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Der nach einem Putsch im Juli 1936 ausgebrochene Bürgerkrieg rief bei vielen Intellektuellen auf der ganzen Welt Solidarität mit der bedrohten Republik hervor. Arthur Koestler, zu der Zeit Journalist und Mitarbeiter der von Willy Münzenberg geleiteten Westeuropäischen Agitprop-Abteilung der Komintern, kam bereits im August 1936 nach Spanien. Im Februar 1937 erlebte er den Fall Málagas. Bevor er während seiner Gefangenschaft nach Sevilla verlegt wird, werden während der fünf Tage seiner Isolierhaft in Málaga fünftausend Menschen erschossen. "Ein spanisches Testament" gilt als der "klassische…mehr

Produktbeschreibung
Der nach einem Putsch im Juli 1936 ausgebrochene Bürgerkrieg rief bei vielen Intellektuellen auf der ganzen Welt Solidarität mit der bedrohten Republik hervor. Arthur Koestler, zu der Zeit Journalist und Mitarbeiter der von Willy Münzenberg geleiteten Westeuropäischen Agitprop-Abteilung der Komintern, kam bereits im August 1936 nach Spanien. Im Februar 1937 erlebte er den Fall Málagas. Bevor er während seiner Gefangenschaft nach Sevilla verlegt wird, werden während der fünf Tage seiner Isolierhaft in Málaga fünftausend Menschen erschossen. "Ein spanisches Testament" gilt als der "klassische Bericht" über das Schicksal Abertausender von Inhaftierten im Spanischen Bürgerkrieg sowie als "ungewöhnliches menschliches Dokument".
Autorenporträt
Arthur Koestler ( 5. September 1905 in Budapest; gest. 3. März 1983 in London) war ein deutsch- und englischsprachiger Schriftsteller. 1937 wurde er von den faschistischen Putschisten in Malaga festgenommen und als Spion zum Tode verurteilt. Die Briten erreichten jedoch durch einen Gefangenenaustausch seine Freilassung. Nach dem Zweiten Weltkrieg avancierte Koestler zu einem der erfolgreichsten Schriftsteller englischer Sprache und pflegte Freundschaften zu George Orwell, Simone de Beauvoir und anderen Intellektuellen seiner Zeit.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.05.2012

Glücklich ist nur, wer nicht das Glück will
Eine dankenswerte Neuausgabe von Arthur Koestlers „Spanischem Testament“ – mit kleinen Schönheitsfehlern
Malaga hat keine Chance. Es ist von jeder Hilfe abgeschnitten, und die republikanische Armee muss, da es an Gewehren fehlt, mit Spazierstöcken exerzieren, während die Gegenseite, die Rebellen, unterstützt von Deutschland und Italien, mit Schlachtschiffen, Panzern und Flugzeugen angreift. Die Stadt fällt schließlich fast ohne Gegenwehr am 8. Februar 1937 in die Hand der Faschisten unter General Franco.
Zu diesem Zeitpunkt befindet sich nur noch ein einziger westlicher Korrespondent in Malaga: Arthur Koestler. Er ist geblieben, damit es, im Unterschied zum Fall anderer spanischer Städte, wenigstens einen Zeugen von außerhalb gibt, wenn nun die unvermeidlichen Massaker beginnen. Er selbst wird verhaftet und entgeht nur knapp und zufällig der sofortigen Erschießung. Die Umstände, unter denen er tage- und wochenlang zwischen Leben und Tod schwebt, sind von einer halsbrecherischen Abenteuerlichkeit.  Das Buch, das er über diese Vorgänge geschrieben hat, „Ein Spanisches Testament“, gibt einen doppelten Erfahrungsbericht. Auf der einen Seite hält er fest, was um ihn herum passiert, mit welcher Beiläufigkeit sich die Gewalt abspielt, wie gefoltert und liquidiert wird, aber auch, auf welche aufblitzenden kleinen Akte der Menschlichkeit er unvermutet trifft. Er beschreibt, wie auf der schwankenden Ladefläche eines Lastwagens sich die faschistischen Gendarmen und die Gefangenen aneinander festhalten, damit sie nicht umfallen; wie das Aufsichtspersonal den Gefesselten sogar behilflich ist, sich eine Zigarette zu drehen; und wie sich die beiden Parteien erst wieder trennen, als sie ausgeladen werden, die einen, um zu schießen, die anderen, um erschossen zu werden.
