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In der Nähe von Kristiansand geht ein Pyromane um. Einen ganzen Monat hat er nachts heimlich gewütet, Scheunen und zum Schluss sogar bewohnte Gebäude bis auf die Grundmauern niedergebrannt. In der kleinen Gemeinde wächst die Panik. Endlich greift die Polizei ein. Der Pyromane muss gefasst werden, aber es gibt nur wenige Spuren. Am Sonntag, dem 4. Juni 1978, als das erste Haus brennt, wird in der Kirche von Finsland ein Junge getauft. Dieser Junge ist niemand anderer als Gaute Heivoll selbst. Der Autor begibt sich auf die Suche danach, wie sein eigenes Leben mit den dramatischsten…mehr

Produktbeschreibung
In der Nähe von Kristiansand geht ein Pyromane um. Einen ganzen Monat hat er nachts heimlich gewütet, Scheunen und zum Schluss sogar bewohnte Gebäude bis auf die Grundmauern niedergebrannt. In der kleinen Gemeinde wächst die Panik. Endlich greift die Polizei ein. Der Pyromane muss gefasst werden, aber es gibt nur wenige Spuren. Am Sonntag, dem 4. Juni 1978, als das erste Haus brennt, wird in der Kirche von Finsland ein Junge getauft. Dieser Junge ist niemand anderer als Gaute Heivoll selbst. Der Autor begibt sich auf die Suche danach, wie sein eigenes Leben mit den dramatischsten Brandstiftungen in der Geschichte Norwegens zusammenhängt. Wer war der junge Mann, der die ruhige Gegend in ein Flammenmeer verwandelte? Warum hat er es getan? Und was verbindet ihn mit dem Jungen, der in jenem Sommer zur Welt kam? Mit leiser Dramatik, die unter die Haut geht, zeichnet Heivoll das bezwingende Portrait eines Getriebenen und fragt, wie viel Gewalt in jedem von uns steckt.
Autorenporträt
Ulrich Sonnenberg, geb. 1955, arbeitete nach seiner Buchhändlerlehre mehrere Jahre in Kopenhagen und war bis Ende 2003 Verkaufsleiter der Verlage Suhrkamp und Insel in Frankfurt am Main. Seit Anfang 2004 lebt und arbeitet er als freier Übersetzer, Herausgeber und Publizist in Frankfurt am Main.

Gaute Heivoll, geboren 1978, lebt mit seiner Familie in Finsland. Er studierte Jura, Psychologie und literarisches Schreiben und hat Erzählungen, Gedichte und Kinderbücher veröffentlicht.

Ulrich Sonnenberg, geb. 1955, arbeitete nach seiner Buchhändlerlehre mehrere Jahre in Kopenhagen und war bis Ende 2003 Verkaufsleiter der Verlage Suhrkamp und Insel in Frankfurt am Main. Seit Anfang 2004 lebt und arbeitet er als freier Übersetzer, Herausgeber und Publizist in Frankfurt am Main.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Lesenswert findet Matthias Hannemann Gaute Heivolls "melodramatischen" norwegischen Heimatroman um einen Brandstifter. Bei dem im Original vor zwei Jahren erschienenen und in Norwegen preisgekrönten Roman wird man seines Erachtens heute zwangsläufig an Anders Behring Breivik denken. Ein Rätsel, das die Menschen beschäftigt, ist auch der Fall des Brandstifters von Finsland, dem Ort, in dem auch der Autor geboren wurde, genau in dem Jahr, in dem auch der Pyromane gefasst wurde, ein junger Mann aus dem Ort. Wie Heivoll Dokumentarisches und Fiktionales, den Fall des Brandstifters und sein eigenes Leben, Perspektiven und Zeitebenen miteinander verwebt, scheint Hannemann durchaus gekonnt. Aufgrund der Selbststilisierung mutet ihn das Buch zwar manchmal etwas rührselig an. Aber die Sprache des Autors, der er "Zielgenauigkeit und Schubkraft" attestiert, machen dieses Manko bei Weitem wett. Schon wegen der Beschreibung der Flammen in der Nacht kann er die Lektüre des Romans nur empfehlen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.07.2012

Brandstifter
Gaute Heivoll erzählt vom Schmerz des Pyromanen

Während die Wirklichkeit Geschichten produziert, die übertreffen, was wir uns auszumalen vermögen - die Geschichte eines Norwegers etwa, der aufwächst wie andere auch und sich dennoch von ihnen unterscheidet, indem er zum Massenmörder wird -, tastet die Literatur die Vergangenheit nach wahren Geschichten ab, die sich im Treibhaus der Phantasten hochzüchten lassen wie ein seltener Keimling. Zuweilen stößt sie dabei auf einen Norweger, der aufwuchs wie andere auch und dennoch eines Tages entgleiste. Es ist die Geschichte eines Dorfterroristen.

