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Der kleine Erich träumt seit langem von einem eigenen, selbst gebauten Radio. Jede freie Minute bastelt er an dem Gerät, bis daraus ein erstes zaghaftes Knistern ertönt und bald wunderschöne Orchestermusik ertönt, die Erich in ihren Bann zieht. Es ist eine Ouvertüre des jüdischen Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy. Als ihn Tags darauf ein Freund fragt, ob er mit dem Radio voran komme, behauptet Erich, es sei kaputt. Beide tragen die Uniform der Hitler-Jugend... In ihrem Erstlingswerk verdichtet Line Hoven Bruchstücke von Erinnerungen ihrer Familie behutsam zu einer konzentrierten…mehr

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Produktbeschreibung
Der kleine Erich träumt seit langem von einem eigenen, selbst gebauten Radio. Jede freie Minute bastelt er an dem Gerät, bis daraus ein erstes zaghaftes Knistern ertönt und bald wunderschöne Orchestermusik ertönt, die Erich in ihren Bann zieht. Es ist eine Ouvertüre des jüdischen Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy. Als ihn Tags darauf ein Freund fragt, ob er mit dem Radio voran komme, behauptet Erich, es sei kaputt. Beide tragen die Uniform der Hitler-Jugend...
In ihrem Erstlingswerk verdichtet Line Hoven Bruchstücke von Erinnerungen ihrer Familie behutsam zu einer konzentrierten Rückblende auf die eigenen Wurzeln. Aufwändig aus Schabkarton gekratzt, erzählt die Tochter einer Amerikanerin und eines Deutschen über zwei Kontinente und drei Generationen hinweg in geschickt miteinander verwobenenen Episoden, wie aus den beiden Familien ihrer Eltern ihre eigene wurde. "Liebe schaut weg" ist eine stille und anrührende Familienchronik, in der sich private und historische Ereignisse zu spannenden Momentaufnahmen der Zeitgeschichte verbinden.
Autorenporträt
In ihrem Erstlingswerk verdichtet Line Hoven Bruchstücke von Erinnerungen ihrer Familie behutsam zu einer konzentrierten Rückblende auf die eigenen Wurzeln. Aufwändig aus Schabkarton gekratzt, erzählt die Tochter einer Amerikanerin und eines Deutschen über zwei Kontinente und drei Generationen hinweg in geschickt miteinander verwobenenen Episoden, wie aus den beiden Familien ihrer Eltern ihre eigene wurde. "Liebe schaut weg" ist eine stille und anrührende Familienchronik, in der sich private und historische Ereignisse zu spannenden Momentaufnahmen der Zeitgeschichte verbinden.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.11.2007

