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"Eine Lehrmeinung zuviel": mit diesem Fußtritt wurde Hans Mayer 1963 aus der DDR hinausgeworfen. Vorausgegangen waren sieben Jahre fortgesetzter öffentlicher Angriffe und nahezu lückenloser Überwachung durch SED und MfS. Die mehr als 260 Dokumente der "Akte Mayer" - darunter die Protokolle der von der Stasi abgehörten Gespräche mit Ernst Bloch - zeichnen ein genaues Bild der Hintergründe, Mechanismen und Zusammenhänge der "ideologischen Offensive", ihrer sichtbaren Akteure und geheimen Strippenzieher.

Produktbeschreibung
"Eine Lehrmeinung zuviel": mit diesem Fußtritt wurde Hans Mayer 1963 aus der DDR hinausgeworfen. Vorausgegangen waren sieben Jahre fortgesetzter öffentlicher Angriffe und nahezu lückenloser Überwachung durch SED und MfS. Die mehr als 260 Dokumente der "Akte Mayer" - darunter die Protokolle der von der Stasi abgehörten Gespräche mit Ernst Bloch - zeichnen ein genaues Bild der Hintergründe, Mechanismen und Zusammenhänge der "ideologischen Offensive", ihrer sichtbaren Akteure und geheimen Strippenzieher.
Autorenporträt
Der Herausgeber Dr. Mark Lehmstedt ist Buchhistoriker, Vorsitzender des Leipziger Arbeitskreises zur Geschichte des Buchwesens, Mitglied der Historischen Kommission des Börsenvereins, Vorstandsmitglied der Society for the History of Authorship, Reading and Publishing; Herausgeber des "Leipziger Jahrbuchs zur Buchgeschichte" und Autor zahlreicher buchwissenschaftlicher Publikationen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.03.2007

Denker der Ungleichheit
Heute wäre der große Literaturwissenschaftler Hans Mayer 100 Jahre geworden: Mark Lehmstedt hat seine DDR-Zeit in Briefen rekonstruiert
Auf ihre Weise war die frühe DDR ein Kulturstaat, wenn man den Akzent auf Staat legt und das Gewaltsame daran nicht übersieht. Johannes R. Becher, der Kulturminister, war ein schillernder expressionistischer Dichter. Unter seiner Ägide wurden die wenigen, aber starken Zentren gebildet, welche die Kultur im neuen Arbeiter-und-Bauernstaat trugen: Brechts Berliner Ensemble als theatralischer Musterbetrieb; die klassizistisch gestaltete Zeitschrift Sinn und Form, die Peter Huchel unbestechlich redigierte; der Aufbau-Verlag, der sich zunächst darauf konzentrierte, Klassiker in schönen Ausgaben unters Volk zu bringen; die neue Berliner Akademie; und die Universität Leipzig mit ihren beiden unorthodoxen Koryphäen Ernst Bloch und Hans Mayer, die, jeder auf seine Weise, zu einer Generalrevision der deutschen und europäischen Überlieferung ansetzten, Bloch als Geschichtsphilosoph, Mayer als Literaturhistoriker.
All das hatte zusammengenommen einen großen Zug, wie er sich bis heute beeindruckend in der eleganten Monumentalität von Henselmanns Stalinallee in Ostberlin ausprägt. Solche Kulturgründung zeigte zwangsläufig einen fast historistischen Zug, denn neue Talente mussten in die planvoll entwickelten Baupläne erst hineinwachsen. Sie folgten bald, Franz Fühmann, Heiner Müller und Peter Hacks sind die ersten Namen, danach kamen Christa Wolf, Volker Braun und Christoph Hein und so viele andere. Geburtshelfer war Stephan Hermlin in der Abteilung Literatur der Berliner Akademie, neben Becher der erste Schriftsteller der DDR. Die Jungen hatten zumeist bei Mayer und Bloch in Leipzig studiert, und viele von ihnen arbeiteten auch bei Brecht im BE – im Kunststaat DDR verlief alles kleinräumig, konzentriert.
