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Rund fünfhundert Phobien zählen zum Repertoire moderner Gesellschaften. Darunter befinden sich so allgemein vertraute Ängste wie Höhenangst oder Angst vor Dunkelheit genauso wie auf den ersten Blick absurd anmutende Ängste wie die Angst vor einem bestimmten Gemüse oder die Angst, Luft zu verschlucken. Der renommierte Psychologe Wolfgang Schmidbauer unternimmt im Buch der Ängste einen genauso informativen wie unterhaltsamen lexikalischen Streifzug durch die Welt der Phobien: von A wie Ablutophobia (Angst, gewaschen zu werden) bis Z wie Zoophobie (Angst vor Tieren). Damit liefert Schmidbauer…mehr

Produktbeschreibung
Rund fünfhundert Phobien zählen zum Repertoire moderner Gesellschaften. Darunter befinden sich so allgemein vertraute Ängste wie Höhenangst oder Angst vor Dunkelheit genauso wie auf den ersten Blick absurd anmutende Ängste wie die Angst vor einem bestimmten Gemüse oder die Angst, Luft zu verschlucken.
Der renommierte Psychologe Wolfgang Schmidbauer unternimmt im Buch der Ängste einen genauso informativen wie unterhaltsamen lexikalischen Streifzug durch die Welt der Phobien: von A wie Ablutophobia (Angst, gewaschen zu werden) bis Z wie Zoophobie (Angst vor Tieren). Damit liefert Schmidbauer nicht nur ein aktuelles Zeitporträt, sondern führt zugleich auf spielerische Weise vor Augen, dass jede Phobie einen Sinn hat - und dem Listenreichtum jenes Grundgefühls namens Angst zu verdanken ist, das genauso zum Leben gehört wie Mut.
Autorenporträt
Dr. phil. Wolfgang Schmidbauer, geb. 1941, studierte Psychologie und promovierte 1968 über 'Mythos und Psychologie'. Er lebte dann einige Jahre als Autor in Italien. 1972 gründete er mit Kollegen ein Institut für analytische Gruppendynamik und wenig später die Münchner Arbeitsgemeinschaft für Psychoanalyse. 1977 prägte er in dem Bestseller 'Die hilflosen Helfer' den Begriff des Helfer-Syndroms. Heute arbeitet Wolfgang Schmidbauer als Autor und Psychoanalytiker in eigener Praxis in München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2007

In der Schule des Denkens
Wie bringen wir mit dem Kopf unser Leben in Form?

Soeben ist ein Buch über die Geschichte des Parkhauses erschienen. Es heißt "Übersehene Räume", Jürgen Hasse hat es verfasst (transcript Verlag). Das Parkhaus wird darin als typischer Ort der Moderne beschrieben, alles hat hier seinen Platz und seine Richtung - um dann scharf als Chiffre der Ortlosigkeit hervorzutreten. Eine Büchersaison, in der ein Buch über Parkhäuser erscheint, zumal ein so gelungenes, ist eine gute Saison.

Warum? Weil so ein Buch an den Nerv des Lebensgefühls von 2007 rührt, an das Gefühl, nicht mehr selbstverständlich heimisch werden zu können. Heute kann keiner mehr erwarten, in gemachte Nester zu kommen (ökonomisch, metaphysisch). Heute ist man mehr denn je auf sich selbst angewiesen, auf die Fähigkeit zum selbständigen Denken, um sich seinen eigenen Lebensort zu erschließen und ihn gegen den Sog der Gesichtslosigkeit zu behaupten. Welche Haltung dafür nötig ist, legt der Philosoph Harry Frankfurt in einem kleinen Bändchen dar: "Sich selbst ernst nehmen" (Suhrkamp). Sich selbst ernst zu nehmen, ist nicht selbstverständlich. Selbstbestimmung ist zwar in aller Munde. Aber die wichtigste Voraussetzung für Selbstbestimmung, verstehen wir Harry Frankfurt recht, bleibt oft ungenannt: sich selbst ändern zu wollen.

