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Im Januar 2010 starb der für seine Abneigung gegen jede Art von Medienpräsenz berüchtigte Schriftsteller J. D. Salinger. Bis dahin hatte er seit 45 Jahren nichts mehr veröffentlicht, doch mit einem kleinen Roman, dem "Fänger im Roggen", ist er für immer in die Literaturgeschichte eingegangen. Das Buch, das 1951 erschien, verkaufte sich mehr als 25 Millionen Mal und ist Pflichtlektüre an Schulen. Mehrere Biografen sind bereits an Salingers rabiater Vorstellung von Privatsphäre gescheitert. Er verhinderte, dass seine frühen Erzählungen nachgedruckt wurden, sorgte dafür, dass seine Korrespondenz…mehr

Produktbeschreibung
Im Januar 2010 starb der für seine Abneigung gegen jede Art von Medienpräsenz berüchtigte Schriftsteller J. D. Salinger. Bis dahin hatte er seit 45 Jahren nichts mehr veröffentlicht, doch mit einem kleinen Roman, dem "Fänger im Roggen", ist er für immer in die Literaturgeschichte eingegangen. Das Buch, das 1951 erschien, verkaufte sich mehr als 25 Millionen Mal und ist Pflichtlektüre an Schulen. Mehrere Biografen sind bereits an Salingers rabiater Vorstellung von Privatsphäre gescheitert. Er verhinderte, dass seine frühen Erzählungen nachgedruckt wurden, sorgte dafür, dass seine Korrespondenz vernichtet wurde und zog gegen jeden vor Gericht, der es wagte, ihm oder seiner Familie zu nahe zu treten.
Slawenski ist es gelungen, in mühevoller Kleinarbeit die Überreste dieser Selbstauslöschung zusammenzutragen, ohne sich auf das Privatleben Salingers zu stürzen. Seine Spurensuche wirft, jenseits von Klatsch und Tratsch, neues Licht auf Leben und Werk eines der größten amerikanischenSchriftsteller des letzten Jahrhunderts.
Autorenporträt
Slawenski, Kenneth
Kenneth Slawenski gründete 2004 die Webseite DeadCaulfields.com, die Salinger und seinem Werk gewidmet ist und von der New York Times empfohlen wurde. Für seine Salinger-Biografie hat er acht Jahre lang recherchiert. Außerdem schreibt er für »Vanity Fair«, die französische »Revue Feuilleton«, und seine Arbeiten sind in der »New York Times« sowie in der britischen »Times« erschienen. Slawenski lebt in New Jersey.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.05.2013

Die posttraumatische Waldeinsamkeit
Kenneth Slawenskis Biografie über J. D. Salinger betont die „spirituellen Offenbarungen“ – und vernachlässigt ihren historischen Kern
Der Buchtitel „Das verborgene Leben des J.D. Salinger“ klingt fast so, als solle ein geheimes Doppelleben bekannt gemacht werden. Und das bei einem Schriftsteller, der nichts mehr scheute, verachtete und floh als die Öffentlichkeit. Der englische Originaltitel der Biografie von Kenneth Slawenski lautet jedoch: „J.D. Salinger. A Life Raised High“, in Anspielung auf Salingers berühmte Erzählung „Raise High the Roof Beam, Carpenters“, auf Deutsch „Hebt hoch den Dachbalken, Zimmerleute“.
  Emporgehoben also soll Jerome David Salinger werden, so der vollständige Name des 1919 in New York geborenen jüdischen Schriftstellers. Und nicht dadurch bloßgestellt werden, dass Geheimnisse ausgeplaudert, Gerüchte lanciert werden. All dies vermeidet Slawenski strikt, über mehr als vierhundert Seiten bleibt er ein äußerst diskreter Biograf, schon vor einigen Jahren hat er eine liebevoll gestaltete, hochinformative Website über Leben und Werk Salingers ins Netz gestellt (www.deadcaulfields.com). Ist aber solch eine bedingungslose Hingabe eine gute Voraussetzung für einen Biografen?
