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'Besessenheit.Libanon' erwuchs aus einer Leidenschaft für Orte, von denen man meist nur die düsteren Bilder kennt. Die mediale Präsenz des Nahen Ostens scheint uns heute gleichzeitig aufdringlich und undurchschaubar. Stanislaw Strasburger geht in seiner Geschichte darum einen anderen Weg und überschreitet in 'Besessenheit.Libanon' bewusst die Grenzen der literarischen Gattungen. Ausgehend vom liberalen Libanon sucht er nach den historischen und politischen Wurzeln für die Diskurse im und über den heutigen Nahen Osten, aber zugleich weitet und verdichtet er seinen Bericht mit den fiktionalen…mehr

Produktbeschreibung
'Besessenheit.Libanon' erwuchs aus einer Leidenschaft für Orte, von denen man meist nur die düsteren Bilder kennt. Die mediale Präsenz des Nahen Ostens scheint uns heute gleichzeitig aufdringlich und undurchschaubar. Stanislaw Strasburger geht in seiner Geschichte darum einen anderen Weg und überschreitet in 'Besessenheit.Libanon' bewusst die Grenzen der literarischen Gattungen. Ausgehend vom liberalen Libanon sucht er nach den historischen und politischen Wurzeln für die Diskurse im und über den heutigen Nahen Osten, aber zugleich weitet und verdichtet er seinen Bericht mit den fiktionalen Mitteln des Romanciers. Denn gerade in der Partikularität der Ereignisse und ihrer Wahrnehmung, in Vorlieben, Gefühlen, Ängsten und Beziehungen zu anderen erschließt sich für den Autor eine Gesellschaft.

'Besessenheit.Libanon' spielt in den Jahren zwischen 2006 und 2014 in Warschau, Köln und Beirut. Im Mittelpunkt stehen der Ich-Erzähler, ein polnisch-deutscher Reporter, seine Freundin,eine ukrainische Mathematikerin und Tänzerin aus Köln, und eine libanesisch-armenische Pharmazeutin aus Beirut. Mittels der verschachtelten Dreiecksgeschichte erzählt Strasburger von Träumen, Leidenschaften und Lebenszielen in den unterschiedlichen kulturellen Settings und entwirft damit ein Bild des Nahen Ostens, das der Fiktion ebenso entspringt, wie es den erlebten und recherchierten Fakten entspricht.

'Besessenheit.Libanon' wagt es, anders zu erzählen, um besser zu verstehen.
Autorenporträt
STANISLAW STRASBURGER (geb. 1975 in Warschau) ist Schriftsteller und freiberuflicher Kulturmanager. Seine Schwerpunkte sind kollektives Bewusstsein, Migration und Multikulturalität. Er leitet das städtische Residenzprogramm Kunst und Dokument. Köln-Beirut und ist Initiator des Kooperationsvertrages für kulturelle Zusammenarbeit zwischen den beiden Städten. Sein Debütroman 'Der Geschichtenhändler' (Warschau, 2009) ist auch im Libanon erschienen und war seit Jahrzehnten der erste polnischsprachige Roman, der ins Arabische übersetzt wurde. Der Autor spricht sechs Sprachen. Er lebt und arbeitet abwechselnd in Köln, Warschau und Beirut.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Stefan Weidner lobt den polnischen Weltbürger Stanisław Strasburger für seinen mutigen Ansatz. Dem Versuch, am Beispiel von Libanon ein Panorama west-östlicher Verstrickungen zu zeichnen, ringt der Autor laut Weidner mit Hilfe einer zunächst harmlosen Figurenkonstellation, dann aber mit explosionsartigen Assoziationen, Erlebnissen und Recherchen, die Strasburger an der Grenze zwischen Fakt und Fiktion entwickelt, Erkenntnisse ab, die den Rezensenten begeistern. Zwischen Zeiten und Orten hin und herspringend, kommt der Text Weidner wie ein Kaleidoskop vor. Statt einer systematischen Darstellung der libanesischen Geschichte bekommt er ein nur entfernt noch an Traditionalisten wie Ryszard Kapuściński erinnernden achronologischen, doch subtil herausgearbeiteten Strauß von Perspektiven auf das Land.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.08.2016