Eines dieser wenigen, aber enorm wirkungsvollen Kraftzentren führen Hans Mayers Briefe während seiner Zeit in der DDR von 1948 bis 1963 vor, die der Leipziger Verleger Mark Lehmstedt soeben rechtzeitig zum hundertsten Geburtstag des großen Germanisten an diesem Montag vorgelegt hat. Sie ziehen uns in den Wirbel des kraftvollen Neuanfangs. Mayer war in dieser Zeit viel mehr als ein Professor: Er war ein Faktotum, dem so etwas wie Allgegenwart gegeben war. Er schrieb nicht nur das erste große Thomas-Mann-Buch der Nachkriegszeit – Auflage 15000, sofort ausverkauft –, edierte rasch die beste Gesamtausgabe des Nobelpreisträgers, lehrte nicht nur in großen Vorlesungen zur deutschen Literatur, sondern war auch der erste Festredner, Gastdozent und Auslandsrepräsentant seines Staates.
Arbeitsbeziehungen zu Huchel und Brecht bildeten sich sofort; eine riesige, bis heute maßgebliche Anthologie zur Literaturkritik in Deutschland entstand; die großen Festtage zu Goethe und Schiller 1949 und 1955 bestritt Mayer teils im Alleingang – bei seinen Vorträgen quollen die Säle über und mussten Übertragungen ins Freie organisiert werden –, teils an der Seite des verehrten Thomas Mann. Mit Becher war er bald auf Duzfuß. Dem jungen Fühmann schrieb er bedenkenswerte Einschätzungen zu dessen ersten Werken, ebenso Heiner Müller und Hacks. Dazu kamen Vorträge in Westdeutschland, besonders enge Beziehungen nach Stuttgart zu Fritz Martini und Wuppertal. Auftritte an der Sorbonne; Germanistentag in Rom; Lehrtätigkeit in Warschau; Reise in die Sowjetunion; Pläne für China.
Mayer ist brillant – oft spricht er frei, man kann aber Broschüren aus den Mitschnitten machen – und unermüdlich. Der dicke Briefband – bloß ein Drittel des erschlossenen Materials bringt er – ist überwiegend energische Geschäftspost auf den Höhen der Kultur: „Sehr verehrter Herr Professor” (Thomas Mann), „Lieber Brecht”, „Lieber Herr Ihering”, später schon: „Lieber Herr Grass”, „Lieber Heinrich Böll”, oder auch „sehr verehrter, lieber Hermann Hesse”, dann, prekär und mutig: „Lieber Georg Lukács” – Mayer hat mit allen zu tun und verhandelt mit allen von Gleich zu Gleich.
„Briefe soll man nur schreiben, wenn eine Mitteilung zu machen ist; wenn etwas erörtert werden soll; wenn Zuneigung die Ferne zur Nähe machen möchte.” Das schreibt er mahnend dem jungen Freund Walter Wilhelm aus Frankfurter Tagen. Wilhelm aber ist der Einzige, für den der dritte Zweck, der Wunsch nach Nähe, zutrifft; sonst geht es in diesen Briefen nur um die ersten beiden Absichten. Mit Wilhelm tauscht er Geschenke an den Geburtstagen und viele herzliche Worte. Sonst aber geht es um Termine, Doktoranden – an Bloch: Bitte schreiben Sie das Zweitgutachten für Girnus – und Buchvorhaben. Mayer macht sich stark für eine Ausgabe des „Joseph” von Thomas Mann in der DDR; er wettert gegen ein misslungenes Heft von Sinn und Form bei Huchel; er enttarnt einen zum Kommunisten umgerubelten Nazi.
Am interessantesten ist seine immer wieder ausbrechende Generalkritik am geistigen Niveau der DDR. Ein langer Brief an Becher vom 30. März 1953 beklagt vor allem sprachliche Verschluderung, mangelnde Bildung, „amusische Lebenshaltung”. „Übergangserscheinungen, gewiss. Wir werden auch das überwinden. Einstweilen aber ist dieser Zustand tief bedrückend.” So offene Worte lässt sich Mayer in keinem Moment seiner fünfzehn DDR-Jahre verbieten. Das Tauwetter nach Stalins Tod nutzt er ohnehin; selbst Ulbrichts Literaturauffassung kritisiert Mayer offen.