  In den Vereinigten Staaten gilt Salinger bis heute als Riese der amerikanischen Literatur, als ebenso genialer wie legendärer Schriftsteller, der sich Ende der Fünfzigerjahre in die Einsamkeit New Hampshires zurückzog und von 1965 bis zu seinem Tod Anfang 2010 nichts mehr publizierte. Über diesen Rückzug ist viel spekuliert, viel gerätselt worden, unter Lesern, Literaturkritikern, Literaturwissenschaftlern, nicht zuletzt in den US-Medien. Salingers recht militant vertretener Anspruch auf Diskretion und Privatheit forderte im Gegenzug militante Indiskretionen von Neidern, Bewunderern, Neugierigen und Geschäftemachern heraus. Den mythischen Status des Schriftstellers haben solche Kämpfe stets nur bestätigt.
  Bei uns ist Salinger vor allem der Verfasser des berühmten Romans „Der Fänger im Roggen“, von dem weltweit sagenhafte 65 Millionen Stück verkauft wurden. Seine übrigen Werke werden zwar übersetzt, aber weit weniger gelesen, über sein Leben weiß man so gut wie nichts. Eine auch auf nicht amerikanische Leser zugeschnittene Biografie täte also not. Die aber liefert Kenneth Slawenski nicht, zum einen, weil er aus inneramerikanischer Perspektive schreibt, vor allem aber, weil er ein moralisches Ziel verfolgt. Er will Salinger so diskret behandeln und darstellen, wie dieser selbst dies zu seinen Lebenszeiten stets für sich in Anspruch genommen hat.
  Das mag ein ehrenwertes Unterfangen sein, doch sind die Kosten, die der Biograf für seine Diskretion entrichten muss, nicht unbeträchtlich. So bezeichnet Slawenski Salingers Einsiedelei in den Wäldern zwischen Boston und Montreal zwar wiederholt als medial fabrizierten Mythos, schildert aber seinerseits diese Weltferne ausführlich als gelebte Fortsetzung von Salingers literarischem Werk. Verharmlost werden überdies die Schattenseiten der Einsiedelei. Dass sowohl Salingers zweite Frau Claire Douglas als auch seine zeitweilige Geliebte Joyce Maynard unter Salingers Waldeseinsamkeit gelitten hatten, fast verrückt wurden und, im Falle Claires, lieber das Weite suchten, wird nur gestreift.
  Nicht von ungefähr konzentriert sich Slawenski über weite Strecken auf die Rekapitulation der einzelnen Werke, des „Fängers im Roggen“ ebenso wie der veröffentlichten und unveröffentlichten Erzählungen. So sollen die großen und kleinen Erleuchtungen hervorgehoben werden, die in Salingers erzählerischem Werk eine bedeutende Rolle spielen, und denen er auch in seiner esoterischen Lebensweise nahezukommen versuchte.
  Salingers Leben als „spirituelle Reise“ zu bezeichnen, ist gewiss nicht falsch und durch das Werk legitimiert. Kritische Distanz hat in solch einer allzu engen Deutungsperspektive jedoch kaum Platz. Der Biograf wird zum Apologeten, der Salingers zahlreiche Bizarrerien, unter denen vor allem seine Familie zu leiden hatte, dem Mantra von der „spirituellen Reise“ des Schriftstellers unterwirft. Vielleicht hängt auch damit zusammen, dass Slawenski mit Geheimwissen operiert und Nachweise für manche Behauptungen oft diffus bleiben oder ganz ausbleiben.
  Trotz solcher Irritationen liest man diese Biografie nicht ohne Gewinn. Salingers Leben verlief über viele Jahrzehnte alles andere als geradlinig, das Misstrauen seiner literarischen Helden gegenüber der als scheinheilig betrachteten Durchschnittswelt beseelte von Anfang auch den stets nonkonformistischen Salinger. Hier ist viel Neues zu entdecken, was deutsche Leser überraschen dürfte, und trotz mancher Monokausalitäten gelingt Slawenski die Verknüpfung von Biografie und literarischem Werk für die Vierziger- und Fünfzigerjahre recht gut.
