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Ein Roman aus dem Berlin der Fünfzigerjahre, eine Reise zurück in die schaurig-schönen Anfänge der Republik, als der Krieg zu Ende und jeder Tag ein Abenteuer war.
Rose ist ein lebendiges, kluges, selbstbewusstes und mutiges Mädchen, das sich in einer gebeutelten Familie den Weg ins Leben bahnt. Ihre, nicht gerade warmherzige, Mutter ist überfordert, die Großeltern verstehen die neue Welt nicht mehr, aber der Vater, Schauspieler, Filou und Radiomann der ersten Stunde, liebt seine Tochter. Zu ihm, dem "Schuft", wie die Mutter ihn nennt, kommt sie, ihm erzählt sie, was sie bedrückt und was…mehr

Produktbeschreibung
Ein Roman aus dem Berlin der Fünfzigerjahre, eine Reise zurück in die schaurig-schönen Anfänge der Republik, als der Krieg zu Ende und jeder Tag ein Abenteuer war.

Rose ist ein lebendiges, kluges, selbstbewusstes und mutiges Mädchen, das sich in einer gebeutelten Familie den Weg ins Leben bahnt. Ihre, nicht gerade warmherzige, Mutter ist überfordert, die Großeltern verstehen die neue Welt nicht mehr, aber der Vater, Schauspieler, Filou und Radiomann der ersten Stunde, liebt seine Tochter. Zu ihm, dem "Schuft", wie die Mutter ihn nennt, kommt sie, ihm erzählt sie, was sie bedrückt und was sie verzückt. Und mit ihm, seinen phantastischen Geschichten und seinem spannenden Beruf, meistert sie die Klippen ihres noch jungen Lebens.

"Rapmund war ein Schuft. Lissy, meine Mutter, hatte sich von ihm getrennt und geschieden bald nach dem Krieg. Die Gründe wurden mir verheimlicht."
Autorenporträt
Reschke, Karin
Karin Reschke, geboren in Krakau, aufgewachsen in Berlin und noch immer in der Stadt zu Hause. Sie schrieb u.a. "Memoiren eines Kindes" (1980), "Verfolgte des Glücks" (1982), "Birnbaums Bilder" (1998) und "SpielEnde" (2000) und erhielt u.a. den Bettina-von-Arnim-Preis und den FAZ-Preis für Literatur._
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.04.2009

Pubertäre Nöte

Für ihren Roman über die Frau, die mit Heinrich von Kleist in den Freitod ging, "Verfolgte des Glücks, Findebuch der Henriette Vogel", erhielt Karin Reschke 1982 den Preis für Literatur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Obwohl nicht alle Blütenträume reiften, die sich daran knüpften, verschaffte sich die Autorin Respekt mit Romanen, die zur Mehrzahl um das Berlin der Nachkriegszeit kreisten. Ihr neuer Roman "Kalter Hund" erinnert am ehesten an ihr erstes größeres Prosawerk "Memoiren eines Kindes" (1980). Auch durch ihren neuen Roman zieht sich eine kleine autobiographische Spur. Die 1940 in Krakau geborene, aus einer Schauspielerfamilie kommende Autorin wählt zu ihrer wichtigsten Figur (außer der Ich-Erzählerin Rose) einen Schauspieler, der als Schüler des berühmten Alexander Moissi seine Laufbahn begann und sie als Radiosprecher beendete. Kaum anders ergeht es seiner Frau, in gewisser Weise auch Rose, die nur einmal als junges Mädchen am Mikrofon reüssiert, als Laura in Tennessee Williams' "Glasmenagerie". Rose wächst als Kind einer geschiedenen Ehe auf und erzählt von ihren Pubertätsnöten. Um die Nachkriegsgeschichte des geteilten Berlins ranken sich lauter kleine individuelle Lebensgeschichten, fast alle elegisch gestimmt: Eine Ahnung ihres Scheiterns bemächtigt sich der Figuren. So schlägt sich im Roman ein Gefühl der Unsicherheit nieder, wie es nach der Blockade durch die Sowjets noch lange in West-Berlin andauerte. Andererseits aber bilden die Lebensgeschichten auch ein Gegengewicht zum allgemeinen Aufbaufieber der westlichen Wohlstandsgesellschaft. Zum großen Riss in der Nachkriegsgeschichte Berlins, zum Bau der Mauer, rückt die Handlung nicht mehr vor. Es ging der Autorin wohl nicht um den großen historischen Eklat, sondern um die behutsame Durchdringung der Psychologie ihrer Figuren. (Karin Reschke: "Kalter Hund". Roman. Weissbooks Verlag, Frankfurt am Main 2009. 164 S., 18,80 [Euro].) WHi.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.07.2009

