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Ein Glockenton, die schweren Tropfen des Schneeregens von einfachen, unauffälligen Dingen handeln Kurt Aeblis Gedichte, von auf Spaziergängen zufällig Vorgefundenem: ein laubgelber Gehweg, ein erfrorener Wasservogel, oder von Alltäglichem: die grellen Stimmen der Stadt, der liebevoll zärtliche Umgang der Zugreisenden mit ihrem Mobiltelefon. Doch Aebli sieht die Dinge in ungewohnter Weise neu. Seinem offenen, nichts Bestimmtes suchenden Blick zeigt sich im scheinbar Vertrauten das Unvertraute. Und im Entdecken des noch nie Gesehenen sieht auch der Betrachter sich neu. Ihren Dreh- und Angelpunkt…mehr

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Produktbeschreibung
Ein Glockenton, die schweren Tropfen des Schneeregens von einfachen, unauffälligen Dingen handeln Kurt Aeblis Gedichte, von auf Spaziergängen zufällig Vorgefundenem: ein laubgelber Gehweg, ein erfrorener Wasservogel, oder von Alltäglichem: die grellen Stimmen der Stadt, der liebevoll zärtliche Umgang der Zugreisenden mit ihrem Mobiltelefon. Doch Aebli sieht die Dinge in ungewohnter Weise neu. Seinem offenen, nichts Bestimmtes suchenden Blick zeigt sich im scheinbar Vertrauten das Unvertraute. Und im Entdecken des noch nie Gesehenen sieht auch der Betrachter sich neu.
Ihren Dreh- und Angelpunkt haben diese Gedichte in der Vergänglichkeit von Welt und Existenz, dem Nichts, das sich zugleich als ungeahnte Fülle entpuppt, als Fülle des Augenblicks, "für den alles sich lohnt", den aber letztlich doch "kein Wort fasst".
Knapp in der Form, kein Wort zu viel und keins zu wenig, bringen diese Gedichte die Beobachtungen und Reflexionen präzise auf den Punkt lakonisch, melancholisch und mitgroßer Leichtigkeit.
Autorenporträt
Kurt Aebli, geboren 1955 in Rüti (Kanton Zürich), lebt als freier Schriftsteller in Radolfzell am Bodensee. Sein Werk wurde u._a. mit dem Basler Lyrikpreis (2008) ausgezeichnet. Zuletzt erschienen: 'Der ins Herz getroffene Punkt' (2005), 'Ich bin eine Nummer zu klein für mich.' Gedichte (2007) und 'Der Unvorbereitete' (2009), alle drei Engeler-Verlag.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.05.2014