In die Seele geritzt
Line Hoven debütiert mit einem Familien-Comic
Kartonschaben liegt nicht unbedingt im Trend: Konturen in mit schwarzer Tusche und weißer Kreide beschichtete Bögen zu kratzen, ist zeitaufwendig, ja riskant. Ein winziger Fehler, und das ganze Bild muss noch einmal gemacht werden. Auch zielt das Ergebnis nicht auf die schnelle Rezeption. Das Schaben eignet sich vor allem für die detailreiche Gestaltung von Flächen – und nicht für einen actionreichen Plot.
Auf den ersten Blick überrascht es da, dass eine junge Autorin für ihr erstes Comic-Album ausgerechnet diese Technik wählt: Drei Jahre lang hat Line Hoven an ihrem Debüt gekratzt, an der HAW Hamburg, aus der mittlerweile eine ganze Reihe von Comiczeichnern von sich reden gemacht hat. Aber anders als ihre Kollegen Arne Bellstorf oder Gregor Wiggert erzählt Hoven in „Liebe schaut weg” keine autobiographische coming-of-age-Geschichte. Statt dessen hat sie sich für ein Genre entschieden, das im Moment in der Belletristik eine erstaunliche Renaissance erlebt: die Familiengeschichte.
Auf knapp 100 Seiten wird ein deutsch-amerikanisches Schicksal angedeutet; jedem Teil des Albums sind geschabte Dokumente vorangestellt – Fotos, Rechnungen –, an die kurze fragmentarische Episoden anknüpfen: Vom Hitlerjungen Erich Hoven, der im Radio Musik von Mendelssohn hört, über Harold Lorey, der wenig später in Amerika unbedingt gegen die „Germans” in den Krieg ziehen will, bis zu Erichs Sohn Reinhard, der in den Sechzigern beim Schwofen eine junge Amerikanerin auf Auslandssemester kennen lernt, Charlotte Lorey. In den Siebzigern, inzwischen verheiratet und seit Jahren in den USA, beschließen die beiden, mit ihrer kleinen Tochter zurück nach Deutschland zu ziehen. „When are we going back home?”, fragt das Mädchen. „We are at home, honey”, antwortet die Mutter.
Was heißt aber Heimat, wenn Erinnerungsstücke das einzige sind, was von den Orten der Vergangenheit bleibt? Wie lässt sich bei einer unvollständigen Überlieferung überhaupt an vergangene Zeiten erinnern? Denn fragmentarisch sind nicht nur die erzählten Episoden in „Liebe schaut weg”, sondern auch die abgebildeten Dokumente: Bei den Fotos von Erichs Hitlerjugendzeit fehlt gerade jenes von der ersten Begegnung mit seiner Irmgard im Sommerlager. Unterhaltsam und intelligent wird so die Erzählbarkeit von Geschichte reflektiert. Wenn der Handlung manchmal durch das Elliptische etwas Stereotypes eignet, gleichen Hovens brillante Panels mit ihrem genauen Blick für das zeitgeschichtliche Detail und die leisen poetischen Momente des Lebens dies aus. In ihrer Mischung aus Realismus und Verfremdung, aus Charme und kantiger Kühle ähneln die Bilder dabei auf frappante Weise jenen der Erinnerung, die ja einer antiken Metapher zufolge in die Seele geritzt werden. So tanzen, weiß auf schwarz, Catherine und Harold, als sie sich beim Schlittschuhlaufen ineinander verlieben, übers Eis – hinweg über den Abgrund des Vergessens.
THOMAS VON STEINAECKER
Line Hoven
Liebe schaut weg
Reprodukt Verlag, Berlin 2007.
80 Seiten, 14 Euro.
Was heißt aber Heimat, wenn Erinnerungsstücke das einzige sind, was von den Orten der Vergangenheit bleibt? Weihnachten 1958 in Deutschland, Christmas 1958 in Amerika und ein Raketenstart der Nasa, den das deutsche Fernsehen überträgt. Abbildungen aus dem besprochenen Band
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Fasziniert begibt sich Rezensent Thomas von Steinacker in die auf Karton geritzte Welt der Comic-Künstlerin Line Hoven. Die Absolventin der HAW-Hamburg, die an ihrem Debüt drei Jahre gearbeitet hat, erzählt in schwarzer Tusche und weißer Kreide die Geschichte ihrer deutsch-amerikanischen Familie. Aufgemacht ist "Liebe schaut weg" als Album der Erinnerungen, da finden sich Fotos oder Rechnungen, Fragmente des Lebens von Erich Hoven, der Hitlerjunge war, oder von dessen Sohn Reinhard, der für eine Amerikanerin in die USA zieht und später mit der Familie zurück nach Deutschland kommt. Line Hoven stelle damit den Begriff Heimat infrage und veranschauliche die Unvollständigkeit der Erinnerung, meint der Rezensent anerkennend. Das manchmal klischeehafte der Darstellung wird für ihn durch die intelligente Erzählweise und Line Hovens Gespür für "das zeitgeschichtliche Detail und die leisen poetischen Momente des Lebens" wett gemacht.

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