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Zwei Giganten der abendländischen Kunst sind während neun Wochen auf engstem Raum - im sogenannten Gelben Haus in Arles - eingepfercht: Kann das gut gehen? Es ist ein Experiment. Vincent van Gogh (1853-1890) will nicht immerzu allein arbeiten und lädt deshalb Paul Gauguin (1848-1903) zu sich nach Südfrankreich ein. Beide Künstler arbeiten - von Oktober bis Dezember 1888 - eine Weile fieberhaft nebeneinander her, befruchten sich, diskutieren tage- und nächtelang. Doch die Differenzen zwischen den beiden ausgeprägten Persönlichkeiten sind zu groß. Auch ist van Gogh äußerst leicht erregbar, es…mehr

Produktbeschreibung
Zwei Giganten der abendländischen Kunst sind während neun Wochen auf engstem Raum - im sogenannten Gelben Haus in Arles - eingepfercht: Kann das gut gehen? Es ist ein Experiment. Vincent van Gogh (1853-1890) will nicht immerzu allein arbeiten und lädt deshalb Paul Gauguin (1848-1903) zu sich nach Südfrankreich ein. Beide Künstler arbeiten - von Oktober bis Dezember 1888 - eine Weile fieberhaft nebeneinander her, befruchten sich, diskutieren tage- und nächtelang. Doch die Differenzen zwischen den beiden ausgeprägten Persönlichkeiten sind zu groß. Auch ist van Gogh äußerst leicht erregbar, es bricht schnell Streit aus. Am Ende schneidet sich der Niederländer gar ein Stück seines linken Ohres ab, der Franzose reist entsetzt wieder ab.Martin Gayford, der wunderbare Autor, der vor Jahren dem britischen Künstler Lucian Freud Modell saß und die Zeit dabei in einem äußerst lesenswerten Tagebuch festgehalten hat (Mann mit blauem Schal, in diesem Verlag erschienen), hat auch hier eine spannende Chronik verfasst. Tag für Tag beschreibt er die Zeit, in der die zwei großen Künstler zusammen gelebt und gearbeitet haben. In den wenigen Wochen sind erstaunlich viele Meisterwerke entstanden, manche heute weltberühmt. Alle von ihm erwähnten Werke werden farbig abgebildet. Das Resultat ist ein Kunstkrimi, der sowohl lehrreich wie tief anrührend ist und der - dank der ausgedehnten überlieferten Korrespondenz der beiden Männer - immer auf belegbaren Fakten beruht.
Autorenporträt
Zum Autor: Der Brite Martin Gayford ist Journalist und Buchautor. Er ist der Verfasser der viel gerühmten Studien "Mann mit blauem Schal. Ich saß für Lucian Freud: Ein Tagebuch" und "A Bigger Message: Gespräche mit David Hockney", beide in diesem Verlag erschienen. Er lebt in Cambridge.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit Nachdruck empfiehlt Rezensentin Anne Kohlick dieses Buch des Kunsthistorikers Martin Gayford. Neun Wochen verbringt die Kritikerin hier mit Gauguin und van Gogh im gelben Haus in Arles, erlebt wie unterschiedlich die beiden Künstler malen, Museen und Bordelle besuchen, aber auch wie schwierig sich das Zusammenleben mit der Zeit gestaltet. Gebannt liest sie, wie van Goghs psychischer Zustand sich immer weiter verschlechtert, sich in seine Angst, Gauguin könne ihn verlassen derart hineinsteigert bis er sich schließlich ein Ohr abschneidet. Die Rezensentin bescheinigt dem Autor einen detaillierten und sorgfältigen Umgang mit der reichhaltigen Quellenlage und zeigt sich insbesondere beeindruckt von seiner Interpretation der Selbstverstümmelung van Goghs.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.10.2015

Auf einen Absinth ins Nachtcafé

Malergemeinschaft: Martin Gayford beschreibt Vincent van Goghs und Paul Gauguins gemeinsame Wochen in Arles.

Arles, Südfrankreich, im November 1888: Im Erdgeschoss eines kleinen gelben Hauses sitzen zwei Maler nebeneinander an ihren Staffeleien - Vincent van Gogh und Paul Gauguin. Der vierzigjährige Gauguin arbeitet an einer Szene aus einem Nachtcafé, das ganz in der Nähe des gelben Hauses liegt. Er lässt sich Zeit, malt wohlüberlegt in dünnen Farbschichten: ein Absinthglas, eingeschlafene Trinker, eine Katze unter einem Billardtisch. Ganz anders der fünf Jahre jüngere van Gogh. Seine Bordellszene entsteht innerhalb kürzester Zeit. Die Pinselstriche sind impulsiv, dicke Farbschichten türmen sich auf der kleinen Leinwand. "Hinhauen" nennt van Gogh seine Technik.

Neun Wochen lang leben und arbeiten diese beiden Künstler auf engstem Raum zusammen - in der schmalen Haushälfte an der Place Lamartine, die Vincent van Gogh gemietet hat. Im Erdgeschoss das Atelier und die Küche, im ersten Stock zwei bescheidene Schlafkammern, mehr nicht. Und hier entstehen berühmte Bilder wie van Goghs "Sämann" oder Gauguins "In der Hitze (Die Schweine)".

