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Der Kampf der Kulturen findet nicht statt Von allen Schlagworten, die seit dem Ende des Kalten Krieges die Welt zu erklären versuchen, ist das vom KAMPF DER KULTUREN das prägnanteste und zugleich verheerendste. Mit ihm wurden weltweit neue Feindbilder geschaffen und Konflikte geschürt. Bestsellerautor Ilija Trojanow und der indische Dichter und Kulturkritiker Ranjit Hoskote entlarven die Unsinnigkeit dieser These und rücken den Propheten eines kulturellen Weltkriegs die Köpfe zurecht. Die Definition der eigenen kulturellen Identität und Zugehörigkeit durch Abgrenzung ist unsinnig, weil…mehr

Produktbeschreibung
Der Kampf der Kulturen findet nicht statt
Von allen Schlagworten, die seit dem Ende des Kalten Krieges die Welt zu erklären versuchen, ist das vom KAMPF DER KULTUREN das prägnanteste und zugleich verheerendste. Mit ihm wurden weltweit neue Feindbilder geschaffen und Konflikte geschürt. Bestsellerautor Ilija Trojanow und der indische Dichter und Kulturkritiker Ranjit Hoskote entlarven die Unsinnigkeit dieser These und rücken den Propheten eines kulturellen Weltkriegs die Köpfe zurecht.
Die Definition der eigenen kulturellen Identität und Zugehörigkeit durch Abgrenzung ist unsinnig, weil unmöglich. Der Versuch der Bewahrung einer kulturellen Scheinreinheit durch Unterdrückung von schädlichen Einflüssen muss scheitern. "Kulturen bekämpfen sich nicht, sie fließen zusammen", so heißt es im Untertitel dieses Buches. Die Autoren zeigen darin, dass dieses Zusammenfließen von Kulturen ein Naturgesetz ist. Es ist der dynamische Prozess, der kulturelle Identität und Zivilisation überhaupt erst möglich macht. Was wir heute allzu bereitwillig als KAMPF DER KULTUREN zu akzeptieren bereit sind, ist nichts anderes als der verzweifelte und letztlich nutzlose Versuch, diesen fruchtbaren Prozess aufzuhalten. Trojanow und Hoskote behaupten nicht, dass das Zusammenfließen von Kulturen ein stets friedlicher Vereinigungsprozess ist, bei dem die eine Kultur die andere freudig umarmt. Aber sie werden zusammenfließen, ob uns das passt oder nicht. Anhand aktueller und historischer Beispiele entsteht so eine Kampfschrift gegen den Kulturkampf, die auf ermutigende Weise an die Vernunft appelliert und einen neuen Sinn für Gemeinsames stiftet.
Brandaktuell: eine aufklärerische und radikale Streitschrift gegen neue Feindbilder.
Autorenporträt
Ilija Trojanow, geb. 1965 in Bulgarien, aufgewachsen in Kenia, studierte und arbeitete viele Jahre in Deutschland. Seit 1998 lebt er in Bombay. Trojanow ist Autor, Herausgeber und Verleger. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit afrikanischer Geschichte, Kultur und Literatur. Der Autor erhielt zahlreiche Preise: 1995 den Bertelsmann-Literaturpreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt, ein Aufenthaltsstipendium im Künstlerhaus Schloß Wiepersdorf sowie ein Arbeitsstipendium des Deutschen Literaturfonds e.V., 1996 den Marburger Literaturpreis, 1997 den Viktor-von-Scheffel-Preis und Thomas-Valentin-Preis der Stadt Lippstadt und 2000 den Adelbert-von-Chamisso-Preis. 2009 wurde ihm der Preis der Literaturhäuser verliehen und 2010 wurde er als 'poetischer Chronist der großen Exil- und Migrationsphänomene der Moderne' mit dem Würth-Preis geehrt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.11.2007

Kampfabsage, olé, olé!

Wenn man nur wüsste, wer eigentlich Geschichte macht! Dann wäre vieles einfacher. Es gab Zeiten, da sollen es die Könige, die Nationalstaaten, die Klassen oder auch die Ideen gewesen sein, die als herrschende und ordnende Mächte die Konfliktlinien bestimmten. Heute scheint man geradezu intuitiv zu wissen, dass es "Kulturen" seien, die den Strudel weltgeschichtlicher Ereignisse wie die Attentate vom 11. September 2001 hervorbringen.

Es begann damit, dass vor etwas mehr als zehn Jahren Samuel Huntingtons folgenreiches Buch "Clash of civilisations" erschien. Es war eines der ersten weltweit beachteten Werke politischer Gegenwartsinterpretation nach dem Fall der Mauer und dem Ende der Ordnung des Kalten Krieges. Huntington entwarf ein höchst umstrittenes Szenarium von "Kulturkreisen", die im Kampf miteinander liegen. Die Thesen, die Huntington entwickelte, sollten ausdrücklich einer "Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert" dienen. Es wurde zumeist als selbstverständlich genommen und gar nicht weiter diskutiert, dass Huntington auf die Kategorie der Staatlichkeit in seinem Ordnungsschema verzichtete. Das passte zu einer neuen Weltpolitik, die die starren politischen Handlungseinheiten zugunsten neuer kollektiver Organisationsformen abzulösen schien, und war überhaupt die Voraussetzung für Huntingtons These. Kultur wurde zum geschichtlichen Subjekt, zum Täter.

