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Erstmals und vollständig in deutscher Sprache: Bloys wichtigster Erzählungsband, ein Skandalon ebenso wie ein Kultbuch für Carl Schmitt und Ernst Jünger. Die 30 Erzählungen, die erstmals 1893 erschienen, sind schaurig-blutige Geschichten aus dem Deutsch-Französischen Krieg von 187 0/71 in der Tradition der Contes Cruels und Edgar Allan Poes. Bloy verarbeitet darin seine eigenen Erfahrungen als 'franc-tireur' in diesem grausamen Krieg, er nahm damit die "heutige Landschaft der Partisanen und Maquisards" (E. Jünger) vorweg.

Produktbeschreibung
Erstmals und vollständig in deutscher Sprache: Bloys wichtigster Erzählungsband, ein Skandalon ebenso wie ein Kultbuch für Carl Schmitt und Ernst Jünger. Die 30 Erzählungen, die erstmals 1893 erschienen, sind schaurig-blutige Geschichten aus dem Deutsch-Französischen Krieg von 187 0/71 in der Tradition der Contes Cruels und Edgar Allan Poes. Bloy verarbeitet darin seine eigenen Erfahrungen als 'franc-tireur' in diesem grausamen Krieg, er nahm damit die "heutige Landschaft der Partisanen und Maquisards" (E. Jünger) vorweg.
Autorenporträt
Léon Bloy (1846-1917) war ein französischer Romancier und Essayist. Er bekehrte sich unter dem Einfluss von Barbey d'Aurevilly, dessen Sekretär er zeitweilig war, zum Katholizismus. Ursprünglich vom Symbolismus ausgehend, gilt Bloy mit seinen späteren Werken als einer der radikalsten Kritiker des »verbürgerlichten« Christentums. Zu Lebzeiten blieb er als Autor erfolglos, doch beeinflusste er mit seiner Absolutheit des Ich und der Verherrlichung von Leiden und Schmerz, die für ihn erst zum Leben hinführten, so unterschiedliche Autoren wie Franz Kafka, Carl Schmitt, Ernst Jünger, Heinrich Böll und Gertrud Fussenegger.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.01.2012

