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Fundierte Einblicke in die bislang oft zu wenig beachtete Kindheit und Jugend Adolf Hitlers gibt diese Biographie - und korrigiert dabei auch manches Fehlurteil über die Wurzeln seiner Weltanschauung, zu deren Entstehung freilich Hitler selbst beigetragen hat.Zugegeben, es gibt viele Bücher zum Thema Hitler. Aber kaum ein Werk hat sich die Zeit zum Inhalt genommen, in der die Grundlagen seines Weltbildes gelegt wurden: Kindheit und Jugend. Akribisch spürt Autor Dirk Bavendamm jenen Jahren im Leben des späteren "Führers" und Reichskanzlers nach, die - wie bei jedem Menschen - prägend für den…mehr

Produktbeschreibung
Fundierte Einblicke in die bislang oft zu wenig beachtete Kindheit und Jugend Adolf Hitlers gibt diese Biographie - und korrigiert dabei auch manches Fehlurteil über die Wurzeln seiner Weltanschauung, zu deren Entstehung freilich Hitler selbst beigetragen hat.Zugegeben, es gibt viele Bücher zum Thema Hitler. Aber kaum ein Werk hat sich die Zeit zum Inhalt genommen, in der die Grundlagen seines Weltbildes gelegt wurden: Kindheit und Jugend. Akribisch spürt Autor Dirk Bavendamm jenen Jahren im Leben des späteren "Führers" und Reichskanzlers nach, die - wie bei jedem Menschen - prägend für den weiteren Lebensweg waren. Dabei kann ein Blick auf Hitlers eigene Schilderungen in "Mein Kampf" keineswegs genügen, denn auch in dieser Autobiographie der frühen Jahre zeigen sich Kindheit und Jugend entweder lückenhaft oder selbstidealisierend dargestellt. Und so beginnt der Autor seine Recherchen bereits bei der Herkunft der Familie und dem Lebensweg seiner Vorfahren. Weitere Stationen im Leben des jungen Hitler sind neben dem Geburtsort Braunau am Inn Lambach und Leonding sowie die Städte Steyr und Linz, wo Hitler zur Schule ging. Gerade an Linz lässt sich die Bedeutung jugendlicher Prägung besonders gut ablesen: Welchen Einfluss hatten Lehrer, Schule oder die Vereine, deren Mitglied der junge Hitler war, auf sein späteres Weltbild? Neben der geografischen Spurensuche bietet dieses Buch aber vor allem Einblick in die vielfältigen geistesgeschichtlichen "Väter" von Hitlers Weltbild und Überzeugungen: Der Autor beleuchtet das Verhältnis Hitlers zu der Gedankenwelt von Richard Wagner, Friedrich Schiller, Gustav Mahler, Friedrich Nietzsche, Arthur Schopenhauer, Karl May und den politischen Vorstellungen von so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie dem Führer der Sozialdemokraten Victor Adler, dem christlichsozialen Wiener Bürgermeister Karl Lueger und dem deutschnationalen Aktivisten Georg von Schönerer. Sie alle haben, so erstaunlich das klingen mag, ihren Teil zur Weltanschauung des späteren Diktators beigetragen.
Autorenporträt
Dr. Dirk Bavendamm studierte in Hamburg und Berlin Rechts-, Literatur- und Geschichtswissenschaften und promovierte 1967 zum Dr. phil. Von 1967 bis 1977 arbeitete er als fest angestellter Redakteur und Journalist für die Zeit, die Welt und die Süddeutsche Zeitung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.05.2010

Raumdenker oder Edelmenschträumer?
Bücher über den frühen Hitler mit vielen Ungenauigkeiten und vagen Hinweisen

