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Joy, 19, vermietet ihren Körper für zehn Euro pro Kunde in Wien: Sie muss 45.000 Euro an die Frauenhandels-Mafia abzahlen. Blessing, 24, hat die Prostitution verweigert, nun wurde ihr Bruder zu Hause niedergeschossen. Florence, 22, hat in einem monatelangen Marsch zu Fuß die Wüste durchquert und endet am Rand einer Ausfallstraße. Drei von 40.000 Frauen aus Nigeria, die in Europa als Zwangsprostituierte auf der Straße stehen: bestellt, verkauft, ausgeliefert.Mary Kreutzer und Corinna Milborn liefern nicht nur einen fundierten Bericht über Frauenhandel sie sind auch Dutzenden solcher Schicksale…mehr

Produktbeschreibung
Joy, 19, vermietet ihren Körper für zehn Euro pro Kunde in Wien: Sie muss 45.000 Euro an die Frauenhandels-Mafia abzahlen. Blessing, 24, hat die Prostitution verweigert, nun wurde ihr Bruder zu Hause niedergeschossen. Florence, 22, hat in einem monatelangen Marsch zu Fuß die Wüste durchquert und endet am Rand einer Ausfallstraße. Drei von 40.000 Frauen aus Nigeria, die in Europa als Zwangsprostituierte auf der Straße stehen: bestellt, verkauft, ausgeliefert.Mary Kreutzer und Corinna Milborn liefern nicht nur einen fundierten Bericht über Frauenhandel sie sind auch Dutzenden solcher Schicksale nachgegangen. Gemeinsam mit Joana Adesuwa Reiterer aus Nigeria, die Betroffene berät, berichten sie aus dem Alltag afrikanischer Zwangsprostituierter in Wien, Frankfurt, Berlin. Ihre Recherchen führten sie bis nach Lagos und in nigerianische Dörfer, wo junge Frauen mit falschen Versprechungen nach Europa gelockt werden und ganze Familien von ihren Geldsendungen abhängen. In riskanten Undercover-Recherchen und Gesprächen mit Menschenhändlern decken sie die Methoden der Frauenhändler auf, gehen der Rolle von Polizei und Behörden nach und sprechen mit den Freiern in Europa.Ein packender und einfühlsamer Bericht über Ausbeutung, Rassismus und die Hintergründe des größten kriminellen Wirtschaftszweiges der Welt.
Autorenporträt
Mary Kreutzer ist Politikwissenschafterin und Journalistin mit den Schwerpunkten Frauenrechte, Entwicklungspolitik und Flucht. Sie ist Trägerin des Eduard-Ploier-Radio-Preises der Österreichischen Volksbildung und Mitbegründerin der Hilfsorganisation LEEZA, die im Irak und in der Türkei emanzipatorische Frauenprojekte durchführt, sowie Redakteurin der Menschenrechtszeitschrift liga.

Corinna Milborn ist Politikwissenschafterin, Autorin und Journalistin in Wien. Als Co-Autorin von UN-Botschafterin Waris Dirie (Schmerzenskinder), Redakteurin bei Format und Chefredakteurin der Menschenrechtszeitschrift liga setzt sie sich seit Jahren mit den Themen Globalisierung, Menschenrechte und Migration auseinander. Ihr Buch Gestürmte Festung Europa erhielt 2006 einen Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.06.2008