Preußen verbrennen
1892 goss der Franzose Léon Bloy seinen Hass auf die Deutschen in eine Sammlung von Kriegserzählungen – der „Blutschweiß“ riecht auch übersetzt streng
Der deutsch-französische Krieg von 1870/71 besteht eigentlich aus zwei Kriegen. Der erste, gegen Kaiser Napoleon III., war nach wenigen Wochen entschieden, spätestens nach der Schlacht von Sedan am 2. September 1870. Danach begann ein zäher, grausamer Widerstands- und Freischärlerkrieg der republikanischen Nachfolgeregierungen und einzelner fanatisierter Gruppen, der sich durch den Winter hinzog und sich mit lokalen Aufständen, bald auch mit der Revolution der „Commune“ im von deutschen Truppen belagerten Paris verband. Über viele Wochen wusste Bismarck nicht, wer eigentlich sein Verhandlungspartner für einen Friedensschluss war. Dieser gestaltete sich bis zuletzt – ein vorläufiger Waffenstillstand konnte erst am 28. Januar 1871 geschlossen werden – äußerst mühsam.
Hier zeigte sich zum ersten Mal ein Problem, das im 20. Jahrhundert zum weitgehenden Verschwinden der alten Kunst des vertraglichen Friedensschlusses führte: Demokratisierte, von Hass aufgewühlte Gesellschaften sind nach großen Kriegen kaum in der Lage, vernünftige Kompromisse einzugehen, gar eine Niederlage realistisch anzunehmen. Der grausame und oft hinterhältige Krieg der Freischärler – „franc-tireurs“ war das französische Wort – beeindruckte den preußischen Generalstab so nachdrücklich, dass noch die Verhandlungen zur Haager Landkriegsordnung von 1907 mit ihrem Verbot des von nichtuniformierten Kräften geführten Guerilla-Krieges davon geprägt wurden.
Einer der Freischärler von 1870/71 war der damals erst 25 Jahre alte katholische Schriftsteller Léon Bloy. Zwanzig Jahre später, 1892, hat er aus seinen Erlebnissen, über die im Einzelnen sonst wenig bekannt ist, eine dreißig Stücke zählende Serie von Kurzgeschichten erst in Zeitungen publiziert und dann in einem Buch unter dem Titel „Blutschweiß“ (Sueur de sang) gesammelt, der den Schweiß Christi in der Verlassenheit des Gartens von Gethsemane zitiert.
Damit ist ein Subtext markiert, der bei Bloy, dem nationalistischen Geschichtstheologen Frankreichs, nicht überrascht. Denn es ist Frankreich, das in diesem Krieg seine Passion erleidet, gemartert von den deutschen Invasoren, die hier nicht als Menschen, sondern als niedere Wesen erscheinen, die nur plündern, fressen, saufen, scheißen, vergewaltigen und grunzende Laute ausstoßen, sonst aber kaum Merkmale fühlender Lebewesen zeigen – einschließlich des der Trunksucht und der Zigarre verfallenen Bismarck, der als fassartiger Unhold auftritt. Wer sich die Mühe macht, dazu in Eberhard Kolbs Geschichte des Friedensschlusses von 1871 die wahren Umstände von Bismarcks zunächst äußerst konzilianter Haltung nachzulesen, wird das Ausmaß des Hasses erkennen, dem Léon Bloy hier Raum gibt.
Denn ein Buch erbarmungslosen Hasses und unverhohlener Freude an der Grausamkeit ist „Butschweiß“. Es gibt Historiker, die mutmaßen, Bismarck habe der politisch verhängnisvollen, von den Militärs aus Sicherheitsgründen und von der deutschen nationalen Öffentlichkeit im Siegesrausch stürmisch verlangten Abtretung Elsass-Lothringens auch deshalb zugestimmt, weil er zu der Auffassung gelangte, die Franzosen würden den Deutschen ihren Sieg ohnehin nie verzeihen, und dann sei es besser, sich für den erwarteten Revanchekrieg ein paar wichtige Festungen zu sichern. Diese Überlegung findet in „Blutschweiß“ etliche Beweisstücke. Das Buch ist vollkommen unversöhnlich.
Da Bloy ein großer Schriftsteller ist, tun selbst Szenen, in denen ein paar Dutzend preußische Soldaten bei lebendigem Leibe verbrannt werden (sie wurden in einem vom Keller bis zum Dach mit Erdöl getränkten Gehöft eingeschlossen), ihre Wirkung. Dass Bloy zugleich ein Autor ist, der zu schimpfen versteht, hat schon Franz Kafka anerkannt – voilà, selbst in der unheilig gurgelnden deutschen Sprache lässt es sich nun nacherleben. Ob man dem Autor aber einen Gefallen tat, dieses zwischen krassem Naturalismus und übersüßem Symbolismus schwebende Nebenwerk auch noch zu übersetzen, dürfte eine Geschmacksfrage bleiben.
Alexander Pschera, der Herausgeber und Übersetzer des aufwendig gestalteten Bandes, gibt sich viel Mühe, Bloy als großen Geschichtsdenker zu zeigen, und wer die kürzlich wieder aufgelegten Schriften „Das Heil durch die Juden“ und „Jeanne d’Arc und Deutschland“ besitzt, wird sein Nachwort dankbar studieren. Doch gerade zu „Blutschweiß“ bleiben die sachdienlichen Hinweise unzureichend. Der Krieg von 1870/71 mit seinen traumatischen Nachwirkungen auf beiden Seiten ist so gut erforscht, dass man hier durchaus mehr Hinweise hätte geben können – gewiss, unterhalb der Theologie, aber doch mit jener barmherzigen Aufmerksamkeit fürs Einzelne, die sich zur Not sogar christlich begründen ließe. Aber was soll man von einem Kommentar halten, der den italienischen Einigungskrieg von 1859 als „sardischen Krieg“ aufführt? Wer nach der Schweißnacht mit Léon Bloy abkühlen möchte, lese Theodor Fontanes Büchlein „Kriegsgefangen“ von 1871 und er wird seinen Glauben an die Humanität Frankreichs wiederherstellen.
GUSTAV SEIBT
LÉON BLOY: Blutschweiß. Aus dem Französischen übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Alexander Pschera. Mit Illustrationen von Heidi Sill. Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2011. 296 Seiten, 29,90 Euro.
Ob dieses ressentimentgeladene
Nebenwerk wiederentdeckt werden
muss? Eine Geschmacksfrage
Léon Bloy im Jahr 1895.
Foto: picture-alliance/maxppp
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.07.2011

Gott ist Frankreich

Das Absolute stets im Blick: In "Blutschweiß" verknüpft Léon Bloy den Krieg mit der Heilsgeschichte - und steuert in rasender Fahrt auf die letzten Dinge zu.

