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Auf langen Spaziergängen entwickelt der Schriftsteller Gedanken und Bilder, ehe er sich an den Schreibtisch setzt. Was aber, wenn dann vor seinem Fenster eine Amsel ihren berückenden Balzgesang anstimmt und ihn dazu hinreißt, ihr pfeifend mit einer Tonfolge aus der "Schönen Müllerin" zu antworten? "Die Amseln von Parsch" nennt Walter Kappacher die ebenso witzige wie tiefsinnige Geschichte, die seiner Sammlung vermischter Prosatexte den Titel gibt. Ob er von der überforderten Sekretärin, die plötzlich verschwindet, erzählt oder von dem Salzburger Lehrer, der nach Jahren im Valdarno seine alte…mehr

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Produktbeschreibung
Auf langen Spaziergängen entwickelt der Schriftsteller Gedanken und Bilder, ehe er sich an den Schreibtisch setzt. Was aber, wenn dann vor seinem Fenster eine Amsel ihren berückenden Balzgesang anstimmt und ihn dazu hinreißt, ihr pfeifend mit einer Tonfolge aus der "Schönen Müllerin" zu antworten? "Die Amseln von Parsch" nennt Walter Kappacher die ebenso witzige wie tiefsinnige Geschichte, die seiner Sammlung vermischter Prosatexte den Titel gibt. Ob er von der überforderten Sekretärin, die plötzlich verschwindet, erzählt oder von dem Salzburger Lehrer, der nach Jahren im Valdarno seine alte Geschichte sucht; ob er den Dichter Jean Paul portraitiert oder einen schön gemaserten Stein in seiner Hand; ob er zu Gerhard Amanshauser auf den Mönchsberg steigt oder Peter Handke am Mozartsteg trifft; ob er die Reviere seiner Kindheit abschreitet oder seine Träume mit Thomas Bernhard protokolliert: auch in der kleinen Prosa zeigt der Büchner-Preisträger seine subtile Meisterschaft.
Autorenporträt
Walter Kappacher geboren 1938 in Salzburg; seit 1978 freier Schriftsteller, wurde er 2009 mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Im selben Jahr erschien der Roman "Der Fliegenpalast", 2012 "Land der roten Steine". Bei Müry Salzmann erschienen die beiden Fotobände "Schönheit des Vergehens" (2009) und "Vom Anfang und vom Ende" (2012).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Auch wenn der Autor keine Satire kann, ist er für Lothar Müller die Entdeckung wert. Etwa in dieser Sammlung mit Prosastücken, teils Verworfenes aus Romanen und Erzählungen von Walter Kappacher, teils Kollegenporträts und autobiografische Anekdoten eines leidenschaftlichen Spaziergängers und Steinesammlers. Und was hat der Leser davon? Müller glaubt, diese Prosa lässt erahnen, woraus Literatur entsteht.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.07.2013

Der Mann, den Peter Handke nicht kannte
Und von Thomas Bernhard träumte: In seinem neuen Prosaband lässt sich Walter Kappacher in die Karten schauen

Mit Sammlungen von Prosatexten, die im Laufe von Jahrzehnten entstanden sind, festigt ein Autor seinen Ruf, muss aber zumeist für die Vielseitigkeit der Prosastücke deren ungleiches Gewicht in Kauf nehmen. Das gilt auch für Walter Kappachers Band "Die Amseln von Parsch und andere Prosa", zumal wenn der Autor das Wagnis eingeht und sogar das gestrichene Kapitel eines früheren Buches nachreicht. Den Leser überzeugt zwar die Darstellung einer Wiederbegegnung mit einer toskanischen Gebirgslandschaft, in der das Domizil von der Natur zurückerobert worden ist - aber das Kapitel hängt notwendig in der Luft.

