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Colum McCann wollte seine Geschichte mit dem Meer schreiben, doch jedes Mal, wenn er sich daran machte, blieb das Blatt vor ihm weiß. Er war sich stets sicher, dass es sie gab, diese seine Geschichte mit dem Meer, doch immer wieder entglitt sie ihm. Bis er eines Tages begriff, dass er sie bereits geschrieben hatte: "Jedes Mal, wenn ich an diese Geschichte dachte, kehrte ich in Gedanken zu der kleinen Stadt in Galway zurück, die ich vor vielen Jahren für meine Erzählung Hungerstreik erfunden habe." Der Schlüssel zu der Geschichte, die Colum McCann nie aufschreiben konnte, liegt in einer anderen Geschichte verborgen. Dieses Buch erzählt sie beide.…mehr

Produktbeschreibung
Colum McCann wollte seine Geschichte mit dem Meer schreiben, doch jedes Mal, wenn er sich daran machte, blieb das Blatt vor ihm weiß. Er war sich stets sicher, dass es sie gab, diese seine Geschichte mit dem Meer, doch immer wieder entglitt sie ihm. Bis er eines Tages begriff, dass er sie bereits geschrieben hatte: "Jedes Mal, wenn ich an diese Geschichte dachte, kehrte ich in Gedanken zu der kleinen Stadt in Galway zurück, die ich vor vielen Jahren für meine Erzählung Hungerstreik erfunden habe." Der Schlüssel zu der Geschichte, die Colum McCann nie aufschreiben konnte, liegt in einer anderen Geschichte verborgen. Dieses Buch erzählt sie beide.
Autorenporträt
Colum McCann wurde 1965 in Dublin geboren. Er arbeitete als Journalist, Farmarbeiter und Lehrer und unternahm lange Reisen durch Asien, Europa und Amerika. für seine Erzählungen erhielt McCann, der heute in New York lebt, zahlreiche Literaturpreise, unter anderem den Hennessy Award for Irish Literature sowie den Rooney Prize.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.02.2005

Der harte Sound einer harten Zeit
Träumen läßt sich nur vom Meer und vom Buch: Colum McCanns nordirischer Bürgerkrieg

Der junge Mann und das Meer: Das ist die Geschichte, die der in New York lebende Ire Colum McCann auf knapp 120 Seiten gleich dreimal erzählt, gerade weil er sie nicht erzählen kann. In der Reihe Marebibliothek - "Autoren erzählen ihre Geschichte vom Meer" - sucht McCann sie zuerst im autobiographischen Blick zurück: "Im Grunde war es mit dem Meer wie mit meiner Familie: Beide waren da, doch ich war mir ihrer nie wirklich bewußt." Dann im autobiographischen Blick nach vorn: Wind und Wellen, U-Boote und deutsche Offiziere, junge Männer und ihre sprachlosen Freundschaften, "die Sinnlosigkeit unserer Kriege", "die Irrwege verlorenener Liebe", "die Schönheit der Aufopferung", all dies scheint sich zu einem narrativen Seestück zu fügen - der 1965 in Dublin geborene Autor träumt von einem Meeresroman.

Aber er verheddert sich zusehends in einem Alptraum aus fiktionalen Verquältheiten, bis ihm eines Tages aufgeht, daß er die Geschichte seiner Träume ja längst schon geschrieben hat. Sie heißt "Hungerstreik", erschien auf deutsch vor drei Jahren in dem Erzählband "Wie alles in diesem Land" ("Everything In This Country Must", 2000) und ist jetzt als titelgebender, dritter Teil des Buchs unverändert noch einmal abgedruckt worden.

"Ein leuchtend gelber Fleck auf dem grauen Stoff des Meers" - ein Kajak - ist das erste, was dem Jungen in die Augen sticht, nachdem ihn seine Mutter in die kleine Stadt in Galway mitgenommen, mitgezwungen hat, weit weg von den Unruhen in Derry und von seinem Onkel, der dort im Gefängnis sitzt. Vier aus dem Zellenblock H haben sich bereits zu Tode gehungert, IRA-Mitglieder, die um den Status als politische Häftlinge kämpften. Nun hat sich Kevins Onkel dem Hungerstreik angeschlossen.

Die Eskalation des nordirischen Bürgerkriegs im Jahr 1981 bildet den Hintergrund von "Hungerstreik"; und sie bleibt im Hintergrund, auch wenn Kevin, aus dessen Perspektive wir die Tage im Provinznest erleben, kaum an etwas anderes denken kann. "Zu Hause im Norden hatte er abends nie auf die Straße gehen dürfen, aber hier, im Sand, begann er seinen eigenen Aufstand." Dieser muß allerdings versanden: Mal wirft Kevin Steine nach einem Pfahl im Hafen, beschimpft ihn, besiegt ihn, diesen Soldaten mit Londoner Schnauze. Mal knetet er aus Brot eine Königin, ersticht sie mit seiner Gabel und verschlingt sie. Schließlich, nach dem Tod seines Onkels, wird er das Kajak steinigen, jenes quietschgelbe Gefährt, in dem er jeden Tag für ein paar Stunden aus dem ganzen Elend hinausgepaddelt war.

Colum McCanns Meeresnovelle ist ein Meisterstück über die Fronten hinter der Front und über das Leben und Überleben zwischen Feindbildern und Friedensphantasien. Wie nicht nur in diesem Land belauern in "Hungerstreik" die Jungs die Mädchen am Strand und fassen sich in die Hosen. Sie hören Musik, hängen in Spielsalons ab, fahnden nach Zigarettenkippen und nach dem Zauber des Erwachsenseins.

