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Die Nachricht vom deutschen Überfall erreichte Stalin am 22. Juni 1941 um 3.30 Uhr morgens. Zu dieser Zeit beschoss die deutsche Artillerie schon russische Städte und hatte die sowjetische Luftwaffe bereits vernichtet. Auch jetzt glaubte Stalin noch an einen bloßen Einschüchterungsversuch und zögerte, die Verteidigungspläne ins Werk zu setzen. Erst die fortwährende deutsche Offensive machte ihm klar, dass Hitler den Krieg gegen die Sowjetunion begonnen hatte. In seinem lebhaft diskutierten Buch "Die große Täuschung" zieht Gabriel Gorodetsky grundlegendes, bislang aber geheimes Archivmaterial…mehr

Produktbeschreibung
Die Nachricht vom deutschen Überfall erreichte Stalin am 22. Juni 1941 um 3.30 Uhr morgens. Zu dieser Zeit beschoss die deutsche Artillerie schon russische Städte und hatte die sowjetische Luftwaffe bereits vernichtet. Auch jetzt glaubte Stalin noch an einen bloßen Einschüchterungsversuch und zögerte, die Verteidigungspläne ins Werk zu setzen. Erst die fortwährende deutsche Offensive machte ihm klar, dass Hitler den Krieg gegen die Sowjetunion begonnen hatte. In seinem lebhaft diskutierten Buch "Die große Täuschung" zieht Gabriel Gorodetsky grundlegendes, bislang aber geheimes Archivmaterial aus ganz Europa heran, um Stalins rätselhaftes Verhalten am Vorabend des deutschen Angriffs zu erklären und die Hintergründe des Unternehmens "Barbarossa" zu beleuchten. Wie Chamberlain zuvor, war Stalin von der Macht Hitlers hypnotisiert und wollte sich unter keinen Umständen auf eine gewaltsame Auseinandersetzung mit Deutschland einlassen. Sein Ziel war eine diplomatische Lösung, die ein neues europäisches Gleichgewicht installieren und die Sowjetunion absichern sollte. Stalin täuschte sich jedoch darin, am Verhandlungstisch eine Neuaufteilung Europas diktieren zu können. Er war blind für die drohende deutsche Gefahr und ignorierte alle Warnungen, die er von Staatsmännern und Geheimdiensten erhielt. Gorodetsky entkräftet endgültig die landläufige These, Stalin hätte in Deutschland einmarschieren wollen, bevor Hitler ihn mit seinem Angriff überraschte. "Wer noch immer an der Idee festhalten möchte, Hitler habe lediglich einen Präventivkrieg geführt und sei Stalins Angriff nur um wenige Tage oder Wochen zuvorgekommen, sollte sich mit diesem vorzüglichen Werk des israelischen Historikers beschäftigen", schrieb die "Süddeutsche Zeitung".
Autorenporträt
Gabriel Gorodetsky, 1945 geboren, ist Professor für Russische Geschichte und Direktor des Curiel Center for International Studies an der Universität Tel Aviv. Er lehrte und forschte in Oxford und Washington. Der Autor ist ein weltweit anerkannter Spezialist für sowjetische Außenpolitik, über die er zahlreiche Bücher veröffentlichte. Mit seiner jüngsten Publikation erregte er internationales Aufsehen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Nach Gerd Koenen bietet dieser Band durchaus eine Menge Informationen - doch letztlich lasse er den Leser "tief verwirrt zurück". Viele Antworten, die Gorodetsky hier auf Fragen zur Taktik Stalins gibt, findet der Rezensent nicht nur verwunderlich, sondern schlicht nicht nachvollziehbar. So spreche der Autor stets über die 'kühle Realpolitik' Stalins, eine Politik, für die Koenen die Formulierung "halsbrecherische Vabanque-Politik" bevorzugt. Nach Gorodetskys Darstellung erscheine Stalins Politik als eine "bedächtige Politik der nationalen Selbstverteidigung Russlands, zu der es keine Alternative gab". Beides würde Koenen durchaus bezweifeln, ebenfalls fragwürdig findet er die Ansicht des Autors, dass letztlich die Briten schuld an Stalins Zwangslage gewesen seien. Koenen führt in seiner Rezension noch weitere Beispiele ähnlicher Art an, die belegen sollen, dass Gorodetskys Interpretationen in eine sehr einseitige Richtung gehen, und dass der Autor viele Alternativthesen zu wenig gelten lässt. Da hat, wie der Eindruck entsteht, auch die Tatsache wenig genützt, dass der Autor hier viele bisher unzugängliche sowjetische Quellen auswerten konnte.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.02.2001

Phantasie der Geschichte
Die Vorgeschichte des Angriffs auf die Sowjetunion im Juni 1941

Gabriel Gorodetsky. Die große Täuschung. Hitler, Stalin und das Unternehmen "Barbarossa". Siedler-Verlag, Berlin 2001. 512 Seiten, 16 Abbildungen, 49,90 Mark.

Die Motive und Ziele, die Adolf Hitler zum militärischen Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 veranlaßt haben, sind umfassend erforscht. Bei allen Divergenzen der Ergebnisse im einzelnen steht angesichts der bis heute zugänglichen Quellen fest, daß es sich bei dem "Unternehmen Barbarossa" nicht um einen Präventivkrieg gehandelt hat, der einer unmittelbar bevorstehenden Attacke des Gegners zuvorgekommen wäre. Diese in der Geschichtswissenschaft vorwaltende Auffassung will Gabriel Gorodetsky untermauern, weil sie von Zeit zu Zeit vor allem durch deutsche und russische Autoren bezweifelt wird. Er unterzieht sich der Aufgabe, indem er Stalins Gedankenbildung und Politik im Zeitraum zwischen dem Ende des Frankreich-Feldzuges im Juni 1940 und dem Beginn des Rußland-Krieges im Juni 1941 untersucht.