Schwarzes Schneetreiben
Der Schweizer Kurt Aebli jagt in seinen Gedichten dem Augenblick nach
Dass zwischen dem Erleben und seiner Fixierung in Worten ein Spalt klafft, treibt die Schreibenden von jeher um. „Kann ein zeitloser Augenblick des Bewusstseins“, fragt sich der Dichter Charles Simic etwa, „jemals angemessen in einem zeitabhängigen Medium ausgedrückt werden, das heißt in Sprache?“ Oder anders: Wie kann man Bewusstsein mitteilen, den gegenwärtigen Augenblick in all seiner Leuchtkraft, der sich der zeitlichen Ordnung des Satzes eigentlich entzieht? Wie bleibt man dem Augenblickspunkt treu mit dem Nacheinander des Textes? Kann man ihn vielleicht sogar mit der Sprache erzeugen, neu und lebendig?
  Der Schweizer Dichter Kurt Aebli hat schon immer ein Faible für das Momenthafte. „Unbemannter Augenblick“ heißt etwa ein Stück aus einem früheren Band mit Miniaturen, der nicht von ungefähr den Titel „Ameisenjagd“ trägt. Allerdings wusste Aebli das Gesetz von Ursache und Wirkung oder die Vorstellung eines hübschen Ablaufs, die in der gewöhnlichen Wahrnehmung bestimmend sind, stets in Frage zu stellen, und sei es mit einer „verbeulten Logik des Vergessens“. Nun tastet er dem Augenblick auf eher vertraute Art und Weise nach. „Das Gesehene mir einzuschreiben“, lautet eine der Aufgaben in seinem neuen Buch, oder auch „das beiläufig Registrierte / flüchtig zu fixieren“.
  Doch es sind durchwegs paradoxe Unternehmen, die Aebli aufruft. Der Schreibende ist für das Festhalten des Augenblicks immer schon zu schnell und zu sehr gebunden durch die Abstraktionen der Begriffe. Aebli reflektiert diese Fragen in seinen Gedichten – und findet eine Lösung, die selbst wieder paradox anmutet: „Kein Wort fasst / die Fülle / des Augenblicks. // Nur davon / spricht / das Wort. // Nur das Wort, das davon spricht, / hat seine Sprache / gefunden.“
  Das ist zwar einleuchtend, aber auch einfach gesagt. Und so gehören jene Gedichte, in denen Aebli über das Schreiben nachdenkt, nicht eben zu den aufregendsten des Bandes. Sein Können entfaltet er indes, wenn er Beschreibungen in metaphorische Wendungen überführt.
  Und wenn er sich über all die zuvor fein ausgemachten Widersprüche hinwegsetzt und den Augenblick doch mit seiner Sprache fassen will: „An einem schwülen Tag plötzlich des Teufels / Schneeflocken, schwarzes / Schneetreiben, / surrend und schwirrend, aufgewirbelt / von Pferdeäpfeln am / Waldrand“.
  Vielleicht lässt sich die Suche nach dem Augenblick am besten gestalten, wenn man den Moment an einzelne Erscheinungen bindet, das Komplexe der Welt in einem Gegenstand staut, in einem Lebewesen oder einer Wahrnehmung. Immer wieder holt Aebli solche Einzelheiten in seine Verse, es mag eine Waldschnecke sein oder ein Nachbar, manchmal auch nur das „Knistern im Innern / der Worte.“
  Diesen kleinen Verschiebungen lauscht er mit den Wörtern nach und versucht, das eigene Tempo der Geschwindigkeit der Phänomene anzugleichen, bis das Vergehen der Zeit in der Sprache zumindest spürbar wird: „Wenn der Nachbar über mir Blumen gießt, / hör ich, wie das Fallen der Tropfen / langsamer wird. // Jetzt hat es / aufgehört.“
  Aber der Sprecher dieser Gedichte verfügt nicht nur über ein genaues Ohr, sondern durchstreift auch Landschaften und Städte. So schreibt sich den Gedichten neben dem Takt der Dinge der Rhythmus des Gehens ein, eine Bewegung, die selbständig werden kann, bisweilen meditativ, bisweilen bestimmt von Schleifen und Schlenkern. Ein Staunen über die Welt und das Dasein grundiert die Gedichte, die selbst noch registrieren, „wie jede Berührung des Bodens / durch massive Gummisohlen / hindurch / ein Glücksgefühl auslöst“.
  Wo alles in Empfindungsmomente zerstäubt, scheint es auch kein fest umrissenes Ich mehr zu geben, sondern eher nur Partikel, die sich finden, um wieder auseinanderzudriften. Und doch kann gerade das Kleinste Aebli zum Universum werden und für Momente alles enthalten: „wenn ich für Augenblicke / irgendwo // stehenbleibe, / zurückgekehrt / auf die Erde // noch einmal // ganz.“
  Es ist das Einzelwort, mit dessen Hilfe Aebli die Energie des Augenblicks und das Kraftfeld der Zeit, ihre Staus und Beschleunigungen, einzuholen versucht. Diese Technik ist einleuchtend, bringt allerdings die Gefahr mit sich, die Wörter zu sehr mit Bedeutung aufzuladen. Je reduzierter das Wortmaterial, desto mehr Licht ziehen die einzelnen Sprachteilchen auf sich. Wenn dann auch noch ein Gedanke ausformuliert werden soll, können die Verse schnell etwas Pointenartiges bekommen oder gar zur Sentenz werden: „Die meiste Zeit / machen wir / zu viel: / aber der Augenblick, / für den alles / sich lohnt, / ist immer / der Augenblick / jetzt.“
  Stark sind Aeblis Gedichte dort, wo er die Gedanken in Bilder einlagert und die Bilder wiederum mit Resten jener absurden Logik versieht, die er in früheren Büchern kultiviert hat.
  Und flugs stehen die Dinge auf dem Kopf. „Die Geräusche verlassen ihre Behausungen“, lautet einer dieser verdrehten Sätze, „Jetzt hab ich alles / ins Dünnhäutige / übersetzt“, ein anderer.
  An solchen Stellen zeigt Aebli, dass er bei aller Reduktion ein großes Wörterbuch hat. Aber die Intensität seiner besten Verse verdankt sich nicht dem Wortschatz. Sie kommt aus dem Rhythmus und einem fragenden Gestus, dem sogar ein Gedankenstrich zum Anlass für das Gedicht werden kann.
NICO BLEUTGE
  
  
  
  
  
    
Kurt Aebli: Tropfen. Gedichte. Edition Korrespondenzen, Wien 2014. 118 Seiten, 18 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Mit Kurt Aeblis Gedichten lernt Martin Zingg das Gehen und Unterwegssein und vor allem das Nachdenken dabei. Wie der Autor etwa ganz ohne Schielen nach Dunklem oder Pointen Arten der Verständigung erkundet oder verlorene Zusammenhänge sucht, hat den Rezensenten beeindruckt. Überrascht über unvermittelte Blickverschiebungen, gebrochene Verszeilen und lautliche Verschiebungen vermag der Rezensenten Alltagsereignisse anders zu sehen. So ist der Band für Zingg eine unaufdringliche wie präzise und sogar vergnügliche Wahrnehmungskunde.

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