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Das persönlichste Buch über den Bundeskanzler im Wahljahr 2002! Von seinen Anfängen bei den Jusos bis heute hat Herausgeber Detlef Gürtler die interessantesten Äußerungen Gerhard Schröders zusammengestellt. So ergibt sich ein vielschichtiges und aussagestarkes Bild des derzeit wichtigsten deutschen Politikers: Es zeigt den Aufsteiger, der sich zäh und beharrlich den Weg nach oben gebahnt hat, den Volkstribun, der Stimmungen richtig einschätzen kann, den beständigen Schröder, dessen harte, frühe Jahre das charakterliche Fundament bilden und schließlich den lernenden Schröder: ob in der…mehr

Produktbeschreibung
Das persönlichste Buch über den Bundeskanzler im Wahljahr 2002!
Von seinen Anfängen bei den Jusos bis heute hat Herausgeber Detlef Gürtler die interessantesten Äußerungen Gerhard Schröders zusammengestellt. So ergibt sich ein vielschichtiges und aussagestarkes Bild des derzeit wichtigsten deutschen Politikers: Es zeigt den Aufsteiger, der sich zäh und beharrlich den Weg nach oben gebahnt hat, den Volkstribun, der Stimmungen richtig einschätzen kann, den beständigen Schröder, dessen harte, frühe Jahre das charakterliche Fundament bilden und schließlich den lernenden Schröder: ob in der Außenpolitik, in der Biotechnologie, im Umgang mit seiner Partei oder im Verarbeiten von Niederlagen.
Autorenporträt
Gerhard Schröder, geb. 1944 in Mossenberg (heute Stadtteil von Blomberg, Kreis Lippe) war nach seinem Jurastudium (1966-1971) in Göttingen als selbstständiger Rechtsanwalt (1978-1990) in Hannover tätig. Seit 1963 Mitglied in der SPD. Zu seinen politischen Stationen zählen unter anderem die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag (1980-1986), die Ministerpräsidentschaft von Niedersachsen (1990-1998), der Parteivorsitz der SPD (1999-2004) sowie das Amt des Bundeskanzler von 1998-2005.
Nach seiner politischen Karriere ist Schröder wieder als Rechtsanwalt und als freiberuflicher Berater in eigener Kanzlei in Berlin tätig. Ebenso bekleidet er verschiedene Positionen in der Wirtschaft.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.07.2002

Grütze gestern und heute: Kanzlerworte
Über Konrad Adenauer, Gerhard Schröder und andere Meister des Nonsens
Dass einmal einer sein würde wie er, der den Leuten aus Leib und Seele geschnitten scheint. Dass so einer hingeht und spricht: Ich habe nie gern gelesen. Das was ich brauche, hole ich mir lieber aus Gesprächen. Vielleicht normal im ersten Jahrzehnt des ersten Jahrhunderts der neuen analphabetischen Zeitrechnung. Millionen seinesgleichen fürchten sich vor Schriftlichkeit, reduzieren Schriftverkehr auf SMS-Hauptsätze. Dass aber ein bekennender Nicht-Leser oberster bekennender Nichtlesekanzler aller nichtlesenden Deutschen sein würde, ist. . . ungewohnt noch, ein bisschen. Paradoxerweise erscheint nun ein Büchlein, welches dieses Bundeskanzlers persönlichen Zeitgeist sammelt und verbreitet. Schröders Büchlein, es ist Wahljahr, verspricht: „Ein Portrait in Gedanken und Zitaten”, gefolgt von einem Anhang mit „nachträglichen Gedanken”. Wer könnte deren Verfasser sein? Soll Geheimnis bleiben, einstweilen.
Was sollten wir wissen über das seltsame Genre „Kanzlerworte”? Schröders Worte sind Sprüche, denn wer nicht liest der auch nicht schreibt, jedenfalls nicht gern. Kanzler-Schröder-Sprüche, unterteilt in zehn Haupt- und etliche Unterkapitel: Macher. Genosse. Genosse der Bosse und so fort. Wen man aber antrifft, ist immer nur der Eine, der große ICH-Kanzler. Und der spricht so: „Ich bin und bleibe ein Automann. Nur wer mit dem Produkt marschiert, kann es beeinflussen.” Oder: „Ich habe vielen Leuten auf die Füße getreten, weil ich was verändern wollte. Aber mir ist ja auch auf die Füße und woandershin getreten worden.” Wer sich da wundern sollte, dem ruft der Ichkanzler in seiner Gestalt als Fußballkanzler fröhlich zu: „Im Fußball ist es meistens wie im richtigen Leben; und übrigens auch in der Politik.”