Auf der anderen Seite beobachtet Koestler genau, was Haft und Todesdrohung aus ihm selbst machen. Ziemlich am Anfang, als er glaubt, in der nächsten Sekunde einen Genickschuss zu erhalten, registriert er verwundert, wie sich in den Muskeln des Hinterkopfs ein „saugendes, durstiges Gefühl, ein nicht lustloses Gefühl der Erwartung“ einstellt. Er fasst den Entschluss, sich in seiner Zelle mit einer Glasscherbe die Pulsadern aufzuschneiden – aber erst in zwölf Stunden. Dann tut er es doch nicht; durch diesen kleinen Akt des Selbstbetrugs jedoch hat er sich zwölf Stunden eines gewissermaßen paradiesischen Friedens, einen kleinen Urlaub verschafft, ehe ihn wieder die Angst packen kann. Und welche grundstürzende Wohltat es ist, nach Monaten wieder eine Rasur zu bekommen! Die Figur des hauseigenen „Bartkratzers“ sieht er durch einen Glorienschein von Tränen, den ersten, die er seit seinem fünfzehnten Lebensjahr vergossen hat.
Endlich, nach einigen Monaten, kommt er frei, da er eben doch zuletzt einen speziellen politischen Fall darstellt. Ein faschistischer Caballero, mit dem er an Bord der Maschine im knatternden Gegenwind philosophiert, fliegt ihn aus. Koestler hat sein Buch der Erinnerung an seinen Freund Nicolas gewidmet, der am 14. April 1937, dem Jahrestag der Ausrufung der Republik, exekutiert wurde. Während des Heimflugs entspinnt sich bei ihm die folgende Überlegung:
„Der kleine Nicolas ist sicher nicht in guter Haltung gestorben. Er war ein Zivilist. Auch die Milizianos auf dem Patio waren Zivilisten. Sie hatten im Sterben keine Übung. Sie fürchteten das Sterben sehr. Oben über den Wolken kreiste der Caballero und schmiss in guter Haltung Bomben auf sie hinab; sie warfen sich auf den Bauch und wühlten ihr Gesicht in den Dreck und fürchteten sich. Oft, wenn das Maschinengewehr zu bellen begann, taten sie das Natürliche und liefen davon; bevor man sie erschoss, riefen sie um Hilfe und nach der Mutter. Sie spielten gerne Fußball, knabberten grünen Salat und träumten davon, dass sie, wenn der Krieg zu Ende ist, lesen lernen würden. (. . .) Sie glaubten daran, dass es notwendig ist, zu leben; und sogar zu kämpfen, um zu leben; und sogar zu sterben, damit die andern leben können. An all das glaubten sie, und weil sie sehr daran glaubten, und weil ihre Existenz an diesem Glauben hing, fürchteten sie nicht den Tod. Aber das Sterben fürchteten sie sehr. Denn sie waren Zivilisten, Soldaten des Lebens, nicht des Todes.“
Dass sie, anders als der Caballero, Soldaten des Lebens und nicht des Todes waren und dass sie trotzdem starben, während der Caballero am Leben blieb; ja dass sie vielleicht gerade deswegen sterben und den Krieg verlieren mussten, weil sie das Leben und nicht den Tod vertraten: darüber kam Koestler nicht hinweg.
Koestler hat mit seinem Buch sicher das Äußerste dessen erreicht, was sich mit einer Reportage tun lässt. Der andere, ihn überragende britische Autor, der am Spanischen Bürgerkrieg teilnahm, George Orwell, hat dennoch in einem Essay (1944 geschrieben und 1946 publiziert) über ihn ein insgesamt vernichtendes Urteil gefällt. Zu dem Verhältnis von Leben, Glück und Tod, das Koestler so zu schaffen machte, merkt Orwell an: „Nur der wird glücklich werden, der nicht davon ausgeht, dass Glück das Ziel des Lebens sei.“Das mag so sein; aber damit es stimmt, darf man es nicht wissen. Es ist eine Wahrheit, die, ausgesprochen, vom Zynismus ununterscheidbar wird.
