzeste Geschichte der deutschen Literatur" (2010).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Pünktlich zu Georg Büchners zweihundertstem Geburtstag hagelt es neue Biografien, die neue Interpretationen von Leben und Werk anzubieten haben, berichtet Manfred Koch. Hermann Kurzke wendet sich in seiner Biografie gegen die Revolutionssentimentalität der klassisch linken Büchnerinterpretationen, Büchner war ein Büchermensch, "weder mit Hammer und Sichel noch mit dem Schießgewehr" konnte er umgehen. Stattdessen verweist Kurzke auf die christlichen Wurzeln von Büchners Faszination für Leidensmystik, erklärt der Rezensent, der besonders diese Ausführungen des Autors spannend findet, denn mit den Christusfiguren in Büchners Werk konnten bisherige Interpreten selten etwas anfangen. Kurzke behauptet allerdings nicht, dass Büchner durch und durch gläubig war, stellt der Rezensent klar: Büchner war "zu gescheit, um religiös zu sein, aber zu sehnsüchtig, um es nicht zu sein", zitiert er den Autor.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.04.2013

Supermöglich
Büchners Leben, neu erzählt

Wie es sein muss, das steht ja im "Lenz": "Ich verlange in allem Leben, Möglichkeit des Daseins, und dann ist's gut; wir haben dann nicht zu fragen, ob es schön, ob es häßlich ist, das Gefühl, daß Was geschaffen sei, Leben habe, stehe über diesen Beiden, und sei das einzige Kriterium in Kunstsachen." Das Kunstgesetz, das Büchner seinen Lenz ausrufen lässt, gilt heute so wie damals. So wie im Grunde jeder Büchner-Satz heute noch gilt. Das ist etwas leicht Gesagtes und wird viel zu oft gesagt: dieser und jener sei ein moderner Autor. Büchner aber ist eben wirklich absolut modern; mit seinen Büchern ist es wie mit alten Porträtbildern, die dich immerzu anschauen, egal in welchem Winkel des Raumes du dich aufhältst. Büchner sieht dich an, seine Figuren sind lebendig und heutig. Und Büchner selbst, da kann man sicher sein, hätte alles dafür gegeben, in der heutigen Zeit zu leben. Immer wieder im neuen Jetzt.

Im Flugzeug von Frankfurt nach Paris! Mit dem Motorrad ans Meer. Astronaut sein, Meeresforscher, Bewohner des Internets. Kein Schriftsteller hat sich ja so schnell gelangweilt wie Büchner. Niemand hat diese Langeweile so schön beschrieben wie er in "Leonce und Lena". Er war neugierig, rasend schnell, er lernte wie ein Blitz und hatte ein Wundergehirn, das gleichzeitig die unterschiedlichsten Dinge denken konnte. Mit voller Überzeugung die Revolution denken, mit ebenso großer alles lächerlich finden, sinnlos und einfach nur komisch. Und dass er dabei nicht verrückt wurde, sondern lieber seinen Lenz verrückt werden ließ, dass er nicht zynisch wurde, sondern immer menschenfreundlich, zukunftsfreudig, wissbegierig blieb, das ist die große Büchner-Lebenskunst gewesen.