Wie kann man diesen melodramatischen, in Norwegen preisgekrönten Heimatroman heute lesen, ohne an Anders Behring Breivik zu denken? An wen hätte der Protagonist uns vor zwei Jahren erinnert, als "Bevor ich verbrenne" im Original erschien: an die vielen Außenseiter der norwegischen Literatur, von Nagel bis Elling? Uns wäre wohl allenfalls aufgefallen, wie subtil sich auch mit diesem Buch der Terror in die seriöse Gegenwartsliteratur des Nordens einschleicht - kurz nach Kjærstads jüngstem Roman, in dem der Ministerpräsident auf seinem Bürodach sitzt und nach der Phantasie sucht, mit der sich der Terrorismus im Land beantworten ließe.

In Finsland jedenfalls, einer ländlichen Gemeinde bei Kristiansand, gingen im Frühjahr 1978 die Scheunen und Häuser in Flammen auf. Und jedes Mal kam der Feuerwagen zu spät, so stolz und entschlossen auch die Sirene des Brandmeisters die Stille durchbrach. Die Leute, die nächtens vor den Häusern saßen und Wache schoben wie in einem Südstaatendrama, waren verängstigt wie seit dem Krieg nicht mehr. Und dann, am Tag nach der Taufe Gaute Heivolls, war alles vorbei und der Täter gefasst. Ein junger Mann aus dem Ort, stellte sich heraus. Ein junger Mann aus der Gegend, in der sich einmal ein Kerl in die Luft sprengte, so dass die Mutter kommen musste, um die Gliedmaßen aufzusammeln: "So ist das einfach. Man hat keine Wahl. Man geht umher und sammelt die einzelnen Teile in der Schürze." Damals trug die Gesellschaft in das Friedhofsprotokoll den Vermerk "geistesgestört" ein. Und auch über den Brandstifter sagten sie später, als er im Gefängnis saß und Briefe schrieb: "Der war doch verrückt."

Taten wie diese sind ein Rätsel, das alle im Stillen beschäftigt, so wie es auch ein Rätsel ist, weshalb der eine Junge in diesem peripheren, nur durch die familiäre Geborgenheit erträglich bleibenden Ort zum Brandstifter heranreift - während ein anderer, Gaute Heivoll nämlich, in ihm zu einem produktiven Schriftsteller wird. Und den treibt die Frage nach den Gemeinsamkeiten um, obgleich er weiß, dass sich die Antwort vor dem Zugriff der Sprache stets verflüchtigen wird. Dass er bloß auf Puzzlestücke stoßen kann.

Wollte man sie sortieren, müsste man sie auf der Rückseite mit Schlagworten wie Anerkennung und Liebe und Verlustschmerz beschriften. Und mit einem Nelly-Sachs-Zitat, natürlich: "Wer im Dunkeln sitzt, zündet sich einen Traum an." Denn sowohl bei Heivoll wie auch Dag, dem Terroristen, bricht sich eines Tages die Phantasie Bahn, als sei dies hier, in diesem Umfeld, nicht länger aufzuhalten gewesen.

Noch ein Buch also, das die eigene Biographie für erzählenswert hält. Geht das gut? Der eleganten, das Dokumentarische und Fiktionale ebenso wie die Zeitebenen und Perspektiven durchmischenden Erzählung Gaute Heivolls, einem Künstlerroman im Grunde, den der Autor als Liebesroman verstanden wissen will (womit wir zum Adoleszenzroman kämen), beschert die Selbststilisierung etwas Rührseligkeit. Aufgesetzt aber wirkt der Abgleich der Biographien schon deshalb nicht, weil die Geschichte des Pyromanen von Finsland einen Spiegel braucht, um über Tag und Ort hinauszuweisen. Und vor allem ist da Heivolls Sprache mit ihrer Zielgenauigkeit und Schubkraft. Alleine die Beschreibung der Sauerstoff fressenden, wie aus dem Nichts die Nacht beherrschenden Flammen ist die Lektüre wert.

Atemlos finden wir uns in einem schwarzen Raum wieder, in einer leeren Welt, in der einer steht und das Streichholz entzündet. Als wäre dies der einzige Weg, von der Einsamkeit und Kälte der Gegenwart in die Geborgenheit zurückzufinden.

MATTHIAS HANNEMANN

Gaute Heivoll: "Bevor ich verbrenne". Roman.

Aus dem Norwegischen von Ulrich Sonnenberg. Schöffling Verlag, Frankfurt 2012. 312 S., geb., 21,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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