Nach einer alten Ehrenformel ist die französische Kirche die älteste Tochter Roms oder gleich etwas vollmundiger: Frankreich ist die älteste Tochter der Kirche. In Kreisen des französischen politischen Katholizismus verzichtete man nach 1789 selten auf diese Wendung. Aber sie ließ sich durchaus noch steigern. Keiner hat das mit mehr Verve vorgeführt als der gegen Mitte des 19. Jahrhunderts geborene Léon Bloy. Sein bedingungsloser Enthusiasmus ließ noch alle konservativ-politischen Abzweckungen hinter sich, um in Frankreichs Geschick nichts anderes als die Leiden und Taten Gottes zu sehen. Rom kam da nur noch am Rande vor.

Es ging um die "symbolische Identität von Frankreich mit dem, was man das Reich Gottes nennt". So hat er es selbst in seinem 1893 erschienenen Buch formuliert, dessen Titel schon die Maßlosigkeit dieses heilsgeschichtlichen Anspruchs anklingen lässt. Denn "Sueur de Sang" nimmt die Beschreibung des auf dem Ölberg betenden Christus auf, an dem der Schweiß nach Lukas wie Blutstropfen zur Erde geronnen sei. Und dazu die Erläuterung: "Wenn Frankreich leidet, dann ist es Gott, der leidet, dann ist es der schreckliche Gott, der für die ganze Welt im Todeskampf ringt, indem er Blut schwitzt."

Das ist natürlich gar nicht mehr katholisch, was Bloy auch wusste und es gerade deshalb - allen Vernünftigen und den "guten Katholiken" zum Trotz - ungeschützt hinsetzte. Um klarzumachen, dass er solche Überzeugung nicht zu begründen gedachte, sondern sie mit der unverlierbaren Einsicht in das "Mysterium der Vorherbestimmung" verglich. Deshalb auch habe er sich nicht gefürchtet, fügt er noch an, den Vers des Evangelisten für sein Buch zu verwenden.

Nichts spricht dagegen, diese trotzige Verklammerung von politischer und Heilsgeschichte für wahnwitzig zu halten. Aber auf dem Feld der Literatur gibt eine solche Diagnose nicht den Ausschlag. "Blutschweiß" ist ein Buch, an dem man die Vorsicht gegenüber einem allzu schnell an sie geknüpftes Urteil gut lernen kann. Denn weder muss man Sympathie für den Habitus dieses Autors hegen noch seinen biographischen Verquältheiten zuneigen - um doch von einem sprachlichen Furor beeindruckt zu sein, dem sich grandiose Bilder und Passagen verdanken.

Der Gegenstand der Erzählungen, die Bloy in seinem Buch versammelt, sind Begebnisse im Deutsch-Französischen Krieg von 1870. Diese mehr als zwanzig Jahre zurückliegende Niederlage, aus der auch die Pariser Kommune und ihre Niederschlagung hervorgingen, sind ihm der Stoff, an dem die Sendung Frankreichs gerade in seiner tiefsten Demütigung greifbar werden soll. Dass Bloy selbst sich damals zu einer Freischärlertruppe gemeldet hatte, ist dafür kaum von Gewicht. Erinnerungen an persönliche Erlebnisse reichen nicht an die Aufgabe heran, die er gegen alle realistischen Schilderungen - Zolas Roman über 1870, "La Débâcle", war gerade erst erschienen - verfolgte: in den Grausamkeiten des Kriegs das alles Menschliche übersteigende Absolute zu beschwören.

Deshalb scheint hinter jeder gewaltsamen Begebenheit gleich ein überhöhter Archetyp der Grausamkeit auf, steht hinter jeder Racheaktion und jedem Scharmützel immer der Endkampf in heilsgeschichtlicher Zuspitzung, sind die Deutschen - Katholizismus bayerischer Infanteristen hin oder her - verworfene Statthalter der feindlichen Mächte schlechthin, ist noch das brutalste Morden der Franzosen vor höchster Instanz gerechtfertigt und wird noch drastischer als die Bestialität der Sieger in Szene gesetzt.