Nie hat McCann politischer geschrieben als hier, in diesem privaten Kammerspiel über einen Halbstarken und seine Mama in einem Wohnwagen. In dem Séparée gibt es kein Seemannsgarn und keine Sentimentalitäten, sondern nur den harten Sound einer harten Zeit. Weich, verweichlicht, klingt das Buch bloß da, wo der genuine Erzähler McCann sich selbst erklärt (und dabei zum Beispiel im Saint-Exupéry-Zitatenfundus kramt), anstatt - zu erzählen. Dort dagegen, wo er beobachtet und protokolliert, schnörkellos, streng und klug wie stets, dort sind sie zeitlos, seine Momentaufnahmen aus vergangener Zeit, aus fremder Kindheit und aus der eigenen: Seestücke wie Muscheln am Ohr.

Colum McCann: "Hungerstreik". Zwei Seestücke. Aus dem Englischen übersetzt von Dirk van Gunsteren. Marebuchverlag, Hamburg 2004. 114 S., geb., 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.12.2004

Ein Geschenk der Schlichtheit
Mehr kann man mit weniger nicht machen: Colum McCanns „Hungerstreik”
Zwei Seestücke sind es eigentlich nicht, die das neue Büchlein aus der Marebibliothek anbietet, sondern nur eines mit Einleitung, und nicht mal diese hätte die großartige Novelle „Hungerstreik” von Colum McCann nötig gehabt. Wir befinden uns in Irland, Anfang der 80er-Jahre, eine Zeit höchster politischer Spannungen zwischen Protestanten und Katholiken. Von Belfast bringt eine Mutter ihren vierzehn Jahre alten Jungen im Wohnwagen nach West-Irland in Sicherheit. Galway, das sind Sonne, Türmchen, grüne Briefkästen, „der schrille Beifall der Möwen, die Berge, die sich in der Ferne aneinander reihten wie ein Geschenk der Schlichtheit.”
Eine raue, abgeschiedene Idylle, in die der nordirische Krieg von außen hereingreift und sich des verwirrten Jungen bemächtigt. Sein Onkel, nach dem Tod des Vaters die einzig verbliebene Identifikationsfigur, blieb im Gefängnis von Belfast zurück und befindet sich dort in einem hoffnungslosen Hungerstreik. Obwohl er ihn nie traf, verehrt der Junge diesen Onkel und beschließt, nichts mehr zu essen. Fern von Belfast imaginiert er sich selbst als Freiheitskämpfer für den irischen Freistaat. Das Verhältnis zu seiner Mutter ist von Misstrauen, Zärtlichkeit und Eifersucht geprägt. Nur das alte litauische Ehepaar, bei dem er das Kajakfahren lernt, bringt eine andere Seite seiner Sehnsucht hervor. Colum McCann zeigt einmal mehr eminentes literarisches Können.
„Hungerstreik” ist die Verwebung einer Geschichte vom Erwachsenwerden mit einer Schilderung von den Auswirkungen, die politischer Fanatismus selbst aus der Ferne noch auf das Leben eines Menschen haben kann. Mit bewundernswerter Präzision schildert McCann, wie sich die Wut des einsamen Jungen langsam aufstaut, mit der aufkeimenden Aggressivität des Halbstarken vermischt und in kleinen Gewalttaten ihre Ziele sucht; wie der Idealismus in ihm aufsteigt, und doch gleich wieder erstirbt. „Stark” soll er sein, lässt seine Grandma dem Jungen ausrichten, und er fragt sich, „ob er in einem einzigen Wort zwei verschiedene Menschen sein konnte, ein Junge und ein Mann”. So einfach Colum McCanns Schreiben ist, so effektiv ist es auch – mehr kann man mit weniger nicht machen. Wie die Berge am Rande der Stadt Galway reihen sich seine Sätze aneinander – ein Geschenk der Schlichtheit.
SEBASTIAN HANDKE
COLUM McCANN: Hungerstreik. Zwei Seestücke. Aus dem Irischen von Dirk van Gunsteren. Marebibliothek, Hamburg 2004. 115 Seiten, 18 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit einem vorweihnachtlichen "Geschenk der Schlichtheit" wurde Sebastian Handke bedacht: Colum McCanns"zwei Seestücke", die eigentlich keine zwei sind. Denn das neue Bändchen aus der Marebibliothek besteht nur aus der Novelle "Hungerstreik" und einer dazugehörigen Einführung. Das Seestück mit Einführung handelt von einem irischen Jungen, der es Anfang der 80er Jahre seinem in Belfast inhaftierten Onkel gleichtut und in den Hungerstreik tritt. In der abgeschiedenen und rauen westirischen Idylle, wohin er aus Sicherheitsgründen von seiner Mutter gebracht wurde, imaginiert sich der verwirrte Junge als Freiheitskämpfer für den irischen Freistaat. Der Autor habe mit "Hungerstreik" eine Geschichte vom Erwachsenwerden verknüpft "mit einer Schilderung von den Auswirkungen, die politischer Fanatismus selbst aus der Ferne noch auf das Leben eines Menschen haben kann". Die asketische Art und Weise, wie McCann das bewerkstelligt hat, verdient den vollen Respekt des Kritikers. Mit bewundernswerter Präzision schreibe der Autor so einfach wie effektiv - "mehr kann man mit weniger nicht machen".

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