  Dass der junge Salinger Kadettenschüler war und bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs eine Offizierslaufbahn anstrebte, dürfte dem deutschen Publikum weitgehend unbekannt sein. Ebenso, dass er bereits während des Zweiten Weltkriegs zahlreiche Erzählungen für Zeitschriften schrieb und als Agent des militärischen Nachrichtendienstes die Schlachten an der Westfront erlebte. Die Invasion und die anschließenden Kämpfe in der Normandie stand Salinger ebenso durch wie die Eroberung von Paris und die blutigen Kämpfe im Hürtgenwald, eine der grausamsten und verlustreichsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs. Darüber hinaus war der erst Sechsundzwanzigjährige vermutlich an der Befreiung von Außenlagern des KZs Dachau beteiligt. In Mittelfranken heiratete Salinger 1945 eine Deutsche, mit der er wenige Monate später in seine Heimatstadt New York zurückkehrte, wo sich das Paar alsbald scheiden ließ.
  Ein Schlüsselereignis dieser Jahre ist Salingers psychischer Zusammenbruch im Juli 1945. In Nürnberg wurde er wegen einer Kriegsneurose in ein amerikanisches Militärhospital gebracht, heute würde man wohl von einer posttraumatischen Belastungsstörung sprechen. Salinger blieb für den Rest seines Lebens von seinen Kriegserlebnissen gezeichnet. Er vermied es zwar, darüber zu sprechen, bevorzugte aber noch in seinem neuenglischen Refugium das Fahrzeug, in dem er den Zweiten Weltkrieg hinter sich gebracht hatte, einen Jeep.
  Aus solchen Ambivalenzen macht diese Biografie leider wenig, die Kriegserfahrung wird zu einem profanen Erweckungserlebnis, die „spirituellen Offenbarungen, die Salinger an der Front erlebt hatte“, so Slawenski, „flossen zunehmend in sein Schreiben ein.“ Das mag so gewesen sein, aber aus dem Werdegang des Schriftstellers vom Weltkriegssoldaten zum neuzeitlichen Heiligen, der bekanntlich immer die Versuchung im mentalen Gepäck hat, schlägt diese Biografie kaum Funken.
THOMAS MEDICUS
Kenneth Slawenski: Das verborgene Leben des J. D. Salinger. Aus dem Englischen von Yamin von Rauch. Verlag Rogner & Bernhard, Berlin 2012. 439 Seiten, 29, 95 Euro.
Ist bedingungslose Hingabe
eine gute Voraussetzung
für einen Biografen?
In Nürnberg kam Salinger 1945
wegen einer Kriegsneurose in ein
amerikanisches Militärhospital
Kadettenkorporal Salinger im Jahrbuch 1936 der Valley Forge Military Academy (rechts). Salinger ließ seine Academy- Erfahrungen in die Darstellung des Internats einfließen, das Holden Caulfield im Roman „Der Fänger im Roggen“ besucht. Nach Erscheinen von „Franny and Zooey“ (1961) widmete das Magazin Time Salinger eine Titelstory.
FOTOS: TIME INC., ROGNER & BERNHARD
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Michael Schmitt ist zutiefst unzufrieden mit der Salinger-Biografie von Kenneth Slawenski, der im Titel verspricht, "Das verborgene Leben des J. D. Salinger" aufzudecken. Ein wenig ist das Projekt ohnehin zum Scheitern verurteilt, weiß der Rezensent, hat der Schriftsteller doch systematisch versucht, alle Spuren zu verwischen. Slawenski hat ein paar Briefe in die Finger bekommen, die Salinger nicht mehr vernichten konnte - ansonsten beruft er sich auf die Aussagen von Wegbegleitern, auf die Berichte von Zeitzeugen (die Salinger zwar nicht kannten, aber Ähnliches erlebt haben), und auf eine stark biografische Auslegung von Salingers Werken, berichtet Schmitt. Vielleicht kann dieses Buch für Neulinge noch einigermaßen informativ sein, Kundigen bietet es kaum etwas, erklärt der Rezensent, den Yamin von Rauchs Übersetzung noch einmal ebenso aufgeregt hat, wie der Inhalt der Biografie ohnehin schon.

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