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Das Bombay der 60er- und 70er-Jahre ist der Schauplatz von Kiran Nagarkars neuem Roman "Die Statisten", einem satirischen Heldenroman im Rabelais schen Sinne. Ravan arbeitet als Taxifahrer, Eddie in einer illegalen Kneipe. Aufgewachsen in den Chawls, den vier- bis fünfstöckigen Mietskasernen Bombays, sind beide elektrisiert von der Glitzer- und Glamourwelt Bollywoods und der westlichen Rockmusik. Während Ravan mit seiner Hochzeitsband regelmäßig um die Gage geprellt wird, ist Eddie, der gemeinsam mit seiner hinreißenden angloindischen Freundin Belle die "Bandra Bombshells" gründet, nicht…mehr

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Produktbeschreibung
Das Bombay der 60er- und 70er-Jahre ist der Schauplatz von Kiran Nagarkars neuem Roman "Die Statisten", einem satirischen Heldenroman im Rabelais schen Sinne.
Ravan arbeitet als Taxifahrer, Eddie in einer illegalen Kneipe. Aufgewachsen in den Chawls, den vier- bis fünfstöckigen Mietskasernen Bombays, sind beide elektrisiert von der Glitzer- und Glamourwelt Bollywoods und der westlichen Rockmusik.
Während Ravan mit seiner Hochzeitsband regelmäßig um die Gage geprellt wird, ist Eddie, der gemeinsam mit seiner hinreißenden angloindischen Freundin Belle die "Bandra Bombshells" gründet, nicht wesentlich erfolgreicher. Ihre Versuche, der Enge ihrer hinduistischen und katholischen Familien zu entfliehen und im Musik- und schließlich im Filmbusiness Fuß zu fassen, sind von Rückschlägen und Scheitern begleitet, doch sind sie unbezähmbar in der Zuversicht, ihre Träume zu verwirklichen.
Schamlos, schockierend, brüllend komisch und einfühlsam porträtiert Nagarkar seine Protagonistenund treibt sie mit einer unglaublichen Geschwindigkeit durch die Stadt. Vor dem Hintergrund der indischen Film- und Musikgeschichte entsteht plastisch und sinnlich die Megacity Bombay mit ihren Rhythmen, ihrem Duft und ihrer Vielstimmigkeit. Zugleich ist dieser Roman ein philosophisches Nachsinnen über unseren Platz in der Welt. Sind wir die Protagonisten oder doch nur Statisten in diesem Film namens Leben?
Autorenporträt
Kiran Nagarkar, geboren 1942 in Bombay, schreibt in Marathi und Englisch. Er veröffentlichte Romane, Theaterstücke und Filmdrehbücher. Sein erster Roman "Sieben mal sechs ist dreiundvierzig" gilt als Meilenstein der indischen Literatur nach der Unabhängigkeit. Für seinen Roman "Krishnas Schatten" wurde Kiran Nagarkar im Jahr 2000 die höchste Anerkennung der indischen Literaturakademie, der Sahitya Academy Award, verliehen. Mit seinem vierten Roman "Gottes kleiner Krieger", der in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, gelang ihm ein fulminanter Durchbruch auch auf dem deutschen Buchmarkt. Kiran Nagarkar lebt in Bombay.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Angela Schader ist ein bisschen stolz, hat der Autor sein Werk doch als "writer in residence" in Zürich vollendet. Skizziert wurde der Roman allerdings bereits Ende er 70er Jahre und zwar als Drehbuch für einen Bollywood-Film. Schader wundert sich also wenig, wenn Sujet (der Traum vom Aufstieg zum Kinostar), Figuren und Handlungsorte dem Bollywood-Fundus entstammen und die Handlung mächtig in die Tasten greift. Tatsächlich werden jede Menge indische Gassenhauer zum Besten gegeben, für die Schader sich gerne ein Hörbuch gewünscht hätte. Die von Kiran Nagarkar im Roman entworfene Schicksalsachterbahn fährt Schader im vom Autor selbst verkündeten Wissen mit, dass sich Bollywood nicht parodieren lässt. Es ist die Parodie seiner selbst. Den einen oder anderen durchgeknallten Moment im Buch hätte sie dennoch gerne gegen ein paar stillere hergegeben.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.10.2012