Moderne Sklaverei

Es lernt, wer "Ware Frau" liest, weshalb kaum ein Verbrechen der Welt höhere Zuwachsraten verzeichnet als Frauenhandel. Mary Kreutzer und Corinna Milborn porträtieren ein perfides "System von Zwängen". Acht junge Frauen aus Nigeria werden vorgestellt: In ihrer Heimat wird den Töchtern mittelloser Familien die Reise nach Europa angeboten. Dort dürften sie studieren oder arbeiten, wird ihnen in Aussicht gestellt. Wer jedoch am Ziel ankommt, den erwartet eine Clique nigerianischer Menschenhändler und Zuhälterinnen, die bis zu 100 000 Euro an "Reisekosten" einfordern. Die zentrale Frage, wie sich die Täter in Europas Rechtsstaaten zu schützen und weshalb ihre Opfer sich nicht zu wehren imstande sind, wissen die Autorinnen hinreichend zu beantworten: Noch in Nigeria werden die auszubeutenden Frauen von korrupten Voodoo-Priestern eingeschüchtert, die bei Aufbegehren der gläubigen Opfer Krankheit und Tod prophezeihen; ihre Verwandten werden in der Heimat misshandelt, wenn sich die Geschleusten in Europa verweigern; sie selbst erfahren die Brutalität ehemaliger Zwangsprostituierter, die sich, von den Torturen traumatisiert, zu "Madames" genannten Zuhälterinnen gewandelt haben; und sich trotz all der Drohungen im fremden Land der Polizei anzuvertrauen hieße für die illegal Eingewanderten in den meisten Fällen, nach Prozessende in die Heimat abgeschoben zu werden. Dieserart mundtot gemacht, schützen die Opfer ihre Peiniger. (Mary Kreutzer/Corinna Milborn: Ware Frau. Auf den Spuren moderner Sklaverei von Afrika nach Europa. Ecowin Verlag, Salzburg 2008. 234 S., 19,95 [Euro].)

