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Zwei Frauen begegnen sich: ein Zufall, zunächst. Nichts verbindet sie als das Gefühl, dass etwas in ihrem Leben nicht mehr stimmt...

Produktbeschreibung
Zwei Frauen begegnen sich: ein Zufall, zunächst. Nichts verbindet sie als das Gefühl, dass etwas in ihrem Leben nicht mehr stimmt...

Autorenporträt
Olmi, Véronique§Véronique Olmi wurde 1962 in Nizza geboren und lebt in Paris. In Frankreich wurde sie, als eine der bekanntesten Dramatikerinnen des Landes, für ihre Arbeit mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Theaterstücke wurden in viele Sprachen übersetzt und werden in Deutschland, Österreich und der Schweiz aufgeführt. Ihre Romane stehen seit Jahren auf den Bestsellerlisten. In Deutschland erschien von ihr zuletzt "Nacht der Wahrheit" (Kunstmann 2015).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2004

Ach, Paris, du hast so viele Lichter
Der Regisseur, das Schwein: Véronique Olmi besucht die Schule der Frauen / Von Eva-Maria Magel

Die eine, Clara, ist noch jung und sehr schön. Die andere, Elisabeth, ist Anfang Vierzig, Schauspielerin ohne Engagement. Sie hat zwei kleine Töchter und einen anstrengenden Mann, der als Regisseur einen gewissen Namen hat. Ein Leben, immerhin. Clara hingegen ist den meisten nur durch ihre Stimme bekannt, als habe sie keine Existenz außerhalb des Äthers, eine junge Frau mit einer eigenen Radiosendung, in der sie charmant und kenntnisreich mit Künstlern plaudert. Privat ist sie mit einem Schauspieler liiert, ein lockeres Verhältnis. Ganz einlassen kann sie sich nicht auf eine Beziehung, denn Clara ist traumatisiert von einer tragischen Familiengeschichte: Ihr Vater ist die Frucht einer brutalen Vergewaltigung. Von dem blutjungen und schönen Opfer, das von da an stigmatisiert am Rande der Dorfgemeinschaft leben muß, wurde er dem Vergewaltiger auf die Schwelle gelegt.

Clara ist besessen von dem Gedanken, dieser Geschichte auf den Grund zu gehen. Boris, ihr Geliebter, weiß, daß er mit dem Satz "Ich will ein Kind" ihre Beziehung beendet, will doch Clara der Vergangenheit entfliehen, indem sie auf Kinder verzichtet. Immer wieder fürchtet sie, den Verstand zu verlieren: "Wenn ich dir sage, daß ich verrückt bin, glaubst du mir das?" fragt sie Elisabeth, als die beiden Frauen zum ersten Mal gemeinsam auf Claras Landhaus fahren.

Solche knappen, eindringlichen Szenen sind die Stärke von Véronique Olmi. Sie zeigen das Geschick der auch hierzulande gern gespielten Theaterautorin, die nach "Meeresrand" und "Nummer sechs", wiederum in Jahresabstand, ihren dritten Roman geschrieben hat. Unter dem Titel "Eine so schöne Zukunft" ist er nun auf deutsch erschienen. Ihren Themen bleibt sie auch diesmal treu: Stets sind es Frauen, die mit ihren Familienbanden und der Last der Vergangenheit kämpfen, die ihr gesamtes Erleben immer wieder mit der Erinnerung abgleichen und nicht selten Gefahr laufen, unter der Bürde all dessen zusammenzubrechen, was ihre Familiengeschichte und das Leben mit ihren eigenen Lieben aufhäufen, da, wo eigentlich alles hätte besser, herzlicher, heiler hätte werden sollen.

Nur eine beste Freundin kann da retten, das lehrt das Strickmuster erfolgreicher Frauenromane. So verwebt Olmi in lose verknüpften Szenen die Schicksale von Elisabeth und Clara, die sich auf einer völlig verunglückten Premiere von Elisabeths Mann kennenlernen. Die Party im Theaterfoyer will nicht recht in Schwung kommen - hat Pascal, Elisabeths Mann, doch ausgerechnet Molières Komödie "Die Schule der Frauen" nach Afghanistan verlegt und ein völlig unbegabtes Fernsehhäschen verschleiert die Agnès spielen lassen.

