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Wie ein entfesselter Kapitalismus das weltweite Wirtschaftssystem beschädigen, wenn nicht gar ruinieren kann, war gerade zu besichtigen. Aber gibt es zu diesem System überhaupt Alternativen, und wie sehen sie aus? John Maynard Keynes (1883-1946), der intelligenteste und einflussreichste Wirtschaftstheoretiker aller Zeiten, hat schon vor einem halben Jahrhundert darüber nachgedacht, und seine Analysen sind heute aktueller denn je. Sein berühmter Ausspruch: »Auf lange Sicht sind wir alle tot« zielt auf realitätsferne ökonomische Modelle, die unser Denken bestimmen und zu verheerendem Handeln…mehr

Produktbeschreibung
Wie ein entfesselter Kapitalismus das weltweite Wirtschaftssystem beschädigen, wenn nicht gar ruinieren kann, war gerade zu besichtigen. Aber gibt es zu diesem System überhaupt Alternativen, und wie sehen sie aus? John Maynard Keynes (1883-1946), der intelligenteste und einflussreichste Wirtschaftstheoretiker aller Zeiten, hat schon vor einem halben Jahrhundert darüber nachgedacht, und seine Analysen sind heute aktueller denn je. Sein berühmter Ausspruch: »Auf lange Sicht sind wir alle tot« zielt auf realitätsferne ökonomische Modelle, die unser Denken bestimmen und zu verheerendem Handeln führen.Keynes' Wirtschaftstheorie allerdings war nie ganz tot, selbst in Zeiten blinder Marktgläubigkeit blieben seine Ideen unterschwellig präsent. Denn die Grundgedanken seiner »Allgemeinen Theorie« zielen auf den Kern allen Wirtschaftens: »Niemand kennt die Zukunft.« Darauf gründet Keynes' Überzeugung von der »fundamentalen Unsicherheit« der globalen Finanzmärkte. Mit mathematischen Formeln wird man sie nicht in den Griff kriegen. Wirtschaftskrisen sind nicht die große Ausnahme, sondern Teil der Marktwirtschaft.Wenn man den Markt aber sich selbst überlässt, können sie lange anhalten. Deswegen muss der Staat eingreifen. Vor allem aber ist Wirtschaft kein Selbstzweck. Sie hat dem Menschen, dem guten Leben zu dienen. Robert Skidelsky, die Koryphäe für Keynes' Werk, hat seine Wirtschaftstheorie neu interpretiert - für heute. Seine brillante Analyse des »Meisters« ist Pflichtlektüre für jeden, der unsere aufgewühlten Zeiten verstehen will.
Autorenporträt
Skidelsky , Robert§Robert Skidelsky wurde 1939 in Harbin, China, als Sohn russischstämmiger Auswanderer geboren; sein Vater betrieb eine Kohlenmine. Mehrmals verlor die Familie ihr Vermögen, zuletzt bei Maos Machtübernahme. Robert Skidelsky studierte Geschichte in Oxford und lehrte als Professor für politische Ökonomie an der Universität Warwick, England. Berühmt wurde er durch seine dreibändige Keynes-Biografie.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.03.2010

