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Die dritte radikale Widerstandsbewegung: der Islamismus - Nolte, Ernst
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Seit seinen geschichtswissenschaftlichen Anfängen in den frühen sechziger Jahren hat sich Ernst Nolte stets für das Verwirrende der Geschichte und für die jeweils "andere Seite" der großen ideologischpolitischen Bewegungen interessiert. So auch in diesem Werk, in dem er - auf eine zunächst sehr überraschende Weise - den Islamismus, der im Westen fast durchweg als "Widerstandsbewegung gegen die Moderne" gekennzeichnet wird, neben den Nationalsozialismus Hitlers und neben den Bolschewismus Lenins stellt. Die gewiss sehr unterschiedliche Aggressivität dieser drei Bewegungen ist allgemein bekannt.…mehr

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Produktbeschreibung
Seit seinen geschichtswissenschaftlichen Anfängen in den frühen sechziger Jahren hat sich Ernst Nolte stets für das Verwirrende der Geschichte und für die jeweils "andere Seite" der großen ideologischpolitischen Bewegungen interessiert. So auch in diesem Werk, in dem er - auf eine zunächst sehr überraschende Weise - den Islamismus, der im Westen fast durchweg als "Widerstandsbewegung gegen die Moderne" gekennzeichnet wird, neben den Nationalsozialismus Hitlers und neben den Bolschewismus Lenins stellt. Die gewiss sehr unterschiedliche Aggressivität dieser drei Bewegungen ist allgemein bekannt. Der Idee nach dient sie der Verteidigung dessen, was ihren Anhängern jeweils als das Wertvollste gilt: die Alleinproduktivität der »lebendigen Arbeit« im Marxismus-Leninismus, die Souveränität des Kriegerstaates im Nationalsozialismus und die Ergebung in den Willen des Schöpfers der kosmischen Harmonie im Islam. Auch dem Islamismus gegenüber, dem Hauptgegenstand des Buches, ist Ernst NoltesInterpretation in erster Linie vom Willen zum Verstehen geleitet.
Autorenporträt
Ernst Nolte, Jahrgang 1923, Studium bei Martin Heidegger, 1952 Promotion, 1964 Habilitation, 1965-1973 Professor für Neuere Geschichte in Marburg, 1973-1991 am Friedrich-Meinecke-Institut der FU Berlin, Gastprofessuren und Forschungsaufenthalte u. a. an der Yale University, in Wassenaar, Cambridge und Jerusalem.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.05.2009

Urgestalten der Kriegsphantasie

Das neue Buch von Ernst Nolte verspricht eine Deutung des Islamismus. Tatsächlich dreht es sich um Israel. Mit den muslimischen Judenfeinden soll Hitler "verstehbar" werden.

Als der Berliner Historiker Ernst Nolte 1974 ein umfangreiches Buch mit dem Titel "Deutschland und der Kalte Krieg" erscheinen ließ, das die Nachkriegszeit einer weltgeschichtlichen Deutung in ideenpolitischen Begriffen zuführte, rief es bei einigen Rezensenten Verwunderung hervor, dass der Verfasser seine Betrachtung über die Gründung der beiden deutschen Staaten durch einen Exkurs unter der Überschrift "Parallele und Kontrast: Israel" ergänzte. Der amerikanische Historiker Charles Maier nahm den "seltsamen Abschnitt" immerhin als Beleg dafür, dass das idealisierende Verfahren von Noltes philosophischer Geschichtsschreibung mit ihren überraschenden Gegenüberstellungen in Raum und Zeit zum Nachdenken anrege.

