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In See in Not berichtet Hans-Peter Rodenberg aus allen Regionen der Erde, von Thailand über Sibirien bis Norwegen und Großbritannien, von Deutschland und Brasilien bis Japan oder Alaska. Das Ergebnis ist ein Buch, das den neuesten Erkenntnisstand zum Thema Ernährung aus dem Meer in all seinen Facetten versammelt: von der Geschichte der deutschen Hochseefischerei, Kaviargewinnung an der Wolga, Hummerfang vor Helgoland, der ungewissen Zukunft der Wale bis hin zur Erforschung des Krills.

Produktbeschreibung
In See in Not berichtet Hans-Peter Rodenberg aus allen Regionen der Erde, von Thailand über Sibirien bis Norwegen und Großbritannien, von Deutschland und Brasilien bis Japan oder Alaska. Das Ergebnis ist ein Buch, das den neuesten Erkenntnisstand zum Thema Ernährung aus dem Meer in all seinen Facetten versammelt: von der Geschichte der deutschen Hochseefischerei, Kaviargewinnung an der Wolga, Hummerfang vor Helgoland, der ungewissen Zukunft der Wale bis hin zur Erforschung des Krills.
Autorenporträt
Hans-Peter Rodenberg, geboren 1952, war viele Jahre Kulturredakteur beim NDR Fernsehen und ist Autor und Regisseur kulturhistorischer TV-Dokumentationen bei ARD und Spiegel TV; darüber hinaus hat er bereits zahlreiche Bücher veröffentlicht. Als Professor für Film, Neue Medien und Kulturgeschichte der USA lehrt Hans-Peter Rodenberg an der Universität Hamburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2004

Auf den Tellern der Verbraucher
Hans-Peter Rodenberg über die Nahrung aus dem Meer / Von Hansjörg Küster

Besser als der einprägsame, reißerische Titel "See in Not" verrät der sachliche Untertitel, um was es in Hans-Peter Rodenbergs Buch geht: um unsere Nahrung aus dem Meer, um die Bedrohung der Bestände von Fischen und zahlreichen anderen Tieren durch die übermäßige Nutzung der Meere. Die Kapitel des Buches sind allesamt Reportagen aus allen Teilen der Welt. Aus erster Hand wird hier berichtet, wie Kabeljau und Seelachs gefangen werden, wie Wale und Walrösser, Haifisch und Stör genutzt werden und wie man Lachs in Aquakulturen züchtet. Die Texte sind umfassend recherchiert, und ihre Lektüre ist sehr spannend.

Rodenberg befaßt sich nicht nur mit den Fischbeständen, sondern auch mit den Sorgen und Nöten der Menschen, die mit dem Fang von Meerestieren ihren Lebensunterhalt verdienen. Klare Graphiken machen dem Leser deutlich, wie sich die Fischbestände und die Fangmengen in den letzten Jahren verändert haben. Sehr gute Fotografien illustrieren das Buch; einige davon sind allerdings leider zu klein wiedergegeben. Auf Landkarten, die den Reportagen vorangestellt sind, werden die Länder gezeigt, aus denen berichtet wird. Das schafft notwendige Orientierung; noch besser wäre es aber gewesen, wenn auch die Meeresgebiete gezeigt würden, von denen die Rede ist. Denn nicht jeder Leser weiß, wo die Barentssee liegt.

Hans-Peter Rodenberg berichtet über Formen von Fischerei, bei denen Tiere ohne jeden vernünftigen Grund getötet werden. Die Netze müßten so konstruiert sein, daß nur diejenigen Tiere gefangen werden, die zur Ernährung der Menschheit wirklich beitragen. Die Netze und Fangmethoden werden zwar Schritt für Schritt verbessert, doch immer wieder verfangen sich auch Tiere in den Netzmaschen, die man nicht weiter nutzen möchte. Sie gehen dann nach dem Einholen der Netze wieder über Bord, und leider sind sie dann oft verletzt oder gar schon tot. Wenn es nicht auszuschließen ist, daß diese Tiere als Beifang in die Netze gelangen, dann müßte es doch immerhin gelingen, sie nach dem Fischzug wieder unversehrt in die freie Wildbahn zu entlassen.

Der Autor prangert das grundlose Schlachten von Haifischen an, die man nur wegen ihrer Flossen fängt: In Ostasien meint man sogar, daß der Verzehr von Haifischflossen die sexuelle Potenz des Mannes steigere. Kaviar und Lachs waren einst exquisite kulinarische Kostbarkeiten für die Tafeln der "oberen Zehntausend". Doch heute leistet sich jedermann diese Meeresprodukte als Alltagsspeisen. Dadurch werden die Fischbestände und Ökosysteme stark geschädigt. Besonders schwer ist es, eine Lösung der Bestandsprobleme von Fischen zu finden, die seit jeher zur Alltagsnahrung vieler Menschen gehören: Die überfischten Bestände von Hering und Kabeljau müßten sich dringend regenerieren.

