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"In etwas mehr als dreißig Jahren wird ein Fünftel bis ein Viertel der Bevölkerung Europas afrikanischer Herkunft sein", schreibt der Afrikaner-Kenner Stephen Smith in seinem neuen Buch. Das dürfte zwischen 150 Millionen und 200 Millionen Menschen sein, im Vergleich zu den neun Millionen heute. Die Prognose, die Smith in seinem Buch eingehend erläutert, macht verständlich, wie hilflos die Sprüche vieler Politiker in Europa sind. Einen wie auch immer gearteten Zaun um den alternden, alten Kontinent ziehen zu können, das ist eine alberne Illusion. Es geht nicht mehr darum, Immigranten abzuhalten…mehr

Produktbeschreibung
"In etwas mehr als dreißig Jahren wird ein Fünftel bis ein Viertel der Bevölkerung Europas afrikanischer Herkunft sein", schreibt der Afrikaner-Kenner Stephen Smith in seinem neuen Buch. Das dürfte zwischen 150 Millionen und 200 Millionen Menschen sein, im Vergleich zu den neun Millionen heute. Die Prognose, die Smith in seinem Buch eingehend erläutert, macht verständlich, wie hilflos die Sprüche vieler Politiker in Europa sind. Einen wie auch immer gearteten Zaun um den alternden, alten Kontinent ziehen zu können, das ist eine alberne Illusion. Es geht nicht mehr darum, Immigranten abzuhalten - es geht darum, ihr Kommen bewusst in den Blick zu nehmen und planvoll zu gestalten. Europa wird nicht anders können.
Autorenporträt
Stephen Smith, Journalist, Autor, Universitätslehrer, geboren 1956 in Connecticut, USA, studierte in Berlin und Paris. War stellvertretender Auslandschef von Le Monde in Paris und zuvor bei Libération verantwortlich für die Afrika-Berichterstattung. Mehrere Jahre Korrespondent in West- und Zentralafrika. Seit 2007 unterrichtet Smith African Studies an der Duke University in North Carolina. Zahlreiche Buchveröffentlichungen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Judith Raupp versteht Stephen Smith nicht als Handlanger von Rassisten. Wichtiger scheint ihr, dass der Autor Afrikanistik lehrt und weiß, wovon er spricht, wenn er über fehlende afrikanische Geburtenkontrolle und mögliche Gründe für die Migration junger Afrikaner schreibt. Smiths These, wonach bis 2050 150 Millionen Afro-Europäer in Europa leben werden, genießt Raupp allerdings lieber mit Vorsicht. Dass Smith keine praktischen Vorschläge zu seiner Prognose dazuliefert, bedauert sie. Smiths Denkanstöße zu aktuellen Themen und seinen historischen Rückblick in die Geschichte Afrikas findet sie aber lesenswert.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.10.2018

Auf schmalem Grat
Stephen Smith provoziert mit der These, bis 2050 würden fast 200 Millionen Afrikaner in Europa leben.
Die einen loben das Buch als sehr erhellend, andere sehen es als Handreichung für Rassisten
VON JUDITH RAUPP
Ein aktuelles Thema – und eine provokante These. Daraus hat Stephen Smith ein Buch gemacht, das in Frankreich bereits für Furore gesorgt hat. Es facht die Debatte über Migration an, wobei die zentrale Aussage des Werks unter Wissenschaftlern umstritten ist. Smith behauptet, bis 2050 stamme „ein Viertel bis ein Drittel“ der Bevölkerung in Europa von afrikanischen Einwanderern ab oder sei Migrant vom südlichen Nachbarkontinent. Es würden dann 150 Millionen bis 200 Millionen Afro-Europäer in Europa leben. Derzeit sind es etwa neun Millionen.
Der Autor stützt seine Prognose auf das Bevölkerungswachstum in Afrika: „Es wird für jeden der Europäer, die mehrheitlich so um die fünfzig Jahre alt sein werden, drei Afrikaner geben, von denen zwei erst am Anfang ihres Lebens stehen“. Weil die Jungen in Afrika unzufrieden seien und glaubten, dass sie im alternden Europa Arbeit fänden, würden sie in großer Zahl nach Europa drängen, folgert Smith.
Man darf dem 62 Jahre alten Autor Erfahrung zutrauen. Er lehrt Afrikanistik an der Duke University in North Carolina, USA. Zuvor arbeitete er als Journalist und Afrikakorrespondent für namhafte Zeitungen. Dennoch ist es fraglich, ob das Bevölkerungswachstum in Afrika tatsächlich derart viele Menschen aus ihrer Heimat vertreiben wird.
Smith liefert zwar viele Zahlen. Er räumt aber ein, dass Statistiken aus afrikanischen Ländern oft unzuverlässig sind. Andere Wissenschaftler gehen von deutlich geringeren Zuwachsraten in Europa aus. Der französische Soziologe François Héran beziffert den Anteil der Euro-Afrikaner bis 2050 nur auf drei bis vier Prozent. Er verweist darauf, dass die meisten afrikanischen Migranten Vertriebene innerhalb ihres Landes sind, oder in einen anderen afrikanischen Staat auswandern.