Seine Methode hatte Nolte schon mit dem ersten Buch, dem als Schlüsselwerk zeithistorischer Reflexion gefeierten "Faschismus in seiner Epoche" von 1963, zum Außenseiter gemacht. Durch den "Historikerstreit" von 1986 ist er sozial und politisch zum Paria geworden. Umso interessanter, dass Maier 1974 gerade in Noltes Haltung zu dem Thema, über das es 1986 zu seiner Verbannung aus der Geistesrepublik kam, etwas Repräsentatives, für die Intellektuellen der Bundesrepublik Charakteristisches erkannte: "Nolte hat mit anderen Deutschen eine philosemitische, aber trübe [,murky'] Neigung zur Beschäftigung mit der jüdisch-israelischen Rolle gemein." In der Tat ließ sich philosemitisch lesen, wie Nolte 1974 den Kontrast zwischen der Bundesrepublik und Israel akzentuierte: In Israel hatte sich eine Armee einen Staat geschaffen, der Deutschland, das seiner militärisch-staatlichen Tradition hatte abschwören müssen, als Vorbild der Selbstbehauptung dienen mochte.

In der Vorgeschichte des Streits von Israelis und Palästinensern um das Land hatte Nolte die Verantwortung paritätisch verteilt: Die "zielbewusste Ankaufs- und Ansiedlungspolitik des Jüdischen Nationalfonds" riss in den zwanziger Jahren "von der einen Seite aus Gräben auf, und der Fanatismus des 1921 zum Mufti von Jerusalem gewählten Emin-el-Husseini von der anderen". In seinem jüngsten Buch, das soeben in dem auf konservativ-revolutionäre Ausgrabungen spezialisierten Berliner Landtverlag erschienen ist ("Die dritte radikale Widerstandsbewegung: Der Islamismus"), revidiert er diese Gewichtung. Dass der Mufti von 1941 an als Gast Hitlers in Deutschland residierte und von hier aus die Muslime zum Heiligen Krieg gegen die Juden aufforderte, hat, so Nolte heute, den "falschen Eindruck" erzeugt, "die Araber hätten während des Zweiten Weltkrieges nicht auf ein drohendes Unrecht reagiert, sondern sie seien autonome Mitwirkende gewesen".

Auch bei den kriegerischen Hauptereignissen der folgenden Jahrzehnte schiebt Nolte nun der zionistischen Seite Initiative und Verantwortung zu. 1974 hatte er den israelischen Sieg im Staatsgründungskrieg noch begünstigt gesehen "durch die verbreitete Flucht der arabischen Einwohner, die dabei anscheinend teilweise den Aufrufen arabischer Sender folgten". Heute stellt Nolte es als den "größten Erfolg der Zionisten" hin, "dass sie in aller Welt die Meinung" hätten "verbreiten können", 700 000 Palästinenser "seien auf Rat und Befehl der arabischen Armeen freiwillig fortgegangen". Als Opfer der zionistischen Propaganda muss Nolte sich auch empfinden, wenn er seine frühere Darstellung des Sechs-Tage-Krieges von 1967 liest. 1974 fällte er das apodiktische Urteil: Die Aktion Israels war "zwar ohne jeden Zweifel ein Angriffskrieg, aber wenn es jemals einen gerechtfertigten Präventivkrieg um das nackte Dasein gegeben hatte, so war es dieser". Heute weist Nolte die Schuld an dem "Überfall", der "in den Augen zahlloser Menschen ein legitimer Präventivangriff war", der Kriegspartei im israelischen Kabinett zu.

Nolte hat für seine spekulativen Kühnheiten stets das Recht der für die Wissenschaft lebensnotwendigen Revision in Anspruch genommen, die mit der Korrektur eigener Irrtümer beginnt. Er beruft sich für seine Thesen zur Vertreibung der Palästinenser auf die Forschungen der "neuen Historiker" in Israel, und auch seine neue Sicht des Sechs-Tage-Krieges mag man im Lichte der Quellen diskutieren können. Gleichwohl ist es kein Vorgang des normalwissenschaftlichen Alltags, wenn ein Präventivkrieg, der zunächst das welthistorische Musterbeispiel eines solchen Aktes abgeben soll, zum Täuschungsmanöver umgedeutet wird. Ein Überschuss von Noltes Urteilen kommt durch diese Revision an den Tag, der Grund gibt, ihre Machart prinzipiell für fragwürdig zu halten.

