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Über Gregor Hens schrieb die Süddeutsche Zeitung:
"Himmelssturz war sein erster Roman, und wenn das ein Debüt war, wollen wir mehr Debüts von Gregor Hens."
Voila:
Nach seinem fulminanten Roman hat Gregor Hens mit Transfer Lounge jetzt deutsch-amerikanische Geschichten geschrieben, in denen er mit scharfer Beobachtungsgabe die Grenzen zwischen Vertrautem und Unbekanntem vermisst. Mit der ihm eigenen Sprache von bestechender Klarheit und souveräner Eleganz hat Gregor Hens ein feines Netz transatlantischer Geschichten gewoben, in denen er von Menschen erzählt, die den Ozean überqueren, zwei zuverlässige Begleiter im Gepäck: die Liebe und den Tod.…mehr

Produktbeschreibung
Über Gregor Hens schrieb die Süddeutsche Zeitung:

"Himmelssturz war sein erster Roman, und wenn das ein Debüt war, wollen wir mehr Debüts von Gregor Hens."

Voila:

Nach seinem fulminanten Roman hat Gregor Hens mit Transfer Lounge jetzt deutsch-amerikanische Geschichten geschrieben, in denen er mit scharfer Beobachtungsgabe die Grenzen zwischen Vertrautem und Unbekanntem vermisst. Mit der ihm eigenen Sprache von bestechender Klarheit und souveräner Eleganz hat Gregor Hens ein feines Netz transatlantischer Geschichten gewoben, in denen er von Menschen erzählt, die den Ozean überqueren, zwei zuverlässige Begleiter im Gepäck: die Liebe und den Tod.
Autorenporträt
Gregor Hens, geb. 1965 in Köln, studierte Sprach- und Literaturwissenschaften in Bonn, Missouri und Kalifornien (Berkeley). Er lebt in Columbus/Ohio, wo er Germanistik lehrt, und in Berlin. Sein erster Roman, 'Himmelssturz', wurde als »Meisterwerk« (Süddeutsche Zeitung) gefeiert.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.04.2003