Hans-Peter Rodenberg regt zum Nachdenken an. Wenn man das Buch gelesen hat, ist man gut informiert, aber vielleicht zunächst etwas enttäuscht darüber, daß so wenige Ansätze zu Lösungen von dringenden Problemen angeboten werden. Rodenberg fordert die Beachtung von Grundsätzen der Nachhaltigkeit bei der Fischerei ein. Diese Forderung wird immer wieder laut, nicht nur beim Umgang mit den Ressourcen aus den Meeren, auch die Land- und Forstwirtschaft sollen nachhaltig sein. Die Forderung ist richtig, doch viele Leser erwarten, daß die Nachhaltigkeit einfach mit Reglementierung durchgesetzt wird. Wenn man über das Buch von Hans-Peter Rodenberg nachdenkt, wird klar, daß die Reglementierungen von Fangmengen wohl nicht zum gewünschten Ziel führen. Es gibt zu viele Wege auf unserem Globus, solche Reglementierungen einfach zu umgehen. In einigen Ländern ist es immer möglich, sich über internationale Fangbeschränkungen hinwegzusetzen, man denke nur an den Walfang "zu Forschungszwecken" in Norwegen oder in Japan. Kann es angesichts der Vielfalt der Meinungen nun aber zu einer global nachhaltigen Nutzung der Meere kommen?

Rodenberg diskutiert diese Frage nicht offen. Aber er verfolgt eine eindeutige Strategie, die wohl die beste ist, die wir haben, um die Welt zu retten: Er informiert die Leser sachlich darüber, woher ihre Nahrung kommt, die bei ihnen daheim auf dem Tisch steht. Die Leser sind auch die Verbraucher, und sie entscheiden darüber, welche Nahrung sie haben wollen. Das Verhalten der Verbraucher sollte nicht nur vom Angebot im Supermarkt, von der Werbung und den niedrigen Preisen geleitet sein, sondern auch von kulturellem Anspruch. Jede Form der Nahrung hat kulturelle Bedeutung für den Menschen. Was immer eine Delikatesse war, sollte es auch in Zukunft bleiben. Wenn man Kaviar, Lachs und Haifischflossensuppe nur an besonderen Festtagen essen würde, wären die Bestände der Tiere wohl kaum so stark bedroht wie heutzutage. Mit ihrer Entscheidung darüber, was tägliche Speise und was ein Festtagsgericht sein soll, tragen die Verbraucher selber ganz erheblich zur nachhaltigen Entwicklung der Lebenswelt in den Meeren bei.

Die Frage der Eßkultur wird von vielen Verbrauchern auf der Welt mißachtet. Dies zeigt, daß sie mit dem Überfluß an Nahrung noch nicht umgehen können. Daher müssen die Verbraucher lernen, woher die Nahrung stammt. Sie können dann entscheiden, wie sie das notwendige Ziel der Nachhaltigkeit umsetzen. Wir alle haben es in der Hand, wie sich die Fischbestände der Meere in Zukunft entwickeln. Aber wir können darüber nur dann kompetent entscheiden, wenn wir über die Probleme der Ökosysteme informiert sind. Rodenbergs Buch liefert uns diese notwendige Information. Es ist zu hoffen, daß seine Leser nicht nur bei der Lektüre nachdenklich werden, sondern daß sie es auch noch vor den Kühltruhen der Supermärkte sind.

Hans-Peter Rodenberg: "See in Not". Die größte Nahrungsquelle des Planeten: eine Bestandsaufnahme. marebuchverlag, Hamburg 2004. 304 S., 322 Farb- u. S/W-Abb., geb., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.09.2004