Die durch den Wolf drehen
Scheiden tut weh: Karin Reschkes autobiographischer Roman „Kalter Hund”
Auch wenn die kulinarischen Gewohnheiten der Deutschen in den letzten Jahrzehnten durch segensreiche Fremdeinwirkung zivilisiert worden sind, erweisen sich manche Vorlieben, zumal solche, die aus der Not geboren wurden, als staunenswert hartnäckig. Die Nachkriegserfindung „Kalter Hund” zum Beispiel, als Billigvariante des Kindergeburtstagskuchens in den fünfziger, sechziger und siebziger Jahren unentbehrlich, soll im neuen Jahrtausend eine Renaissance erlebt haben und nachgerade „Kult” geworden sein. In Berlin, wo sonst, widmet sich eine Manufaktur ausschließlich der Produktion dieser kastenförmigen Schichtspeise aus trockenen Keksen, erstarrtem Kokosfett und übersüßter Kakaopampe, allerdings in modisch verfeinerten Geschmacksvarianten. Auf der dazugehörigen Website erfährt man, dass die genuin deutsche Leckerei ihren Namen von dem ebenfalls kastenförmigen Förderwagen herleitet, der in der Bergmannssprache „Hunt” heißt und weder bellt noch mit dem Schwanz wedelt.
In Berlin lebt auch die Schriftstellerin Karin Reschke, die ihrem neuen, sehr schmalen und offenbar stark autobiographisch geprägten Roman über eine Jugend in den Fünfzigern den Titel „Kalter Hund” gegeben hat. Dass ihre Ich-Heldin den Vornamen Rose trägt und die erwähnte Manufaktur einem real existierenden Herrn Rose gehört, ist aber gewiss nur ein lustiger Zufall. Ein schräger Einfall wiederum ist dem Buch als Motto vorangestellt: „Man nehme Vater, Mutter, Kind, drehe sie durch den Wolf und heraus kommt ein Kalter Hund.”
Das lässt nicht eben auf intakte Familienverhältnisse schließen. Und richtig: Roses Eltern haben sich bald nach dem Krieg getrennt, weil der Vater, ein Schauspieler und Rundfunkmann der ersten Stunde, sich der Gattin gegenüber wie ein „Schuft” benommen hat. Seine Tochter aber liebt er sehr, und auch sie hängt an ihm, seit sie von einer weltläufigen Freundin des Hauses erfahren hat, dass das Verdikt der Mutter keinen Schwerverbrecher, sondern bloß einen Schürzenjäger bezeichnet.
In einer Zeit, in der geschiedene Eltern noch der Ausnahmefall waren, pendelt das Mädchen Rose zwischen den beiden „gegnerischen Parteien”. Der Vater ist immer in Eile, der „geborene Wegläufer”, weiß aber mit seiner Zauberstimme wunderbare Geschichten zu erzählen und hat originelle Freunde. Und diverse Kinder mit anderen Frauen, wie sich herausstellt. Die elegante, ewig unzufriedene Mutter, Schauspielerin und Radiosprecherin auch sie, täuscht einen Bürojob vor, während sie heimlich für den Ost-Rundfunk in Adlershof arbeitet, und lässt im Laufe der Jahre verschiedene Herren an ihrem Leben teilhaben, ohne eine emotionale Heimat zu finden. Besagte Freundin attestiert ihr ein „Schlingpflanzenherz”, mit dem sie sich selbst umgarnt und in die Tiefe zieht.
Trinkfeste Tante Betty
Die Tochter lebt mit der Mutter bei den Großeltern und muss sich den unerwünschten Kontakt zum Vater durch Eigensinn und Raffinement erkämpfen. Wenn sie mit der S-Bahn zu ihm fährt, liest sie russische Romane; daheim bringt das „Tagebuch der Anne Frank” sie um den Schlaf. Mehr oder weniger interessante Verwandte werden vorgestellt; die trinkfeste Tante Betty lässt für Rose auf einer imaginären Bühne sämtliche Familienmitglieder auf- und abtreten. Das Gespenst „Kommunismus” geistert durch Debatten und Plänkeleien.