Es wimmelt in Noltes Kosmos von welthistorischen Singularitäten, beispiellosen Handlungen, die einen Typenbegriff reiner als alle vergleichbaren Akte erfüllen. So gesehen ist es fast kurios, dass ihm vorgeworfen werden konnte, er leugne die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenmorde, die er auch im neuen Buch in seiner umständlichen Art definiert und begründet. Wenn je ein gerechtfertigter Präventivkrieg, dann 1967: Billiger macht er's wohl nicht, und so ist heute eben umgekehrt "das Urteil schwerlich abwegig, dass kein Krieg des 20. Jahrhunderts so sehr der Urgestalt des Krieges als Form der gewaltsamen Verdrängung nahegekommen sei wie der ,Unabhängigkeitskrieg' des eben entstandenen Staates Israel".

Seit dem "Faschismus in seiner Epoche" steht Noltes Werk im Bann einer Universalisierung des Präventivkrieggedankens. Die oft gerügte Prämisse der Ineinssetzung von Verstehen und Recden Macht der Hitler-Bewegung auf Hithtfertigen erklärt sich von diesem Phänomen her. Als Beitrag zur Synthese von Geschichte und Philosophie stellte Fritz Stern das Faschismus-Buch wegen Noltes existentialistischer Rückführung der weltumwälzenlers "Angst" über Hannah Arendts "Ursprünge des Totalitarismus". Im "Historikerstreit" trat Noltes Streben hervor, den Nachweis zu führen, dass Hitlers Wille zum Gegenschlag gegen den Feind seiner Angstphantasien gute Gründe gehabt habe. Im neuen Buch prägt er nun für diese Präventivweltkriegsbereitschaft die Formel der "Verteidigungsaggressivität", unter die er auch den Islamismus subsumiert. Aber warum eigentlich nicht den Kreuzzug von George W. Bush im Irak?

Noltes Buch erscheint in einer Zeit, da in den Staaten des Westens nur noch in der deutschen und in der amerikanischen Öffentlichkeit eine philosemitische Einstellung die Bewertung der israelischen Politik bestimmt. Es enthält Gedanken, die auf Resonanz treffen könnten, wenn er etwa zu bedenken gibt, Nichtjuden könnten sich die religiösen und ethnischen Maximen des Zionismus nicht zu eigen machen, eine säkulare und universalistische Begründung des Existenzrechts Israels könne nur darin gesucht werden, dass der Staat auf arabischem Boden den zivilisatorischen Fortschritt repräsentiere - dieser Kolonialismus sei allerdings im heutigen westlichen Diskurs tabuisiert. Mit politischer Rezeption dieser Gedanken ist nicht zu rechnen. Sie sind hier hoffnungslos verwoben mit Noltes bizarrem Privatprojekt: Die Demonstration, dass "seit mehreren Jahrzehnten ein nicht bloß verstehbarer, sondern im Kern gerechtfertigter ,Antisemitismus'" existiere, "nämlich der ,Antisemitismus'" der palästinensischen Flüchtlinge, soll endlich "Gerechtigkeit für Hitler" möglich machen.