In die trüben Gewässer der frühen Hitler-Forschung kommt Bewegung. Nachdem Ralf Georg Reuth Anfang 2009 mit der These, dass Hitlers Judenhass erst im München des Jahres 1919 ausgebrochen sei, für einige Aufregung gesorgt hatte, kommen nun die Anschlussdelikte. Joachim Riecker bietet als Schlüsseldatum den 9. November an, die deutsche Niederlage. Die Begründung überzeugt nicht, denn er folgt zwar Reuth mit der These, es gäbe "nicht einen einzigen glaubwürdigen Hinweis, dass Hitler die Juden bereits vor 1919 gehasst hat" und dass Hitler sogar der Revolution zunächst "positiv gegenüberstand", kann aber nicht einsichtig machen, wie zu gleicher Zeit die Niederlage so verheerend auf ihn gewirkt haben soll. Eher beiläufig wird mitgeteilt, dass während der Revolution "Juden eine wichtige Rolle gespielt hätten"; schließlich sei er "durch die Wirrnisse der Räterepublik auf brutale Weise enttäuscht" worden. Sorgfältig vermeidet Riecker die Frage, wie auf Hitler die immer aberwitziger werdende Münchner Entwicklung unter jüdischem Vorzeichen - von dem Feuilletonisten Eisner über die Schwabinger Boheme von Landauer und Genossen bis zu den russischen Berufsrevolutionären Leviné und Axelrod - gewirkt habe. Es wird zwar viel in diesem Buch psychologisiert. Es ist aber unverständlich, dass auf diese Frage nicht näher eingegangen wird. Will er den engen Zusammenhang zwischen der in Europa grassierenden Furcht vor dem - zumeist jüdisch konnotierten - Bolschewismus und dem Anschauungsunterricht in München leugnen? Denn bis zur "Befreiung" durch Reichswehr und Freikorps hatten Ablehnung und Hass ein solches Ausmaß angenommen, dass selbst Thomas Mann sich für "standrechtliche Kürze gegen diesen Menschenschlag" aussprach.

Mit der Niederschlagung der Räterepublik endete keineswegs nur eine possenhafte Episode. Es war der Auftakt für einen beispiellosen Rechtsruck, der das liberal-konservative Bayern zur "Ordnungszelle" umwandelte. Fast gleichzeitig wurden die Friedensbedingungen bekannt. Beides verschaffte dem Hetzredner Hitler seine einmalig günstige Ausgangsposition. Bolschewismus und Plutokratie gingen für ihn eine explosive Mischung ein, und erst in diesem Kontext konnte den Juden auch die Schuld an der Niederlage zugeschoben werden. Es geht aber nicht nur um die Bestimmung von Ursache und Wirkung. Mehr als fragwürdig ist die These, dass Hitlers antijüdischer Wahn "tief in der kollektiven Psyche der Deutschen wurzelte". Das ist eine denunziatorische Behauptung ohne historische Begründung. Sie soll zum Ausdruck bringen, dass Hitler nur den psychischen Defekten der Deutschen entsprochen habe. Das ist der Grundzug des Buches - gespickt mit vielen Ungenauigkeiten.

Immer wieder geht es darum, den Judenhass Hitlers auf die Niederlage zurückzuführen. Aber schon die Koordinaten stimmen nicht. Es habe nur ein demokratisches und ein nationalistisches Lager in Deutschland gegeben, von dem Hitler der radikalste Vertreter gewesen sei. Das ist eine unzulässige Vereinfachung der Parteienstruktur, deren ideologisch bedingte Vielfalt eine solche Lagerbildung verhindert hat. Der Wille zur Verzeichnung bleibt dominant. So passt Riecker die erstaunliche Tatsache nicht, dass Hitler in seinen Reden vor einem Massenpublikum seit 1930 auf die gewohnte Judenhetze verzichtete und stattdessen die Deutschen mahnte, wieder so kraftvoll zusammenzustehen wie in den Jahren des Weltkrieges. Die von ihm auch damals verwendete Phrase, dass das deutsche Volk "mehr Raum" brauche - nach dem Bestseller "Volk ohne Raum" rhetorisches Kleingeld -, wird als Ankündigung eines Eroberungskrieges gedeutet und den Wählern Hitlers unterstellt, sie hätten gewusst, wen und was sie wählten. Historisch gesehen, ist das eine spekulative Überreaktion.

Dirk Bavendamm will etwas Neues vorlegen - nichts weniger als eine Biographie des jungen Hitler. Der Autor hat in vielen Archiven geforscht und manche interessanten Details zutage gefördert. Wichtige neue Quellen hat er indes nicht gefunden. Es bleibt also in der Hauptsache bei den problematischen Zeugnissen von Hitler selbst und seinen Gefährten Kubizek und Hanisch, die ausgiebig befragt und noch ausgiebiger interpretiert werden. Damit glaubt der Autor imstande zu sein, nicht nur die Biographie im engeren Sinne mit viel Schwung erzählen, sondern auch das Verhältnis Hitlers zur Habsburger Monarchie wie auch zu den geistigen Größen der Epoche ermitteln zu können. Wenn die Quellen nichts hergeben, bedient er sich anderer Möglichkeiten. Um die Entwicklungsprobleme des Jünglings auf den Begriff bringen zu können, stützt er sich beispielsweise auf die Theorie eines marxistischen Psychoanalytikers, der mit Hitler nichts zu tun hat, aber ihn befähigt, Hitler eine "genialische Pubertät" zu attestieren.