Im Wartesaal des Glücks
Kiran Nagarkar gilt als wichtigster Chronist seiner Heimatstadt Mumbai. In seinem neuen Roman
gibt es ein Wiedersehen mit Ravan und Eddie, die er durch eine literarische Bollywoodkomödie hetzt
  Bombay, Maximum City: aufgeschichtet aus Muschelkalk und Schlick, viktorianischen Ruinen und Boomtown-Schrott, Verwesungsgestank und Jasminduft. Jeden Tag strömen 1000 Glückssucher in diese Stadt, die eh schon hoffnungslos überfüllt ist: Bombay beherbergt 18 Millionen Menschen, mehr Millionäre als Manhattan, zwölf Millionen Slumbewohner, Hunderte Sprachen und trägt mehr Namen als Kali, die schwarzzüngige Göttin der Zerstörung und der Erneuerung, Arme hat: City of Gold, Mumbai (wie es seit 1996 offiziell heißt), und natürlich: Bollywood!
  Vielleicht ist auch deshalb die indische Filmindustrie hier angesiedelt: Weil einfach kein Platz ist für so viele Menschen, müssen die sich möglichst weit wegträumen. Weil der krasse Reichtum direkt vor ihrer Nase spazieren geht, müssen die Armen noch größere Sublimierungsleistungen erbringen als anderswo. Und weil die Stadt drastischer, lauter, bunter als jeder andere Flecken dieser Erde ist, sind auch die Filme, die von hier kommen, krasser, bombastischer, wilder und verrückter als das, was man anderswo als Film bezeichnet. Oder, wie es der Autor Kiran Nagarkar kürzlich in einem Interview ausdrückte: „Die Filme aus dieser Zeit? God help us!“
  Kiran Nagarkar wurde 1942 in Bombay geboren und ist seiner so verhassten wie innig geliebten Heimatstadt bis heute treu geblieben. Er ist Autor von fünf Romanen, und viele Inder, insbesondere viele Mitinsassen des metropolitanen Molochs, halten ihn für den wichtigsten literarischen Chronisten dieser Stadt. Wie dem auch sei, vor 18 Jahren veröffentlichte Nagarkar einen Roman namens „Ravan und Eddie“, eine fulminante Burleske über zwei Jungen, einer hinduistischer, der andere portugiesisch-katholischer Herkunft, zwei Brüder im Geiste und Feinde in der Wirklichkeit. Dabei haben die beiden so viel gemeinsam: Sie kommen aus ähnlich einfachen Verhältnissen, wachsen im selben Haus auf, einem der vielen Chawls, dieser indischen Version des Plattenbaus. Und sie sind von Geburt an aneinandergekettet: Ravan hat, ohne etwas dafür zu können, kurz nach seiner Geburt den Tod von Eddies Vater verursacht.
  In seinem neuen Roman erzählt Nagarkar nun – ganz wie es sich für einen erfolgreichen Bollywoodstoff gehört – die Fortsetzung, die Ende der Sechzigerjahre einsetzt: Eddie Coutinho und Ravan Pawar sind erwachsen geworden, jedenfalls dem Alter nach. Im Grunde sind sie immer noch hoffnungslose Kindsköpfe, aber ihre Mütter haben gestrichen die Nase voll von ihren narzisstischen Tagträumereien, beide stellen ihren Söhnen ein Ultimatum: Verdien endlich eigenes Geld oder du fliegst raus. Also schlägt sich Ravan als Taxifahrer durch, während Eddie in einer der illegalen Kneipen dieser bigotten Stadt anheuert. Eigentlich aber träumen beide von einem Leben als Bollywoodstars.
  Wie es sich für eine Bollywoodkomödie gehört, gibt es also von Anfang an den ganz großen Traum und zwei Helden, denen man bei ihrem so mühsamen wie turbulenten Hindernislauf namens Leben zusehen darf. Man ahnt, dass es sehr schwer werden dürfte mit diesem Traum, schließlich schreibt Nagarkar den schönen Satz, die Ursünde sei nicht, dass da irgendwer im Paradies einen Apfel isst, oder dass Adam mit Eva geschlafen habe, nein, die Ursünde der Menschen sei: die Hoffnung.
  Eddie liebt ein Mädchen namens Belle, mit der er die Band Bandra Bombshells gründet und westliche Songs covert. Ravan hat ebenfalls eine stümperhafte Combo mit dem schönen Namen Cum September Jai Bharat Band, mit der er auf indischen Hochzeiten spielt. Ansonsten verbringt er seine Zeit damit, so unglücklich wie heroisch in Eddies Schwester Pieta verliebt zu sein. Die beiden werden von Konzertveranstaltern vermöbelt oder um ihre Gage beschissen, landen irgendwann in derselben Schauspielklasse, werden Statisten in den Rajkamal Studios und hoffen nun, im riesigen Wartezimmer des Glücks, auf ihren ganz großen Durchbruch . . .
  Die dritte Hauptfigur ist die Stadt selbst, Bombay, mit ihren Slums und Prunkhochzeiten, ihren korrupten Polizisten und politischen Fanatikern, ihren Kaschemmen und den darin herumgammelnden Pubkameraden. Nagarkar stellt ans Ende mancher Kapitel Essays über verschiedene Phänomene der Stadt – die Taxifahrer, die Prohibition, das verrottete Bildungssystem –, geschrieben im Stil von Leitartikeln, aber getränkt von brillanter Ironie und sarkastischer Verzweiflung.
  Wollte man dieses Buch verfilmen, man müsste drei Regisseure daran setzen: einen Dokumentarfilmer, der alle Hände voll damit zu tun hätte, ähnlich viel über diese Stadt zu erzählen wie Nagarkar, ihre Geschichte, den Aufstieg der hinduistischen Extremisten, die Musik . . . Den amerikanischen Erzählprofi, der zwei Liebesgeschichten in Cliffhanger-Manier verzahnen müsste. Und dann natürlich großes, lautes Bollywood: Nagarkar hat einen Heidenspaß daran, seine Helden in groteske Mehrfachkatastrophen schliddern zu lassen: Ravan spielt auf einer Hochzeit, und sein Instrument ist kaputt? Na, hetzen wir ihm doch noch die nymphomanische Braut auf den Hals und lassen die beiden in flagranti vom gewalttätigen Brautvater erwischen. Ehrensache, dass das Ganze mit einem Happy End in grellsten, kodacholerischen Farben endet.   
ALEX RÜHLE
  
Kiran Nagarkar: Die Statisten. Aus dem Englischen von Giovanni und Ditte Bandini. A1-Verlag, München 2012. 640 Seiten, 28 Euro.
Die Ursünde der Menschen
sei die Hoffnung, sagt Nagarkar
Wo Armut und Reichtum so hart aufeinanderprallen, müssen die Filme bombastischer, wilder und verrückter sein als anderswo.
FOTO: STEVE MCCURRY / MAGNUM PHOTOS
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