PATRICK BAHNERS

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.05.2009

Den Wunsch nach dem Skandal sollte man ihm nicht erfüllen
Der geächtete Historiker Ernst Nolte legt mit 86 Jahren ein Buch über den Islamismus als „dritte radikale Widerstandsbewegung” der Moderne vor
Er provozierte eine der heftigsten Debatten der deutschen Nachkriegsgeschichte. Am 6. Juni 1986 löste der Berliner Historiker Ernst Nolte mit einem Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen den „Historikerstreit” aus. Seine damaligen Thesen zum Zusammenhang von Nationalsozialismus und Kommunismus finden nun in Noltes neuem Buch „Die dritte radikale Widerstandsbewegung" in gewisser Weise ihre Fortführung. Der mittlerweile 86-jährige Historiker beschäftigt sich hierin nun mit einer dritten bedeutenden Ideologie seiner Zeit – dem Islamismus.
Ebenso wie im Faschismus und im Kommunismus erkennt Nolte im politischen Islam eine konservative Widerstandsbewegung gegen die Moderne. Alle drei Weltanschauungen hätten zum Ziel, die Welt vor den einschneidenden Wandlungen zu bewahren, die im neunzehnten Jahrhundert ihren Ausgang nahmen – Individualisierung, Kapitalismus, Rationalisierung, Säkularisierung, Konsum. In der islamischen Welt sei die Moderne seither vor allem durch Europa und den Imperialismus repräsentiert worden. Der Islamismus richte sich daher gleichermaßen gegen die „westliche” Hegemonie wie gegen die „westliche Moderne”.
Noltes Interpretation des Islamismus ist griffig, jedoch keineswegs neu und vor allem nicht unproblematisch. Zunächst erscheint es heikel, islamische Bewegungen zwischen Marokko und Malaysia zu einem einheitlichen Gebilde zu bündeln. Noltes Verallgemeinerungen wirken häufig holprig und undifferenziert. Seine stark selektive Auswahl islamistischer Gruppen, die sich vor allem auf Bewegungen im Nahen Osten konzentriert, greift zu kurz.
Auch überschätzt der Historiker den Einfluss des „Westens” und des europäischen Imperialismus auf die Entstehung islamistischer Bewegungen. Tatsächlich lassen sich die Wurzeln des politischen Islams keineswegs auf den anti-kolonialen Widerstand gegen den „Westen” reduzieren. Im späten achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert spielte Europa in den Weltbildern islamistischer Denker häufig keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Ihre Kritik erwuchs aus den Zuständen der eigenen Gesellschaften. In ihren Ideen spiegelten sich vor allem Traditionen der islamischen Ideengeschichte.
Noltes Interpretation des Islamismus als konservative Widerstandsbewegung gegen die Moderne folgt ebenfalls einem stark vereinfachenden, jedoch keinesfalls unpopulären Bild. Wer islamistische Ideologien als anti-modern und rückwärtsgewandt abtut, macht es sich zu leicht. Islamistische Bewegungen lassen sich nicht bloß als „revolutionärer Konservativismus” erklären, die sich lediglich moderner Mittel bedienen, um ihre rückwärtsgewandten Ziele zu erreichen. Ideologen wie Dschamal ad-Din al-Afghani, Muhammad Abduh oder Raschid Rida verstanden ihre Programme als modernisierend und progressiv, als sozialrevolutionär und rational. Islam-Historiker sprechen dabei häufig von einem „religiösen Modernismus”. Das Ziel vieler islamistischer Bewegungen war und ist die Revolte gegen das System ihrer eigenen Gesellschaften und die Traditionen ihrer Eltern. Gleiches gilt natürlich auch für den Faschismus und den Kommunismus. Die These, der zufolge auch diese Bewegungen im Kern antimodern waren, ist heute kaum noch überzeugend. Alle drei Ideologien sind selbst ein Phänomen der Moderne, bieten ein entsprechendes Deutungsangebot und richten sich lediglich gegen einen speziellen Entwurf der Moderne, den Liberalismus.
Abgesehen davon birgt Noltes Vergleich zwischen Islamismus und den beiden europäischen Bewegungen letztlich wenig Erkenntnisgewinn. Freilich, alle drei Bewegungen folgen kollektivistischen Weltbildern und haben zum Ziel, sämtliche menschlichen Lebensbereiche möglichst umfassend zu regulieren. Insgesamt jedoch scheinen die Unterschiede weitaus größer zu sein als die Schnittmengen.