Darüber und über seine Schreibkunst und sein ganzes Leben hat der Germanist Hermann Kurzke jetzt ein Buch geschrieben, ein großartiges Buch, auf das wir in diesem Büchner-Jahr (vor 200 Jahren kam er auf die Welt) sicher noch oft zurückkommen werden. Kurzke hat es vor allem geschafft, dem Lenz-Anspruch zu entsprechen: Dieser Büchner, den er zeichnet, ist höchst lebendig. Das ist leicht und schwer zugleich. Schwer, weil es beinahe gar kein Dokument aus diesem Leben gibt, das nicht verfälscht, geglättet, umgeschrieben wurde (außer den Gerichtsprotokollen, die sind genau). Und leicht ist es aus den selben Gründen: Dieses Leben bietet viel Raum für freies Erzählen. Kurzke, der auch eine phantastische Thomas-Mann-Biographie geschrieben hat und die "Betrachtungen eines Unpolitischen" unideologisch und präzise kommentierte, schreibt über das bekannte Büchner-Material, es sei wie bei einem "Gemälde nach einem Säureattentat". Kurzke füllt also Lücken im Leben so selbstbewusst wie kaum einer zuvor. Es besteht Grund zur Annahme, dass ihn die offizielle Germanistik dafür hassen wird. Echte Büchner-Leser werden das Großartige sofort erkennen. Denn Kurzke ist so ein guter Kenner der Primär- und Sekundärtexte, so ein guter Kenner der Zeit und so ein guter Menschenkenner, dass ihm auch noch die wildesten Spekulationen absolut plausibel gelingen. Gut, manchmal fragt man sich schon, warum er sich das erste Onanieren des jungen Dichters so genau vorstellen muss. Doch beim Lesen merkt man schnell, dass man sich diesem Mann einfach anvertrauen kann. Er weiß schon, wofür er was erzählt, und man kann immer sicher sein, dass mit einer Waffe, die einmal erwähnt wird, im weiteren Verlauf dieser Lebensbeschreibung auf alle Fälle noch geschossen wird. Und die Sexualität Büchners, seine geheimen Geliebten, die spielen eine der zentralen Rollen in diesem Buch, wie in Büchners Werk.

Oh, und vielen Thesen will man auch unbedingt widersprechen. Dass der Fatalismusbrief, der alles politische Engagement verlacht, nicht gleichzeitig mit dem "Landboten" geschrieben worden sein könne, sondern in einem frühlingshaften Januar, weil das sonst, so Kurzke, "zynisch" sei. Das ist natürlich Unsinn. Das ist ironisch. Unendlich traurig. Und heroisch zugleich. Das ist das "Danton-Problem". Zum Beispiel. Also, es wird noch viel über dieses Buch zu reden und zu schreiben sein in diesem Büchner-Jahr. Wie Kurzke am Ende schreibt: "Büchner lebt, weil er noch nicht zu Ende verstanden ist."

VOLKER WEIDERMANN

Hermann Kurzke: "Georg Büchner". C. H. Beck, 591 Seiten, 29,95 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.08.2013