MARTIN WITTMANN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.08.2009

Bestellt und ausgeliefert
Das Elend der afrikanischen Zwangsprostituierten in Europa
Der Handel mit Frauen blüht und hat im Profit den Drogen- und Waffenhandel überholt, sagen Mary Kreutzer und Corinna Milborn. Allein aus Nigeria stammen 40 000 Frauen, die nach Angaben der beiden Autorinnen in Europa als Zwangsprostituierte auf der Straße stehen. Sie werden bestellt, verkauft und ausgeliefert.
Acht Frauen schildern in diesem Buch ihre materielle Not in Westafrika, den grausamen Weg nach Europa und das Leben in der Schuldknechtschaft. Sie berichten von Gewalt, Rassismus, Schmerz und Angst. Alle sind in Benin City aufgewachsen, einer Millionenstadt im Süden Nigerias. Niemand kann genau erklären, warum fast alle afrikanischen Prostituierten, die in Europa arbeiten, ausgerechnet aus dieser Region kommen. Die Autorinnen, die in Nigeria recherchiert haben, vermuten, dass sich dort über Jahrzehnte hinweg ein festes Netzwerk aus Schleppern, Zuhälterinnen und Priestern herausgebildet hat. Die Bande sind wohl in den 70ern zwischen Benin City und Turin geknüpft worden und haben sich dann auf ganz Europa ausgedehnt.
Ein Großteil des Handels wickeln Frauen ab, sogenannte Madames. Sie waren selbst einmal Zwangsprostituierte und sind zu Zuhälterinnen geworden, nachdem sie ihre „Reise-Schulden” von mehreren zehntausend Euro abbezahlt hatten. Wenn die Frauen nicht zurückzahlen oder sich verweigern, dann wird ihre Familie in Nigeria drangsaliert, oder sie selbst werden umgebracht. Die Akteure, oft Verwandte, bedienen sich der Juju-Religion zur Einschüchterung. Mithilfe der nigerianischen Version des Voodoo werden die Frauen in ein System von Schuld, Zwang und Verstrickung gepresst. Die Frauen müssen einem Juju-Priester schwören, die Schulden zurückzuzahlen und niemals gegen die Menschenhändler auszusagen.
Eine Ausnahme ist Joana Adesuwa Reiterer. Die Boutiquenbesitzerin zog 2003 mit ihrem Ehemann nach Wien. In den ersten Tagen sollte sie ihm vor Gästen auf den Knien rutschend das Essen servieren. Außerdem durfte sie die Wohnung nicht verlassen, weil es draußen gefährlich sei. Die Weißen seien rassistisch, und man könne ihnen nicht trauen. Junge, wortkarge Nigerianerinnen tummelten sich in der Wohnung, Dutzende Pässe lagen unter dem Teppich. Reiterer begriff, was vor sich ging und handelte. Sie flüchtete aus der Ehe mit dem mutmaßlichen Menschenhändler, der für sie die Rolle der Madame – der Zuhälterin – vorgesehen hatte. Um in Nigeria aufzuklären und Betroffene in Wien zu beraten, gründete sie den Verein „Exit”.
Das Buch handelt nicht nur vom Frauenhandel und von Prostitution. Es dokumentiert auch die Überlebenskultur und die patriarchale Gewalt, denen Auswanderinnen nicht nur in Europa, sondern auch in den west- und nordafrikanischen Gesellschaften ausgesetzt sind. Viele von ihnen sind Jahre unterwegs, bis sie in Europa ankommen. Die Madames und ihre Helfer sind stets gut informiert über den Aufenthaltsort der Mädchen. Oft geht es hin und her, in der Sahara und an den Küsten Nordafrikas. Immer muss neues Geld beschafft werden. Frauen haben mehr Urin als Männer und können einen Teil an die Durstleidenden verkaufen. Oder sie geben ihren Körper an alte und junge Männer in Mali und Algerien, Polizisten in Libyen oder an Mitreisende in Marokko, Schlepper in Tunesien – gegen Geld, Essen, Unterkunft oder manchmal, um nicht getötet zu werden.
Die Schilderungen sind hart, und den Autorinnen ist bewusst, dass sie auch rassistische Klischees bedienen. Sie möchten aber Missstände aufdecken – auch wenn sie in Gruppen stattfinden, die es mit großer Diskriminierung zu tun haben. Gleichzeitig betonen sie, dass Frauenhandel zwar als „Ausländerkriminalität” betrachtet werde, dass die Ursachen aber in Europa zu suchen seien. Die Autorinnen versäumen dabei nicht, auf das wirtschaftliche Nord-Süd-Gefälle hinzuweisen, ebenso auf die geschlossenen Grenzen, die Auswanderinnen in kriminelle Netzwerke treiben. Sie bemängeln zudem die ausgehöhlten Rechte eingewanderter Frauen und speziell den unzureichenden Opferschutz. Auch die Verantwortung europäischer Freier, der Gesundheitsbehörden, Justiz, Botschaften und Polizei kommen zur Sprache. Deutlich wird, dass Korruption keine nigerianische Spezialität ist.
Das Buch erzählt nicht holzschnittartig, sondern facettenreich die filigranen Machtebenen und die komplexen Abhängigkeiten. Die detailreichen Berichte der acht Frauen schockieren – ebenso die Tatsache, dass Bemühungen gegen Frauenhandel seit Jahren schlicht erfolglos bleiben, weil sie nicht am Kern ansetzen. ANKE SCHWARZER
MARY KREUTZER/CORINNA MILBORN: Ware Frau. Auf den Spuren moderner Sklaverei von Afrika nach Europa. Ecowin, Wien 2008. 234 Seiten, 19,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Anke Schwarzer hat schockierende Berichte über acht Frauen gelesen, die als Zwangsprostituierte von Nigeria nach Europa verkauft wurden. Das Buch erzähle "facettenreich" vom komplexen System des Frauenhandels, beleuchte Details und Abhängigkeiten und stelle vor allem den Anspruch, die Ursachen nicht nur in Afrika, sondern auch in Europa zu suchen. Am Beispiel der Gründerin von "Exit", einem Verein, der aufklären und aufrütteln will, ergibt sich ein Bild, das fassungslos macht: Nach Wien verkauft, wurde Joana Adesuwa Reiterer schnell klar, dass ihr Ehemann sie als sogenannte "Madame" ausnutzen wollte. Sie floh. "Madames" sind ehemalige Zwangsprostituierte, die nun Zuhälterinnen geworden sind. Sie bilden den Großteil der Menschenhändler, die zwischen Afrika und Europa agieren. Doch nicht nur Prostitution und Frauenhandel sieht Schwarzer dokumentiert, sondern auch die "patriarchalische Gewalt", die die Frauen zu ertragen haben.

© Perlentaucher Medien GmbH