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Wie kaum ein zweiter Komponist des 19. Jahrhunderts lebte Hugo Wolf im unbedingten Willen zu seinem Werk, in dessen Zentrum vor allem Gedicht-Vertonungen standen. In seinen mehr als dreihundert Liedern gelang ihm eine meisterhafte Verschmelzung von poetischen und musikalischen Elementen. Vor hundert Jahren, am 22. Februar 1903, ist er in Wien gestorben. Der "beste Liedsänger der Welt", Dietrich Fischer-Dieskau, widmet sich in einer großen Monografie diesem Meister des deutschen Kunstlieds. Dazu hat Fischer-Dieskau Einblick in bedeutende unpublizierte Nachlässe genommen, die es ihm…mehr

Produktbeschreibung
Wie kaum ein zweiter Komponist des 19. Jahrhunderts lebte Hugo Wolf im unbedingten Willen zu seinem Werk, in dessen Zentrum vor allem Gedicht-Vertonungen standen. In seinen mehr als dreihundert Liedern gelang ihm eine meisterhafte Verschmelzung von poetischen und musikalischen Elementen. Vor hundert Jahren, am 22. Februar 1903, ist er in Wien gestorben. Der "beste Liedsänger der Welt", Dietrich Fischer-Dieskau, widmet sich in einer großen Monografie diesem Meister des deutschen Kunstlieds. Dazu hat Fischer-Dieskau Einblick in bedeutende unpublizierte Nachlässe genommen, die es ihm ermöglichten, ein korrigiertes Bild des Menschen Hugo Wolf und seines Schaffens zu werfen. Wie kongenial Wolf die dem Vergessen entrissenen Gedichte Eduard Mörikes oder Teile des lyrischen Werks von Goethe, Eichendorff und Keller zu Klang werden ließ, das wird hier in Vorgeschichte, Entstehung und Resultat neu gedeutet. Nicht zuletzt half dem Autor dabei auch seine immense praktische Erfahrung als Sänger der Lieder Hugo Wolfs. Leben und Werk eines der bedeutendsten deutschen Liedkomponisten - neu interpretiert von einem der berühmtesten Liedsänger der Welt. Fischer-Dieskau hat unveröffentlichtes Material aus dem Nachlass zu einer Monografie verarbeitet, die das bisherige Bild des Menschen Hugo Wolfs und seines Schaffens korrigiert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.02.2003

Sein Leben in h-Moll
Dietrich Fischer-Dieskau porträtiert tonvoll Hugo Wolf

Dietrich Fischer-Dieskau hat für seine Hugo-Wolf-Monographie die Meßlatte selber sehr hoch gelegt. Im Vorwort zu Kurt Honolkas Wolf-Buch (1988) hieß es: "Sich beschreibend auf Hugo Wolf einzulassen, birgt mancherlei Risiken in sich. Denn zu seiner Lebenszeit und mit seiner Lebensleistung sind wir längst aus jenem Raum vertrieben, in dem sich, Mozarts oder Schubert Verfahren ähnlich, Werk an Werk in sicherer Folge reihen konnte." Nun läßt sich durchaus rätseln, was "Mozarts oder Schuberts Verfahren" war, und ob sie wirklich "Werk an Werk in sicherer Folge reihen" konnten. Aber daß Wolf ein schwieriges, riskantes Thema ist, sei unbestritten.

Fischer-Dieskau, zum Ende seiner Sängerkarriere mehr und mehr zum Buchautor geworden, hat sich nach Schubert, Schumann und Debussy nun zum hundertsten Todestag Hugo Wolfs auch diesem Komponisten zugewandt und aufs neue den Brückenschlag zwischen Empathie und Akribie versucht. Daß Fischer-Dieskau für die Wolf-Rezeption Eminentes geleistet hat, steht außer Frage. Gehörten Schubert, Schumann und Brahms schon zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts international zum Standard-Repertoire, so bedurfte es seiner - und Elisabeth Schwarzkopfs - Autorität, um reine Wolf-Programme auch in England, Frankreich und Amerika "durchzusetzen". Fischer-Dieskaus immense Vertrautheit mit Wolf und seine fast missionarische Begeisterungsfähigkeit tragen denn auch das Buch in nicht geringem Maße.