Die Renaissance des John Maynard Keynes
Der britische Ökonom war bei Marktliberalen lange verpönt. Jetzt feiert Robert Skidelsky das Comeback des „Meisters” in der Wirtschaftskrise
Jahrelang hatte er unter den Fans des Marktliberalismus einen schlechten Ruf: Der britische Ökonom John Maynard Keynes galt als Mann von gestern, der keine Erklärung für das scheinbar grenzenlose Wachstum des modernen Kapitalismus hatte. Der Begriff Keynesianismus avancierte schon fast zum Schimpfwort von Wirtschafts-Kommentatoren. Doch nun geschieht das Unerwartete. Keynes, der 1946 starb, feiert ein Comeback. Der Ökonom, Mathematiker und Politiker ist wieder hoffähig geworden.
Die Keynes-Renaissance ist allerdings kein Zufall: Die schwerste Finanz- und Wirtschaftskrise, welche die Welt seit Jahrzehnten erschüttert, hat die Glaubenssätze der dominierenden Wirtschaftslehre in Frage gestellt. Der Ruf nach dem starken Staat wird lauter, der den ungezügelten Kapitalismus bändigt. Mehr noch: Der Staat mit seinen schier unbegrenzten Ressourcen soll auch für einen steuerfinanzierten Konjunkturaufschwung sorgen, den die private Wirtschaft nicht mehr aus eigener Kraft leisten kann.
Für den britischen Keynes-Kenner Robert Skidelsky ist dies alles Anlass genug, über die „Rückkehr des Meisters – Keynes für das 21. Jahrhundert” zu schreiben. Skidelsky, der an der Oxford Universität Geschichte studierte und als Professor an der Universität Warwick lehrte, hat bereits eine dreibändige Keynes-Biographie geschrieben. Sein neues Buch schließt daran an und stellt den aktuellen Zusammenhang zwischen der Lehre Keynes und der globalen Wirtschaftskrise her.
Dabei räumt Skidelsky gleich mit mehreren Vorurteilen auf: Erstens sei Keynes nicht der verkappte Sozialist gewesen, für den ihn seine Feinde gehalten hätten, so schreibt der Autor. „Keynes war kein Verstaatlicher, er war noch nicht einmal ein sonderlich großer Regulierer. Und auch wenn er den Kapitalismus nicht gerade pries, einen Abgesang auf ihn hat er erst recht nicht verfasst.” Zweitens gelte Keynes zu Unrecht als Apostel dauerhafter Haushaltsdefizite. Mit einem Seitenhieb auf die republikanischen Präsidenten in den USA – von Ronald Reagan bis hin zu George W. Bush – macht Skidelsky eindrücklich klar, dass es vor allem die Ikonen des Marktliberalismus waren, die zu den spendabelsten Geldverteilern in der US-amerikanischen Geschichte gehört haben.
So ist es auch eine Ironie der Geschichte, über die sich Keynes heute gewiss amüsieren würde: Da rufen ausgerechnet die Brandstifter der internationalen Finanzkrise nach staatlicher Protektion. Banker und Broker, die sich ansonsten gerne als Meister des Universums sehen, haben eine besondere Form der Marktwirtschaft entdeckt: Gewinne werden privatisiert, Verluste aber sozialisiert. Angesichts milliardenschwerer Summen, die westliche Regierungen in die Finanzindustrie gepumpt haben, erhält der Begriff der sozialen Marktwirtschaft eine besondere Note: Mit „sozial” geht es um die speziellen Interessen einer Branche, die ihrem Bankrott entgehen will. In Haft genommen wird aber der steuerfinanzierte Staat. Er muss einen ungedeckten Scheck für die Eskapaden der Finanzjongleure ausstellen. Das kommt einer Erpressung gleich: So verweisen die zündelnden Spekulanten darauf, dass das Beben an den Finanzmärkten im Falle eines staatlichen Nichtstuns noch weit größere Ausmaße angenommen hätte.
Folgt man Skidelsky, hätte auch Keynes die jetzige Krise nicht unbedingt verhindern können. Denn nach Meinung des Meisters unterliegt menschliches Handeln immer Zufälligkeiten und lässt sich nicht in mathematisch exakte Modelle hineinpressen. Das unterscheidet Keynes von den so genannten Monetaristen, die ein rationales und effizientes Marktverhalten unterstellen.
Keynes hat seinerzeit die Irrationalitäten des Marktes erfahren, weil er auch selbst mit Geld spekulierte und etwa beobachtete, dass Börsianer dem „Herdentrieb” folgten, auch wenn ihnen dieser den Ruin bescherte. Skidelsky dazu: „In meiner Keynes-Biographie nannte ich ihn einen ungewöhnlichen Ökonomen. Heute würde ich weiter gehen. Letztlich war er überhaupt kein Ökonom. (. . .) Doch Keynes zog sich die Maske des Ökonomen nur über, um Autorität zu gewinnen, nicht anders, wie er für das Leben in der City dunkle Anzüge und Hut trug.”
So stellt sich auch aus Sicht des Moralisten Keynes einmal mehr die Frage nach einem vernünftigen Verhältnis von Wirtschaft, Staat und Individuum. Letztlich muss es um das Wohl aller Bürger gehen und nicht um das einflussreicher Lobbygruppen. Keynes hatte angesichts der Weltwirtschaftskrise Anfang der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts den „neuen Weg” entwickelt. Es war zugleich seine makroökonomische Theorie, in der die Nachfrageschwäche als größtes wirtschaftliches Problem erkannt wurde. Mit einem Streich, so Skidelsky, habe Keynes damals die politische Reformagenda verändert: weg von der Stabilisierung der Mikroökonomie, hin zur Stabilisierung der Makroökonomie.
Insofern führt uns der Autor die Aktualität des Meisters vor Augen. Dies gelingt ihm aufgrund profunder Kenntnis der keynesianischen Theoriegebäude, aber auch durch die Einordnung in die historischen Zusammenhänge. Keynes war ein Wissenschaftler, der zugleich auch Praktiker und Philosoph war. Der britische Ökonom wäre heute ein hervorragender Berater für krisengeschüttelte Politiker, Banker und Unternehmensmanager. ANDREAS OLDAG
Robert Skidelsky
Die Rückkehr des Meisters –
Keynes für das 21. Jahrhundert
Aus dem Englischen von Ursel Schäfer. Kunstmann Verlag, München 2010.
304 Seiten. 19,90 Euro.
„Keynes zog sich die Maske des Ökonomen nur über, um Autorität zu gewinnen.”
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.03.2010