Als dann nach dem Ungarnaufstand 1956 die Lage brenzlig wird – Wolfgang Harich und Walter Janka werden zu langen Haftstrafen verurteilt, Bloch wird zwangsemeritiert, gegen Mayer beginnt eine Pressekampagne –, da verhält sich Mayer zwar vorsichtig, aber nicht feige. Selbst für Harich, den er als Intellektuellen geringschätzt, tritt er ein. Er weigert sich, Lukács-Zitate aus seinen Schriften zu entfernen. Und in seinen Verlagskontakten zeigt er eine cholerische Überempfindlichkeit, die im Einzelfall ungerecht war, insgesamt aber einen geistigen Bezirk durch lautes Gebell verteidigte.
Mit Becher wechselt er 1957 zurück zum „Sie” und schreibt ihm – „Lieber Dr. Becher” – eine vernichtende Epistel zur neuen Unterdrückung, immerhin auch als Zeichen persönlichen Vertrauens: „Es ist also erreicht. Die Universität Leipzig braucht nunmehr weder die Schmach der Vorlesungen eines Ernst Bloch noch eines Hans Mayer zu ertragen. Gibt es ein schöneres Zeugnis dafür, dass man ernstgenommen wird?”
Ja, Mayer war eitel und wirkte wohl oft unerträglich arrogant. Einem Kollegen, der einen Artikel zu seinem fünfzigsten Geburtstag vorbereitet, rät er: „Vielleicht ist es aber nicht unangebracht darauf hinzuweisen, dass ich der erste Professor der DDR war, der einer Einladung der Sorbonne und des französischen Germanistenverbandes zu Vorlesungen gefolgt ist, wie ich auch . . .” – die Liste geht eine halbe Seite weiter. Doch hier ging ein Rastloser ganz in der Sache auf, der er den ersten Rang in seinem Leben gegeben hatte: der Literatur. Der Enthusiasmus und die Energie, die sich hier zeigen, bleiben mitreißend selbst in dieser Institutspost, und wer zu den gleichzeitigen Büchern Mayers greift, vor allem zu seiner Sammlung „Deutsche Literatur und Weltliteratur‘, der erkennt solche Kraft wieder in einem zupackenden, federnden Stil, den Mayer nie mehr übertroffen hat. Eine gute Zeit!
Aber auch eine furchtbare Zeit. Ihre Rückseite wird sichtbar in dem Material, das Lehmstedt in einem zweiten wuchtigen Band als „Der Fall Hans Mayer” gesammelt hat: die Unterlagen der Staatssicherheit und der SED-Parteistellen, vor allem in der Universität. Seit Ende 1956 wurde Mayer wie das Ehepaar Ernst und Karola Bloch zum Objekt intensiver Ausforschung, Überwachung und Maßregelung. Lehmstedt hat die Berichte der „Geheimen Informanten”, Treffberichte der Stasi-Offiziere sowie Nachschriften von Abhörwanzen, dazu Protokolle der Parteistellen zu einem schaurigen Gesamtgemälde vereint. Dabei fällt auch ein sensationeller und bizarrer geheimdiensttechnischer Befund ab: Die Wanzen bekamen Namen und Identitäten, als handele es sich um reale Personen, die den abgehörten Gesprächen beigewohnt hätten, beispielsweise als Haushaltshilfe von Frau Bloch. Es wird Sache der Diktaturforschung sein, dieses wichtige Ergebnis zu bewerten.
Für den Mayer-Leser bleibt vor allem Ekel, der Widerwille vor einer Blockwartmentalität, die deutsch-diktaturübergreifend den abweichenden Intellektuellen ins Visier nimmt. Folgende Einschätzung vom 5. März 1957 sagt eigentlich schon alles: „Prof. Mayer wird vom GI (Geheimen Informanten) als ein typisch bürgerlicher Mensch eingeschätzt, ein Egoist, der an der Universität keine Freunde hat. Mayer würde nach der Ansicht des GI ohne Zögern Menschen fallenlassen, falls sie ihm hinderlich würden. Dazu ist er mit bestimmten Minderwertigkeitskomplexen ausgestattet, die einmal davon herrühren, dass er jüdischer Abstammung ist und deshalb während des Faschismus und in der Emigration große Schwierigkeiten hatte.” Später wird Mayer eine besondere Unleidlichkeit gegen Deutsche zugeschrieben, weil seine Eltern in Auschwitz vergast worden waren.