Risse im Kostüm
Gregor Hens’ Erzählband „Transfer Lounge”
Die eigentliche Kunst zeige sich an den Nähten. Wochen hatte der junge Paul dazu gebraucht, die Karosserien der Autos mit dem Brenner auseinander zu schneiden. Aus den zahllosen Einzelteilen, aus den Dächern, Motorhauben und Kotflügeln mit ihren scharfen Kanten sollte er dem „Chef” ein Cabriolet bauen – anders war das Vertrauen des Alten nicht zu gewinnen. Also schweißte Paul, was das Zeug hielt, ließ sich weder von der prallen Sonne noch von der staubigen Luft beeindrucken, die über dem Parkplatz am Rande von Brownsville, Texas, lag. Am Ende stand der Wagen aufgebockt in der Hitze, unlackiert und schmutzig. Doch als der Chef das Werk genau beäugt hatte, setzte er seine Hand auf das Blech, fuhr langsam über die Schweißnähte und sagte: „Mein Sohn, das ist ein starkes Stück.”
Wenn der Mechanikerlehrling Paul LaFountain und sein Erfinder Gregor Hens eines gemeinsam haben, dann ist es die Kunst, aus gebrauchten Materialien etwas Neues zu schaffen, das im Idealfall von einem eigenen Stil kündet. Wo dem jungen Protagonisten aus der Geschichte „Der Schweißer” die Schrottteile leicht zur Hand sind, da greift der Schriftsteller auf den Fundus der literarischen Tradition zurück. Gregor Hens, der in den USA Germanistik unterrichtet, ist ein äußerst sprachbewusster Autor, seine Texte entwickelt er stets in Tuchfühlung mit anderen Erzählfigurationen – das zeigte schon sein Debütroman „Himmelssturz” aus dem letzten Jahr, dessen Anspielungsnetz von Goethes „Wahlverwandtschaften” bis zu den Textspiralen Thomas Bernhards reicht. Auch die vierzehn Erzählungen, die er nun unter dem Titel „Transfer Lounge” vorlegt, fußen auf einer Architektonik des Verweises. Die besten von ihnen verschmelzen die angesammelten Stimmen tatsächlich zu „starken Stücken”, auf der Haut anderer Texte indes lassen sich deutlich die Nahtstellen erkennen.
Es sind Erfahrungen des Fremdseins, die diesen Geschichten ihre Atmosphäre verleihen, ausgeblichene Erinnerungen und verschleppte Hoffnungen, in die plötzliche Veränderungen brechen. Viele der Figuren haben lange Zeit an Universitäten verbracht, sie zitieren Kleist und Bachmann oder schreiben wissenschaftliche Aufsätze. Vielleicht deshalb räsonieren sie gerne über die Risse in jenem Kostüm, das sich Leben nennt, oder über die Tücken der Sprache. Und vielleicht deshalb sehnen sie sich nach dem „winzigen Augenblick der Wiederkehr, der Wiederherstellung des Verlorengeglaubten”, von welchem einmal die Rede ist.
Am elegantesten entfaltet Gregor Hens diese Konstellation in der Erzählung „Alexander Valley”. Wie so oft bei Hens sind es drei Figuren, deren Begegnung vor einem einschneidenden Ereignis Gestalt gewinnt. Peter, ein ernüchterter ehemaliger Nervenarzt, der seit langem Psychobiographien über „geniale Gestalten” schreibt, arbeitet an einem Buch über den schizophrenen Tänzer Waslaw Nijinsky. Er erfährt Unterstützung von seiner geliebten Frau Celine und dem erzählenden Ich, dessen Identität offen bleibt. Doch Peter leidet an einer schweren Krankheit, die vielleicht nur der körperliche Ausdruck seiner geistigen Zerrissenheit ist. Keineswegs linear erzählt Hens diese Geschichte, vielmehr entwirft er eine raffinierte Miniatur aus kleinen Szenen und wissenschaftlichen Einsprengseln, die sich gegenseitig kommentieren. In den Spiegelungen der Erzählung scheinen nicht nur Spuren von Eifersucht oder geistigen Grenzzuständen auf, sondern auch die Gesichter Schnitzlers und Musils.
Jene Suche nach einem „anderen Zustand”, die Musil in seinem Schreiben umkreist hat, die Suche nach einer ganzheitlichen Weltwahrnehmung, die zuweilen im Alltäglichen aufblitzt – sie bildet auch den Fluchtpunkt dieser Erzählungen. Werden manche Figuren durch verstörende Ereignisse aus ihren alten Ordnungen gesprengt, so verfolgen andere ihr Glück auf Reisen, in eklektizistischen Interieurs oder in Kindheitserinnerungen. „Hubertusgut” etwa erzählt von einem weit gereisten Mann, der nach der Rückkehr in seine Heimatstadt die verlorene Welt wieder aufbauen will. Wie bei Thomas Bernhard gehen hier Gedächtniskunst und Architektur eine schillernde Symbiose ein. In einigen Texten jedoch sind die Anspielungen weniger geschmeidig. So lehnt sich Hens in „Mein Jakutien” zu sehr an die bernhardsche Suada an, und die Erzählung verrät schließlich selbst, an was sie leidet: „das ist alles Zitat. Zusammengewürfelt und Zitat.”
In Wartehallen
Interessanter wird es dort, wo der Autor den Schnitt ins Leben seiner Figuren vor der Kulisse der nordamerikanischen Landschaft setzt, also gleichsam Kleist mit Nabokov kreuzt. In der knappen Beschreibung öder Provinzorte oder staubiger Parkplätze gelingt es Hens ganz unaufdringlich, die nervösen Stimmungen seiner Protagonisten zu vermitteln, auch ihr verzweifeltes Bemühen um Verständigung. Letztlich wollen sie alle jenem lähmenden Zwischenzustand entkommen, der sich in den vielen Flugplätzen und Bahnhofswartehallen spiegelt.
Störend allerdings wirkt Hens’ Versuch, seine Prosa an die Tagesaktualität zu binden, zumal in deren katastrophischer Ausformung. Während er in „Anita Simmons” mit der platten Nachschreibung einer Schulgeiselnahme tatsächlich Schiffbruch erleidet, verrät er in „Himmlische Erde” eine rissige, mit der Bachmann flüsternde Manhattan Love Story ein ums andere Mal an den „rauchenden Krater” von Ground Zero. Dabei zeigt dieser Autor mit seiner metallischen Sprache bisweilen so genau, wie unscheinbar die Auslöser von Veränderungen sein können. Manchmal reicht eine Erinnerung, manchmal eine gut geschweißte Naht.
NICO BLEUTGE
GREGOR HENS: Transfer Lounge. Deutsch-amerikanische Geschichten. marebuchverlag, Hamburg 2003. 144 Seiten, 18 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2003

