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Verändere dein Bewusstsein ist die faszinierende Erkundung der neuen Forschung zu Psychedelika wie LSD und Psilocybin, in der die 'neurale Korrellation' von mystischer und spiritueller Erfahrung und die Mechanismen von weit verbreiteten mentalen Krankheiten wie Depression, Sucht und Obsessionen untersucht werden. Und ein großartiger Reisebericht von der Geschichte und der Wirkung psychedelischer Substanzen. In den 50er und 60er Jahren wurden psychedelische Substanzen von Psychiatern als Wundermittel betrachtet, mit denen man psychische Erkrankungen beeinflussen und behandeln konnte. Als aber…mehr

Produktbeschreibung
Verändere dein Bewusstsein ist die faszinierende Erkundung der neuen Forschung zu Psychedelika wie LSD und Psilocybin, in der die 'neurale Korrellation' von mystischer und spiritueller Erfahrung und die Mechanismen von weit verbreiteten mentalen Krankheiten wie Depression, Sucht und Obsessionen untersucht werden. Und ein großartiger Reisebericht von der Geschichte und der Wirkung psychedelischer Substanzen. In den 50er und 60er Jahren wurden psychedelische Substanzen von Psychiatern als Wundermittel betrachtet, mit denen man psychische Erkrankungen beeinflussen und behandeln konnte. Als aber LSD und Psilocybin »aus dem Labor entkamen« und von der Gegenkultur vereinnahmt wurden, lösten sie moralische Panik und einen backlash aus. Das führte Anfang der 70er Jahre dazu, dass Psychedelika verboten wurden und die Forschung eingestellt wurde. Seit zehn Jahren wird dank engagierter Wissenschaftler, Aktivisten und Psychonauten wieder geforscht. Diese Forschung verändert unser Verständnisder Zusammenhänge zwischen dem Gehirn und dem Bewusstsein. Wissenschaftler beginnen, die »neurale Korrelation« von mystischer und spiritueller Erfahrung zu identifizieren und die Mechanismen, die bei so weit verbreiteten mentalen Erkrankungen wie Depressionen, Angstneurosen, Sucht und Obsessionen, aber auch bei ganz gewöhnlichem Unglücklichsein wirksam sind, besser zu verstehen. Michael Pollan erkundet diese aufregende Thematik auf zwei sich überkreuzenden Wegen, zum einen journalistisch und historisch, zum anderen persönlich. Durch das Vertiefen in wissenschaftliche Erkenntnis und in die Erfahrung veränderter Zustände des Bewusstseins gelingt es ihm, unser Verständnis von Geist und Selbst und unserem Platz in der Welt neu auszuloten.
Autorenporträt
Pollan, MichaelMichael Pollan, geb. 1955, ist ein vielfach ausgezeichneter Journalist, Autor zahlreicher Sachbücher und Professor in Harvard. Zuletzt erschien von ihm Kochen - Eine Kulturgeschichte der Transformation (Kunstmann 2014).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.03.2019

Ich ist ein anderer Zustand

Warum es sinnvoll sein kann, Drogen für Forschung und Therapie freizugeben: Michael Pollan erzählt von der Wiederentdeckung zweier klassischer Psychedelika - und von eigenen Bewusstseinsreisen.

Von Helmut Mayer

LSD und Psilocybin: zwei Stoffe, die zum engeren Kreis der klassischen Halluzinogene gehören. Beide ähneln chemisch einem der Botenstoffe im Gehirn, können deshalb an einen entsprechenden Rezeptortyp andocken und auf diese Weise den eingespielten cerebralen Signalverkehr umkrempeln. Mit erstaunlichen Folgen für die Welt- und Selbstwahrnehmung, vor allem deshalb, weil die Phänomene, welche das vorübergehend aus dem Gleis geworfene Gehirn hervorbringt, von dessen Besitzern nicht etwa als Aberrationen oder Vorspiegelungen empfunden werden, als chemisch induzierter Schein, sondern sehr oft als Enthüllung einer eigentlichen, substantiellen Realität, der gegenüber das alltägliche Bewusstsein wie matter Abglanz oder oberflächlicher Schein wirkt.