Es ging um heiße Weiber
Friede den Hüten: Hermann Kurzke versucht sich
in seiner Biografie an einer erbaulichen Deutung Georg Büchners
VON PETER LAUDENBACH
Sage niemand, runde Dichter-Geburtstage seien nur für Routine-Festivitäten gut. Mit etwas Glück können Jubiläen die im Ruhm still gestellten Konflikte noch einmal aufs schönste freisetzen. Dafür, dass zum 200. Geburtstag Georg Büchners keine falsche Harmonie aufkommt, sorgt Hermann Kurzke geradezu vorbildlich mit seiner neuen Biografie. Sie dürfte unter den zahlreichen Neuerscheinungen zum Büchner-Jahr nicht nur die umfangreichste und gelehrteste, sondern auch die in vielerlei Hinsicht erstaunlichste sein. Das fängt mit dem Autor an.
  Der renommierte Germanist, Emeritus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, ist einer breiteren Öffentlichkeit vor allem durch eine glänzend geschriebene, tiefenscharf Lebensspuren und Werk analysierende Biografie Thomas Manns bekannt. Dass Georg Büchner zu den Lieblingsautoren des liberal-konservativen Philologen zählt, hatte man nicht unbedingt vermutet. Der theologisch interessierte Blick Kurzkes wie sein Misstrauen gegenüber revolutionären Umtrieben aller Art ermöglicheneine ungewohnte Büchner-Lektüre. Lesern, die den Autor des „Hessischen Landboten“ („Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“) bisher für einen literarischen Sozialrevolutionär hielten, mutet Kurzke einige Überraschungen zu. Etwa wenn er Büchners Werk in einen christlichen Deutungshorizont rückt und es sehr allgemein als „Vergebungsbitte“ für begangene Sünden versteht. Darauf muss man angesichts der frivolen Komödie „Leonce und Lena“ oder des schroff diesseitigen „Woyzeck“ erst mal kommen. Leider bleibt Kurzke nicht nur an dieser Stelle die Belege schuldig. Oft entwickelt er seine theologisch inspirierten Deutungen sehr allgemein, nach dem Muster: Büchner wird das Kirchenlied gekannt haben. . .
  Man wird dem Biografen kein Unrecht tun, wenn man vermutet, dass es ihm genau um solche Irritationen eines linken Büchner-Bildes geht. Seine Ausfälle gegen konkurrierende Lesarten, in denen der Dichter angeblich „gefühllos zum Agitator heruntergehunzt“ wird, sind unmissverständlich. Vermutlich handelt es sich dabei um Akte der Notwehr. Denn spätestens seit 1968 habe „die linke Büchner-Orthodoxie“ den Dichter „fest im Griff und beansprucht seine Autorität zur Legitimation von Gewalt“, klagt Kurzke.
  Besonders ein Vertreter der Nach-68Germanistik hat es Kurzke angetan: Thomas Michael Mayer. Spöttisch zitiert Kurzke aus dessen phrasensatten Aufsätzen. Was ihn nicht daran hindert, für seine Recherchen ausgiebig die penibel quellenkritische, von Mayer mitherausgegebene Marburger Büchner-Ausgabe zu benutzen, die zu Datierungszwecken selbst Tinten- und Papiersorten kriminalistisch untersucht hat. Was die in der Büchner-Philologie angesichts der schlechten Überlieferungslage wichtige Quellenkritik betrifft, ist Kurzke ein Zwerg, der auf den Schultern von Riesen steht. Vor allem auf den Schultern des von ihm geschmähten Thomas Michael Mayer.
  Daneben ist es nur komisch, wenn Kurzke allen Ernstes schreibt, dass sogar das „Selbstverständnis der DDR“, nein, nicht auf Marx und Stalin, sondern „auf Büchner gebaut“ gewesen sei. Kurzke macht es sich leicht, indem er sich über die Sprechblasen der DDR- und 68er-Germanistik lustig macht. Interessant ist dabei der blinde Fleck, nämlich die marxistisch inspirierte Büchner-Studie, die sich nicht so leicht als Phrasenmülleimer abtun lässt und die Kurzke, der natürlich die gesamte Sekundärliteratur kennt, nicht ein einziges Mal erwähnt. Es ist eine der wichtigsten, klügsten und einflussreichsten Büchner-Studien, die Kurzke ängstlich meidet: Hans Mayers noch heute lesenswerte Biografie „Georg Büchner und seine Zeit“. Angesichts dieser auffälligen Leerstelle drängt sich der Eindruck auf, Kurzkes Biografie könnte als Versuch gemeint sein, Mayers Büchner-Lektüre zu überschreiben – was ihm nicht gelingt. Mayer ist, trotz allen marxistischen Tremolos, der bei Weitem bessere Autor. Gegen diese linken Deutungen gibt sich der konservative Biograf alle Mühe, in Büchner „den Romantiker, den Melancholiker, den Metaphysiker, den Christen“ zu entdecken. Das ist ehrenwert. Aber, zumindest in Kurzkes arg einseitiger Lektüre, als Deutungsangebot nur begrenzt ergiebig.