Sie ist weniger eine Frage des sogenannten Gehirnjoggings - Motto: Frischluft und Pflegetipps fürs Gehirn! -, mit dem uns die vielen aus dem Bücherwald schießenden Gehirnjogger vertraut machen, etwa mit dem Knobelband "Gehirnjogging für kluge Köpfe" (Moewig). Nein, die Fähigkeit, sich selbst ernst zu nehmen, hat weniger mit Knobelkunst und IQ-Training zu tun als vielmehr mit der ruhigen Kunst des Nachdenkens, mit dem, was man etwas altmodisch Schule des Denkens nennt. Wie das geht, sich im Denken zu orientieren, ist die leere Mitte, um die die Gehirnjogger in immer neuen Anläufen vergeblich herumschreiben. Tatsächlich gibt es zwei Reaktionen, die uns daran hindern, unser Leben in Form zu bringen: die defätistische Reaktion (Schwarzseherei) und die phobische Reaktion (Angst). Versucht man, die Bücher dieses Herbstes jenen beiden Reaktionsmustern zuzuordnen, sei es als Diagnose oder als Therapie, macht man beachtliche Funde.

Als Therapie gegen Schwarzseherei bringt Jörg Blech die "Bewegung" ins Spiel (S. Fischer). Sein Aufruf, sich körperlich mehr zu bewegen, ist ein Statement in den Zeiten des Reflexionsüberschusses und der Formlosigkeit. Sich in Form bringen - das beginnt für Blech beim body. Solange man selbst nicht mit geradem Rücken voransitzt, soll man anderen nichts von Haltung erzählen oder ihnen wie Judith Rich Harris sehr intelligent das Prinzip "Jeder ist anders" erklären wollen (DVA). Warum nicht erst einmal den Gang ins Fitnessstudio antreten, bevor der Bandscheibenvorfall eintritt, weil die Wirbelsäule wieder einmal nicht hinreichend mit Muskeln eingepackt war? Dass die Krankenkassen im Rahmen der Prävention den Studiobesuch nicht bezuschussen (obwohl sie mit der Bezuschussung viel Geld sparen würden), gehört zu den Widersinnigkeiten krank machender Politik.

Es ist eben nicht so wie früher, als die Deutschen noch gegen Sümpfe, Flüsse und Meere zu kämpfen hatten und, wie das lehrreiche Buch von David Blackbourn schildert, alle Körperkräfte auf die "Eroberung der Natur" lenkten (DVA) - diese Zeiten sind vorbei. Heute steht der unbeanspruchte Körper von Kindesbeinen an unter dem Zivilisationsrisiko, dick und fett und kugelrund zu werden.

So wird einem die Schwarzseherei gewissermaßen in die Wiege gelegt, wie auf andere Weise das eindringliche Buch von Tracy Thompson über "Mütter und Depression" (Patmos) zeigt. Mit den verschleppten Depressionen der Mütter greift Thompson ein lange totgeschwiegenes Thema auf, sie klärt auf und hilft weiter. Ihr Buch ist natürlich auch als Versuch zu lesen, die Familie trotz aller Widrigkeiten, die mit dieser Lebensform verbunden sind, als Lebensort zu stärken. Und nicht etwa das ortlos-alberne Pamphlet von Corinne Maier über "Vierzig Gründe, keine Kinder zu bekommen", zu befolgen (demnächst bei Rowohlt). Maier sollte lieber das kraftvolle Buch "Das geheime Königreich" über die "Oper für Kinder" lesen, das Elke Heidenreich und Christian Schuller publizierten (Kiepenheuer &Witsch). Dann hätte Maier eine Idee, wie wunderschön das ganze Kindertheater doch sein kann. Das Thema des Kindesmissbrauchs, diese gewalttätige, besonders grausame Form des Defätismus, behandelt der Band "Es geschieht am helllichten Tag" von Manfred Karremann (DuMont), der monatelang undercover in der Pädophilen-Szene recherchierte. Ein Buch, das man allen Eltern nahelegen möchte, die ihre Kinder wirksam vor Missbrauch schützen wollen.

Dass Menschen in nächtlichen Parkhäusern phobisch werden können, davon hatte man schon gehört. Dass unsere Ortlosigkeit mittlerweile aber schon 500 (in Worten: fünfhundert) Phobien in die Register der Medizin eingetragen hat, das ist ein ebenso erstaunlicher wie bestürzender Befund. Der Psychologe Wolfgang Schmidbauer entfaltet ihn in seinem "Buch der Ängste" (Blumenbar). Seine Phänomenologie der Phobien wirft auch ein indirektes Licht auf unsere verzerrte Risikowahrnehmung: Gefahren werden uns meist nach der Häufigkeit, nicht aber nach der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens vor Augen geführt. Auf diese Art steigt die Anfälligkeit für das Phobische, die unseren Lebensort von innen her zerstört.