Smith fordert, dass Europäer und Afrikaner gemeinsam die Migration gestalten sollen. Aber er bleibt Vorschläge, wie dies zu bewerkstelligen sei, weitgehend schuldig. Dieses Versäumnis und seine überzogene Prognose über die Zuwanderung geben dem fremdenfeindlichen Lager Argumentationshilfe. Manche Intellektuelle sehen Smith als Handlanger der Rassisten. Andere loben das Buch als unverzichtbar, um Migration zu verstehen. Die Akademie Française hat das Werk ausgezeichnet.
Richtig ist Smiths Beobachtung, dass Geburtenkontrolle in vielen afrikanischen Ländern verpönt ist. Richtig ist auch, dass junge Menschen in afrikanischen Gesellschaften wenig Einfluss auf Politik, Wirtschaft und Soziales nehmen können. Die Alten sitzen an den Hebeln der Macht und verteidigen diese mit allen Mitteln, Korruption und Gewalt inklusive. Das frustriert die junge Generation. Doch muss das so bleiben?
In vielen Ländern Afrikas kämpfen junge Menschen für ihre Rechte. Es sind noch zaghafte Versuche. Aber wer die Entschlossenheit sieht, traut der jungen Generation mehr zu. Im Gewalt geplagten Ostkongo etwa formieren sich junge Männer und Frauen, um mit friedlichen Mitteln für bessere Lebenschancen zu kämpfen. Sie nehmen Gefängnis, Drohungen, ja sogar den Tod in Kauf. Sie sind besessen vom Willen, ihr Land aufzubauen. Europa ist für sie keine Option. Und in Burkina Faso zum Beispiel haben junge Aktivisten wesentlich dazu beigetragen, dass Präsident Blaise Compaoré 2014 gestürzt wurde. Er hatte 27 Jahre lang skrupellos geherrscht.
Jüngere und besser gebildete Paare bekommen zudem auch in Afrika weniger Kinder als ihre Eltern. Und jene, die zu Ausbildung, Praktika oder Studium in Europa waren, sehen die Schattenseiten der westlichen Gesellschaft. Dass der reiche Kontinent nicht das allein selig machende Paradies ist, spricht sich herum.
Smith ist überzeugt, dass Ein- und Auswanderer das Leben in den betroffenen Ländern verändern werden. Weltanschauungen und Wertesysteme treffen aufeinander. Das Internet lässt die Welten zusammenrücken. Egal, ob die Menschen den Austausch positiv oder negativ aufnähmen, er werde das Zusammenleben beeinflussen.
Was daraus folgt, interpretiert Smith auf Basis seiner umstrittenen Zuwanderungsprognose. Er nennt mehrere Szenarien, darunter die abgeschottete „Festung Europa“, offene Grenzen oder Abkommen des Westens mit Ländern des Südens, damit sie die Menschen am Auswandern hindern. Bei offenen Grenzen sieht er die Sozialsysteme in Gefahr, da er von einem großen Zulauf aus Afrika nach Europa ausgeht. Der deutsche Buchtitel „Nach Europa“ kommt übrigens etwas weniger reißerisch daher als der Titel des französischen Originals: „Le ruée vers l‘Europe“, „Ansturm auf Europa“.
Trotz aller Zweifel an Smiths Interpretationen gibt das Buch interessante Einblicke in die Gemütslage der jungen Generation Afrikas. Der Autor, Sohn eines amerikanischen Vaters und einer deutschen Mutter, analysiert mögliche Gründe für Migration und für die Furcht vor dem Fremden in den Zuwanderungsländern.
Smith gibt auch Denkanstöße zu aktuellen Themen. Welches Verhalten etwa ziehen Klimawandel oder materielle Ungleichheit nach sich? Wie wirkt Entwicklungshilfe? Smith meint, dass die Hilfe Migration zunächst begünstigen könnte, wenn die Menschen in armen Ländern dadurch reicher würden. Nur wer genügend Geld hat, kann die teure Reise nach Europa antreten. Erst wenn die Afrikaner den Wohlstand von Schwellenländern erreicht hätten, würden sie zu Hause bleiben.
Der Autor blickt zurück auf die Geschichte Afrikas, um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Kontinents und die Beziehung zu Europa zu erklären. Er garniert die Afrika-Kunde mit persönlichen Erfahrungen, bisweilen polemischen Interpretationen, aber auch mit philosophischen Überlegungen. So entlässt der Autor die Leser mit der Frage, wie Afrika aussehen würde, wenn es „von all der Energie profitieren würde, die jetzt aufgewandt wird, um dem Kontinent den Rücken zu kehren“.
Trotz aller Kritik gibt das Buch
gute Einblicke in die Gemütslage
der jungen Generation Afrikas
Keine Hürde zu hoch? Afrikanische Migranten überwinden den Zaun der spanischen Exklave Melilla.
Foto: Juan Rios/dpa
Stephen Smith:
Nach Europa! Das junge Afrika auf dem Weg zum alten Kontinent. Übersetzt von Dagmar Engel und Andreas Rostek. Edition FotoTapeta, Berlin 2018. 220 Seiten, 17,50 Euro.
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