  Mindestens so bemerkenswert wie der Versuch einer politischen Neujustierung ist Kurzkes Erzählverfahren. Angesichts der dürftigen Quellenlage behilft er sich gerne mit freihändiger Erfindung. Auch wenn er sein Verfahren offenlegt und die nicht recherchierten, sondern phantasierten Passagen zumindest in den Fußnoten kenntlich macht, ist dieser Genre-Hybrid eine mühsame Lektüre; halb wissenschaftlich abgesicherte Biografie, halb „imaginierte“ Büchner-Annäherung. Der sonst so akribische Philologe lässt dem Erzähler in sich größeren Raum, als es seinem Buch guttut. Mit einiger Distanzlosigkeit macht er sich zum Sprecher der intimen Regungen seines Forschungsobjekts. Oder dessen, was er dafür hält, etwa wenn er sich wohlig den amourösen Abenteuern des jungen Büchner widmet: „Niemand soll etwas von der fabelhaften Regine erfahren, die mich das Küssen lehrte, sie war blond und gar nicht kalt“, gibt Kurzkes Büchner etwas verschwitzt zu Protokoll.
  Eine Regine kennt die Büchner-Forschung bisher nicht. Auch Kurzke kennt sie nicht. Eine Fußnote verrät, was es mit der unbekannten Quelle der intimen Bekenntnisse auf sich hat: „Es folgen Imaginationen.“ Und die Imagination lässt sich nicht lumpen, wenn sie erst einmal in Fahrt gekommen ist. Wenige Sätze nach der Erinnerung an die blonde Regine, strömt es nur so aus Kurzkes imaginiertem Büchner: „. . . es war die Natur, an deren Busen ich innig geruht hatte, aber ich stellte mir unter der Natur ein Mädchen vor, sie war ein wenig x-beinig, ihre Schenkel schmusten miteinander bei jedem Schritt.“ Ähnlich aufschlussreich malt sich Kurzke Büchners Beziehung zu seiner Geliebten Wilhelmine Jaeglé aus („Sie wollte ihn unbedingt haben“). Doch Wilhelmines Leidenschaft hat ihre Grenzen, zumindest dem Biografen zufolge: „Ihre Liebe war ohne Frivolität.“ Kein Wunder, dass Kurzkes Phantasie-Büchner sich anderorts amüsiert: „Irgendeine nähere Berührung mit dem Hurenmilieu wird es jedenfalls gegeben haben.“ Belege: keine.
  Das wäre nur schlechte Prosa, aber Kurzke liest durch diese Brille auch Büchners Stücke. Gerne reduziert er sie zur Fortsetzung der blumig ausgemalten Biografie des Dichters, etwa wenn er Büchner unterstellt, die Triebhaftigkeit der Marie und ihres Liebhabers in „Woyzeck“ diene der Rechtfertigung der Triebregungen ihres Autors: „Dann träumte er sich in den Tambourmajor hinein, der sich die schönen Frauen einfach nimmt (. . .) Es ging um heiße Weiber. Er (Büchner) hatte ein Tiefeninteresse, das auf Selbstverteidigung aus war.“ Diese unfreiwillig komischen Partien sind umso bedauerlicher, als Kurzke, wenn er den Quellen folgt, beeindruckend dichte, genaue, differenzierte Schilderungen gelingen. Seine Beschreibung der barbarischen Haftbedingungen, unter denen Büchners Mitverschwörer leiden mussten, die mit ihm die revolutionären Schrift „Der hessische Landbote“ geschrieben und vertrieben hatten, gehört zum Besten, was man über Büchners politisches Engagement und dessen Risiko lesen kann. Hier ist Kurzke ein genauer Historiker, der alle Quellen befragt und zum Sprechen bringt. Der Leser kann ihn für seine Akribie nur bewundern.
  Leider kommt Kurzke aber auch hier sein Unwillen angesichts von Büchners subversiven Unternehmungen in die Quere. Er unterscheidet etwas zwanghaft und mechanisch zwischen dem unreifen Linksradikalen und dem nach dem Schock der Verhaftung der Freunde gereiften Büchner, der nur noch als Mediziner Karriere machen will.
  In dieser Perspektive entpolitisiert Kurzke Büchners „Woyzeck“, ein frühes soziales Drama, welches das politische Theater der Moderne einläutet, zur „Liebestragödie unter Armutsbedingungen“. Nichts als Kompensation beim Karrieremachen und „Taugenichtspropaganda“ erblickt er in der melancholischen Komödie „Leonce und Lena“, mit der Büchner das absurde Theater vorweggenommen hat. „Weil er sich des Philistertums schämte, auf das er zulief, wurde er zum Künstler. Seine Scham generalisierte er zum Weltschmerz. Er ist die Salbe auf die Wunde des Philistertums.“ So verfehlt der Kurzschluss zwischen Dichter und Werk beides, indem es den Dichter zum schuldgeplagten Spießer und sein Schreiben zur Ersatzhandlung und „Lebenslüge“ macht.
        
Hermann Kurzke: Georg Büchner. Geschichte eines Genies. Verlag C.H.Beck, München 2013. 591 Seiten, 29,95 Euro.
Großzügig bedient sich Kurzke
aus dem Giftschrank der von ihm
verachteten linken Germanistik
Wo die Quellen schweigen,
dichtet sich der Biograf seinen
Büchner herbei – Belege: keine
Auch das jüngst entdeckte Bildnis zeigt einen lebensfrohen Büchner.
FOTO: PRIVATBESITZ GIESSEN/INSTITUT MATHILDENHÖHE DARMSTADT
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