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Die Geschichte der Medizin spiegelt den Umgang mit dem kranken Menschen, mit Elend und Siechtum. Kaum eine Berufsgruppe geht so nahe an menschliche Tabugrenzen wie Ärzte und Krankenschwestern. Die moderne Medizin hat in ihrer 500-jährigen Geschichte ein riesiges Arsenal an Strategien und Techniken entwickelt, um der Bedrohung durch Elend, Schmerz und Tod Herr zu werden. Der Patient ist ihr derweilen entglitten. Er wurde (und wird) in Anamnese, Untersuchung und Diagnose in Bestandteile zerlegt und jedweder Individualität beraubt. Die Fortschritte der modernen Medizin sind somit teuer erkauft.…mehr

Produktbeschreibung
Die Geschichte der Medizin spiegelt den Umgang mit dem kranken Menschen, mit Elend und Siechtum. Kaum eine Berufsgruppe geht so nahe an menschliche Tabugrenzen wie Ärzte und Krankenschwestern. Die moderne Medizin hat in ihrer 500-jährigen Geschichte ein riesiges Arsenal an Strategien und Techniken entwickelt, um der Bedrohung durch Elend, Schmerz und Tod Herr zu werden. Der Patient ist ihr derweilen entglitten. Er wurde (und wird) in Anamnese, Untersuchung und Diagnose in Bestandteile zerlegt und jedweder Individualität beraubt. Die Fortschritte der modernen Medizin sind somit teuer erkauft. Bernhard Kathans "andere Geschichte der Medizin" ist eine kritische Beleuchtung der medizinischen Fortschrittsgeschichte. Von den Sektionen am Beginn der Neuzeit über die frühen Kliniken bis hin zur hochtechnisierten Medizin hat sich jeweils das behauptet, was half, eine möglichst große Distanz zum Patienten zu gewährleisten. Allerdings trägt auch der Arzt die Kosten dieser Organisation. Er bezahlt seine scheinbare Sicherheit mit einer unvorstellbaren Betriebsamkeit, die notwendig ist, um über jene Zweifel hinwegzutäuschen, die seine Arbeit begleiten.
Autorenporträt
Bernhard Kathan, geb. 1953, lebt als Sozialwissenschaftler, Publizist und Künstler in Innsbruck. Er verknüpft in seiner Arbeit kulturhistorische Studien mit der Analyse von Alltagsphänomenen der Gegenwart.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Seit sich die Kulturwissenschaften mit der Medizin beschäftigen, "stellt sich diese weniger als Erfolgsstory, sondern eher als ein Panoptikum von Abgründen dar", beobachtet Arno Orzessek. In dieser Tradition sieht er auch das Buch von Bernhard Kathan, das an einer interessanten Schnittstelle von Prosa und Essay angesiedelt ist. Der Wissenschaft der Medizin wird darin zwar kaum Gerechtigkeit getan, ihre Errungenschaften kommen darin gar nicht vor. Die Defizite stehen eindeutig im Vordergrund: "Bei Kathan wird Medizingeschichte zum Spiegel mannigfaltiger Verlusterfahrungen der Moderne". Trotzdem findet der Rezensent das Buch ausgesprochen gelungen - je nach Zielgruppe lehrreich ebenso wie vergnüglich: "dem Laien zur Belehrung, dem Fachpublikum zum Vergnügen." Was will man mehr.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.05.2003

Den Hunden gewidmet
Bernhard Kathans Nachtstück
über die moderne Medizin
Seit sich die Kulturwissenschaften auf die Geschichte der Medizin geworfen haben, stellt sich diese weniger als Erfolgsstory, sondern eher als ein Panoptikum von Abgründen dar. So auch bei dem Soziologen und Künstler Bernhard Kathan. Er hat ein originelles Nachtstück über den Prozess der Entfremdung von Ärzten und Patienten geschrieben. Kathan widmet sein Buch den Hunden, die einst bei lebendigem Leibe seziert wurden, aber er meint die verängstigten Menschen in den anonymen Apparaturen der Medizintechnik.
Kathan schreibt vom Sündenfall her, nämlich von der „Isolierung des Körpers” als dem Anfang der modernen Heilkunst im 16. Jahrhundert. Die Leichen kamen auf den Seziertisch und das Geheimnis des Lebens wurde eine Frage der Anatomie. Der „Zerlegung des Körpers folgte die Zerlegung der menschlichen Beziehungen” (K. Mollenhauer) in der erschütternder Ordnung der Klinik, in der „das kalte Auge” des Doktors mal schamlose, mal kontrollierende Blicke warf, bis dank technischer Hilfsmittel selbst noch dieser Kontakt kaputt ging und zwischen Facharzt und Patient die undurchdringliche Scheidewand aus Röntgenbildern und Elektrokardiogrammen errichtet wurde. Das Ergebnis: Unendliche Verlassenheit hier, unvorstellbare Betriebsamkeit dort.
Bei Kathan wird Medizingeschichte zum Spiegel mannigfaltiger Verlusterfahrungen der Moderne. Er tut die löblichen Aspekte am Fortschritt in Nebensätzen ab und konstatiert verschwörerisch, wir könnten uns vom manifesten Gesundheitssystem so wenig befreien wie ein Zwangsneurotiker von seiner Neurose durch seine Neurose. Trotzdem ist Kathan kein Reaktionär und Bilderstürmer, sondern ein besorgter Fachmann für die Kehrseite der Medaille. Sein knappes Werk besticht durch die Komposition von Kultur- und Kunstwissenschaft, von Essay und Prosa - dem Laien zur Belehrung, dem Fachpublikum zum Vergnügen. Es ist ein schönes Lesebuch für das existenziell angefressene Individuum vor dem nächsten Gang zum Arzt – für den Arzt dagegen eine herbe Provokation.
ARNO ORZESSEK
BERNHARD KATHAN: Das Elend der ärztlichen Kunst. Kulturverlag Kadmos, Berlin 2002. 269 Seiten, 17,50 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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"Der Sozialwissenschaftler Kathan hat mit dem vorliegenden Buch eine vorzüglich geschriebene Arbeit verfasst, (...)." (diepresse.com)

" ...wer sich aus einer geschichtlichen Perspektive für den Umgang der Medizin mit dem menschlichen Körper interessiert, dem kann Bernhard Kathans historischer Essay 'Das Elend der ärztlichen Kunst' wärmstens empfohlen werden." (STZ)

"Sein knappes Werk besticht durch die Komposition von Kultur- und Kunstwissenschaft, von Essay und Prosa - dem Laien zur Belehrung, dem Fachpublikum zum Vergnügen. Es ist ein schönes Lesebuch für das existenziell angefressene Individuum vor dem nächsten Gang zum Arzt - für den Arzt dagegen herbe Provokation." (SDZ)