In umfassender Art und Weise hat der Autor unveröffentlichte Quellen aus europäischen und amerikanischen Archiven gesichtet, unter denen diejenigen russischer, jugoslawischer und bulgarischer Provenienz hervorzuheben sind. Dabei wird manches interessante Zitat zutage gefördert, das die Forschung im Hinblick auf seine Entstehung, seinen Kontext und seine Geltung mit Gewißheit noch eingehender beschäftigen wird. Grundlegend Neues wird dem Leser jedoch kaum geboten.

Eine intensivere Nutzung der reichhaltigen Literatur hätte die archivalische Entdeckerfreude des Verfassers im Sinne eines "déjà vu" hier und da mit Sicherheit gedämpft. Mehr noch: Wegen der zahlreichen, oftmals verwirrend wirkenden Einzelheiten geht über weite Strecken des Buches die große Linie der Darstellung schlicht verloren.

Im Grunde bestätigt Gorodetsky nur, was seit langem bekannt und weitgehend akzeptiert ist. Im Zeichen des deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrages (23. August 1939 bis 22. Juni 1941), der Hitler und Stalin zeitweise (vor allem während der deutschen Feldzüge gegen Polen, gegen Dänemark und Norwegen sowie gegen Frankreich) zu einer vom Autor insgesamt zu gering veranschlagten Komplizenschaft finden ließ, war das Verhältnis zwischen den beiden totalitären Diktaturen erheblichen Schwankungen unterworfen.

Im langen Schatten, den Frankreichs Kapitulation vor Hitlers Deutschland einerseits und Großbritanniens Widerstand gegen das scheinbar übermächtige "Dritte Reich" andererseits im Sommer und Herbst 1940 auf die weltpolitische Szenerie warfen, versuchte Stalin, sich als Kompensation für die territorialen Erwerbungen des deutschen Vertragspartners im Zuge einer "Politik der Nadelstiche" vor allem auf dem Balkan Vorteile zu sichern. Dort überschnitten sich allerdings die Interessen beider Reiche gefährlich. Er ging nicht zu Unrecht davon aus, daß der deutsche Diktator nach wie vor auf die wohlwollende Neutralität der Sowjetunion angewiesen sei.

Diese Haltung änderte sich im Frühjahr 1941, geraume Zeit also, nachdem Hitler sich im Dezember 1940 aus ideologischen und machtpolitischen Gründen zum Angriff auf die Sowjetunion entschlossen hatte. Die deutschen Siege im "Blitzkrieg" gegen Jugoslawien und Griechenland während des April 1941 und die wachsenden Anzeichen deutscher Kriegsvorbereitungen gegen die Sowjetunion ließen Stalin nunmehr auf einen demonstrativen Kurs der Beschwichtigungspolitik gegenüber dem westlichen Nachbarn einschwenken.

Während militärische Repräsentanten wie Schukow und Timoschenko für ein entschiedenes, auch präventives Handeln gegenüber dem Deutschen Reich eintraten, lehnte Stalin dies bis zuletzt - bis zu dem für die Sowjetunion schwarzen Sonntag des 22. Juni 1941 - mit Beharrlichkeit ab. Fest war er nämlich davon überzeugt, daß Hitler die Torheit, einen Zweifrontenkrieg auf sich zu nehmen, niemals begehen würde. Vielmehr untersagte er alles, was auf die deutsche Generalität, die er im Gegensatz zum "Führer" fälschlicherweise als angriffslustiger einschätzte, provozierend hätte wirken können.

Das in vielem rationale, aber aufs Ganze durch und durch verfehlte Kalkül des sowjetischen Diktators wurde nicht zuletzt dadurch gespeist, daß er die fixe Idee hatte, das "kapitalistische" England würde aller Wahrscheinlichkeit nach eher dazu bereit sein, mit dem "faschistischen" Deutschland gegen die "sozialistische" Sowjetunion zu marschieren, als daß, wie es tatsächlich geschehen sollte, eine Allianz aus Sowjets und Briten die Deutschen bekämpfen würde.

Die Phantasie der Geschichte, welche die Wirklichkeit des Zweiten Weltkrieges sodann vom Sommer 1941 an prägte, war auch in diesem Falle stärker als die Vorstellungskraft der Handelnden, herrschte doch umgekehrt in Großbritannien bis zum Tag des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion die Befürchtung vor, die beiden totalitären Diktaturen würden gemeinsam militärisch gegen die englische Demokratie vorgehen.

Ob der sowjetische Diktator über das Kriegsjahr 1941 hinaus für einen zukünftigen Zeitpunkt, möglicherweise schon für das Jahr 1942, einen Kriegseintritt seines Landes, und zwar nicht nur in defensiver Hinsicht, in Erwägung gezogen hat, wirft eine in der Forschung nach wie vor erörterte Frage auf. Ihr schenkt die vorliegende Darstellung keine Beachtung. Alles in allem läßt sich das, worum es Gorodetsky geht, im Kern der Argumentation und im globalen Zusammenhang, in wesentlichen Konturen und in vielen Details des Gegenstandes schon in dem erstmals 1965 erschienenen Standardwerk von Andreas Hillgruber: "Hitlers Strategie. Politik und Kriegführung 1940-1941" nachlesen, und zwar reflektiert und übersichtlich in einem.

KLAUS HILDEBRAND

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'Wer noch immer an der Idee festhalten möchte, Hitler habe lediglich einen Präventivkrieg geführt und sei Stalins Angriff nur um wenige Tage oder Wochen zuvorgekommen, sollte sich mit diesem vorzüglichen Werk des israelischen Historikers beschäftigen',(schrieb die 'Süddeutsche Zeitung').