An Beschreibungen solcher Erfahrungen mangelt es nicht, und auch in Michael Pollans Buch findet man viele von ihnen, eingeschlossen jene des Autors selbst, der sich nach einigem Zögern dazu entschließt, die Effekte an sich selbst kennenzulernen. Der amerikanische Journalist hat ein Buch geschrieben, das einen Rückblick auf das Aufkommen von LSD und Psilocybin in den fünfziger und sechziger Jahren in den Vereinigten Staaten verknüpft mit einem Bericht über die seit den späten achtziger Jahren laufenden und mittlerweile auch erfolgreichen Unternehmungen, die inzwischen auf der Liste strikt verbotener Drogen gelandeten Stoffe wieder für therapeutische Zwecke verschiedener Art ins Spiel zu bringen. Pollan hat dafür nicht nur viel gelesen, sondern auch mit vielen Akteuren auf diesem Feld lange Gespräche geführt.

LSD, Lysergsäurediethylamid, entspringt 1943 - seine Effekte sind ein Zufallsfund - dem Pharmalabor. Psilocybin kommt dagegen erst knapp fünfzehn Jahre später in Europa und den Vereinigten Staaten an: in Form von mexikanischen "magic mushrooms", die auf eine weit zurückreichende Praxis des "sakramentalen" Gebrauchs bewusstseinsverändernder natürlicher Stoffe verweisen. Bei Pollan findet man nicht nur die Geschichte dieses Imports, er widmet ein anregendes Kapitel, angeleitet von bemerkenswerten Mykologen, auch dem naturgeschichtlichen Aspekt der halluzinogenen Pilze.

Diese Pilze, das "Fleisch der Götter" nach ihrer indigenen Bezeichnung, führten durch die schamanistischen Praktiken, mit denen sie verknüpft waren, bereits die Verweise auf eine andere, "eigentliche" Wirklichkeit mit sich. Anders beim LSD, dessen Karriere - von 1947 an vom Pharmakonzern Sandoz unter dem Namen "Delysid" großzügig an Wissenschaftler verteilt - auf psychiatrischem Terrain und nüchterner begann: Weil seine Effekte psychotischen Zuständen zu ähneln schienen, bot es sich zuerst als Stoff an, um den Mechanismen solcher Störungen auf die Spur zu kommen. Diese Hoffnung ging zwar nicht auf, aber den Zugang zu "tiefen" Schichten des Bewusstseins oder zum Unterbewussten schien es zu erleichtern, womit es als pharmakologischer Begleiter psychotherapeutischer Praktiken in Frage kam.

Diese Entwicklung, die unter dem Stichwort "Psycholyse" in Europa wichtig wurde, interessiert Pollan nur am Rande. Er steuert auf die ungleich enthusiastischeren Erfahrungen zu, mit welchen die beiden Stoffe Aufmerksamkeit auf sich zogen: sowohl im ärztlichen Milieu, wo Tests und Versuchsläufe begannen, Alkoholabhängigkeit oder Depressionen durch die Erfahrung von "Trips" zu behandeln, wie zusehends auch außerhalb des im engeren Sinn klinischen Terrains; bevor die beiden Drogen in den sechziger Jahren aus dem universitären Bereich ausbrachen, um ihre Verbindung mit der "Gegenkultur" einzugehen - was sie dann innerhalb weniger Jahre in die Schusslinie des "Kriegs gegen Drogen" brachte, welcher bis heute dem Drogengeschäft weltweit exorbitante Umsätze sichert.

