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Produktdetails
  • Verlag: Konkret Literatur Verlag
  • Seitenzahl: 208
  • Deutsch
  • Abmessung: 195mm
  • Gewicht: 230g
  • ISBN-13: 9783894582159
  • ISBN-10: 3894582154
  • Artikelnr.: 10686837
Autorenporträt
Klaus Körner, geboren 1939, Jurist und Zeithistoriker, hat zahlreiche Beiträge zur Geschichte und politischen Kultur der Bundesrepublik und zur Verlagsgeschichte veröffentlicht.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Einen "etwas zwiespältigen Eindruck" hat Klaus Körners Geschichte des Antikommunismus in der Bundesrepublik bei Rezensent Frank Bösch hinterlassen. Wie er ausführt, geht Körner ausführlich auf den organisierten Antikommunismus der Fünfzigerjahre ein, wobei er vor allem dem "Volksbund für Freiheit und Frieden e.V." (VFF), eine der wichtigsten antikommunistischen Propagandagruppen der Nachkriegszeit, und dessen Hauptaktivisten Eberhard Taubert unter die Lupe nimmt. Körner zeige, dass der VFF nicht nur personell, sondern auch inhaltlich an die antikommunistische Propaganda des Nationalsozialismus anknüpfte und verdeckt durch Steuermittel finanziert wurde. Die Abschnitte über den VFF lesen sich nach Ansicht Böschs spannend und reißen zudem wichtige Fragen an. Zu seinem Bedauern finden andere antikommunistische Organisationen in den Fünfzigerjahren bei Körner kaum Beachtung. Auch die Abschnitte über den Antikommunismus der letzten Jahrzehnte findet Bösch "wenig ergiebig". Insgesamt stelle Körner einige "interessante Aspekte" des Antikommunismus in der Bundesrepublik dar, resümiert Bösch, "eine konsistente Darstellung des Phänomens, die mehrere Jahrzehnte umspannt, steht aber weiterhin noch aus."

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.10.2003

Rot gegen Schwarz, Schwarz gegen Rot
Der Antikommunismus dominierte die politische Debatte der Nachkriegszeit
KLAUS KÖRNER: Die rote Gefahr. Antikommunistische Propaganda in der Bundesrepublik 1950-2000. Konkret Literatur Verlag, Hamburg 2003. 208 Seiten,
15 Euro.
„Alle Mächte des alten Europa haben sich zur heiligen Hetzjagd gegen das Gespenst (des Kommunismus) verbündet.” Diese Klage von Marx und Engels im zweiten Satz des Kommunistischen Manifests zeigt: Der Antikommunismus ist so alt wie der Kommunismus. Seit Oktober 1917 schwebte der Kommunismus nicht mehr nur als Gespenst durch die Geschichte, vielmehr herrschte er in einem zunächst größer werdenden Teil der Welt. Die nicht immer nur verbale Schlacht zwischen Kommunisten und Antikommunisten war aus Sicht der Linken Dreh- und Angelpunkt des Weltgeschehens. In den kommunistischen Staaten füllten daher scharfe Abrechnungen wie „Antikommunismus – Waffe der Reaktion” die Regale. Antikommunismus erschien aus dieser Perspektive in den Worten Walter Ulbrichts als ein „Verbrechen an der Menschheit”.
Hässliche Grenze
Wenn im Buchtitel Klaus Körners von antikommunistischer Propaganda die Rede ist, könnte dies den Verdacht nähren, sein Werk knüpfe in abgeschwächter Form an diese Tradition an. Körner betont jedoch immer wieder den Beitrag, den gerade kommunistische Taten zur Verbreitung antikommunistischer Einstellungen in der westdeutschen Bevölkerung geleistet hätten. Die „hässliche Grenze” durch Berlin nennt er in dieser Hinsicht ein Stück „abschreckender Propaganda”. Mit „Propaganda” meint er dabei schlicht eine kämpferische Form politischer Werbung, auch wenn er weiß, dass das Wörtchen stets den Beigeschmack von Lüge und Betrug hat.
Für die Zeit von 1946 bis 1959 unterscheidet Körner einen bürgerlichen Antibolschewismus vom sozialdemokratischen Antikommunismus. Sozialistische Vorstellungen wurden naturgemäß von bürgerlicher Seite weit mehr diskreditiert als sozialdemokratische. Die Parolen des bürgerlichen Antikommunismus wiesen nach 1945 stellenweise eine bedenkliche Nähe zum nationalsozialistischen Antikommunismus auf.