Der Büchner-Preisträger des Jahres 2009 bekennt seine Bewunderung für Jean Paul, entdeckt bei ihm schon Vorwegnahmen des inneren Monologs und des Surrealismus, macht aber nicht recht deutlich, warum er von dem Klassiker zwar angezogen, aber zugleich abgestoßen ist. Eine besondere Kraft der Phantasie indes teilt Kappacher mit Jean Paul. Einer der poetischsten Texte ist die Titelgeschichte "Die Amseln von Parsch", die ihren spielerischen Reiz aus dem Nachahmungstrieb von Papagei und Amsel bezieht. Sie erreicht ihren Höhepunkt, als der Erzähler am Morgen durch eine Tonfolge aus Schuberts Zyklus "Die schöne Müllerin" geweckt wird, sich auf einen Wettbewerb mit den balzenden Amseln einlässt und am Ende nur noch bedauert, dass seinen literarischen Versuchen weit weniger Resonanz zuteil wurde.

Während der Autor hier den Leser durch Selbstironie für sich einnimmt, hätte sich etwas mehr ironische Distanz und weniger Ehrfurcht denken lassen, wo es ihm um das Verhältnis zu den österreichischen Schriftstellern Peter Handke und Thomas Bernhard geht, deren Wohlwollen ihm zunächst so wichtig war. "Woher sollte er mich kennen?" heißt sein Bericht über erste Begegnungen mit Handke; seit 1970 schrieb er morgens alle Träume auf, zumal die über Thomas Bernhard. Kappacher selbst zählte eben nicht zu den Schriftstellern, die gleich von Fan-Gruppen umlagert waren. Vielmehr hatte er "Wahnsinnsjahre" des Frondienstes in einem Reisebürokonzern zu durchstehen.

Dennoch widersteht er der Versuchung, sich in idyllische Gefilde der Innerlichkeit zurückzuziehen. Seine moderne Version von Goethes "Zauberlehrling" demonstriert den fahrlässigen Umgang mit Gefahren des Atomzeitalters an einem Weihnachtsgeschenk für Jugendliche, der Spielzeugform eines "Schnellen Brüters" mit einem Fläschchen "gasförmigen Urans". Selbst ein heftiger Knall und starke Rauchentwicklung werden die Experimentierlust nicht aufhalten. In einer Literaturmarkt-Satire nimmt Kappacher sodann eine Tendenz des Literaturbetriebs, mit Zauberworten wie "Innovation" zu punkten, ins Visier. Angeblich gefunden worden ist ein unbekanntes Werk von James Joyce. 398 leere Seiten sollen symbolisch darauf verweisen, dass unsere Kultur über kurz oder lang ohne Gedrucktes auskommen werde. Selbst die Hiobsbotschaft wird noch vermarktet.

Ein Beispiel für die fatale Anziehungskraft von Werbeidolen ist der Bericht über die Salzburger Jahresaufführung des "Jedermann" von 2010. Als nach Schluss der Aufführung die Schauspieler an die Rampe traten, um den wohlverdienten Applaus des Publikums entgegenzunehmen, drängten sich hektisch die Kamerateams zwischen die Darsteller und die erste Zuschauerreihe. Warum? Hier saß mit seiner roten Kappe der vom Unfall gezeichnete Rennfahrer Niki Lauda. Fanale wie diese erklären die tiefe Kulturskepsis Kappachers.

Bewegend sind seine Erinnerungen an den österreichischen Biochemiker und Schriftsteller Erwin Chargaff, der vom Hitlerregime ins Exil getrieben wurde und an der Columbia University in New York lehrte, aber seine Sommerferien in der Schweiz und in Österreich verbrachte. Eine Freundschaft entstand, so dass Chargaff im Jahr 2000 Kappacher nach New York einlud. Aus Czernowitz, einem Zentrum jüdischen Lebens in der alten Donaumonarchie kommend, sprach Chargaff ein gepflegtes Altwienerisch. Bei einem Gespräch im Central Park bekannte er, nie in einer Synagoge gewesen zu sein, weil der Mensch kein Bauwerk brauche, um Gott nahe zu sein. Er war ein Emigrant, der in seinem Beruf erfolgreich war und dem doch das letzte Glück fehlte. In einer Umgebung, in der alles geheime Streben auf den Nobelpreis gerichtet ist, fühlte er von Kollegen bestohlen. Auf achtzehn Seiten gelingt Kappacher ein sehr persönliches und doch exemplarisches Porträt einer Emigrantenexistenz.

