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Zum 500. Geburtstag von Johannes Calvin
Am 10. Juli 2009 feiert die protestantische Welt den 500. Geburtstag von Johannes Calvin. In seinem Geburtstagsjahr wird sich endgültig herumsprechen, dass Calvin (1509 -1564) die Reformation ebenso vorangebracht hat wie Luther. Und nicht nur im theologischen Sinn. Er veränderte das Leben seiner Zeitgenossen - und er prägt noch das unsere. In Genf inspirierte und gründete er ein eigenwilliges Gemeinwesen, in dem strikte Gottesfurcht herrschte, aber auch die Vorform eines demokratisch-transparenten Staates. Der neuzeitliche Individualismus, die…mehr

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Produktbeschreibung
Zum 500. Geburtstag von Johannes Calvin

Am 10. Juli 2009 feiert die protestantische Welt den 500. Geburtstag von Johannes Calvin. In seinem Geburtstagsjahr wird sich endgültig herumsprechen, dass Calvin (1509 -1564) die Reformation ebenso vorangebracht hat wie Luther. Und nicht nur im theologischen Sinn. Er veränderte das Leben seiner Zeitgenossen - und er prägt noch das unsere. In Genf inspirierte und gründete er ein eigenwilliges Gemeinwesen, in dem strikte Gottesfurcht herrschte, aber auch die Vorform eines demokratisch-transparenten Staates. Der neuzeitliche Individualismus, die protestantische Arbeitsmoral, der Kapitalismus - alles ohne Calvin nicht denkbar. Wer könnte das kenntnisreicher und lesbarer aufschreiben als ein Theologe und Calvin-Kenner, der gleichzeitig Romancier ist? Klaas Huizing erzählt überraschend witzig und locker aus Leben und Werk des zweiten großen Reformators. Und er bleibt nicht im 16. Jahrhundert stehen, sondern gibt seinen Lesern einen spannenden Einblick in die jahrhundertelange Wirkungsgeschichte des Calvinismus. Das besondere Plus des Buches ist der Stil, der nicht staatstragendakademisch daherkommt. Huizing bewahrt selbst bei komplizierten theologischen Sachverhalten die Ruhe - zum Wohle des Lesers!

- Eine kompakte, unterhaltsame Einführung in Leben, Werk und Wirkung des berühmten Reformators
- Zum internationalen Calvin-Jahr 2009
- Großes Kultur- und Medienthema: Zentrale Auftaktveranstaltung im November 2008
- Große Calvin-Ausstellung im Deutschen Historischen Museum Berlin
Autorenporträt
Der scharfsinnige Theologe Klaas Huizing ( 1958) lehrt an der Universität Würzburg. Und er schreibt stilistisch brillante und erfolgreiche Romane. Zuletzt erschien von ihm 2008 der Roman "In Schrebers Garten". Der in Frankreich geborene Johannes Calvin (1509 -1564) war für die Reformation so wichtig wie Luther. Als Inspirator und Architekt des Genfer Gemeinwesens legte er die Grundlagen für einen modernen Protestantismus.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2009

Eine totalitäre Veranstaltung

Anmerkungen zur Tyrannei der Tugend: Zwei Bücher widmen sich Johannes Calvin, der der Reformation in Genf ihre fanatische Ausformung gab.

Von Jürg Altwegg

Am Anfang war Calvin. Er hat zwar nicht - wie Martin Luther - die Sprache revolutioniert. Und anders als Zwingli in Zürich, der auf dem Schlachtfeld fiel, hat er nicht in seiner Heimat gewirkt - in Frankreich blieb sein Einfluss auch langfristig beschränkt. Wegen seiner Ideen hatte er die Monarchie des Gottesgnadentums verlassen müssen. Als Verfolgter kam Calvin nach Genf, das eine relativ freie Republik und Handelsstadt war, in der die Reformation längst begonnen hatte. Aber Calvin, der an das Schlechte im Menschen glaubte, gab ihr in Genf die radikalste, eine durchaus fanatische Ausformung. Seine Kulturrevolution veränderte die Gesellschaft und die Politik, sein Medium war die Predigt. Sie war, genauso wie der öffentliche Disput zur Zeit der Revolution, wichtiger als das Schrifttum.

Calvin machte aus Genf eine Stadt mit Kirchen ohne Bilder und Hochzeiten, ohne Tanz, ohne Gasthöfe und ohne Spieltische. Die Kinder durften nicht mehr wie die Eltern heißen. Die letzte Messe in der Kathedrale war allerdings bereits im Jahr zuvor zelebriert worden. Durch Calvin, der mehrere tausend Predigten hielt, wurde sie zum Wahrzeichen des "protestantischen Rom" - und Genf zum "neuen Jerusalem".

Doch für den "Reisenden mit Gepäck" war Genf auch noch am Ende seines Lebens keine zweite Heimat geworden. Volker Reinhardt spricht in seiner Einleitung von der "widerspenstigen Stadt". Der Autor ist Historiker an der (katholischen) Universität Fribourg. Er hat eine "Geschichte Italiens" und eine "Geschichte der Schweiz" publiziert. In den beiden vergangenen Jahren veröffentlichte er "Der unheimliche Papst" und die "Geschichte Roms". Dem Werk über Calvin und die Reformation in Genf hat er den Titel "Tyrannei der Tugend" gegeben - er steht auch für die manchmal fast unheimliche wirkende Aktualität dieses exzellent geschriebenen Buchs.