Ohne stilistische Überlastungen und manche Elemente der Schauerliteratur geht das nicht ab. Aber gerade auf diesen Wegen, geleitet von seinen theologisch befestigten Obsessionen, findet Bloy zu jenen Geschichten, Bildern und einzelnen Wendungen, die zu faszinieren vermögen. Wenn etwa die abends am Rande des Schlachtfelds auftauchenden Gestalten, die Leichen und Verletzte ausrauben, als "Golgathaspinnen" bezeichnet werden (und kaum etwas könnte bündiger den theologischen Hintergrundsinn von Bloys Erzählen durchscheinen lassen); wenn sich Gesichtszüge "wie ein Blutgerinnsel" in der Seele absetzen oder die Einfügung in einem groß inszenierten Tableau einem jener kleinen, fast unsichtbaren Esel gilt, wie sie "Gott erschaffen zu haben schien, um sich über die maßlose Großartigkeit seines Universums zu trösten": Von den unscheinbaren zu den letzten Dingen ist es bei Bloy nur ein solch kleiner Schritt. Und wenn eine Figur mit einem "verleumdeten Einhorn im Wappenschild eines der Felonie oder der Grausamkeit überführten Hospitaliters" verglichen wird, scheint noch Lautréamont herüberzugrüßen, den Bloy ja tatsächlich früh als Faszinosum entdeckt hatte.

Auch ganze Geschichten können so in Bann ziehen. Jene etwa über die "Messe der kleinen Verreckten", in der Kriegsgemetzel und Gottesdienst jenseits aller Ambitionen auf Realismus zusammengezwungen werden. Bloy ist da in seinem Element, bei dieser Messe von jungen französischen Freiwilligen aus besseren Familien, in die die Wut der Schlacht in Gestalt preußischer Bataillone hereinbricht. Aber die Messe darf, das ist das höhere Gesetz, nicht unterbrochen werden. Sie wird zum furchtbar schönen Opferritus, im geistlichen und zugleich einem älteren Sinn, dem Bloy dieses Schlussbild abgewinnt: "Und als sich der Priester nach vollendeter Messe umwandte, um seine Zuhörer bei der Entlassung zu segnen, sah er sich der bleichen Stirn der Sieger gegenüber, bis auf Augenhöhe verrammelt von einem Berg Sterbender und Toter."

Bloy wusste schon, warum er im Vorspruch schrieb, dass die meisten Zeitgenossen ihn für chauvinistisch oder dumm oder rasend halten werden, aber ihm das ganz gleichgültig sei - was auch ins unabdingbare Repertoire seiner Selbstdarstellung als Underdog einer aus der Zeit gefallenen Wahrheit gehörte. Zum großen Publikum hat er tatsächlich kaum gefunden, aber wohl zu Lesern, die ihn im Spiel hielten, so wie in Deutschland Heinrich Böll und Ernst Jünger - und schon diese recht spezielle Konstellation unter seinen deutschen Bewunderern sollte eigentlich auf ihn neugierig machen können. Alexander Pschera erweist sich in dieser ersten deutschen Ausgabe von "Blutschweiß" als vorzüglicher Kenner des Autors, in der Übersetzung wie in den hilfreichen Kommentaren und dem Essay über Léon Bloy, der den Band beschließt.

HELMUT MAYER.

Léon Bloy: "Blutschweiß".

Aus dem Französischen von Alexander Pschera. Illustrationen von Heidi Sill. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2011. 294 S., geb., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wer Gustav Seibts Kritik liest, fragt sich, warum dieser Band überhaupt übersetzt und in aufwendiger Ausgabe neu herausgebracht wurde. Es handelt sich laut Seibt um ein blutrünstiges Stück Nationalismus, geschrieben aus dem Furor der französischen Niederlage von 1871, der allenfalls einen Vorgeschmack gibt auf die finsteren Passionen des nahenden 20. Jahrhunderts und so gesehen von dokumentarischem Wert sein könnte. Die Deutschen, so Seibt, werden als völlig entmenschte Wesen geschildert. Mit großer literarischer Könnerschaft werde ausgemalt, wie deutsche Soldaten bei lebendigem Leib verbrannt werden. Bismarck werde als "fassartiger Unhold" dargestellt. Angesichts des Hasses, den Bloy hier artikuliert, fragt sich Seibt, ob Bismarck der Annexion Elsass-Lothringens nur zustimmte, um Deutschland mit Festungen "für den erwarteten Revanchekrieg" abzusichern. Den Kommentar des Herausgebers und Übersetzers kann Seibt nur mit Einschränkungen empfehlen.

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