Schade – dieser Artikel ist leider ausverkauft. Sobald wir wissen, ob und wann der Artikel wieder verfügbar ist, informieren wir Sie an dieser Stelle.
  • Gebundenes Buch

Irland im Dauerregen: Ein Schriftsteller klettert mühsam auf den Turm eines verfallenen Schlosses. Er ist allein und will allein sein, um einen Roman zu vollenden, der sich ihm verweigert. Dieser handelt von einem Mann und einer Frau, die sich in nächtlicher Großstadt begegnen. Er ist Flieger, sie kommt gerade aus einer zwielichtigen Arztpraxis. Er nimmt sie mit auf sein Zimmer, doch bevor er etwas über sie erfahren kann, muß er den Notarzt holen ...Die Handlung des Romans ist fragmentiert, die Geschichte wird nicht ausgestaltet. Immer mehr schaltet sich der Erzähler ein, beschreibt sein…mehr

Produktbeschreibung
Irland im Dauerregen: Ein Schriftsteller klettert mühsam auf den Turm eines verfallenen Schlosses. Er ist allein und will allein sein, um einen Roman zu vollenden, der sich ihm verweigert. Dieser handelt von einem Mann und einer Frau, die sich in nächtlicher Großstadt begegnen. Er ist Flieger, sie kommt gerade aus einer zwielichtigen Arztpraxis. Er nimmt sie mit auf sein Zimmer, doch bevor er etwas über sie erfahren kann, muß er den Notarzt holen ...Die Handlung des Romans ist fragmentiert, die Geschichte wird nicht ausgestaltet. Immer mehr schaltet sich der Erzähler ein, beschreibt sein vagabundierendes Leben in Irland und seine Übersiedelung nach Hamburg, wo er am Hafen ein Zimmer bezieht. Irgendwie ist er mit seiner Geschichte verwoben, man ahnt, daß er nicht nur einen Roman schreibt. Donner überm Meer, 1929 bei S. Fischer zuerst erschienen, ist ein sehr merkwürdiges Buch, Roman und kein Roman, Reisebericht und wieder nicht. Doch gerade der freie Umgang mit Form, Inhalt und Sprache fesselt. Hauser gelingen Naturschilderungen von großer Kraft - das Innen wird zum Außen und das Außen zum Innen.Heinrich Hauser 1901 in Berlin geboren. Er schrieb Romane, Reisebücher und Firmenschriften, übersetzte u.a. Liam O'Flaherty, photographierte, filmte, fuhr zur See und flog. 1938 emigrierte er in die USA. Auf Initiative Henri Nannens kehrte er 1949 nach Deutschland zurück und wurde für kurze Zeit Chefredakteur des »Stern«. Er ist am 25. März 1955 in Diessen am Ammersee gestorben.
Autorenporträt
Heinrich Hauser wurde am 27. August 1901 in Berlin geboren. Er schrieb Romane, Reisebücher und Firmenschriften, übersetzte u.a. Liam O'Flaherty, photographierte, filmte, fuhr zur See und flog. 1938 emigrierte er in die USA. Auf Initiative Henri Nannens kehrte er 1949 nach Deutschland zurück und wurde für kurze Zeit Chefredakteur des "Stern". Er ist am 25. März 1955 in Diessen am Ammersee gestorben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.08.2001

Wunder, in Teer gekocht
Zu Heinrich Hausers Hundertstem: "Donner überm Meer"

Er wollte gern im Steinbruch leben. Beglückt schrieb er kurz vor seinem Tod an seinen alten Freund Benno Reifenberg, er habe endlich einen ganz besonders desolaten, grauen, einsamen Ort, einen Steinbruch bei Flörsheim, entdeckt, da wolle er nun hinziehen: "Wahrscheinlich wird dies einer der Landeplätze der weltraumschiffenden Uranier - an deren Existenz ich glaube, ohne Scherz -, und für mich wäre es ein sehr passender Wohnsitz, den ich ernsthaft in Erwägung ziehe." Doch bevor irgendein außerirdischer Besucher in seiner Nachbarschaft landen konnte, ist Heinrich Hauser, der heute vor hundert Jahren geboren wurde, im Alter von 54 Jahren gestorben.

