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Experimentierfreudig, umtriebig und bestens organisiert, so lässt sich die finnische Comicszene charakterisieren. In den letzten Jahren haben sich hier junge Zeichnerinnen und Zeichner etabliert, deren Bücher weltweit verlegt werden. Wenig Aufmerksamkeit haben die inhaltlich und stilistisch ungewöhnlichen Erzählungen bislang in Deutschland erfahren - Anlass, eine umfangreiche Sammlung zeitgenössischer finnischer Comics vorzulegen. Der von Kalle Hakkola und Sascha Hommer ("Orang") herausgegebene Band präsentiert Beiträge von Roope Eronen, Matti Hagelberg, Jarno Latva-Nikkola, Mika Lietzén,…mehr

Produktbeschreibung
Experimentierfreudig, umtriebig und bestens organisiert, so lässt sich die finnische Comicszene charakterisieren. In den letzten Jahren haben sich hier junge Zeichnerinnen und Zeichner etabliert, deren Bücher weltweit verlegt werden. Wenig Aufmerksamkeit haben die inhaltlich und stilistisch ungewöhnlichen Erzählungen bislang in Deutschland erfahren - Anlass, eine umfangreiche Sammlung zeitgenössischer finnischer Comics vorzulegen. Der von Kalle Hakkola und Sascha Hommer ("Orang") herausgegebene Band präsentiert Beiträge von Roope Eronen, Matti Hagelberg, Jarno Latva-Nikkola, Mika Lietzén, Hanneriina Moisseinen, Tommi Musturi, Jaakko Pallasvuo, Ville Ranta, Marko Turunen, Amanda Vähämäki und anderen.
Autorenporträt
Sascha Hommer, geboren 1979, lebt als Comiczeichner in Hamburg. Neben eigenen Büchern wie "Insekt", "Vier Augen" oder "Dri Chinisin" (nach Brigitte Kronauer) hat Sascha Hommer die Comic-Anthologie "Orang" mitherausgegeben, verschiedene Ausgaben des Schweizer Comicmagazins "Strapazin" zusammengestellt und wirkt als Motor der deutschen und internationalen Comicszene.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Oliver Ristau empfiehlt diese vierte Ausgabe des Comic-Atlas Finnland als Einstieg und Orientierung in bzw. über eine hierzulande weithin unbekannte Szene. Wiederholungen von Beiträgen aus den Vorgängerbänden stellt er zwar fest, doch scheint ihm der Wert des Neuhinzukommenden größer. Zumal Ristau anhand der ausgewählten Beiträge eine thematische Klammer feststellt. Was den finnischen Comic ausmacht, ist seiner Meinung nach ein Unbehangen an bestehenden Verhältnissen und Strukturen. Für den Rezensenten u. a. erkennbar am unkonventionellen Einsatz der Stilmittel. Etwa "wackelige" Panels oder "schludrig-schönes" Lettering bei bei Anna Sailamaa. Oder aber die inhaltlich beständige Sinnsuche bei Tommi Musturi.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.02.2014

Ich bin ein Finne, holt mich hier raus!

Wussten Sie, dass die Mumins aus Finnland stammen? Das Gastland der nächsten Frankfurter Buchmesse kann man schon jetzt in einer neuen Comic-Anthologie kennenlernen. Sie zeigt das Volk mit der Vorliebe für cooles Design und heiße Dampfbäder.

Gastland der diesjährigen Frankfurter Buchmesse wird Finnland sein. Dadurch gerät nicht nur die dortige Literatur ins Blickfeld, sondern auch die finnischen Comics. Hierzulande sind sie noch kaum bekannt, vereinzelte Veröffentlichungen kleinerer Verlage oder Titel wie Hannu Lukkarinens gemeinsam mit dem Krimi-Autor Andrew Vachss verfasster Comic "Underground" sind selten. Einzig Tove Janssons weltberühmter Comicstrip "Mumins", der erstmals 1954 erschien und später in hundertzwanzig Zeitungen in vierzig Ländern veröffentlicht wurde, hat auch hierzulande sein festes Publikum.

Die bis heute erfolgreichste finnische Comicserie aller Zeiten ist in den letzten Jahren als Gesamtausgabe erschienen, was das Interesse zusätzlich geweckt hat. Außer Tove Jansson bliebe noch Touko Laaksonen zu nennen, der unter dem Pseudonym "Tom of Finland" als Comiczeichner tätig war. Zwar besitzt sogar das Museum of Modern Art in New York einige seiner Werke, doch die subkulturelle Verwurzelung im homosexuellen Milieu hat ihn und seine Comicfigur Kake nie im kulturellen Mainstream ankommen lassen.