Der Trip als Vermittler tiefempfundener, lange wirksamer Erfahrungen von Transzendenz, mystischem Verschmelzen von Ich und Welt, Durchstoß zur wesentlichen einen Wirklichkeit, zu allumfassender Liebe und Leben, zu Gott oder Gesamtbildern des eigenen Lebens oder gleich des Universums - das sind die Wirkungen, um die es vom Drogen-Euphoriker Aldous Huxley, dessen überaus einflussreiches Buch "Doors of Perception" 1954 erschien, über eine unwahrscheinliche Figur wie den konservativen "Captain" Al Hubbard bis zum medienwirksamen - "Turn on, Tune in, Drop out" - Verbindungsmann zur Hippie-Szene Timothy Leary geht.

Pollan ist nicht der Erste, der diese Drogen-Konstellationen beschreibt, aber der Rekurs auf beteiligte Akteure macht seine Erzählung lebendig und gleichzeitig die unterschiedlichen Erwartungen und "Missionen" der Akteure deutlich. Das gilt erst recht, wenn er sich an die Nachzeichnung der etwa zwei Jahrzehnte später einsetzenden Initiativen macht, den trotz erwiesener physiologischer Unschädlichkeit und der Absenz von Suchteffekten kriminalisierten psychotropen Substanzen wieder Kredit zu verschaffen, sie also wieder in die medizinische Forschung und Therapeutik einzuführen.

Von Vorteil ist auch, dass Pollan sich nicht einfach mitreißen lässt von den euphorischen Beschreibungen der Trips, wenn es um "transzendente" oder "mystische" Erfahrungen geht, ob nun in neueren Versuchsreihen - die etwas solider ausfallen als das berühmte "Karfreitags"-Experiment von 1963 in Harvard - oder in Bewusstseinsreisen, welche in die Illegalität abgedrängte psychedelische Führer vermitteln und mit denen er selbst seine Erfahrungen macht. Pollan ist als nüchterner Agnostiker hinreichend skeptisch, was diese "religiösen" Effekte angeht, dabei aber gleichzeitig offen und neugierig genug, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.

Er greift dazu auf William James' Bestimmungsmerkmale mystischer Erfahrungen - in den "Varieties of Religious Experience" von 1902 - zurück: der immer fallende Verweis auf ihr Überschreiten aller Ausdrucksmöglichkeiten; ihr gleichwohl als Erkenntnis und wesentliche Einsicht verbuchter Charakter mit Wirkung weit über den kurzen Zeitraum des "anderen Zustands" hinaus; die Empfindung, dass in ihm der eigene Wille, das eigene Ich, durch höhere Macht außer Kraft gesetzt wird.

Selbst wenn man begründete Reserven haben mag gegenüber den anderen Zuständen auf religiösem Terrain (theologische Orthodoxien hatten sie immer): Die Kriterien passen auf die Erfahrungen mit Psychedelika, die Pollan reichlich zitiert. Die Berichte seiner eigenen Bewusstseinsreisen mögen zwar im Vergleich nicht ganz so hoch gestimmt sein, sind aber gerade deshalb um einiges interessanter zu lesen als jene, die gleich die üblichen Transzendenz-Versatzstücke aufbieten, um der Unausdrückbarkeit Herr zu werden. Verwunderlich ist diese Passgenauigkeit im Übrigen nicht, denn James selbst hatte unter seine Quellen bereits chemisch induzierte Zustände - etwa mit Äther, Chloroform oder Lachgas - aufgenommen.

In den letzten Abschnitten berichtet Pollan von den seit den neunziger Jahren laufenden Forschungen zur Wirkung von Psilocybin und LSD: Es geht dabei sowohl um ihren therapeutischen Einsatz - als Mittel gegen Niedergeschlagenheit und Angstzustände angesichts des nahenden Todes (schon Huxley hatte die "death practice" vor Augen und ließ sich auf dem Totenbett LSD injizieren), gegen Suchtabhängigkeiten und gegen die Disposition zu Depressionen - als auch um neurowissenschaftliche Versuche, die Mechanismen ihrer Wirkung zu verstehen.