Mit dem siebten Sinn für Unsicherheit

Vom toten Hund der Ökonomen zu einem Stichwortgeber für die Reform der Disziplin: Robert Skidelsky gibt John Maynard Keynes einen großen Auftritt.

Von Jürgen Kaube

Er war der tote Hund der Wirtschaftswissenschaften. Hier und da gab es noch ein paar Ökonomen, die seine Ideen durchdachten, aber über die durften alle anderen spotten. Spätestens seit den achtziger Jahren galt John Maynard Keynes in der Volkswirtschaftslehre als ein wissenschaftlich widerlegtes, einst politisch gefährliches, inzwischen aber lachhaftes Gespenst. Bekräftigt wurde diese Erledigung noch durch den in den achtziger Jahren aufkommenden Titel "neokeynesianische Ökonomie". Den reklamierten nun Autoren für sich, die Unvollkommenheiten in Kredit- oder Arbeitsmärkten ins Kalkül zogen, also etwa ungleiche Informiertheit unter Vertragspartnern oder nach unten unflexible Löhne. Das hatte zwar mit Keynes' ökonomischer Theorie nicht viel zu tun, aber sein Name war eben, da mit dieser Theorie gar nichts mehr verbunden wurde, frei geworden zur Bezeichnung von jedwedem Erklärungsversuch dafür, dass Vollbeschäftigung nicht erreicht wird und nicht jeder von seiner Bank einen Kredit bekommt.

Seit der Finanzkrise ist das anders. Die Wirtschaftswissenschaften üben sich zwar zu großen Teilen in doppelter Rechthaberei: Erstens hätten sie es vorhergesagt, und zweitens sei der Staat an der Misere schuld. Aber vereinzelt wird den Ideen von Keynes doch eine neue Gegenwart attestiert. Man ist sich, wie Paul Krugman, der Frontmann dieses neuen Interesses, geschrieben hat, nur noch nicht einig, um welche Ideen genau es sich handelt.

Der englische Historiker Robert Skidelsky legt jetzt seine Version dieses Wunschs nach einem großen Wiederauftritt vor. Skidelsky ist Autor der umfassendsten Biographie von Keynes. Er war Professor für Internationale Beziehungen und Politische Ökonomie in Warwick - eine Biographie des englischen Faschisten Oswald Mosley hatte zuvor seiner Karriere geschadet -, er war Gründungsmitglied der sozialdemokratischen Partei Englands (SDP) und saß nach deren Auflösung als Baron Skidelsky für die Konservativen im Oberhaus, seit 2001 aber auf den "cross benches" der weder Regierung noch Opposition zuneigenden Abgeordneten. Im vorliegenden Buch macht er seinem Ärger über die herrschende Volkswirtschaftslehre Luft. Für ihn greift zu kurz, wer an der Finanzkrise - deren Verlauf im ersten Teil des Buches noch einmal skizziert wird - den Banken, Rating-Agenturen, Regierungen oder Hedge-Fonds die Schuld gibt. Denn alles, was diese Akteure falsch gemacht haben - und es ist eine Menge zusammengekommen -, hätten sie auf der Grundlage irriger ökonomischer Ideen falsch gemacht.

Skidelsky klagt in erster Linie die Chicagoer Schule, ihre Geld- und Konjunkturtheorien sowie die These von der Börse als Idealfall eines vollkommen effizienten Marktes an. Dahinter stecke jeweils eine Vorstellung von ökonomischer Rationalität, die nichts mit dem wirklichen Handeln von Wirtschaftsakteuren zu tun habe. Dafür, dass es Unsicherheit gebe, der man keine Wahrscheinlichkeitswert zuordnen kann, hätte eine auf Mathematisierbarkeit ihrer Aussagen fixierte Forschung so wenig Sinn wie für den Nachweis von Keynes, dass nicht jedes Angebot sich seine eigene Nachfrage schafft.