Mehrdimensional
Libanon aus der Perspektive
eines „Besessenen“ aus Polen
Wer sind eigentlich die viel beschworenen neuen, polyglotten und europäisch gesinnten Polen, die das erklärte Feindbild der neuen polnischen Regierung zu sein scheinen? Einer ist sicher der 1975 geborene Stanisław Strasburger, Autor, Aktivist und Kulturmanager, der zwischen Warschau, Granada, Berlin und Beirut pendelt. Seine Bücher spielen mit den Genres und Sprachen, überschreiten die Grenzen von Journalismus und Fiktion, Literatur und Essay. Nach dem postmodernen Collage-Roman „Der Geschichtenhändler“, den man sowohl auf Polnisch als auch auf Arabisch lesen kann und der ebenfalls in Beirut spielt, ist sein zweites Buch, die ‚Sachbuch-Fiktion‘ (so der Untertitel) „Besessenheit. Libanon“ nun in makelloser Übersetzung auf Deutsch zu lesen.
  In einem libanesischen Restaurant in Warschau trifft der Erzähler die ukrainische Bauchtänzerin Ina. Der Kellner stammt aus dem libanesischen Gebirgsort Metn, genauso wie der berühmte Dichter Khalil Hawi (1919 – 1982), dessen Familie tief und tragisch in die libanesische Politik verwickelt war. Aus dieser scheinbar harmlosen Konstellation entwickelt sich in einer explosionsartigen Kette von Assoziationen, Erlebnissen und Recherchen ein Panorama der west-östlichen Verstrickungen, die sich in Libanon wie im Brennglas gebündelt finden. Die Sprunghaftigkeit der Darstellung gehört zum Prinzip, Zeiten und Orte geraten durcheinander, Biografien vermischen sich, die Erzählerstimme ist bald ein bloßes Tonbandgerät, dann wieder jemand, der über Freundschaften und Liebeleien zutiefst Teil der Geschichte ist. Man liest dieses Buch, wie man ein Kaleidoskop dreht.
  Wer eine systematische Darstellung der jüngeren libanesischen Geschichte lesen will, liegt hier allerdings falsch. „Um den Geistern der Vergangenheit näherzukommen, vermeide ich Chronologie. Die Präsenz von Erinnerungen schert sich herzlich wenig um Entstehungsdaten.“ Der Wunsch zu erklären und zu verstehen, steht nur am Anfang des Buchs. Das Resultat besteht in Zuhören, Stehenlassen, Akzeptieren. Ryszard Kapuściński, der große polnische Reiseschriftsteller, schwebt als Vorbild zwar noch irgendwo im Hintergrund, seine eher klassische Herangehensweise wird aber radikal weiterentwickelt.
  Der multireligiöse und stets schwächelnde Staat Libanon steht dabei im Vergleich zum starken, auf Kontrolle bedachten und die Fremden zur Integration nötigenden Europa keineswegs nur negativ da. Ohne dass er zur Idealisierung taugt, lehrt er doch Gelassenheit. Strasburgers Darstellung macht klar, dass die Konflikte nicht im Neben- und Miteinander entstehen, sondern erst dann, wenn eine Gruppe versucht, die Kontrolle an sich zu reißen.
  Das andere große Thema ist die Frage, wie man sich von außen überhaupt angemessen einer Gesellschaft wie der libanesischen annähern kann. Von Jean Genets Bericht über die Massaker in palästinensischen Flüchtlingslagern, über die aus dem Westen importierten Kuratoren der gerade wieder hippen Beiruter Kulturszene bis zu Botschaftsangehörigen reicht das Panoptikum der oft haarsträubenden Perspektiven auf das Land, die Strasburger subtil und ohne jede Selbstinszenierung herausarbeitet.
  Der Autor, der sich zur Subjektivität und den oft zwiespältigen Gefühlen in der Auseinandersetzung mit dem Unbekannten bekennt, gibt unumwunden zu: „Oft empfinde ich Scham gegenüber den Menschen ‚von dort‘. Viele von ihnen wurden meine Freunde. Ich wünsche mir, dass ,Besessenheit. Libanon‘ auch zur Stimme eines mehrdimensionalen Gedächtnisses wird.“ Das ist ein hohes, ein hehres Ziel bei einem solch komplexen Gegenstand – Stanisław Strasburger ist ihm so nahe gekommen, wie es der Literatur eben möglich ist.
STEFAN WEIDNER
  
Stanisław Strasburger: Besessenheit. Libanon. Eine Sachbuch-Fiktion. Aus dem Polnischen von Simone Falk. Secession Verlag, Berlin 2016. 300 Seiten, 25 Euro. E-Book 19,99 Euro.
Die Nachbarschaftskonflikte
mit Israel entstehen, so der Autor,
aus dem Streben nach Kontrolle
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