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Nachdem er in "Shenzhen" seinen Aufenthalt in der chinesischen Sonderwirtschaftszone verarbeitet hat, beschreibt Guy Delisle in dem Nachfolgeband "Pjöngjang" seine Reise in eines der isoliertesten Länder der Welt: Nordkorea. Hier arbeitete er zwei Monate lang als Supervisor für eine französische Trickfilmproduktion.Mit George Orwells Klassiker "1984" im Gepäck tritt der frankokanadische Comicautor seinen Dienst an in einem Land, in dem man Orwells Albtraumszenario an der Wirklichkeit messen kann. In detaillierten Zeichnungen berichtet Guy Delisle von Menschen, die nachts von der…mehr

Produktbeschreibung
Nachdem er in "Shenzhen" seinen Aufenthalt in der chinesischen Sonderwirtschaftszone verarbeitet hat, beschreibt Guy Delisle in dem Nachfolgeband "Pjöngjang" seine Reise in eines der isoliertesten Länder der Welt: Nordkorea. Hier arbeitete er zwei Monate lang als Supervisor für eine französische Trickfilmproduktion.Mit George Orwells Klassiker "1984" im Gepäck tritt der frankokanadische Comicautor seinen Dienst an in einem Land, in dem man Orwells Albtraumszenario an der Wirklichkeit messen kann. In detaillierten Zeichnungen berichtet Guy Delisle von Menschen, die nachts von der Stromversorgung abgeschnitten sind, während die Monumente der Il-Sung-Dynastie leuchtend hell erstrahlen. "Pjöngjang" ist weniger ein klassischer Reisebericht als der beeindruckende Versuch, einen Blick hinter staatliche Inszenierung und kulturelle Schranken zu werfen - ein Comic, der angesichts der politischen Entwicklungen an Aktualität kaum zu übertreffen ist.
Autorenporträt
Guy Delisle, geboren 1966 in Quebec, hat für viele Zeichentrickfilmstudios in Kanada und Europa gearbeitet und lebt derzeit in Frankreich. Seine autobiografischen Arbeiten "Shenzhen" und "Pjöngjang" nennt die Presse in einem Atemzug mit Marjane Satrapis "Persepolis".
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ausgesprochen beeindruckt bespricht Rezensent Gottfried Knapp dieses Comic-Erinnerungsbuch, das der Zeichner Guy Delisle von einem Arbeitsaufenthalt in der nordkoreanischen Hauptstadt gezeichnet hat. Nicht allein, wie Delisle den "ästhetischen Monotonien" des kommunistischen Alltags zeichnerischen Ausdruck gibt, der Leere verlassener Aufmarschplätze, die er plötzlich "gegen monströse Gigantendenkmäler" oder "absurd klobig in den Himmel ragende Hochhausgebilde" prallen lässt, hat den Rezensenten gefesselt. Auch Delisles "wunderbar grau schattierte Beschwörungen der Personen, Landschaften und Objekte" die ihm begegnen, bewundert der Rezensent sehr, der neben dem grafischen Einfallsreichtum des Zeichners auch dessen ironische Distanz zum Objekt seiner Beschreibung sehr genossen hat. Denn dieser Distanz verdankt der höchst subtile Comic aus Sicht des Rezensenten, dass er eine Ahnung von einem orwellhaften Überwachungsstaat zu vermitteln verstehe, ohne dabei in platte Banalität zu verfallen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.03.2008

Die Temperaturen der Farbe Grau
Guy Delisles Comicroman über seine Arbeit in der nordkoreanischen Hauptstadt
Eigentlich hat der Comic-Zeichner Guy Delisle, als er zum Arbeiten in die nordkoreanische Hauptstadt Pjöngjang reiste, die ästhetischen Monotonien, die in einer sozialistischen Diktatur den Alltag prägen, von einer früheren Reise her bestens gekannt. Über die Wochen, die er in der tristen chinesischen Grenzstadt Shenzhen in einem Trickfilmstudio als Kontrolleur hatte verbringen müssen, hat er ein wunderbar anschaulich erzählendes Comic-Erinnerungsbuch geschrieben und gezeichnet: „Shenzhen”.