Letztere führen zwar auf viele interessante Spekulationen und Hypothesen, was es mit dem von den Drogen verursachten Herunterfahren des sogenannten Default-Mode-Networks - ein neuronales Aktivitätsmuster, das sich zeigt, wenn für das Gehirn keine besonderen Aufgaben zur Bearbeitung anstehen - eigentlich auf sich hat. Doch die handfesten Einsichten sind bescheiden. Beeindruckend dagegen sind die therapeutischen Erfolge, die die Psychedelika in Sachen Sucht, Depression und palliative Betreuung für sich verbuchen können.

Es sind erwiesene praktische Erfolge, die gleichwohl in das übliche Konzept medizinischer Therapeutik und ihrer empirischen Prüfungen nicht passen. Dazu ist die Abhängigkeit ihrer Effekte vom Kontext, dem "Setting" für die Einnahme der Substanzen und den Erwartungen der Probanden und der beteiligten Therapeuten viel zu groß. Alle Berichte zeigen von jeher das hohe Maße der Suggestibilität der Effekte. Es könnte deshalb, so sehen es manche Akteure, auf die Anerkennung eines "Schamanismus im weißen Mantel" hinauslaufen.

Skeptiker mögen da aktive Placebos am Werk sehen. Aber das ändert nichts an ihren beeindruckenden positiven Effekten. Auch da kann man an William James denken, nämlich an die Maxime, dass es darauf ankommt, was diese Trips in einem Leben verändern. Und warum sollten sie strikt auf ärztliche Anwendungen beschränkt bleiben?

Pollan optiert nicht für die einfache Freigabe der Substanzen, sieht aber einen leichteren legalen Zugang zu ihrer Anwendung unter kundiger Aufsicht als legitimes Ziel. Wer seine Darstellung gelesen hat, wird sich dieser Ansicht kaum verschließen. Sie hätte vielleicht ein wenig bündiger ausfallen können, aber man hat es bei ihm mit einem Autor zu tun, der nicht nur gut recherchiert, sondern auch seine sprachlichen Mittel zu wägen weiß; selbst die weitgehende Einschränkung auf die Vereinigten Staaten, sachlich nicht durchgehend naheliegend, lässt sich da verschmerzen.

Was das Buch nicht gebraucht hätte, ist die Anpreisung mit einem Untertitel, der Lehren der Psychedelika-Forschung über Sucht, Depression, Todesangst und Transzendenz verspricht. Aus dem einfachen Grund, dass da kaum etwas gelehrt, wenn auch einiges vermutet wird. Die Lehren der Psychedelika sind von anderer Art, sie liegen in ihren Effekten von so eindrucksvoller und unheimlicher Natur.

Michael Pollan: "Verändere Dein Bewusstsein". Was uns die neue Psychedelika-Forschung über Sucht, Depression, Todesfurcht und Transzendenz lehrt.

A.d. Englischen von T.Gunkel. Kunstmann Verlag, München 2019. 495 S., geb., 26,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension

In der Debatte und Literatur über bewusstseinserweiternde Drogen gibt es die unvermeidliche Tendenz entweder zur Verherrlichung oder zur Dämonisierung, weiß Michael Lange. Umso mehr freut er sich, dass sich der Journalist Michael Pollan in "Verändere dein Bewusstsein" dieses Themas mit unideologischer Nüchternheit annimmt. Von der Entdeckung des LSD durch den Schweizer Chemiker Albert Hofmann liest der Rezensent da, von Timothy Leary, der als Harvard-Forscher begann und als Hippie-Guru endete, aber auch von modernen wissenschaftlichen Analysen, die die Wirkung von LSD weniger in einer Veränderung der Wahrnehmung als des Ich-Bewusstseins verorten. Schließlich unternimmt Pollan sogar noch medizinisch angeleitete Selbstversuche, und auch wenn er dabei keine Erleuchtung erlebt, bietet sein Buch Lange doch "gleichermaßen Erkenntnis und Lesegenuss".

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