Noch problematischer ist der Abschnitt des Buches, in dem der prägende Einfluss "großer" Persönlichkeiten ermittelt wird. Die Liste reicht von Kaiser Franz Joseph über Nietzsche bis zu Karl May. Am Letzteren lässt sich die Methode Bavendamms besonders deutlich aufzeigen, die darin besteht, dass Aussagen nicht durch Hinweise auf Quellen bestenfalls wahrscheinlich gemacht, sondern als gesicherte Erkenntnisse suggeriert werden. Im Falle Karl Mays erhält der Hinweis besondere Bedeutung, dass Hitler Winnetou, beiläufig eine "Rothaut", wegen seines "Edelmutes" bewundert habe. Das hat einen tieferen Sinn. Hitler habe in dem Häuptling der Apachen "höchstwahrscheinlich gleichnishaft das Schicksal der Deutschösterreicher verkörpert gesehen". Kein Beleg macht diese Behauptung wahrscheinlich.

Der "Edelmut" fasziniert Bavendamm, und so kommt er schließlich auf die "Friedensrede" von Karl May in Wien 1912 zu sprechen. Sein Thema lautete: "Empor ins Reich des Edelmenschen". Was hat diese Hoffnung nun mit Hitler zu tun? Folgen wir unserem Autor - sehr viel. Er stellt fest: "Niemand weiß, ob der junge Hitler an dieser Versammlung ... tatsächlich teilgenommen hat." Es sei aber keineswegs auszuschließen. Weit wichtiger ist aber die Gegenfrage: "Was aber, wenn der junge Hitler tatsächlich 1912 zu Karl Mays Zuhörern gehört hätte ... wenn die Erlösung der Menschheit durch ein utopisches ,Dschinnistan' die Essenz seiner eigenen Reichsidee gewesen wäre?" Beide Fragen ließen sich weder eindeutig bejahen oder verneinen, sie seien also möglich. Zweiflern wird entgegengehalten: "Nur eines steht fest: Der junge Deutschnationalist dachte ebenfalls in manichäischen Kategorien. Auch er träumte von einem ,Reich des Edelmenschen'." Hier wird die Frage unvermeidlich: Will Bavendamm eine besondere Klientel bedienen?

Im Epilog, in dem der Hitler der Revolutionszeit noch in den Blick kommt, wird eine erstaunliche Übereinstimmung zwischen ihm und dem "Volkstribunen" Eisner konstruiert. Eisner habe nichts anderes getan, "als jene Ziele zu verwirklichen, von denen Hitler bis 1918 nur geträumt hatte: die revolutionäre Gründung einer Republik, hinter der zunächst nicht viel mehr als eine Rednergabe stand". Für Bavendamm steht außer Frage, "dass sich die Positionen, die Hitler zu Kultur, Gesellschaft und Staat einnahm, Eisner in wesentlichen Punkten zumindest sehr nahe kamen". Hier hebt der Autor ab. Seine Methode, aus vagen Hinweisen Gewissheiten zu konstruieren und damit alles Mögliche beweisen zu wollen, führt zur Beliebigkeit. So kommt man nicht weiter.

HENNING KÖHLER

Joachim Riecker: Hitlers 9. November. Wie der Erste Weltkrieg zum Holocaust führte. WJS Verlag, Berlin 2009. 294 S., 19,95 [Euro].

Dirk Bavendamm: Der junge Hitler. Korrekturen einer Biographie 1889-1914. Ares Verlag, Graz 2009. 592 S., 29,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Welche "besondere Klientel" der Autor bedienen will, wie Henning Köhler mutmaßt, möchte man gar nicht so genau wissen. Es genügt, von Köhler zu erfahren, wie Dirk Bavendamm in seinem Buch über den jungen Hitler aus vagen Hinweisen Gewissheiten konstruiert. Bavendamms fleißige Archivbesuche nützen wenig, meint der Rezenensent, wenn der Autor sich wesentlich auf Hitlers Selbstzeugnisse und die seiner Gefährten Kubizek und Harnisch stützt und der Hitler mutmaßlich prägende Einfluss von Persönlichkeiten, wie Kaiser Franz Joseph oder Karl May (und dessen manichäischem Weltbild), ohne Belege behauptet wird.

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