Der rote Faden ist die Zündschnur
Zu allem bereit: Gregor Hens als Sprengmeister der Individualität / Von Ingeborg Harms

Ein knappes Jahr nach seinem Debütroman "Himmelssturz" (F.A.Z. vom 15. Juni 2002) legt der in Ohio als Germanistikprofessor lebende Kölner Gregor Hens einen Erzählband vor. Der Verdacht, es könnte sich um eine schnell nachgeschickte Sammlung von Schubladentexten handeln, verflüchtigt sich bald, auch wenn die kleinen, unscheinbaren Geschichten rhetorisch keineswegs um Leser buhlen. So spröde und intensiv, gleichsam mit angehaltenem Atem, wie die Liebesgeschichte in Hens' erstem Buch erzählt wird, geben sich auch diese Texte. Sie handeln von Leidenschaft und Gewalt, von Egoismus und Empathie, von plötzlichen Wendepunkten im Leben.

Modern sind sie nicht nur, weil sie Krisen zum Anlaß nehmen und von ihnen mit dem Gleichmut der sensationsgesättigten Gegenwart berichten, sondern auch, weil diese Prosa raffiniert und reflektiert ist und nicht zuletzt, weil sich die Sammlung historisch genau verortet. Sprache und Existenz schließt schon der erste Beitrag kurz, in dem ein New Yorker Lyrikredakteur, den ein Hirngerinnsel in ein Koma versetzt hat, vom örtlichen Hafenmeister besucht wird. Jamie, die Schwester des Patienten, läßt den unbekannten Mann an ihren Bruder eingesandte Gedichte lesen. Und während der Kranke aufwacht und das Sprechen wieder erlernt, taucht der lebensmüde, aus dem belgischen Kongo stammende Besucher zum ersten Mal in die Geheimnisse der Worte ein, begreift, daß es dort Verwandtschaften und erregende Verbindungen gibt, von denen sein einsamer Alltag nichts wußte.

Diese reflektierte Prosa zeigt immer wieder die Fragwürdigkeit traditioneller Loyalitäten und Lebensformen. Zu sich selbst finden Hens' Figuren nicht auf ausgetretenen Pfaden und in bewährten Mustern, sondern erst durch den Schock. Der dem Katastrophendichter Heinrich von Kleist offen seine Reverenz erweisende Autor geht davon aus, daß wir gemeinhin in Illusionen leben. Die titelgebende Erzählung handelt in geradezu perfider Weise von einem transatlantischen E-Mail-Austausch zwischen einer deutschen Mutter und ihrem nach Amerika gezogenen Sohn. Während Sylvia von einem idyllischen Weihnachtsfest träumt und bereit ist, Lukas den Flug zu zahlen, versteht er sich als cooler Typ, der die Festtage Haschisch rauchend in einem ausgestorbenen Alpendorf verbringen möchte. Um ihre jeweiligen Phantasmen zu realisieren, verhandeln die beiden härter als jeder Banker und führen so nicht nur Sylvias familiäres Liebesideal, sondern auch des Sohnes Freiheitsethos ad absurdum.

Die Schlüsselerzählung des Bandes - eine intensive Auseinandersetzung mit Ingeborg Bachmanns Hörspiel "Der Gute Gott von Manhattan" - heißt "Himmlische Erde". Auch sie dreht sich Szene für Szene um ein Liebespaar, das von einem New Yorker Hotelzimmer ins andere zieht und dabei immer höher steigt. Während der Mann wie bei Bachmann Jan heißt, gönnt Hens der Frau den neuen Namen "Melanie". Nur die Frau hat sich verändert, der Mann ist der alte, der Liebesverräter geblieben. Während bei Bachmann die Amour fou mit einem Bombenanschlag endet, der Jennifer auf ihrer Hochhausetage zerfetzt, hat bei Hens der Terror schon stattgefunden. Die Erzählung ist in den Tagen unmittelbar nach dem 11. September angesiedelt. Die Ausnahmesituation gibt den beiden im Literaturbetrieb tätigen, einander persönlich unbekannten Protagonisten den Mut, sich telefonisch in der Grand Central Station zu verabreden. Der Autor nimmt das künstliche Glühbirnenfirmament, das die zentrale Halle überspannt, zum Anlaß, um die Begegnung der beiden metaphorisch als Desaster zu gestalten. Jan umkreist die wartende Melanie immer schneller, fast flog er "in ihr Blickfeld hinein und dachte, daß er gleich stürzen müßte, abstürzen in die Atmosphäre und verglühen wie Weltraumschrott".