Koestler, der Kommunist, dessen berühmtestes Buch, „Sonnenfinsternis“, aus der Desillusionierung nach den Schauprozessen Stalins in der Sowjetunion hervorging, wurde an der Möglichkeit von Revolution überhaupt irre. Sein späteres Leben, in Sicherheit und als internationale Zelebrität, verbrachte er voll einer aktivistischen Getriebenheit, die sich mal auf diese und mal auf jene Sache warf, den Zionismus und die Abschaffung der Todesstrafe ebenso wie die Aufhebung der Quarantäne für Hunde bei der Einfuhr nach England. Als er 1983 durch Suizid starb und sein Vermögen der Einrichtung eines Lehrstuhls für Parapsychologie zubestimmte, wollte keine englische Universität das Vermächtnis annehmen.
Es ist dankenswert und zeugt von einem starken Gefühl der Kontinuität, dass der Schweizer Europa-Verlag, der bereits die deutschsprachige Erstausgabe des Buchs im Jahr 1938 herausgegeben hatte, es nun wieder neu auflegt. Dabei wäre ihm allerdings etwas mehr Sorgfalt zu wünschen gewesen. Der Text enthält Druckfehler aller Art, die bei der gekürzten Fassung im Fischer-Verlag 1982 jedenfalls getilgt waren; dort heißt es „zum Beispiel“ und nicht „zum Beisel“ wie hier. Eine Fehlleistung wie „valor hornbre“ als Abschiedsgruß der Todeskandidaten statt „valor hombre“ legt den Verdacht nahe, dass die alte Fassung eingescannt und dann unzureichend Korrektur gelesen wurde. Und dass der Name der Übersetzer (1982 ordnungsgemäß genannt: Franziska Becker, Heike Curtze, Eduard Thorsch) einfach weggelassen wird, ist eine arrogante Schlamperei, die man keinem Buch mehr durchgehen lassen sollte.
BURKHARD MÜLLER
ARTHUR KOESTLER: Ein Spanisches Testament. Europa Verlag, Zürich 2012. 215 Seiten, 23 Euro.
Arthur Koestler 1938 im spanischen Bürgerkrieg Foto: SV Bilderdienst
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Beeindruckt zeigt sich Rezensent Franz Haas von Arthur Koestlers Buch "Ein spanisches Testament", das nun in einer Neuauflage vorliegt. Zwar hätte er sich eine weniger nachlässige Ausgabe des Werks gewünscht, eine, die auch auf die verworrene Editionsgeschichte eingeht. Dennoch bleibt dieses Buch, das auf Koestlers Gefängnistagebuch von 1937 basiert - der Schriftsteller war Spaniens faschistischen Putschisten in die Hände gefallen und zum Tode verurteilt worden -, für ihn höchst lesenswert. Er betrachtet das "spanische Testament" als Mischung aus autobiografischem Bericht und historischer Zeitzeugenschaft, das nicht nur den Gefängnisalltag, sondern auch die allgemeine Kriegslage eindrucksvoll schildert. Für Haas wird anhand dieses Buchs einmal mehr deutlich, dass Koestler nicht nur der berüchtigte kommunistischer Renegat war, sondern auch ein "hochkaratiger Schriftsteller".

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Burkhard Müller begrüßt es ausdrücklich, dass der Schweizer Europa Verlag nun Arthur Koestlers Reportage aus dem Spanischen Bürgerkrieg, die auf Deutsch erstmals 1938 erschien, wiederaufgelegt hat. Der Autor war als letzter westlicher Korrespondent in Malaga verblieben und dokumentiert nicht nur eindringlich die Gewaltexzesse, die die Franquisten entfachten. Bei den fesselnden Schilderungen beobachtet der Autor, der selbst der Erschießung nur knapp entgeht und inhaftiert wird, zudem sehr genau, wie Gefängnis und "Todesangst" auf ihn wirken, so der Rezensent beeindruckt. Weniger beeindruckt ist Müller allerdings von den vielen aus der deutschen Erstausgabe übernommenen Druckfehlern, die er mangelnder "Sorgfalt" und einer nachlässigen Korrektur anlastet. Richtig ärgerlich macht ihn zudem, dass die Ausgabe nicht mal die Übersetzer Franziska Becker, Heike Curtze und Eduard Thorsch nennt, was er als "Schlamperei" harsch tadelt.

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