Der zweite Teil des Buches gibt einen Abriss über Leben und Werk seines Helden, der vor allem als politisch denkender Mensch und als erfahrener Finanzmarktakteur geschildert wird, was ihn vor akademischer Blindheit gegenüber Irrationalität geschützt habe. Der Kern seiner Theorie ist aber wohl weniger, wie Skidelsky nahelegt, das Bestehen auf irreduzibler Unsicherheit, als das von Keynes wissenschaftlich ausgeführte Paradox, dass sich eine Volkswirtschaft arm sparen kann.

Und das geht, Keynes zufolge, so: Wenn alle zugleich den Anteil ihres Einkommens erhöhen, den sie sparen wollen, dann entspricht dem, weil Sparen ja Nichtkonsumieren heißt, eine abnehmende Bereitschaft der Unternehmen, zu investieren. Zwar fallen durch das verstärkte Sparen auch die Kreditzinsen, Investionen werden billiger. Aber das billige Geld in den Markt drücken können weder Banken noch Zentralbanken, wenn die Unternehmer keine Absatzaussichten sehen. Also fallen Einkommen und Preise so lange, bis die Sparpläne der Haushalte und die Investitionspläne der Firmen wieder zueinander passen. Dieses Fallen nennt man Rezession, womit wir wieder bei der Gegenwart und der Finanzkrise wären.

Und bei Ökonomen, die - mit den Worten Nassim Talebs - finden, "dass es besser ist, unrecht zu haben, als allein dazustehen". Keine andere wissenschaftliche Disziplin ist so unzugänglich für erwiesene Forschungsirrtümer wie die Ökonomie. Deshalb verordnet ihr Skidelsky zuletzt, nachdem er noch erzählt hat, was Keynes über das Christentum, Edmund Burke, die Ethik und den Goldstandard dachte - der Autor nimmt zu viel Rücksicht auf das, was er alles weiß -, eine wahre Rosskur.

Das Wirtschaftsstudium müsse reformiert werden, indem im Bachelor-Bereich mehr Wert auf eine historische, soziologische und politische Bildung der Volkswirte zu legen sei. Es sei die Absurdität abzustellen, dass jemand allein aufgrund mathematischer Fähigkeiten zum Ökonomen erklärt wird. Außerdem fordert Skidelsky, Mikro- und Makrökonomie in zwei getrennten Master-Studiengängen zu unterichten, damit die echten Volkswirte, entlastet vom Nachmodellieren der Entscheidungen auf Einzelmärkten, den Kopf für Keynes und das unmathematisierbare Ganze freibekommen. Der erste dieser Vorschläge ist klug, der Affekt gegen den ungebildeten Optimierfetischismus vieler Ökonomen berechtigt. Der zweite Vorschlag aber liefe darauf hinaus, einen Studiengang "Keynesianismus" einzuführen, und damit wäre niemandem gedient.

Robert Skidelsky: "Die Rückkehr des Meisters". Keynes für das 21. Jahrhundert. Aus dem Englischen von Thomas Pfeiffer und Ursel Schäfer. Verlag Antje Kunstmann, München 2010. 300 S., geb., 22,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Überzeugend findet Rezensent Andreas Oldag dieses Buch über die Renaissance von John Maynard Keynes, das Robert Skidelsky vorgelegt hat. In "Die Rückkehr des Meisters" feiert der Autor in seinen Augen geradezu das Comeback des lange von Marktliberalen verpönten, angesichts der globalen Wirtschaftskrise wiederentdeckten Theoretikers. Er würdigt Skidelsky, der auch eine dreibändige Biografie des britischen Ökonomen, Mathematikers und Politikers verfasst hat, als Kenner der Materie. Erhellend scheint Oldag die Darstellung des Zusammenhangs der Lehren von Keynes und der aktuellen Weltwirtschaftskrise. Besonders hebt er hervor, dass Skidelsky auch mit einer Reihe von Vorurteilen über Keynes aufräumt, etwa mit der Meinung, dieser sei ein verkappter Sozialist gewesen. Dem Autor gelingt es in seinen Augen zudem die Aktualität von Keynes deutlich zu machen. Dabei attestiert er ihm fundierte Kenntnisse des keynesianischen Theoriegebäudes sowie dessen Einordnung in historische Kontexte.

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