Weite Strecken seines neuen Buchs nutzt Nolte zur Wiederholung seiner alten Thesen. Erneut versucht er, den „Rassenmord” der Nationalsozialisten als Reaktion auf die angebliche Gefahr eines „Klassenmords” der Bolschewisten zu verklären. Analog bemüht er sich, nunmehr auch im Judenhass arabischer Islamisten eine rationale Abwehrideologie gegenüber einer konkreten Bedrohung zu verstehen. Israel und der Zionismus werden, so der Autor, heute von Islamisten als das „Konzentrat und die Spitze ,des Westens‘” und als „Kolonisator und Vorkämpfer der Moderne” in der islamischen Welt wahrgenommen und bekämpft. Insgesamt nehmen die Rolle der Juden und nun auch Israels einen zentralen Stellenwert in Noltes Buch ein. Dabei versteigt sich der Autor zu allerlei abstruse Behauptungen. So erklärt er den Mufti von Jerusalem, Amin el-Husseini, einen Nazi-Kollaborateur, der während des Zweiten Weltkriegs mit Adolf Eichmann in Berlin die Ermordung der im arabischen Raum lebenden Juden plante, zum „tapferen Vorkämpfer der Palästinenser”. Im „eroberungswilligen Nationalismus” von Zionisten und Nazis hingegen glaubt Nolte Übereinstimmungen festzustellen. Prinzipiell lasse die israelische Politik „den Vergleich mit dem Unrechtstatbestand der Hitler’schen Ideologie” zu – ein Argument, das gewöhnlich auch Antisemiten nicht fremd ist. Befremdlich ist auch Noltes Bemerkung zur Israellobby in den USA und ihrem „gewaltigen Einfluss auf die Finanzwelt und das Wählerverhalten im Hinblick auf Israel”. Zur Seriosität des Buches tragen schließlich auch nicht die Ausführungen bei, in denen der Autor die Rolle des israelischen Geheimdienstes Mossad als eigentlichen Urhebers der Terroranschläge vom 11. September 2001 als eine „ernster zu nehmende Theorie” prüft.
Der Grund für all diese Entgleisungen, mit denen Ernst Nolte seinen Leser traktiert, liegt gewiss weniger im schlichten Gemüt des Autors als im Bedürfnis zu provozieren. Tatsächlich scheint der Wunsch nach Aufmerksamkeit das Hauptanliegen des seit dem Historikerstreit geächteten Nolte zu sein. Zwischen den Zeilen schimmert die Sehnsucht nach dem Skandal. Diesen Wunsch sollte man dem Autor nicht erfüllen. Die Ausgangsfrage des Buches, der Versuch, den Islamismus in die Ideologien der Moderne einzuordnen, ist spannend. Bedauerlich, dass es sich in Absurditäten verliert. DAVID MOTADEL
ERNST NOLTE: Die dritte radikale Widerstandsbewegung: Der Islamismus. Landtverlag, Berlin 2009. 414 Seiten, 39,90 Euro.
Kommunismus, Faschismus und politischer Islam sollen sich in der Ablehnung des „Westens” treffen
Der Weltbürgerkrieg geht weiter: Ernst Nolte, Emeritus der Freien Universität Berlin. Foto: Landtverlag
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Als "verstörendes Werk voller geschichtsphilosophischer Spekulationen" beschreibt Rezensent Jörg Lau dieses Buch des Historikers Ernst Nolte, dass seiner Einschätzung zufolge wohl ein klarer Fall für den Giftschrank ist. Denn es versuche, so Lau, den Historikerstreit nun anhand des Islamismus noch einmal zu führen. Und zwar, indem der Islamismus als dritte "konservative Revolution" gegen die Moderne und den "kolonialistisch-imperialistischen" Westen beschrieben werde. Deshalb findet der Rezensent es auch nicht wirklich lohnend, sachliche Einwände gegen Noltes teilweise "hanebüchene Äußerungen" geltend zu machen: dessen Verteidigung des "Nazi-Mufti" von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini, beispielsweise, der 1942 in Berlin zum "Dschihad gegen die Juden" aufrief ("Tötet sie alle!"), und mit dem der Vernichtungsgedanke als nationalsozialistischer Ideologieimport Eingang in den Islamismus gefunden habe, der ursprünglich aus der arabischen Selbstkritik entstanden sei, und nicht, wie Nolte behaupte, als Reaktion auf die Gründung des Staates Israel. Auch sieht Lau in Noltes Buch jede Menge "verquere Entlastungslogik" in Sachen Nationalsozialismus am Werk, da Nolte der "Traumlogik" folge, dass alle Akteure zugleich Täter und Opfer seien. In diesem Kontext empfindet der Rezensent auch, dass Noltes Sich-abarbeiten am Skandalon der Singularität der deutschen Verbrechen "etwas Triebhaftes" hat.

© Perlentaucher Medien GmbH
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