Irgendwann bemerkt der Staatssicherheitsdienst auch, dass Mayer homosexuell ist und eine Freundschaft zu einem Spitzensportler unterhält, ja dass er sich am Leipziger Hauptbahnhof herumtreibt und sich Jugendliche mit Geld „gefügig macht”. Jedes Molekül Aufsässigkeit wird registriert, jeder Auslandskontakt vermerkt, aber am Ende bleibt die Überwachung ergebnislos: Konspiration gegen die DDR lässt sich nicht nachweisen, und abschätzige Bemerkungen über den Volkskammerpräsidenten Dieckmann sind fast das Sensationellste, was die Überwachung politisch ergibt.
Doch die Mischung aus maßregelnder Spießigkeit, latentem Antisemitismus und Schwulenekel, die die Dokumente zeigen, verdichten sich zu einer Stickluft, von der man sich fragt, wie Mayer sie überhaupt so lange aushalten konnte. So rätselhaft wie verquer rührend aber wird die verklärende Erinnerung, die Mayer in seinen späteren Erinnerungsbüchern der Leipziger Zeit gewidmet hat; offenbar war am Ende die utopische Kraft der Idee, der er zu dienen meinte, und die Begeisterung in seiner nationalpädagogischen Arbeit stärker als die niederdrückende Umgebung.
Mayer war Marxist, das ist das eine; auch als Jude mag er gehofft haben, in einem kommunistischen Staat besser aufgehoben zu sein als im Adenauer-Staat; aber vielleicht spielte auch der Umstand eine Rolle, dass die DDR keinen scharfen Homosexuellen-Paragraphen mehr hatte, im Gegensatz zur BRD, in der die verschärften Bestimmungen des Dritten Reichs erst 1969 abgeschafft wurden. So kann das Fortbestehen des Paragraphen 175 ein Faktor gewesen sein, der Mayer länger als Bloch und andere von Westdeutschland fernhielt. 1963 gab dann der berüchtigte Artikel in der Leipziger Studentenzeitung mit dem Titel „Eine Lehrmeinung zuviel” den Ausschlag, nicht mehr in die DDR zurückzugehen.
Jedenfalls zeigt Mayers gewaltige Arbeitsleistung in der DDR-Zeit, sein fast restloses Aufgehen in seinen Rollen als Hochschullehrer und Kulturfunktionär auch etwas vom privaten Verzicht des auf Diskretion verpflichteten Außenseiters in einem unerbittlichen Kollektiv. Die peinliche Einschätzung von Mayers Person, die nach seiner Übersiedlung in den Westen Herr Dr. Nollau vom Bundesverfassungsschutz 1964 abgab und die sofort im Ministerium Mielkes bei Markus Wolf landete, druckt Lehmstedt als letztes Dokument wie einen bösen Witz ab. Der westliche Verfassungsschutz übernahm wörtlich die Urteile der östlichen Staatssicherheit, sprach von Charakterlosigkeit und revisionistischen Tendenzen, ließ sich die sittlichen Verfehlungen nicht entgehen und schloss mit dem Votum: „Von der Überlassung einer Professur wird dringend abgeraten.”
Am Ende muss man sagen: Das östliche System hat Mayer vor allem als Person, als inkommensurablen Charakter von sich gewiesen, der Westen hat ihn zwar nicht glänzend untergebracht – es blieb bei einer Professur in Hannover –, ihm aber seinen Freiraum gelassen. Seine Karriere als grandioser Stilist konnte Mayer, dessen Bücher im Westen längst verbreitet waren, ohne Bruch bis zu seinem Tod 2001 fortführen.
Sein wichtigstes Buch kam 1975 bei Suhrkamp heraus und konnte in der DDR nie erscheinen. Es heißt „Außenseiter” und handelt von den Verlorenen der bürgerlichen Aufklärung, von Juden, Frauen und Homosexuellen.
Ja, Mayer war ein Bürger, das hatten die Beobachter der DDR-Volksgemeinschaft ganz richtig gesehen. Seine ästhetischen Vorlieben waren verfeinert, um nicht zu sagen dekadent, sein Geschichtsbild eher hegelianisch als marxistisch, jedenfalls gebrochen. Ein Kern seiner eigenen Erfahrung war das Außenseitertum des Juden und des Homosexuellen, das er, je älter er wurde, umso weniger verleugnete. So wurde er zum Verfasser eines der letzten linken Klassiker kurz vor dem offiziellen Ende der kommunistischen Utopie. „Außenseiter” ist eine Philosophie der Ungleichheit aus egalitären Motiven, nicht aus Nietzscheanischem Herrenmenschentum. So macht das Buch die Gegenrechnung auf zum totalitären Zeitalter mit seinem uniformierten Menschentypus.