Mit machiavellistischem Scharfsinn entschlüsselt Reinhardt die Verbrennung des Ketzers Michel Servet. Der spanische Theologe, der die Kindertaufe ablehnte und 1552 in einer Schrift die "Wiederherstellung des Christentums" gefordert hatte, war in ganz Europa berüchtigt. Überall wäre er hingerichtet worden - "außer in Polen und Siebenbürgen", räumt Reinhardt ein. Der Bischof von Vienne hatte ein Verfahren gegen ihn angestrengt. Servet flüchtete nach Genf, er kannte seinen Gegenspieler Calvin aus der gemeinsamen Studienzeit. Vergeblich berief er sich im Prozess auf die Glaubensfreiheit. Kurz zuvor waren in zwei Genfer Häresieverfahren sehr milde Urteile gefällt worden. Michel Servet aber wurde am 27. Oktober 1553 auf dem Scheiterhaufen hingerichtet.

Das Todesurteil und seine spektakuläre Vollstreckung hatten politische Gründe. Für die Regierung bot es die Möglichkeit, sich gegen Calvins Kritik zu verteidigen: Der Reformator hatte ihr wenig Standfestigkeit in moralischen und religiösen Fragen vorgeworfen. Calvin selbst war keinesfalls gegen das Urteil. Skrupellos instrumentalisierte auch er die öffentliche Verbrennung in seinem Sinne - sie war ein diplomatisches Signal für Rom: Servets Tod war nicht zuletzt ein Opfer, das dem Papst gebracht wurde, um ihn ein bisschen entgegenkommender zu stimmen. Diesen Zusammenhang hatte bereits der Zeitgenosse Sébastien Castellio erkannt, der von Calvin aus der Stadt vertrieben wurde und eine Verteidigungsschrift für Servet veröffentlichte: "Einen Menschen zu töten heißt nicht, eine Doktrin zu verteidigen, sondern einen Menschen zu töten."

Erst seit dem Auftreten des strengen Reformators kann man für die Stadt Genf und für die sogenannte Romandie von einem öffentlichen kulturellen Leben sprechen. Die Literatur der Westschweiz - unzählige Schriftsteller sind Pfarrerssöhne - hat der Franzose zweifellos stärker beeinflusst als der Einheimische Jean-Jacques Rousseau. Noch immer berufen sich die Privatbanken auf die calvinistische Ethik. "Post tenebras spero lucem" lautete das Motto der Stadt vor Calvins Ankunft.

Aus der Hoffnung auf das Licht nach der Finsternis wurde innert zweier Jahrzehnte eine Gewissheit: "Post tenebras lux" verkündet die Inschrift auf der Reformationsmauer im Park der von Calvin gegründeten Universität. Man kann die Reformation - Volker Reinhardt tut es unterschwellig - als im Keim totalitäre Veranstaltung verstehen. Der Spruch aber ist noch immer das Leitmotiv der protestantischen Republik, die sich dem Frieden, der Toleranz, der Ökumene und der humanitären Hilfe verschrieben hat. Als Sitz der Vereinten Nationen wie des Roten Kreuzes glaubt sie an eine Mission zur Verbesserung der Welt. Ihr Sendungsbewusstsein geht zweifellos auf die Reformation zurück.

Calvin und der Calvinismus ohne Ende: Als Begründer der Moderne deutet ihn Klaas Huizing in seiner erfrischenden kleinen Schrift "Calvin . . . und was vom Reformator übrig bleibt". Der Theologe und Schriftsteller geht den zeitgenössischen Spuren und Einflüssen nach. Frivol und leicht will das Büchlein sein - doch die Phänomene, um die es ihm geht, lotet der Autor trotz dieser trügerischen Leichtigkeit gründlich aus. Max Weber hat Calvin besser verstanden als die Theologen, und als ihn Letztere für ihren Fachbereich zurückerobern mussten, ging das nicht ohne Flurschäden ab.

Huizing würdigt Calvin unter Berufung auf sein erstes Buch über Seneca als Vorkämpfer für die Demokratie, von der er gleichwohl keine lupenreine Vorstellung hatte. Und natürlich kann der Verweis auf "Calvin und Hobbes" nicht fehlen. Calvinistische Lokalpatrioten werden dagegen den Hinweis vermissen, dass die Gattung des Comics vom Genfer Rodolphe Toeppfer erfunden wurde. Vorbehaltlos zustimmen aber kann man Huizings Befund und bündiger Schlussfolgerung: "Ist also Calvin und der Calvinismus für Zeitgenossen attraktiv? Ja. Ganz entschieden."

Volker Reinhardt: "Die Tyrannei der Tugend". Calvin und die Reformation in Genf. Verlag C. H. Beck, München 2009. 271 S., 14 Abb., 3 Kart., geb., 24,90 [Euro].

Klaas Huizing: "Calvin . . . und was vom Reformator übrig bleibt". Edition Chrismon. Hansisches Druck- und Verlagshaus, Frankfurt am Main 2008. 160 S., Abb., br., 9,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als "erfrischende kleine Schrift" preist der Rezensent Jürg Altwegg dieses Buch des Theologen und Schriftsteller Klaas Huizing, der hierin die zeitgenössiche Calvin-Rezeption verfolgt. Max Weber kommt dabei ebenso zur Sprache wie Bill Wattersons Comic "Calvin und Hobbes". Außerdem, erfahren wir, erklärt der Autor Calvin zum "Vorkämpfer der Demokratie", wenngleich der Reformist von dieser "keine lupenreinen Vorstellungen" gehabt haben mag. Das alles kommt wunderbar leicht daher, findet Altwegg, ohne dabei seine Gründlichkeit einzubüßen.

© Perlentaucher Medien GmbH