Ein Befund, so kommt es uns vor, der nur einmal mehr den Preis der Hyperinformation benennt: Expertenauskünfte verselbständigen sich, ohne dass noch hinreichend klar würde, auf welche Fragen sie überhaupt die Antwort sind. So werden wir schnell kirre, wenn wir nicht gelernt haben, unseren eigenen Kopf zu benutzen. Es gibt keinen Grund zur Panik: Nicht auf jeder Etage im schummrigen Parkhaus der Moderne lauert ein Gangster, beruhigt uns Borwin Bandelow im "Buch für Schüchterne" (Rowohlt). Borwin Bandelow hat, so scheint's, das Zeug, um in der Schule des Denkens den Direktor zu geben.

CHRISTIAN GEYER

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.01.2008

KURZKRITIK
Angst vor der Angst
Wo die Phantasmen schlummern: Ein Lexikon widmet sich Phobien
Ohne geht es gar nicht. Mit dem „Buch der Ängste” hat der Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer ein Lexikon heutiger Angstphobien zusammengetragen, das einen, im Wortsinn, das Fürchten lehren soll. Angst, schreibt Schmidbauer in seiner Einleitung, ist nicht krankhaft, krankhaft ist nur ihre zwanghafte Vermeidung: „Wer auf ein Leben jenseits der Angst, auf eine Existenz ohne Schmerz und Verlust wartet, bleibt Gefangener seiner Ängste.” Sorgsam und frei von Panikmache stellt Schmidbauer sodann über dreihundert Phobien vor, ordnet sie ein und klopft sie auf ihre Deutungspotentiale ab. Von A wie Ablutophobie (der Angst, sich zu waschen) bis Z wie Zeusophobie (der Angst vor Göttern) wird dabei immer deutlicher, wie heimtückisch schnell zum Überleben notwendige Angstinstinkte in sinnlose Phobien umkippen können. Phobien sind kulturabhängig, in ihnen schlummern die Phantasmen ganzer Epochen. Sitophobie (Angst vor Nahrung), Telephonophobie (Angst vor Telefonen) – in der instabilen Konsumgesellschaft der Jetztzeit hantiert die Medizin bereits mit über fünfhundert von ihnen. Schmidbauers aufklärerisches Kompendium kokettiert lustvoll mit seiner Lexikonform: Es gibt kein Entkommen, alles und jedes kann zum Objekt von Ängsten werden. Und wenn gar nichts schrecken kann, droht doch wenigstens Phobophobie (Angst vor der Angst) immer.FLORIAN KESSLER
WOLFGANG SCHMIDBAUER: Das Buch der Ängste. Blumenbar Verlag, München 2007. 270 Seiten, 14,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Man kann Angst haben vor: Blumen (Anthrophobie), dem Knie (Genuphobie), davor, Brücken zu überqueren (Gephyrophobie) und natürlich vor dem Üblichen wie Schlangen und Spinnen, weiten und engen Räumen sowie überhaupt Menschen (Sozialphobien). Man kann die Phobien, die es so gibt, zählen, dann sind es mehr als 500. Man kann sie von A bis Z auflisten, dann hat man das Buch des Psychoanalytikers Wolfgang Schmidbauer vor sich. Darin geht es um Erscheinungsformen des Phobischen, aber auch um Angstbeseitigungsstrategien. Grundsätzlich gilt, so referiert die Rezensentin Melanie Mühl Schmidbauers Erkenntnis: "Stell dich deiner Phobie, damit du sie beherrschen lernst." Kein Vergnügen, aber unvermeidlich. Und wenn etwas an diesem Buch beruhigend ist, dann das: Die Angst ist weit verbreitet, sie ist mit einem Wort: normal. Darum wird wohl ein jeder Leser, mutmaßt Mühl, sich an der einen oder anderen Stelle des Buches wiedererkennen und im Wiedererkennen seine Angst besser kennenlernen, und zwar als etwas bei allem Schrecken nicht Ungewöhnliches.

© Perlentaucher Medien GmbH