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Es schneit. Und gleich fängt der, der es da vor seinem Fenster schneien sieht, an, sich vorzustellen, wie es wohl ist, wenn einen eine Lawine überrollt. Aber Felix Flamm ist so einer, da kann er noch so lange Felix heißen. Jetzt versucht er Weihnachten zu feiern, schon das zweite Jahr allein, er hat sich auch einen kleinen Baum gekauft, an einen Ständer hat er allerdings nicht gedacht, und mit den Kerzen ist es dann nicht so einfach. Aber einfach war in seinem Leben überhaupt nicht viel, eigentlich gar nichts, jedenfalls kommt es ihm so vor. Die Großmutter, ja, aber sonst? Dieses'sonst'kommt…mehr

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Produktbeschreibung
Es schneit. Und gleich fängt der, der es da vor seinem Fenster schneien sieht, an, sich vorzustellen, wie es wohl ist, wenn einen eine Lawine überrollt. Aber Felix Flamm ist so einer, da kann er noch so lange Felix heißen. Jetzt versucht er Weihnachten zu feiern, schon das zweite Jahr allein, er hat sich auch einen kleinen Baum gekauft, an einen Ständer hat er allerdings nicht gedacht, und mit den Kerzen ist es dann nicht so einfach.
Aber einfach war in seinem Leben überhaupt nicht viel, eigentlich gar nichts, jedenfalls kommt es ihm so vor. Die Großmutter, ja, aber sonst? Dieses'sonst'kommt ihm jetzt in die Quere, die Erinnerung an die Kindheit, Mutter, die Familie, die Schule, es war nicht wirklich hässlich und katastrophal schon gar nicht, aber seine Haut ist dünn, und so hat ihm all das doch zugesetzt. Nun ist er eben so geworden, wie er ist, bald dreißig und trotzdem nicht der Mann fürs Leben, für Johanna schon gar nicht. Als die Feiertage vorüber sind, macht er einen langen Spaziergang, ins Weiße, in den Schnee, und der Leser schaut ihm nach und versucht herauszufinden, an wen ihn dieser Felix Flamm erinnert.
Autorenporträt
Moritz Heger, geboren 1971 in Stuttgart, Studium der Germanistik, evangelischen Theologie und Theaterwissenschaften in Mainz. Er lebt in Stuttgart. 1996 erhielt er den Förderpreis zum Joseph-Breitbach-Preis, 2003 den Literatur-Förderpreis der Stadt Mainz und 2007 den MDR-Literaturpreis und den dazugehörigen Publikumspreis.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.06.2008

Verschwende deine Jugend
Der Mann, der nichts erlebt: Moritz Hegers Debüt

Felix Flamm ist kein Nostalgiker, zumindest kein richtiger. Zwar vergräbt er sich in seinen Erinnerungen, um der Gegenwart zu entfliehen. Doch auch der Vergangenheit kann er wenig abgewinnen: Die Kindheit war angefüllt mit kleinen Tragödien, die Eltern haben sich scheiden lassen, seine Frau ist ihm davongelaufen, die geliebte Oma gestorben. Viel zu erzählen hätte er nicht: "Das ist keine große Geschichte, dass ein Mann von achtundzwanzig Jahren eine tote Großmutter hat."

Felix Flamm, Buchhändler und gescheiterter Künstler, weiß mit seinem Leben nichts Rechtes anzufangen. Weihnachten feiert er allein, er schmückt sein Bäumchen mit zwei Kugeln und ein paar bleichen Strohsternen, zündet zehn Kerzen "mit nur zwei Streichhölzern" an und setzt sich im Schneidersitz aufs Bett. Es bereitet ihm wenig Freude, allein Weihnachtslieder zu singen, also kundschaftet er sein Seelenleben aus. Er zerkleinert seine Welt in ihre winzigsten Bestandteile, lädt jedes Detail mit Bedeutung auf, sogar die hässlichen Abdrücke, die seine Hand auf der Glasplatte des Schreibtischs hinterlässt. Mit peinigender Genauigkeit leuchtet er so lange jede Geste, jede Empfindung aus, bis er sich selbst für einen rettungslosen Kauz hält. Von einem sinnerfüllten Dasein wagt er noch nicht einmal zu träumen, und sein Lebensmotto könnte lauten: "Verschwende den Rest deiner Jugend!"

"In den Schnee", der erste Roman des 1971 geborenen Moritz Heger, der als Lehrer an einem Stuttgarter Gymnasium arbeitet, ist ein Erinnerungsbuch, melancholisch, grüblerisch und bedächtig. Sein akribisch alle Nebenumstände ausleuchtender Erzählfluss nähert sich jedoch gefährlich dem Stillstand - eine Schwäche, um die der Roman selbst weiß: "Es ist wie bei Zähnen: Die anderen sehen das abgebrochene Eckchen kaum, nur die eigene Zunge erzählt dir unbeirrbar von einem Bergsturz."

Heger gelingt es zweifellos, die Lethargie, die den leidenschaftslosen Raisonneur Felix ergriffen hat, in eine feine, gewählte und bilderreiche Sprache zu bannen. Dennoch vermag das Buch nicht zu fesseln, zu ergreifen; es verweigert sich jeder Form von Spannung, jeder Ironie. Felix, der sein wundes Seelchen pflegt und um seine Erinnerungen kreist, als wäre er ein alter Mann, ruft im Leser ein seltsames Gefühlsgemisch aus Wut und Mitleid hervor. Wenn man dieses Zeugnis der Lebensverweigerung als Generationenbuch wahrnimmt, müsste man zu einem besorgniserregenden Fazit kommen. Felix versinkt in seiner Perspektivlosigkeit. Und die lässt sich zumindest in diesem Debüt nur um den Preis der Langeweile zum Thema eines Romans machen.

ANDREA NEUHAUS

Moritz Heger: "In den Schnee". Roman. Jung und Jung, Salzburg und Wien 2008. 221 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wäre das Buch ein Generationsroman, Andrea Neuhaus sähe schwarz für die heute 30-Jährigen. Geduldig schaut Neuhaus Moritz Hegers Hauptfigur dabei zu, wie sie hochgrüblerisch ihr Seelenleben und ihre Vergangenheit seziert. Die leise Hoffnung der Rezensentin, es möge noch etwas mehr geschehen in diesem Debüt, wird allerdings enttäuscht. Dass der Roman, wie sie mutmaßt, über seinen eigenen höchst trägen Erzählfluss Bescheid weiß, macht die Sache auch nicht besser. Ebensowenig die "feine, bilderreiche Sprache". Keine Spannung, keine Ironie, stellt Neuhaus fest und empfindet darum Mitleid und Wut zugleich gegenüber dem frühvergreisten Helden.

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