Der britische Kunstkritiker Martin Gayford hat diesem neunwöchigen Experiment in Arles ein Buch gewidmet. Detailreich und lebendig schildert er das Zusammenleben der Maler - von Gauguins Ankunft am Morgen des 23. Oktober bis zum Abend des 23. Dezember 1888, als van Gogh sich das linke Ohr abschneidet. Schockiert reist Gauguin danach aus Arles ab. Er hat es so eilig, dass er sogar einige seiner Gemälde im gelben Haus zurücklässt.

Martin Gayfords szenische Beschreibungen lassen den Leser eintauchen in den Alltag der beiden Maler: wie Gauguin Suppen kocht, wie sie gemeinsam in den Zirkus gehen, ins Museum oder ins Bordell. "Hygienische Spaziergänge" nennt Gauguin das später in seinen Memoiren. Über hundert farbige Abbildungen machen deutlich, wie sich diese Erlebnisse in den Gemälden der beiden Künstler niederschlagen. Bemerkenswert dabei, wie unterschiedlich van Gogh und Gauguin mit demselben Motiv umgehen.

Ende Oktober etwa spazieren die beiden an den Stadtrand von Arles zu den "Alyscamps", einem römischen Gräberfeld. Dort malt Gauguin Pappeln mit orange flammenden Blättern und davor drei Frauen in arlesischer Tracht. "Die drei Grazien am Tempel der Venus" nennt er sein Werk - bezeichnend für Gauguins freien Umgang mit der Realität. Weder von den antiken Gräbern ist auf seinem Gemälde etwas zu sehen noch von dem lauten Eisenbahnwerk, in dem gleich neben der Nekropole um die tausend Menschen arbeiten. Van Gogh dagegen malt die Fabrik mit ihren qualmenden Schornsteinen und die "Allée des Tombeaux", den Kontrast zwischen Industrie und antiken Resten.

Gauguin und van Gogh malen nicht nur unterschiedlich, sie sind auch konträre Charaktere. Robust, selbstbewusst, vernünftig der eine, fragil, schüchtern, unkontrolliert der andere. Schon als Gauguin bei van Gogh einzieht, ist der Konflikt absehbar. "Gleich anfangs fand ich überall und in allem eine Unordnung, die mich entsetzte. Kaum reichte der Malkasten für alle die zerquetschten, nie verschlossenen Tuben aus", schreibt Gauguin 1903 in seinen Memoiren über seinen ersten Eindruck vom gelben Haus.

Van Gogh ist kein einfacher Mitbewohner: Er neigt zu abrupten Bewegungen, die auf Fremde seltsam wirken. Mitunter verfällt er in Redeschwalle, kann in Diskussionen andere Meinungen als die eigene nicht akzeptieren. Phasen der Apathie wechseln sich ab mit Perioden rauschhaften Malens: "Ich stürze mich Hals über Kopf in die Arbeit und tauche mit meinen Studien wieder daraus hervor; wenn der Sturm in meinem Inneren zu arg wütet, trinke ich ein Glas über den Durst, um mich zu betäuben." So beschreibt es van Gogh in einem Brief an seinen Bruder Theo, von dem er finanziell abhängt.

Zitate aus den Briefen, die van Gogh beinahe täglich an seinen Bruder schreibt, finden sich auf fast jeder Seite des Buches. Erst diese ausgezeichnete Quellenlage hat es Martin Gayford überhaupt möglich gemacht, die neun Wochen in Arles so detailliert zu erzählen. Er kann sich dabei auch auf Gauguins Korrespondenz mit seinen Künstlerfreunden in Paris und der Bretagne stützen, außerdem auf dessen Memoiren "Vorher und nachher". Wie es im gelben Haus aussah, hat van Gogh selbst in seinen Gemälden festgehalten - zum Beispiel in "Das Schlafzimmer".

Im Dezember 1888 wird das Zusammenleben der beiden Maler immer schwieriger. Van Gogh zeigt mehr und mehr Anzeichen eines drohenden psychischen Zusammenbruchs - womöglich aus Angst, Gauguin könne ihn verlassen. Mitten in der Nacht taucht van Gogh schlafwandelnd an Gauguins Bett auf; bei einem gemeinsamen Besuch im Nachtcafé wirft er ihm ein Glas Absinth an den Kopf. Das zumindest behauptet Gauguin in seinen Memoiren. Ihm wird es allmählich unheimlich im gelben Haus: Er kündigt van Gogh seine Abreise an.

Van Goghs Reaktion ist die berühmte Selbstverstümmelung. Doch warum hat er sich ausgerechnet ein Ohr abgeschnitten? Martin Gayford entwickelt dazu eine aufwendige und doch überzeugende Erklärung, die hier nicht gleich verraten sein soll. Stattdessen die eindringliche Empfehlung, sein Buch zur Hand zu nehmen.

ANNE KOHLICK.

Martin Gayford: "Das Gelbe Haus - Van Gogh, Gauguin". Neun turbulente Wochen in Arles.

Aus dem Englischen von Klaus Binder. Piet Meyer Verlag, Bern 2015. 488 S., Abb., br., 26,- [Euro].

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