Doch ähnlich wie bei Debussy möchte der Autor nicht im Subjektivismus verharren, sondern ein richtig "gediegenes" Werk vorlegen, künstlerisch spontane Einfühlung durch historiographische Objektivierung in schier exemplarische Abstraktion überhöhen. Dazu gehört auch die traditionell obligate Aufteilung in "Leben" und "Werk". Wobei Fischer-Dieskau immerhin so weit die Trennung aufhebt, daß sich das Werk auf die "großen Liedfolgen" beschränkt, während d-Moll-Quartett, die symphonische Dichtung "Penthesilea" und die Oper "Der Corregidor" in die biographische Darstellung verwoben werden.

Dies erscheint sinnvoll, weil sowohl die autobiographisch-psychologisierenden als auch die lebenskatastrophischen Aspekte dieser drei Werke mehr von der empirischen Person des Komponisten verraten als die stärker objektivierten Lied-Zyklen. Aufschlußreich ist da Fischer-Dieskaus Anmerkung, der "Penthesilea"-Geschlechterkampf würde sublimer in den Mann-Frau-Antagonismen im "Spanischen" wie "Italienischen Liederbuch" fortgeführt. Wo der Autor sich auf ästhetische Fragen konzentriert, vermag er zu überzeugen.

Heikler ist die chronologische Darstellung, bei der sich Fischer-Dieskau nicht wenig in der Detail-Auffädelung erschöpft. So beeindruckend wie auch ermüdend werden Lebensstationen und -umstände geschildert. Zwar kann er dabei erstmals auf den Nachlaß Walter Legges zurückgreifen, doch neuartige Erkenntnisse kann er ihm nicht abgewinnen. Und immer, wenn er triftigere Ansichten entwickeln könnte, führt ihn die Angst vor der eigenen Courage in die Sicherheit des Zettelkastens zurück.

In der Beschreibung der großen Lied-Zyklen beeindruckt Fischer-Dieskaus enthusiastische Kennerschaft, die gleichwohl mittlere Distanz hält, kaum wirklich analytisch vorgeht, trotzdem seltsam im toten Winkel steckt: Warum er sich so für die Kritiker-Malträtierung in Mörikes "Abschied" erwärmen kann, bleibt unerfindlich. In Einleitung wie Abschluß findet sich ein kulturpessimistischer Ton: Ausgerechnet der große Sänger, der so viele grandiose Novitäten bewegend lanciert hat, bezweifelt, daß nach Wolf noch ernst zu nehmende Lieder komponiert worden seien.

Man hätte dem Buch eine schärferes Lektorat gewünscht. Formulierungen wie "Grenzgebiet, in dem sich deutsches und slowenisches Blut mischten", liest man nicht ohne Beklemmung. Nicht selten findet sich auch der "hohe" Ton des deutschen Bildungsbürgertums, dem Fischer-Dieskau entstammt. Dem wiederum entsprechen Bürokratismen wie "führte ich zahlreiche Wolf-Abende durch": Kleinigkeiten, die die Qualitäten dieses von erheblicher Identifikationsbereitschaft getragenen Buchs trüben.

GERHARD R. KOCH

Dietrich Fischer-Dieskau: "Hugo Wolf". Leben und Werk. Henschel Verlag in der Verlagsgruppe Dornier, Berlin 2003. 558 S., Abb., geb., 39,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.02.2003