Gegen Schwerpunkte wie diesen sich zu behaupten, haben es einige literarische oder Landschaftsskizzen schwer. Unkonventionell sind die "autobiografischen Notizen". "Ich erinnere mich." Kappacher hält sich nicht an eine strenge Chronologie der Lebensabläufe, sondern zeichnet bruchstückhafte Erinnerungen auf, wie sie, scheinbar zufällig, wieder gegenwärtig werden. So überschneiden sich Lebens- und Bewusstseinsabläufe. Was entsteht, ist keine kontinuierliche Erzählung, sondern ein Erzählmosaik aus Lebensmomenten und -perspektiven.

Gemischt sind im Schlussteil "Eigenes und Angeeignetes" Zitate, Beobachtungen und Reflexionen. Zitate stehen nie ohne Bezug da; sie verraten Zustimmung, aber auch Abweisung, dienen also der Selbstvergewisserung. In teilweise aphoristischer Form tritt Kappacher in Distanz zu den immer mehr sich beschleunigenden gesellschaftlichen und vor allem kulturellen Entwicklungen. So entsteht nicht ein autobiografisches, sondern ein kulturkritisches Mosaik von großer Lebendigkeit.

Was macht die Lektüre der besten Texte Walter Kappachers so fesselnd und was den Autor so sympathisch? Die anschauliche Konkretheit der Sprache und die Abwesenheit von Eitelkeit und Schielen nach Spektakulärem.

In seinem Heft "Der 24. Mai", soeben im Keicher Verlag, Warmbronn, erschienen, hat Kappacher ein akribisches Protokoll seiner Erlebnisse im letzten Drittel der Maitage 2009 vorgelegt. Den Anstrengungen einer Tagung der Darmstädter Akademie in Berlin folgen die Strapazen einer ganz fahrplanwidrigen Bahnreise zu einer Lesung in Tübingen und die freudige Überraschung der Nachricht, dass ihm der Büchner-Preis zuerkannt worden ist - ein Ereignis, das die Unruhe der Tage erst richtig in Fahrt bringt. Bald wird er seiner Frau den Auftrag geben, den Telefonhörer einfach nicht mehr abzuheben.

WALTER HINCK

Walter Kappacher: "Die Amseln von Parsch und andere Prosa".

Müry Salzmann Verlag, Salzburg/Wien 2013. 216 S., geb., 19,00 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.02.2014