Eine dubiose Schlüsselrolle spielte dabei der Gründer und Kopf des „Volksbunds für Frieden und Freiheit”, Eberhard Taubert. Dieser war alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Seit 1933 gehörte er Joseph Goebbels’ Propagandaministerium an und gründete im gleichen Jahr die „Antikomintern” als Dachverband aller deutschen, antikommunistischen Vereinigungen. Von 1939 an führte er die „Antisemitische Aktion” und arbeitete 1940 am Drehbuch des üblen Propagandafilms „Der Ewige Jude”. Finanziert durch amerikanische Geheimdienstgelder und das Gesamtdeutsche Ministerium, verbreitete die Kleinstorganisation um Taubert abstoßende Propaganda im NS-Stil, in der sie Kommunisten mit Ratten und Insekten gleichsetzte, die zu vernichten seien.
War die bürgerliche Zweckkooperation mit Nationalsozialisten jener Jahre skandalös, so erscheint der sozialdemokratische Antikommunismus eher sachgerecht. Er war eine Reaktion auf den Antisozialdemokratismus der Kommunisten, der dazu führte, dass ab 1947 keineswegs nur ehemalige Nazis, sondern zunehmend so genannte „Schumacherlinge” in den Lagern der SBZ darbten (benannt nach dem SPD-Parteichef Kurt Schumacher, der jede Zusammenarbeit mit den Kommunisten ablehnte). Körner ruft in Erinnerung, dass die Totalitarismustheorie, die besagt, dass Nationalsozialismus wie Kommunismus strukturell ähnliche Diktaturen errichten, zunächst nicht in den Texten Konservativer, sondern in jenen früherer sozialdemokratischer Exilanten wie Erich Ollenhauer die politische Bühne eroberten.
Bei allen Unterschieden im Detail einte der Antikommunismus alle Parteien – mit Ausnahme der KPD, versteht sich – und die westdeutsche Bevölkerung in den fünfziger Jahren. Der Deutsche Gewerkschaftsbund bot, so weiß Körner zu berichten, im Sommer 1950 gar seine Hilfe bei der Entlassung von Kommunisten aus dem öffentlichen Dienst an. 1959 war die Hochzeit des Antikommunismus dann vorbei. Zwar schürte der Mauerbau 1961 noch einmal die Empörung über die DDR, aber der Ruf nach einer Entspannung der Beziehungen wurde nun immer lauter. Die Regierung Brandt setzte 1969 auf einen „Wandel durch Annäherung”. Antikommunistische Aussagen verschwanden aus offiziellen Texten. Die Nebenwirkung der Entspannungs- und Friedenspolitik war, so Körner, eine Erosion der Abgrenzung gegenüber dem DDR-Kommunismus. Den Radikalenerlass von 1970 interpretiert er als Versuch der Brandt-Regierung, sich dem Verdacht zu entziehen, eine innenpolitische „Volksfront” gegen die bürgerlichen Parteien errichten zu wollen.
Während die wohl vom Lektor des „konkret-Verlags” stammende Zwischenüberschrift alarmistisch verkündet, „Berufsverbote kommen”, erläutert der Autor sachlich, dass sich mit der Regelung im Grunde nichts änderte, weil bereits zuvor die Beamtengesetze von Staatsbediensteten Verfassungstreue einforderten und die tatsächliche Zahl der aus politischen Gründen abgelehnten Bewerber im Verhältnis zur Gesamtzahl der Bewerber nur klein war.
Zwei Drittel des Buchs sind der Zeit bis 1959 gewidmet, diese Teile sind spannend und informativ. Die übrigen vier Jahrzehnte durcheilt der Autor recht oberflächlich im Schnelldurchlauf. Je näher Körner der Gegenwart kommt, desto polemischer und grobkörniger werden seine mit Zwischenüberschriften wie „Ein Amt für Denunziation und Säuberung: die Gauck-Behörde” und „Der Bundestag als Propagandist” versehenen Ausführungen. Sympathisch ist demgegenüber, dass der Autor die Bedeutung antikommunistischer Propaganda nicht überschätzt. Zustimmend zitiert er aus
einem Interview mit dem Professor am
Institut für Politik und Wirtschaft, Georg Grasnick, der sich zur DDR-Zeit in Büchern bevorzugt mit antikommunistischer Propaganda des Westens auseinander setzte und den Körner über die Jahre nach der Wende befragte: „Am gefährlichsten war das Werbefernsehen des SFB. Denn da wurden bei uns Konsumwünsche geweckt, die wir nicht erfüllen konnten.”
STEFFEN KAILITZ
Wandel durch Annäherung – Willy Brandt 1970 in Erfurt.
Sven Simon
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