Die große Mehrzahl derjenigen, die Huntingtons Thesen eine andere Sicht entgegenhalten, begeben sich leicht auf dasselbe theoretische Plateau, indem sie erwidern, dass die Kulturen doch anders seien als von Huntington dargestellt. Auch Ilija Trojanow und Ranjit Hoskoté folgen diesem Weg, wenn sie in ihrem Buch "Kampfabsage" schon im Untertitel behaupten: "Kulturen bekämpfen sich nicht - sie fließen zusammen" (Aus dem Englischen von Heike Schlatterer. Karl Blessing Verlag, München 2007. 239 S., geb., 17,95 [Euro]).

Es lohnt sich, auf die Metaphorik zu achten: Kämpfende Kulturen wären wohl Akteure, aber was sind "zusammenfließende Kulturen" dann? Den Wechsel von einer personalisierenden zu einer naturalisierenden Perspektive könnte man ja begründen, wenn man ihn nur reflektieren und dann Schlüsse ziehen würde. Dazu aber haben die Autoren sich nicht entschlossen. Ein Beispiel ganz zu Beginn des Buches charakterisiert die Art der Argumentation für die ganze Liste, die die Autoren anführen vom mittelalterlichen Europa bis nach Indien und China. So wird die Herkunft des verbreiteten Fußball- und Freudenschlachtrufs "Olé, olé" aus dem arabischen "Alla" angeführt, um darzulegen, dass niemand sich vor einer "Islamisierung" zu fürchten brauche, da islamische Versatzstücke längst in die europäische Alltagskultur eingegangen seien. Die vermeintlichen Feinde des Abendlandes seien also weder fremd noch überhaupt Feinde. Zwar gebe es Unterschiede, aber keine unüberwindbaren Gegensätze.

Die Autoren schicken sich an, zu zeigen, "dass der Ursprung der wichtigsten westlichen Werte, Technologien und kulturellen Errungenschaften im Mittelmeerraum des neunten bis fünfzehnten Jahrhunderts zu finden ist, vor allem im muslimischen Herrschaftsgebiet al-Andalus", darüber hinaus auf Sizilien und in Venedig. Erstens darf man diese These mit Fug und Recht in ihrer abstrusen Allgemeinheit bezweifeln. Was sind denn wohl die wichtigsten "westlichen Werte"? Man ist ratlos, weil die historische Argumentation der Autoren selbst unhistorisch verfährt. Dadurch verpufft die Aussage der Beispiele und führt zu nichts.

Es ist Trojanow und Hoskoté gleichwohl anzurechnen, dass sie gar nicht leugnen, dass dieses "Zusammenfließen" oft höchst gewalttätige Formen annimmt. Man reibt sich aber doch die Augen: An wen richtet sich eigentlich ein Buch, in dem im Einzelfall mehr oder weniger zutreffend dargelegt wird, dass es im Lauf der Geschichte wechselseitige kulturelle Einflüsse durch Religionen und Staaten hindurch gegeben habe, dass also keine "Kultur" je völlig autochthon war und ist? Das ist nun sicher keine Neuigkeit. Vielleicht würde es auch gar nicht schaden, das alles wieder einmal aufzuschreiben, wenn die Autoren dabei nun nicht ausgerechnet jenen Fehler begehen würden, den ihr Buch korrigieren soll.

Denn wie die fragwürdige Rede vom "Ursprung" schon anzeigt, findet auch hier eine Essentialisierung von "Kulturen" statt. Es ist das Gegenteil von Kulturgeschichte, wenn der Zusammenhang von Kultur und Machtpolitik nicht berücksichtigt oder als bloße Ideologie vernachlässigt wird. Erst die politisch-historische Pragmatik des Kulturaustauschs würde zeigen können, wie sich gegenseitige Abgrenzung und Aufnahme zueinander verhalten. Das Problem scheint doch darin zu liegen, dass, wie das Buch zeigt, dieser Austausch auch dazu führen kann, dass die sich austauschenden "Kulturen" dabei beide verlieren und unter dem Druck primitivster Ideologien unter das Niveau längst erreichter Einsichten gehen. Und dann das Selbstverständliche auch noch so erzählen, dass es gar nicht in den aktuellen Bezügen fruchtbar werden kann.

MICHAEL JEISMANN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Diesen Versuch, statt Huntingtons "Kampf der Kulturen" ein Ineinanderfließen der Kulturen darzustellen, sieht Michael Jeismann als gescheitert an. Den beiden Autoren Ilija Trojanow und Ranjit Hoskote wirft Jeismann "unhistorisches" Vorgehen vor, wenn sie von muslimisch begründeten westlichen Werten schreiben. Dass die Autoren dabei auf die Binsenweisheit von der Wechselseitigkeit kultureller Einflüsse zurückgriffen, erscheint dem Rezensenten dabei eher unproblematisch, verglichen mit der von ihnen gewählten Argumentationsweise. Die nämlich, findet Jeismann, führt zu eben jener "Essentialisierung von 'Kulturen'", die zu widerlegen die Autoren angetreten sind. Das Resultat nennt Jeismann das Gegenteil einer politisch-historischen Kulturgeschichte und als solches unfruchtbar.

© Perlentaucher Medien GmbH