Im Wettstreit mit den Amseln
Wie man das zu Schreibende hervorruft – Kleine Prosa von Walter Kappacher
Woraus gehen die Bücher eines Autors hervor? Aus dem verschlungenen Ineinander von Leben, Lesen und Schreiben zumeist. Der Schriftsteller Walter Kappacher, geboren 1938 in Salzburg, Büchner-Preisträger des Jahres 2009, hat aus kleinen Prosa-Arbeiten ein Buch zusammengestellt, in dem dieses Ineinander kommunizierender Röhren – man sollte sie sich biegsam wie Schläuche vorstellen, nicht starr – deutlicher sichtbar wird als in seinen Romanen und Erzählungen.
  „Während zweier Jahre dachte er etwas wie ein kleines Paradies gefunden zu haben – nicht für ewig, das war schon klar – , ein Tusculum in den Hügeln der Provinz Arrezzo. Zwei Sommer jeweils das völlig andere Leben, mit einem Dachs und Wildschweinen, die bis nahe zum Haus kamen, mit Vögeln und Nattern – die Vipern hatten sich zurückgezogen.“ Die Sätze stammen aus einem ausgeschiedenen Kapitel des in Italien angesiedelten Romans „Selina oder Das andere Leben“ (2005). Aber wie die Skizze „Fräulein Helga“, aus der die Angestellten-Erzählung „Rosina“ (1978) hervorging, sind sie hier nicht nur verworfene oder revidierte Vorstufen.
  Sie nehmen Beziehungen zu den Traumprotokollen und autobiografischen Reminiszenen auf, in denen das Kind, der junge Autor, der Italienreisende, der Leser Walter Kappacher auftritt – und nicht zuletzt der Spaziergänger, der Steinesammler und Wanderer.
  Den Amseln von Parsch, die dieser Textsammlung den Titel geben, hat Kappacher, wir wollen ihm das glauben, eine kurze Schubert-Tonfolge aus dem „Wohin?“ des Liedzyklus „Die schöne Müllerin“ beigebracht, nachdem er zuvor seinerseits ihre Wechselgesänge imitiert hat. Die autobiografische Anekdote schlägt ein Motiv an, das in diesem Buch mehrfach begegnet: die Nachahmung ist hier der Originalität und Neuschöpfung nicht unterlegen. Sie ist ihr reizvolles Gegenüber.
  Denn der Autor Walter Kappacher ist aus der Abwendung von der literarischen Avantgarde hervorgegangen. Als er zu schreiben begann, berichtet er in „Der Außenseiter vom Mönchsberg“, stand er im Bann des österreichischen Autors Konrad Bayer, der experimentellen Literatur. Seit den frühen 1970er Jahren aber wurde der Salzburger Autor Gerhard Amanshauser (1928-2006) zu seinem Vorbild, Mentor und Freund, dessen Kritik an der experimentellen Literatur gab seinem eigenen Schreiben eine neue Richtung: „Ich versuchte einfach wieder zu erzählen und merkte, dass das gar nicht einfach war.“
  Nicht einfach – denn der Amanshauser-Leser war, unter anderem, auch Beckett-Leser, Thomas-Bernhard-Leser, Handke-Leser und Henry-James-Leser. Aber nicht nur Leser. In diesem Leser steckte ein Kriegskind, ein leidenschaftlicher jugendlicher Motorrad-Fahrer, ein Lehrling in einer KFZ-Werkstatt, ein abgebrochener Schauspielschüler, ein junger Erwachsener, der jahrelang als Angestellter im Reisebüro arbeitete, der es schließlich zum wenig beschäftigten Leiter des Reisebüros der Erzdiözese Salzburg brachte.
  In dem Abschnitt „Ich erinnere mich“ fasst Kappacher diese Lebensstationen in knapp umrissene Erinnerungsbilder („Wie ich einmal . . .“). Diesen autobiografischen Anekdoten stehen die Porträts gegenüber: von Jean Paul, von Alexander von Villers, dem Autor des „Briefe eines Unbekannten“ und – ein Schlüsseltext – das abgründige Porträt „Mein Vater“.
  Aus dem leidenschaftlichen Motorradfahrer und Reisebüroleiter wird ein scharfer Kritiker der Automobile und des Tourismus, der den industriellen Fortschritt – wie der Chemiker und Autor Erwin Chargaff, einer seiner Gesprächspartner in den 1990er Jahren – mit tiefer Skepsis betrachtet. Er meidet den Begriff „Ökologie“, aber seine Zitattechnik ist ihrem Anliegen gewidmet: „Im Rundfunk: ,Ein Tankerunglück . . . tausend Tonnen Rohöl ins Meer geflossen . . . Zu Schaden ist niemand gekommen.’“
  Die Steine haben es ihm nicht nur angetan, weil sie Zeugen der Erdgeschichte sind: er will seine Prosa ihren Formen, Schichtungen, Maserungen nachbilden. Sein Ideal: „Das zu Schreibende nicht ,erzählen’, sondern es sichtbar machen, es hervorrufen im Augenblick, das wäre es.“ Ein Talent, das zeigt unter anderem ein Text über Joyce, hat Walter Kappacher nicht: das des Satirikers. Er braucht dieses Talent nicht.
LOTHAR MÜLLER
„Ich versuchte einfach
wieder zu erzählen . . . “
  
  
  
  
  
Walter Kappacher: Die Amseln von Parsch und andere Prosa. Verlag Müry Salzmann, Salzburg 2013. 216 Seiten, 19 Euro.
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