Fische in Seenot
Für Gourmets und Wasserfreunde: alles über Meeresökologie
Im Fischgeschäft wird zum Ereignis, was die Grünen immer schon verlangen: die Preise sagen die ökologische Wahrheit. Kabeljau, einst ein weltweit gehandelter Fisch der armen Leute, ist zur teuren Delikatesse geworden. Die Bestände sind „überfischt”, ihre Erholung gefährdet. Alle Fischpreise spiegeln den Aufwand wider, der zum Fang nötig ist. Um 1,2 Tonnen Seelachs nördlich der Shetland-Inseln zu fischen, ist ein mittelgroßer Trawler zehn Tage mit 16 Mann Besatzung unterwegs, braucht 130 Tonnen Brennstoff, 25 Tonnen Frischwasser und 40 Tonnen Eis, damit der Fang frisch bleibt. Und wenn die Netze einigermaßen gefüllt sind, kostet allein das Ausladen in Cuxhaven, von wo aus halb Europa beliefert wird, 10 000 Euro. Für die wenigen verbliebenen deutschen Hochseefischer wird die Anfahrt zu ertragreichen Fanggründen immer länger und teurer. Kontrolleure prüfen an Bord, ob die Fangquoten eingehalten werden. Das Fischen in 200-Meilen-Zonen kostet Gebühren. Vorbei die „Freiheit der Meere”, das „Silber der See” ist erschöpft.
Noch vor wenigen Jahrzehnten galten die Ozeane als reich gefüllte Vorratskammern der maßlos anschwellenden Menschheit. Vom Schwertfisch zum Beispiel, für südliche Fischereinationen eine wichtige Nahrung, wurden 1948 weltweit 7000 Tonnen gefangen, heute jährlich 90 000 Tonnen. Andere große Fischarten sind an die Grenze der Reproduktionsfähigkeit gesunken. Es herrscht Alarmstimmung. „Fische in Seenot” heißt es in einem Themenheft der kirchlichen Zeitschrift „Der Überblick”, wo es um die Folgen für die Entwicklungsländer geht. Nur Staaten mit Seemacht können ihre Küstenfischer gegen die Konkurrenz der von weither kommenden hochgerüsteten Fangflotten verteidigen, die alles leer saugen. Das billige Öl machte es möglich, dass japanische Fabrikschiffe im Mittelmeer Thunfisch jagten.
Aus dem Jaucheteich
Ein umfassendes Bild vom Krisengebiet Weltmeer bietet Hans-Peter Rodenbergs Buch „See in Not”. Es breitet den reichen „Beifang” aus, der bei Reportagereisen für Spiegel TV ins Netz ging. Frei vom Bilderzwang und Zeitdruck des Fernsehens behandelt es Meeresforschung, Zoologie und Dynamik der Arten, maritime Ökologie, Kulturgeschichtliches zur Fischerei, Handelswege, Fangtechniken, Piraterie, soziale Probleme an Bord, Meeresverschmutzung, politische Konflikte und so weiter. Da bleibt kaum etwas unerörtert.
Spannung entsteht durch die Mischung von Reportage und Reflexion, Statistik, Bewertung und zoologischem Exkurs. Rodenberg kann komplizierte Sachverhalte verständlich darstellen. Wer gern in Gedanken zur See fährt und von rauen Stürmen liest, wird mitgenommen zu Beringmeer, Atlantik und Antarktis. Wer sich für die Ökologie im größten Biotop auf Erden interessiert, dem unendlichen Ozean mit seinen ungezählten regionalen Erscheinungsweisen, erfährt viel neues. Der Gourmet lernt etwas über die Arbeit der Geschmacksdesigner, oder alles über Sushi bis hin zur Technik japanischer Messerschmiede. Er liest aber auch, dass die Garnelen, die der Fernsehkoch so andächtig inszeniert, aus einem Teich kommen, dessen Wasser nie ausgetauscht wurde; die Delikatessen wachsen in ihrer eigenen Jauche auf, gemästet mit Fischmehlpillen und Antibiotika. Den westlichen Genießer stört das ebenso wenig wie die Ähnlichkeit der Speisekarte im feinen Fischrestaurant mit einer Roten Liste gefährdeter Arten.
Andererseits verdient ein thailändischer Bauer mit Garnelen vierzigmal soviel, wie wenn er auf der Teichfläche Reis pflanzt - da wird der Feinschmecker zum Entwicklungshelfer. Leider hinterlassen die Teiche versalzte und vergiftete Böden. Und das Fischmehl, das den auf kalten Büffets prangenden Zuchtlachs ergibt, entsteht aus Schwärmen kleiner Sandaale in der Nordsee und aus Anchovis vor der Küste Chiles und Perus; die fehlen nun den großen Fischen als Nahrung. Der Raubbau erfasst immer neue Glieder der maritimen Nahrungskette, und die Energie- und Proteinbilanz der Zucht von Meerestieren in Teichen und Käfigen ist negativ, doch der Bedarf sei nur so zu stillen, meinen Fachleute.