Ein Bruder der Mutter fällt in Ungnade, weil er nicht, wie angenommen, auf dem Feld der Ehre sein Leben gelassen hat, sondern in Frankreich desertiert ist. „Die Welt hatte damals einen hohen Rand von strengen Regeln”, sinniert die Erzählerin. Und: „Das Beste an diesem hohen Rand war seine Unsichtbarkeit und das Unausgesprochene, die vielen Siegel der Verschwiegenheit. Man konnte, wenn man es einigermaßen geschickt anstellte, die Regeln brechen, ohne erwischt zu werden.”
Das Mädchen Rose ist nicht nur lesesüchtig, sondern auch gelehrig, was den Regelbruch betrifft, und macht schon früh ihre ersten, meist enttäuschenden Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht. Die Freundschaft, die einer romantischen Jugendliebe am nächsten kommt, findet krankheitshalber ein trauriges Ende. Wenig später stirbt auch der Vater, nachdem er seine Stimme verloren hat. Er hinterlässt Briefe an Rose, in denen er ihr sein Leben schildert. „Im tausendjährigen Reich”, schreibt er, „das ich nicht gewählt und nicht gewollt habe, wurde das Mikrofon meine Geliebte.” Das Haus des Rundfunks an der Masurenallee, wo Rose sich in einer Hörspielfassung der „Glasmenagerie” als Sprecherin versucht, ist einer der geschichtsträchtigen Schauplätze dieser Berliner Nachkriegs-Reminiszenzen.
Aber alles wird nur knapp umrissen und wie auf Sparflamme erzählt, Milieu und Figuren bleiben allzu skizzenhaft, so dass das Büchlein sich zu seinem Gattungsanspruch „Roman” ungefähr so verhält wie ein „Kalter Hund” zu einer Sachertorte. Vielleicht hätte die Autorin ganz einfach persönliche Erinnerungen in ihre feinfühlige Prosa kleiden sollen, statt Fiktion vorzuspiegeln. Familiengeschichten haben wir in letzter Zeit zuhauf gelesen, aber nur wenige davon besitzen tatsächlich episches Format. Wo es sich nicht herstellen lässt, kann in manchen Fällen das Bekenntnis zum Dokumentarischen einem Text die innere Notwendigkeit verleihen, die sich nicht recht erschließt, wenn man versucht, ihn als literarisches Kunstwerk zu betrachten.
KRISTINA MAIDT-ZINKE
KARIN RESCHKE: Kalter Hund. Roman. Weissbooks Verlag, Frankfurt am Main 2009. 164 Seiten, 18,80 Euro.
Nicht in jeder Kuchenform steckt ein Kuchen: In dieser steckt ein sehr kalter, eisgekühlter Hund. Abb.: Pedro Avella
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Kristina Maidt-Zinke kann sich für den autobiografischen Familienroman "Kalter Hund" von Karin Reschke nicht recht erwärmen, sie vermisst vor allem das "epische Format". Die Berliner Autorin schildert darin eine problematische Jugend in den 50er Jahren, die Scheidung der Eltern, das Reglement der Nachkriegsgesellschaft, erste Liebeserfahrungen und den Tod des geliebten Vaters, erklärt die Rezensentin. Ihr bleiben die Schilderungen allerdings viel zu skizzenhaft, weder Figuren noch das Nachkriegsmilieu gewinnen in ihren Augen wirklich Kontur, wie sie kritisiert. Und so fragt sich Maidt-Zinke, ob es nicht besser gewesen wäre, die Autorin hätte ihre Erinnerungen dokumentiert, statt sich mit literarischem Anspruch an einen Roman zu machen, der sein Gattungsversprechen nicht einlöst.

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