Dennoch scheint das, was er danach in Pjöngjang erlebt hat, wie eine absurd fremdartige Welt auf ihn gewirkt zu haben. Mit den Maßstäben des kommunistisch gleichgeschalteten, aber chaotisch brodelnden China war das total durchreglementierte Nordkorea jedenfalls nicht mehr zu fassen. In Pjöngjang regiert die Leere, das blanke Nichts in allen Räumen vom öffentlichen Stadtraum bis in die privaten Minibars der Hotelzimmer. Diese Leere rauscht über verlassene Aufmarschplätze hinweg, prallt unvermittelt gegen monströse Gigantendenkmäler oder absurd klobig in den Himmel ragende Hochhausgebilde und schlägt sich am Ende sogar in dem Zeichenstil nieder, mit dem Delisle in seinem Comic „Pjöngjang” dieser Formenwelt zuleibe rückt.
Die Rechteckfelder, in denen er die Geschichte erzählt, sind nun nicht mehr vollgekritzelt mit skurrilen Details wie im Shenzhen-Comic, sondern leergefegt. Die Schriftpartien werden nicht mehr improvisatorisch über die Seiten verteilt, sondern mit Versalien in exakt gerahmten Rechteckfeldern unter oder neben die Bildrechtecke gesetzt. Doch Monotonie stellt sich nirgends ein, ja die strenge graphische Ordnung, die alle formalen Abweichungen wie subversive Ironieattacken wirken lässt, entwickelt einen fast magischen Sog. Eine abgründig leise Ironie schiebt sich unter die geordneten Bilder und lässt den atmosphärisch toten Raum, in dem sich der Autor bewegt, für den Leser sinnlich erfahrbar werden.
George Orwells düstere Ahnungen von einem Überwachungsstaat unter einem allgegenwärtigen „Großen Bruder”– Delisle liest nachts heimlich den Roman „1984” – werden in einigen Punkten auf gespenstische Weise bestätigt, bleiben gleichzeitig aber meilenweit von der Banalität entfernt, mit der sich in Nordkorea die Dynastie Kim Il-Sungs allerorts bildnerisch selber feiert.
Graphisch höchst erfinderisch beschäftigte sich Delisle mit dem Horror vacui in der nächsten Umgebung, mit dem ästhetischen Nichts im öden Vierer-Zimmer, mit den verwaisten Gängen und Treppenhäusern, den menschenleeren Restaurants und Bars im weitgehend stillgelegten Hotelhochhaus. Eine einsam schwimmende Riesenschildkröte im Aquarium der Lobby wird zum Gedankenpartner, zum Symbol der Ausweglosigkeit.
Doch die anfängliche Unsicherheit angesichts der kalten, scheinbar lebensfeindlichen Ordnung weicht bald der gelassen ironischen Zufriedenheit eines Beobachters, der aus sicherer Distanz die Seltsamkeiten des Systems zu ertragen, zu verstehen, ja partiell durchaus zu genießen beginnt. An diesem Wandel sind maßgeblich die Führer und Dolmetscher schuld, die man Delisle zugeteilt hat: Bei ihren Versuchen, die amtlichen Vorschriften gegenüber dem Gast durchzusetzen, verraten sie immer wieder menschliche Züge, ja zeigen sogar etwas wie Humor.
Zeichnerisch brilliert Delisle auch hier wieder in wunderbar grau schattierten Beschwörungen der Personen, Landschaften und Objekte, die ihm begegnen. Die abenteuerlichsten Monumente, die er zu Gesicht bekommt, hat er in ganzseitigen Bildern herausgestellt. Für seine eigene Figur aber hat er ein graphisches Kürzel gefunden, das alle Emotionen mit winzigen Veränderungen darzustellen vermag. GOTTFRIED KNAPP
GUY DELISLE: Pjöngjang. Reprodukt Verlag 2007, 176 Seiten, 18 Euro.
Eines der Hochhäuser von Pjöngjang, das nie fertig geworden ist Abb.: aus dem besprochenen Band
Selbstporträt des Comicerzählers auf seinem Hotelbett aus d. bespr. Band
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