Filigrankunst
Der lyrische Nervenkomponist:
Fischer-Dieskaus Hugo-Wolf-Buch
Es war abzusehen, dass Dietrich Fischer-Dieskau, für Jahrzehnte der enzyklopädische Meistersinger des deutschen Kunstlieds und eifriger Buchautor, eines Tages auch zum Komponisten Hugo Wolf das Wort ergreifen würde. Zumal nach Abschluss der Sängerkarriere, und nachdem er bereits über Schubert, Schumann, Wagner/Nietzsche und Debussy die Früchte von Einfühlungskraft, Belesenheit und Fleiß in Buchform ausgebreitet hatte. Kaum ein anderer Künstler hat sich für das seismografisch dem deklamatorischen Wort abgelauschte Liedschaffen des Außenseiters Hugo Wolf, der in der Nervenheilanstalt endete, so beharrlich, ja kämpferisch eingesetzt wie Fischer- Dieskau. Der 100.Todestag des Komponisten, den die Musikwelt am heutigen Samstag ohne Pomp, eher zaghaft feiert, gab willkommenen Anlass, das Buch jetzt auf den Markt zu bringen.
Die umfangreiche Monographie hat der Autor aus gutem Grund seiner betagten Sängerkollegin Elisabeth Schwarzkopf zugedacht, denn gemeinsam mit ihr hat Fischer-Dieskau oft genug die Liedschätze gehoben, etwa die beiden herausragenden Zyklen in dialogischer Abfolge (Italienisches Liederbuch, Spanisches Liederbuch) – sowohl auf den Konzertpodien als auch in Plattenstudios. Schwarzkopf stellte dem Kollegen jetzt den Nachlass (Wolf- Briefe und -manuskripte) ihres Ehemanns zur Verfügung, des Musikproduzenten Walter Legge, der in den Dreißigern in London immerhin eine Hugo-Wolf-Society mitbegründet hatte.
Das dornenreiche, katastrophisch-nervöse Leben und das manisch in produktiven Schüben herausgeschleuderte Werk Hugo Wolfs werden möglichst umfassend dargestellt, in flüssiger Sprache zumeist, mit immer wieder durchbrechender Emphase. Denn der Autor will ja nicht nur Wolfs diffiziler Kunst gerecht werden – im zweiten Teil mit der Darstellung der großen Zyklen sowie der gewaltigen Mörike-, Eichendorff- und Goethe-Liedserien – , sondern er verspürt den biografischen Ehrgeiz, den „Leiden eines Menschen” nachzugehen, dessen „Leben ein einziger Weg des Opfers war”. Opfer für die Kunst. So erfährt der Leser, detailliert an die Hand der Chronologie genommen, viel vom Dasein eines zwischen Rausch und Depression schwankenden spätromantischen Künstlers.
Fischer-Dieskaus markantes, materialreiches Buch geht öfters auch über seinen Gegenstand hinaus, immer wenn der Leser, oft zwischen den Zeilen, Nähe zur musikalischen Lyrikgattung selbst erfährt, die heute kaum mehr jene Beachtung findet, die sie einst beim Publikum hatte. Fischer-Dieskau hält pessimistischerweise das Schicksal des Kunstliedes für besiegelt, die Einschätzung sich heute entwickelnder lyrischer Welten muss er sich versagen. Das Wissen, die Erfahrung, die Sensibilität des Gesangskünstlers Dietrich Fischer-Dieskau, sie können sich immer wieder farbig entfalten. So nennt er Wolfs tönende Miniaturen eine „Filigrankunst”. Sie erfordere besondere Begabung: „Hier wird nicht im Kostüm gegangen, hier legt man keine Entwicklung von Charakteren an, hier heißt es, in kleinem Zeitraum Weltbilder zu geben. ”
WOLFGANG SCHREIBER
DIETRICH FISCHER-DIESKAU: Hugo Wolf. Leben und Werk. Henschel Verlag Berlin, 2003. 558 Seiten mit Abbildungen, 39,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Im Großen und Ganzen nimmt Wolfgang Schreiber diese "markante und materialreiche" Monografie über den Komponisten Hugo Wolf positiv auf, auch wenn man zuweilen eine gewisse ironische Distanz aus seinem Lob herauszuhören glaubt. So gesteht er "dem enzyklopädischen Meistersinger des deutschen Kunstlieds" Fischer-Dieskau zu, sich wie bereits in seinen früheren Bücher mit "Einfühlungskraft, Belesenheit und Fleiß" dem Leben und Werk des Außenseiters Wolf angenähert zu haben. Umfassend und "in flüssiger Sprache", lobt Schreiber auch, stelle Fischer-Dieskau das "dornenreiche, katastrophisch-nervöse Leben" und "das manisch in produktiven Schüben herausgeschleuderte Werk" Hugo Wolfs dar.

© Perlentaucher Medien GmbH