Man kann mutmaßen, dass dieses Buch Mayers Vermächtnis bleiben wird. Man lese es vor dem Horizont unserer Kulturkämpfe. Inzwischen ist die Stellung der von Mayer benannten Außenseitergruppen das einzig valide Kriterium für kulturellen Fortschritt oder Zurückgebliebenheit: Ob eine Gesellschaft in der Moderne angekommen ist, das entscheidet sich heute an der Frage, wie sie mit dem Monstrum des Judenhasses umgeht, an der Gleichberechtigung der Frau und an der Anerkennung der Homosexualität als bürgerlicher Lebensform. Hans Mayer, der Marxist, ist ein wichtiger Zeuge des 20. Jahrhunderts; als Denker der menschlichen Diversität kann er auch im 21. Jahrhundert noch fortleben.
Der in Leipzig ansässige Herausgeber und Verleger Mark Lehmstedt hat seine Sammlungen und die großartigen, so knappen wie reichhaltigen Kommentare zum Fall Mayer ganz allein, ohne die geringste öffentliche Förderung zustande gebracht – man sieht, was ein Einzelner leisten kann, wenn er sich auf Besseres konzentriert als den Papierkrieg um Exzellenzinitiativen. Diese Bände wirken in ihrer noblen, klassizistisch anmutenden Gestalt wie ein Tribut an den Traum vom Kulturstaat, zu dem die DDR dann doch nicht geworden ist. Der Suhrkamp Verlag zeigte kein Interesse an Lehmstedts Vorhaben, sogar einfache Anfragen blieben ohne Antwort.GUSTAV SEIBT
HANS MAYER: Briefe 1948-1963. Herausgegeben und kommentiert von Mark Lehmstedt. Lehmstedt Verlag, Leipzig 2006. 630 Seiten, 29,90 Euro.
DER FALL HANS MAYER. Dokumente 1956-1963. Herausgegeben und kommentiert von Mark Lehmstedt. Lehmstedt Verlag, Leipzig 2007. 525 S., 29,90 Euro.
HANS MAYER: Außenseiter. Mit einem Nachwort von Doron Rabinovici. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 523 Seiten, 15 Euro.
Interessant ist seine Generalkritik am geistigen Niveau der DDR
Die Wanzen bekamen Namen, als handele es sich um reale Personen
„Außenseiter” ist der letzte linke Klassiker im Zeitalter der Utopien
Hans Mayer im Jahr 1999 Foto: Isabel Mahns-Techau
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Wer sich wirklich mit der Person Hans Mayer auseinandersetzen wolle, habe jetzt auf den über 500 Seiten, die Dokumente unterschiedlichster Art versammeln, erneut Gelegenheit und lege sich am besten auch gleich den im letzten Jahr erschienen Briefband mit dazu, so Erich Loest. In den Jahren 1956-1963 lehrte der ostdeutsche Literaturwissenschaftler Hans Mayer an der Leipziger Universität. Anhand des hier vorgelegten Materials und in der Zusammenschau mit den Briefen lasse sich aufs genaueste studieren, welchen staatlichen Repressalien Mayer und Ernst Bloch ausgesetzt gewesen seien (verwanzte Wohnungen, Bespitzelung im engsten Arbeitsumfeld, Anfeindungen durch die Parteispitze). Ebenso zeigen die Dokumente Mayers Weg zwischen Kompromiss und Widerstand, resümiert Loest. Im Laufe der Jahre sei die Frage, ob es möglich sei, in der DDR zu bleiben und zu lehren immer schwieriger geworden, auch weil eine neue Generation an die Universitäten strömte und diese selbst eine radikale ideologische Neuausrichtung erfuhren. Nach seinem erzwungenen Fortgang 1963 wurde die Bibliothek mit 5000 Büchern an die Humboldt-Universität übergeben und der "Fall Mayer" war für die DDR erledigt. "Ein spezielles Buch, aber ein erhellendes Buch - in diesen Tagen in Leipzig und anderswo", schließt der Rezensent.

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