Genug der Wiederholungen, beispielhaft zitiert aus besagten „Gedanken und Zitaten”, die jedoch gemäß der Lieblingsfloskel eines früheren Bundeskanzlers (Erhard), nicht etwa losgelöst im luftleeren Raum des Jahres 2002 sich manifestieren, sondern fortgesetzt wurden; möglicherweise in Unkenntnis. Schröders Worte bilden die Spitze eines riesigen, hundertjährigen Kanzlerworte-Massivs, dessen mächtigste Brocken Konrad Adenauer beisteuerte, an dessen Fuß aber „Goldene Worte” – so der Titel – des Fürsten Bismarck schimmern.
Eine seltsame Geschichte aus dem frühen Westdeutschland tritt auf. Adenauer, Gestalt des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Um ihn eine Aura distanziert-bürgerlicher Autorität. Ein solcher Kanzler kam den eben noch hitlersüchtigen Deutschen gerade recht, ermöglichte ihnen bedingte Übertragung des verwaisten Führerkults. Publizistische Hilfstruppen, oftmals alte Nazis, arbeiteten gut getarnt an der K.A.-Kanzlerlegende.
Eine jener undurchsichtigen Vereinigungen (in Wahrheit das Bundespresseamt) ließ 1956 das erste Bändchen erscheinen. Die „junge Bundesrepublik' schien reif für Kanzlerworte, „ausgewählt aus Reden, Artikeln und Erklärungen des Bundeskanzlers Dr. Adenauer”. Da gibt es solche der altväterlichen Art: „Der Mensch vergisst manchmal sehr schnell – das ist gut, aber auch manchmal nicht gut” (originaler A.). Oder, schwer vorstellbar aus Schröders Mund: „Unter gar keinen Umständen darf die Beschäftigung mit der metaphysischen Seite des menschlichen Seins vernachlässigt werden.” Auch ein Adenauer-Gewächs? Nein, Ghostwriter Text. Immerhin war die Herkunft der Zitate exakt deklariert (bei Schröder reicht es bloß zu summarischen Angaben). Man konnte seinerzeit mit zunehmender Tiefe der eignen Adenauer-Erforschung genau einschätzen: ist/ist nicht von K.A. Das allermeiste nicht: nicht seine abenteuerlichen Genitive, nicht sein Denken, seine Syntax.
Umso komischer, dass ein durch und durch un-adenauersches Kunstprodukt, schäbige triefende Ghostwriterware, zur Ehre der Altäre erhoben worden ist: Die Weihnachtsansprachen. Erst eine, später deren sieben in einem Band, kalligraphisch zubereitet satzweise oder ganz und gar schön geschrieben. Typischer Anfang: „Es ist Weihnachten. Am Christbaum brannten gestern die Kerzen...”
K. A. war aus dem Amt geschieden (1963), als die Kanzlerworte von 1956 eine dritte, nunmehr retrospektive Neuauflage erlebten, erweitert und ergänzt, aber auch vermindert. Diese eine wundervolle Sentenz: „Der Mensch vergisst manchmal sehr schnell, das ist gut, aber auch nicht gut” wollte den dummen Editoren nicht mehr gefallen, wie überhaupt fundamentale Sentenzen Adenauerschen Original-Denkens (meist beginnend mit dem Vorlauf: „Ich habe immer gefunden, dass ...”) niemals in den offiziellen Kanon aufgenommen worden sind. Beleg dafür die posthume Anthologie „Seid wach für die kommenden Jahre”. Mitreißender Untertitel: „Grundsätze – Erfahrungen – Einsichten”, gesammelt und herausgeben von der langjährigen Mitarbeiterin & Vertrauten Dr. Anneliese Poppinga. Frau Poppinga würde niemals Adenauers schönsten Aphorismus in ihre Sammlung aufgenommen haben, entnommen der berühmt-berüchtigten Fallbeil-Rede Ende Mai 1956: „Je einfacher Denken ist oft eine wertvolle Gabe Gottes.” Das ist tausendmal kostbarer als das häufig apostrophierte „Die Situation ist da.”