Die kurze Tour durch Premierengesellschaft und Theaterpannen könnte noch als Satire gelesen werden, kennt Olmi als ehemalige Schauspielerin die Szene doch aus eigener Anschauung und teilt gehörig aus. Doch in der Folge entpuppen sich diese ohne jeden bissigen Witz beschriebene Welt und jene Figur, die Olmi am meisten verbunden ist, als Klischees: Regisseur Pascal, Elisabeths Gatte, bleibt ganz blaß. Dieser eitle Künstler ist nicht mehr als eine leere Hülle. Er betrügt seine grundsympathische Ehefrau, eine Vollblutschauspielerin, mit dem jungen, unbegabten Starlet, verwandelt die Trennung in einen Scheidungskampf bis hin zu Anzeigen beim Jugendamt, um sich das Sorgerecht zu erwirken. Diese Passagen scheinen aus einem Frauenroman der späten neunziger Jahre entlehnt: Pascal ist der böse Macho, den Elisabeth besiegen muß.

Um so platt zu wirken, darf Pascal auch nicht zu Wort kommen: Die Fährnisse und das Empfinden von Elisabeth, Clara und Boris hingegen werden stets aus der Sicht jener Figur erzählt, die gerade in den Fokus rückt - mit beinahe jedem Kapitel wechselt die Perspektive. Allerdings nicht durchgängig, denn eine allwissende Erzählerstimme kann sich nicht immer des Kommentars enthalten. Das erzeugt nicht selten geradezu komische Effekte, etwa wenn Boris Clara betrachtet: Sie sei, heißt es da, "die einzige Frau, die er jemals geliebt hatte, auch wenn er es nicht wußte". Derlei stört die Bereitschaft empfindlich, sich auf die Dramen der beiden Frauen und ihrer Männer einzulassen.

Zumal nicht nur Pascals Lebenswelt klischeehafte Züge trägt: Die Versammlung alter Damen in der großmütterlichen Arbeiterwohnung nahe der Place Clichy, wo Boris aufwuchs, streift hart an die Grenze zum Kitsch; das In-Restaurant "Costes", in dem Clara und Elisabeth ein und aus gehen, ist ein wenig zu aufdringlich für die Gepflogenheiten szeneorientierter Kulturschaffender. Auch die obligatorische Anrufung des Mythos von Paris darf nicht fehlen, allerdings in einer verdünnten Version: "So viele Menschen, schlafend in der großen Stadt, so viele Träume gleichzeitig, . . . während Paris mit seinen Lichtern immer wach blieb." Manche Ungeschicktheit möchte man allerdings auch der Übersetzung zuschlagen, die etwa dem Leser das "scénario" nicht als "Drehbuch", sondern eben als "Szenario" verkauft.

Ihren beiden Frauengestalten läßt die Autorin wesentlich mehr Sorgfalt angedeihen, mit teils recht originellen Reflexionen und Beobachtungen sind ihre so unterschiedlichen Charaktere überzeugend ausgearbeitet: Da zeigt sich der psychologische Realismus der Theaterautorin Véronique Olmi, die ihr Handwerk beherrscht. Vielleicht ist auch das Fragmentarische der Erzählweise ihrer Theaterherkunft geschuldet, doch will sich kein prägnantes Stakkato für die vielen kleinen und großen Krisen, die Elisabeth und Clara durchleben, einstellen. Und gerade die längeren Passagen sind zu oberflächlich hingewischt, als daß Elisabeths und Claras Ringen um eine "so schöne Zukunft" in einem erzählerischen Fluß geborgen wäre.

Véronique Olmi: "Eine so schöne Zukunft". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Claudia Steinitz. Antje Kunstmann Verlag, München 2004. 190 S., geb., 17,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Es sind die "haarfeinen Risse", die Autorin Veronique Omi auf der glatten Oberfläche ihrer Protagonisten erahnen lässt, die den dritten Roman der französischen Autorin so faszinierend machen, weiß Rezensentin Silja Ukena. Das Buch erzählt die Geschichte zweier Paare, deren großstädtisch-intellektuelles Leben nach und nach in sich zusammenbricht. Mit einer gewissen "Brutalität" dringt die Autorin "um eine Schicht tiefer" als gewöhnlich in ihre Figuren ein und zeichnet in ihrem "knappen, kräftigen Stil" deren seelischen Entgleisungen und die daraus resultierende Selbsterkenntnis nach. Ein Happy-End gönnt Omi ihren Lesern "selbstverständlich" nicht. Dafür schenkt sie ihnen einen Roman, in dem "das Ungesagte" für sich spricht.

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