Rodenberg will uns nicht den Appetit verderben, jedenfalls nicht grundsätzlich. Er schildert, wie Fischstäbchen entstehen. Seelachsfilet wird zu Quadern im Format von Managerköfferchen gepresst und gefroren. Daraus sägen Maschinen, geometrisch optimiert, die Fischstäbchen. Die werden paniert, kontrolliert und geröntgt, damit keine Gräte durchschlüpft. Nur ein Drittel vom nordpazifischen Seelachs taugt dazu, zwei Drittel fliegen zurück ins Meer. Billigfisch werde nicht verarbeitet, das seien Gerüchte. Zwar nennt Rodenberg unter seinen Helfern auch Firmen, die wir aus der Tiefkühltruhe im Supermarkt kennen, aber daraus auf Befangenheit des Autors zu schließen, wäre voreilig. Er schildert und befürwortet Bemühungen, Fische aus nachhaltigem Fang mit einem Gütesiegel zu versehen, das diese Firmen zu Werbezwecken erwerben möchten.
Bei Knappheit wird aber erst einmal nicht geschont, sondern geholt, was noch zu holen ist. Da ist die Mafia dabei. Sie kontrolliert weitgehend den Handel mit Kaviar und Haifischflossen. Raubfischer schneiden sie den Tieren noch auf See ab, die verstümmelten Körper verenden hilflos im Meer. Südafrika, vor dessen Küsten die meisten Haie gefangen werden, bekämpft diese Barbarei. Nur sind Haie aus altem Matrosenvorurteil - erst recht seit Spielbergs Film „Der weiße Hai” - unsympathisch und haben, anders als Wale, kaum Verteidiger. Und weil reiche Narren sich von Haifischflossensuppe (120 Euro die Tasse) Potenz versprechen, sind einige Arten der eleganten und ökologisch nützlichen Jäger gefährdet. In Hongkong, dem Zentrum des Handels, wurden 1999 allein an Flossen 7000 Tonnen legal exportiert; die Mafia schmuggelte ein Vielfaches.
Der Gesamteindruck, den das materialreiche Buch hinterlässt, ist der, dass die Ozeane trotz ihrer oft wilden Oberfläche nicht mehr der Wildnis zugehören, dass ursprüngliches, sich selbst regulierendes Leben selten geworden ist. Die industrielle Massenproduktion einstiger Wildformen greift in die Artenverteilung des maritimen Lebens ein, wenn zum Beispiel Zuchtlachse ausbrechen oder bei Seuchen freigelassen werden und sich mit Wildlachsen kreuzen. Das verändert geordnete Genbestände, und die Artenvielfalt schrumpft ebenso, wie wenn alte Landrassen von Nutzpflanzen verschwinden. Rodenberg beschreibt aber auch viele Beispiele für erfolgreiches Bemühen gegen erkannte Gefahren. Der Gedanke, dass die Meere Schonung brauchen, setzt sich langsam durch. Die leeren Netze sprechen.
CHRISTIAN SCHÜTZE
HANS-PETER RODENBERG: See in Not. Marebuchverlag/Spiegel TV 2004. 307 Seiten, zahlr. Abb., 29,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Bei Hans-Peter Rodenberg bleibt "kaum etwas unerörtert", schreibt Christian Schütze: "Meeresforschung, Zoologie und Dynamik der Arten, maritime Ökologie, Kulturgeschichtliches zur Fischerei, Handelswege, Fangtechniken, Piraterie, soziale Probleme an Bord, Meeresverschmutzung, politische Konflikte" - alles, was für das Thema von Belang ist, wird herangezogen und kompetent aufbereitet, doch das macht den Befund nicht beruhigender: Die Weltmeere und ihre Fauna sind ernsthaft gefährdet, und Schuld trägt vor allem die industrielle Großfischerei. Schütze hebt jedoch zugleich lobend hervor, dass der Autor keineswegs zum Alarmismus neigt, sondern auch das zunehmende ökologische Bewusstsein bei den Verantwortlichen hervorhebt. Rodenberg will uns "den Appetit nicht verderben, jedenfalls nicht grundsätzlich", und wägt daher zwischen verantwortlicher Befischung und Raubbau (Stichwort: Haifischflossenmafia) ab. Außerdem kann er Kompliziertes einfach darstellen und bietet eine spannende Mischung aus "Reportage und Reflexion, Statistik, Bewertung und zoologischem Exkurs", die den Seefahrtsromantiker ebenso anspricht wie den Gourmet, der sein Sushi und seine Garnelen schätzt, lobt der Rezensent. Fazit: Die Ozeane sind keine Wildnis mehr - doch sie sind auch nicht verloren.

© Perlentaucher Medien GmbH