Doch während Melanie die Fatalität der Begegnung erfaßt und ihr Geld in die Finanzierung der Hotelzimmer steckt, spart Jan seine Reserven und belügt sie. In riskanter Engführung mit dem World-Trade-Center-Attentat, dessen Ruine den Hintergrund der Geschichte mit ihren Rauchwolken verdunkelt, erzählt Hens von der Wucht der Liebe, zu der die Kaltblütigkeit des Mannes gehört, der ohne Rücksicht auf Schäden zum Geschoß wird, um ernüchtert eine Woche später abzureisen. Und er handelt von weiblicher Hingabe, die zu verbrennen bereit ist und nur so den Plan aufgehen läßt, bei dem "Wiederkehr nicht zählt".

Wie eine Intarsie hat Hens einen kunstgeschichtlichen Splitter im Text versteckt. Als Melanie von ihrer Kindheit auf einer Farm in Massachusetts erzählt, beschreibt sie eine Szene, die mit "Christina's World", Andrew Wyeths berühmtem Gemälde einer bewegungsunfähigen Frau in ausgedörrter Landschaft, identisch ist. Mit diesem amerikanischen Realisten teilt Gregor Hens die unheimliche Präsenz und das Vakuum, das seine dem schicksalhaften Zufall ausgesetzten Gestalten umgibt.

Gleichviel, ob ein Zug entgleist oder ein Kirchturm zusammenbricht, immer sind es bei Hens unvorhergesehene Erschütterungen, die die Konsistenz des Individuums sprengen und es - wie in Kleists "Erdbeben in Chili" - durch eine Lücke der Verhältnisse in einen anderen Zustand entkommen lassen, wo keine Vernunft mehr gilt, wo sich das Ich in Tränen verflüssigt und das Risiko die einzige Spielregel bleibt. Erstaunlich ist die Ökonomie, mit der Hens sein Netz der Aperçus spannt und am Ende die anarchische, tückische Schönheit des widerspenstigen Lebendigen erbeutet. Seine "deutsch-amerikanischen Geschichten" geben eine literarische Antwort auf die New Yorker Terror-attacke. Denn sie stellen sich dem Reiz der Selbstauslöschung und der Sehnsucht nach einer umwälzenden Zäsur, die dem gepflegten Mittelmaß ein Ende macht. Hens baut sie nicht aus Biographien, sondern aus Situationen auf. Weil es nur oberflächlich um spezifische Daseinsformen geht, in Wahrheit aber um den novellistischen Bruch mit der Kontinuität, richtet sich diese Prosa an all jene, die an der zähen Folgenlosigkeit der Spätmoderne leiden. Vergeßt die ganzheitlichen Entwürfe, scheint er zu sagen, es sind die Scherben, aus denen das Glück blitzt.

Gregor Hens: "Transfer Lounge". Deutsch-amerikanische Geschichten. marebuchverlag, Hamburg 2003. 143 S., geb., 18,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Für Rezensentin Ingeborg Harms richten sich diese Erzählungen an all jene, "die an der Folgenlosigkeit der Spätmoderne leiden". Dabei findet sie die Erzählungen "so spröde und intensiv, gleichsam mit angehaltenem Atem erzählt", wie das erste Buch des "in Ohio als Germanistikprofessor" lebenden Kölner Autors. Harms zufolge handeln die Geschichten "von Leidenschaft und Gewalt, von Egoismus und Empathie, von plötzlichen Wendepunkten im Leben". Auch zeigt diese reflektierte und raffinierte Prosa ihr immer wieder die "Fragwürdigkeit traditioneller Loyalitäten und Lebensformen". Ihre kurzen Handlungsskizzen der Erzählungen belegen klar, warum die Rezensentin sie modern und jeweils "historisch genau verortet" findet. Besonders hebt sie dabei die intensive Auseinandersetzung mit Ingeborg Bachmanns Hörspiel "Der Gute Gott von Manhattan" in einer Schlüsselerzählung des Bandes hervor, die, wie wir lesen, am Tag nach dem 11. September angesiedelt ist.

© Perlentaucher Medien GmbH"
"Ein Meisterwerk ist ihm da gelungen, anspielungsreich und transparent zugleich, ein Buch über Einsamkeit, Angst, die Wonnen und den Schrecken der Liebe." Welt am Sonntag