Zurück zu Schröders „Gedanken”, deren krachende Gestalt das Honoratioren-Rheinisch Adenauers erzittern ließe. Schröders „O-Töne”, im besten Fall, mögen als „Mutterwitz” durchgehen – aber Mutterwitz des größten regierenden Ich-Kanzlers? „Ich hätte ja als Anwalt und Bundestagsabgeordneter zufrieden sein können. Aber dann sagte ich mir. Du musst doch mal gucken, ob es nicht die ganze Grütze gibt und nicht nur einen Teller voll...”
Grass und die Ghostwriter
Ganze Grütze? Nein, der ganze Schröder! Schwer zu sagen, was den Leser härter ankommt: wenn Schröder dummes Volk spielt – oder wenn er seinen Ghostwriter-Souffleuren blind folgt. Jeder Satz ein Haupt-Satz, jeder Hauptsatz ein Absatz, jeder Absatz ein Einschlag: „Das 19. Jahrhundert wird uns demnach als Zeitalter der sozialen Frage in Erinnerung bleiben.”„Viele haben das vergangene Jahrhundert auch als Zeitalter der Extreme bezeichnet.”
Nonsens? Ja, bloß niemand merkt’s. Maßstäbe fortgeflogen, lass doch den Mann! Es ist solche geistige Armut der herrschenden „Macher”, welche das aussterbende intellektuelle Klima des Landes D. auf ein klebriges, mittelmäßiges Niveau hinunterzwingt.
Endlich das „Nachwort”. Jene „nachträglichen Gedanken” am Ende des Zitaten-Portraits sind: von Günter Grass. Ach du liebes bisschen. Bremst niemand? Spricht streng: Günter lass das! Redigiert den Hochgeehrten? Möchte er seinen Schröder parodieren? Grass: „...aber ich habe mich gefragt, ob er über das pragmatisch Mögliche hinausdenken kann. Und dann hat es mich doch überrascht, wie er in relativ kurzer Zeit in die Aufgabe des Bundeskanzlers hineingewachsen ist, auch in der Außenpolitik. Das hätte ich so schnell nicht erwartet.” Oder auch:„Ich glaube, dass er, und ich setze das bei einem Politiker voraus, kein gebrochenes Verhältnis zur Macht hat.”
Am Ende des Elends solcher Kanzler- und Nachworte fliegt ein alter Kindervers durchs Zimmer – und der geht so: Denke nie gedacht zu haben, denn das Denken der Gedanken ist gedankenloses Denken. Wenn du denkst, du denkst, denkst du nur, du denkst. Denken tust du nie.
CLAUS-HEINRICH MEYER
GERHARD SCHRÖDER: Was kommt. Was bleibt. Ein Porträt in Gedanken und Zitaten. Hrsg. Detlef Gürtler, Zeichn. v. Martina Wember . Mit nachträglichen Gedanken von Günter Grass. Lardon Media, Hamburg 2002. 192 Seiten, 12 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Claus-Heinrich Meyer ist entsetzt und weiß nicht, wann er es mehr sein soll: "wenn Schröder dummes Volk spielt - oder wenn er seinen Ghostwriter-Souffleuren blind folgt". Schröders "Gedanken und Zitate" sind keine "Kanzlerworte", so "seltsam" und lächerlich dem Rezensenten dieses Genre auch vorkommen mag, sondern lediglich "Sprüche". Keine Brechungen und Widersprüche, durch die sich mosaikhaft ein Bild ergeben würden, hier trifft der Leser immer nur auf "den großen ICH-Kanzler". "Nonsens" sei das, "geistige Armut", reinstes "Elend" und dem werde auch noch die Krone aufgesetzt durch Günter Grass' schmeichelndes Nachwort. Dazu fällt dem entgeisterten Rezensenten nur noch der wohlbekannte Kindervers ein: "Wenn du denkst, du denkst, denkst du nur, du denkst. Denken tust du nie."

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