Der Orientierung verheißende Band "Comic-Atlas Finnland" soll nun in Deutschland Abhilfe schaffen. Er wurde von dem Hamburger Sascha Hommer und dem Finnen Kalle Hakola herausgegeben und ist der vierte Band in einer Reihe von an ein internationales Publikum gerichteten Jahrbüchern der finnischen Comic-Gesellschaft. Die ersten beiden Ausgaben erschienen in englischer Sprache, 2013 folgte eine dritte auf Französisch. Im ersten Band wurde eine möglichst große Bandbreite des inländischen Comicschaffens vorgestellt, der zweite widmete sich der Langform, der dritte fokussierte den Blick auf Künstlerinnen.

Der vierte Aufritt bietet die komplette Umkehr des bisher üblichen äußeren Erscheinungsbildes von Komplementärfarbe mit einheitlich schwarzer Typographie. Das mag Sammler der Gesamtausgabe stören. Aber da deren Anzahl vermutlich nur im zweistelligen Bereich liegen dürfte, spielt es keine Rolle. Wiederholungen von Beiträgen aus zuvor erschienenen Ausgaben und Auszüge aus längeren Werken sind eine bereits vertraute Verfahrensweise, die allerdings insofern von Nachteil ist, als dass die kompletten Ausgaben der hier präsentierten Werke in deutscher Übersetzung nicht vorliegen.

Ausgewählt wurden zumeist international bekanntere Künstler der finnischen Comicszene. Amanda Vähämäkis zarte Buntstiftzeichnungen tragen ihre von phantastischen Einsprengseln durchwirkte Coming-of-Age-Erzählung mit stabiler Behutsamkeit. Die Botschaft des von Jaakko Pallasvuo in feinen Linien, aber ungelenk wirkender Bleistiftgraphik hingehauchten Familiendramas lässt sich auch über Van Morrisons Lied "Gloria" durch den in der Geschichte verwendeten und von Patti Smith veränderten Text lesen. Anhand der detaillierten Reproduktion wird die Möglichkeit des Verzichts auf Tusche als Stilmittel demonstriert, wie übrigens auch bei Vähämäkis Geschichte. Noch einmal besonders deutlich wird dieses auf Spontaneität zielende Stilprinzip bei "Der letzte Sommer" von Hanneriina Moisseinen, deren akribische Naturdarstellungen mittels Bleistifts das Verlorengehen ihrer Figuren in der sie umgebenden Landschaft umso überzeugender zeigen.

Die auf der Rückseite des Buchs aufgeworfene Frage nach der thematischen Klammer finnischer Comic-Kunst hätte sich nach der Lektüre des im ersten Band der Reihe enthaltenen Essays "Finnish Opium" von Ville Hänninen leicht beantworten lassen. Aber der vorliegende Band gibt ebenfalls Antwort: Fast alle Beiträge zeigen ein Unbehagen an den bestehenden Verhältnissen und den Wunsch nach einem Ausbruch aus überkommenen Strukturen. "Mama" von Anna Sailamaa zeigt diese Tendenz durch unkonventionellen Einsatz der Stilmittel klar auf. In oft konträr zu den Sprechblasen verlaufendem Fließtext unterhalb von in wackeligen Panels notdürftig angelegten Bildern, einer überenthusiastischen und mangelndem Durchhaltevermögen geschuldeten Filzmaler-Kolorierung, die kindlichen Übereifer assoziieren lässt, und einem ebenso schludrig-schönen Lettering; arte povera im Comic.

Tommi Musturi präsentiert diesmal einen etwas anderen Zeichenstil als von ihm gewohnt und wechselt seinen vertrauten Protagonisten gleich mit aus, der sinnsuchende Aspekt seiner Geschichten aber bleibt erhalten. Und Reetta Niemensivu ist ein großes Talent, deren nostalgischer Stil an Künstler wie den Amerikaner Darwyn Cooke denken lässt. Sie nutzt die Vergangenheit zur Überprüfung der Gegenwart. Für einen Einstieg in die Welt des finnischen Comics ist der deutschsprachige Comic-Atlas also durchaus geeignet, doch auch die drei vorangegangenen Ausgaben sind empfehlenswert.

OLIVER RISTAU

"Comic-Atlas Finnland".

Hrsg. von Sascha Hommer und Kalle Hakola. Aus dem Finnischen von Elina Kritzokat. Reprodukt Verlag, Berlin 2014. 240 S., br., 34,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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