Das einzige, was Hauser in seinem Leben mehr liebte als die Einsamkeit karger Mondlandschaften und die schnelle Flucht von einem Ort zum anderen, waren Maschinen. Der Autor war ein Fanatiker des aufkommenden Maschinenzeitalters, er war vernarrt in die Welt der Motoren und der Technik, in Flugzeuge und Autos, Schiffe und Transistoren. Heinrich Hauser hat diese Welt von allen erdenklichen Seiten kennengelernt. Er arbeitete als Seemann und Pilot, als Farmer und Eisenarbeiter, Dokumentarfilmer und Industriereporter, Erfinder, Fotograf und Übersetzer, er war Feuilletonredakteur der "Frankfurter Zeitung", Chefredakteur des "Stern" und freier Schriftsteller. Die Liebe zur Maschine ist wohl das auffälligste Kennzeichen seiner zahlreichen Bücher, die alle seit langer Zeit nicht mehr gedruckt werden. Außer einem: Der Bonner Weidle Verlag hat es zum hundertsten Geburtstag unternommen, Hausers wohl erfolgreichsten Roman "Donner überm Meer", der 1929 zum ersten Mal erschien, neu herauszugeben.

"In mir liegt die Leiche eines Romans", berichtet der einsam durch Irland streifende Ich-Erzähler zu Beginn und läßt den Leser daraufhin jeden Schritt der Belebungsversuche jenes verstorbenen Romans in ihm miterleben. Die Geschichte, die erzählt werden soll, die Liebesgeschichte zwischen dem jungen Flieger Fonck und dem wohlsituierten Mädchen, das er Lala nennt, muß erst erdichtet, die Charaktere müssen herbeigerufen werden. So offen wie kein zweiter Erzähler seiner Zeit breitet Heinrich Hauser seine Schreibwerkstatt vor dem Leser aus und läßt ihn am Entstehungsprozeß teilhaben. Glücklich wird der erste Protagonist entdeckt: "Ich fischte nach dem Anfang eines Romans: Ich sah den Mann vor mir." Die dazugehörige Frau muß vom Leser mit ausgesucht werden: "Was ich brauchte, war ein schwieriges Geschöpf mit einer auf interessante Art unordentlichen Erotik, eine Dame aus bestens degenerierten Kreisen, kultiviert, aber unglücklich, mit knisternder Seide, Sumpfdotterblume der Großstadt." Und schon drei Seiten später ist sie da. Sie kommt einfach vorbei, glücklicher Zufallsfund am Rande des Romanweges.

Doch kaum ist die dringend gesuchte Geliebte entdeckt, wird auch ihr Ende schon beschrieben. Leser, häng dein Herz nicht zu sehr an die kleine Lala, denn der Erzähler weiß: Sie wird am Ende sterben müssen. Doch nicht nur, weil das tragische Ende der kurzen, nur eine Nacht dauernden Liebesgeschichte zwischen Fonck und Lala schon vor ihrem ersten Zusammentreffen feststeht, ist die im Zentrum des Buches stehende Romanze fast zu vernachlässigen. Heinrich Hausers mitunter schwülstige Erotik, sein altmodischer Männerromantizismus, die expressionistischen Sprachungetüme seiner Liebesbeschreibungen wirken heute verstaubt und unangenehm.

Man gewinnt den Eindruck, Hauser selbst benutze die Romanze nur als Folie, vor deren Hintergrund er beschreiben kann, was ihm wirklich am Herzen liegt: die Maschinen. Mitunter seitenlang kann sich der Autor in begeisterten Betrachtungen eines Schiffsmotors ergehen, eines Schornsteins, eines Flugzeugs. Es ist eine beinahe heilige Andacht, die der Erzähler und sein Held, der Pilot, beim Ansicht der Maschinen spüren. "Wunderbares Metall, dachte er", beim Anblick zweier Auspuffrohre. "Wie schön waren sie, schön wie der gewölbte Brustkorb der Kühlrippen, dem sie entwuchsen, nichts auf der Welt konnte vollkommener und schöner sein."

Mitunter droht der Erzähler in seiner Verehrung sanft den Wahnsinn zu streifen, wenn er etwa die Begegnung mit einer Telegraphenstange so beschreibt: "Sie trug einen einzigen Draht. Ich lief und umarmte sie", schreibt er verzückt. "Es summte: Elektrizität! Licht! Telephon! Kraft! Laß dich umarmen, Pfahl! Du bist ein Wunder, in Teer gekocht. Du bist die Zivilisation, Symbol der großen Stadt, die ich jetzt schreiben werde. Ich halte dich fest." Meereswahnsinn nennt der Erzähler die Erscheinung. Man könnte sie besser Maschinenwahnsinn nennen.

Doch trotz mancher Übertreibungen: Hausers Blick auf die Technik, seine Beschreibungen der Maschinenwelten ist auch heute noch eine Art Lesewunder. Mit Hausers Augen die Welt zu sehen heißt, eine neue Welt zu sehen, eine Welt, in der Maschine und Mensch aufs harmonischste miteinander versöhnt sind. Das war Hausers Lebensziel. In seiner programmatischen Schrift "Frieden mit Maschinen" schrieb er: "Wir wollen zeigen, daß der feindliche Gegensatz Mensch-Maschine im Grunde ein künstlich konstruierter Gegensatz ist, eine Fiktion. Wir wollen ihm etwas entgegensetzen, was wir das Humane der Maschine nennen möchten."

Eine Zeitlang glaubte Hauser, eine solche Versöhnung sei mit Hilfe der Nationalsozialisten zu erreichen. Nach der Machtübernahme ließ er sein neu erschienenes Reportagebuch "Ein Mann lernt Fliegen" Hermann Göring widmen und brachte damit den von den Nazis bedrohten S. Fischer Verlag in starke Gewissensnöte. Hauser sah sich auf der richtigen Seite. Und als im Juni 1933 schon viele Schriftstellerkollegen im Exil waren, ließ er sich eine Erfindung zum Beruhigen der Meeresoberfläche mittels Preßluftleitungen patentieren. Er versuchte, rückblickend sein Leben in dem 1934 erschienenen Buch "Kampf" zu einem geraden Lebenslauf zurechtzudichten, der in der Machtübernahme der Nationalsozialisten seine glückliche Erfüllung gefunden habe. Doch das war eine groteske Fehleinschätzung, bald schon trieb es ihn wieder fort von Deutschland, nach Australien, Südosteuropa und Kanada. Und als die kulturpolitischen Ämter Deutschlands seine Werke als "nicht empfehlenswert" einstuften und die Lage für seine jüdische Ehefrau immer bedrohlicher wurde, flohen sie in die Vereinigten Staaten. Auch dort zog Heinrich Hauser von Stadt zu Stadt, schrieb Industriereportagen in englischer Sprache, ließ sich kurzzeitig auf einer Maisfarm am Mississippi nieder, über die er auch sogleich ein Buch verfaßte, veröffentlichte gleich nach Kriegsende mit "The German Talks Back" einen erfolgreichen Deutschland-Essay, in dem er für die Umsetzung des Morgenthau-Plans plädierte, und kehrte doch schon bald wieder nach Deutschland zurück.

Heinrich Hauser, der in den zwanziger Jahren als Feuilletonredakteur der "Frankfurter Zeitung" nach Irland strafversetzt worden war, weil er gemeinsam mit Bernhard von Brentano einen Drehorgelmann beauftragt hatte, in den Redaktionsfluren das alte Kaiserlied "Heil dir im Siegerkranze" zu spielen, fand auch nach seiner Rückkehr nicht den Ort, an dem er bleiben wollte. Das friedliche Maschinenparadies war nicht zu finden, und auch in seinen kargen Steinbruch ist er nicht mehr gezogen. Er hätte sich, wären die Uranier gelandet, sicherlich nicht lange mit Begrüßungszeremonien aufgehalten. Heinrich Hauser hätte das neue interessante Flugobjekt frohgemut bestiegen, hätte die Maschinen liebevoll geprüft und wäre fortgeflogen. In die Heimat der Uranier oder an einen anderen Ort nicht von dieser Welt.

VOLKER WEIDERMANN.

Heinrich Hauser: "Donner überm Meer". Roman. Mit einem Nachwort von Walter Delabar. Weidle Verlag, Bonn 2001. 208 Seiten, geb., 38,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Endlich, ruft Rolf-Bernhard Essig begeistert aus, ist der 1929 geschriebene Roman "Donner überm Meer" wieder aufgelegt worden. Sämtliche Werke des Exzentrikers Heinrich Hauser, der 1901 in Berlin geboren wurde und 1955 in Dießen am Ammersee starb, seien nämlich leider, weiß der Rezensent, nur über Antiquariate erhältlich. In seiner langen Besprechung legt Essig den Schwerpunkt mehr auf Hausers Leben denn auf sein Werk, obgleich beides den Rezensenten sehr beeindruckt. Leicht muss der Umgang mit dem Abenteurer, Autor und Filmer für seine Zeitgenossen nicht gewesen sein. Lebensstil und Schreiben verleiten Essig gar dazu, ihn mit Jack London gleichzusetzen. "Donner überm Meer", "eine Mischung aus Roman, Reportage und Poetologie", habe an Aktualität nicht im geringsten eingebüßt. Darin geht es um den Flieger Fonk und die Großstadtfrau Lala, um das Fliegen, das Meer und um Irland, scharf beobachtet und meisterhaft geschildert, schreibt der entzückte Rezensent. Die Sprache Hausers weiß Essig gar nicht genug zu loben, "kalter, spöttischer Humor", "sezierendes Interesse" und "Faszination" seien ihre Kennzeichen, und, schreibt Essig weiter, sie habe den arhythmischen Herzschlag einer eigenwilligen komplexen Maschine, der im Leser noch lange nach dem Ende der Lektüre nachwirke.

© Perlentaucher Medien GmbH