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Vier Männer am Vorabend einer entscheidenden Herzoperation ineinem Krankenzimmer: eine flüchtige und zufällige Erzählgemeinschaft.Alle vier blicken auf ereignisreiche Leben zurück, die sichnun in diesem Brennpunkt des Schicksals kurz berühren. WolfgangHegewald verwebt ihre Geschichten zu einem packenden Roman,der spielerisch, heiter und mit deutlicher Freude am Absurden dieGrenzen des Lebens ertastet und die deutsch-deutsche Geschichtemit ihren Umbrüchen zu begreifen versucht. Ein prismatisch gebrochenesSatyrspiel um offene Herzen, entstehende Inseln, wunderbareGärten und waghalsige Seefahrten.…mehr

Produktbeschreibung
Vier Männer am Vorabend einer entscheidenden Herzoperation ineinem Krankenzimmer: eine flüchtige und zufällige Erzählgemeinschaft.Alle vier blicken auf ereignisreiche Leben zurück, die sichnun in diesem Brennpunkt des Schicksals kurz berühren. WolfgangHegewald verwebt ihre Geschichten zu einem packenden Roman,der spielerisch, heiter und mit deutlicher Freude am Absurden dieGrenzen des Lebens ertastet und die deutsch-deutsche Geschichtemit ihren Umbrüchen zu begreifen versucht. Ein prismatisch gebrochenesSatyrspiel um offene Herzen, entstehende Inseln, wunderbareGärten und waghalsige Seefahrten.
Autorenporträt
Wolfgang Hegewald, geboren 1952 in Dresden, studierte Informatik und Theologie, bevor er 1983 nach Hamburg übersiedelte, da in der DDR seine schriftstellerischen Arbeiten nicht publiziert wurden. 1984 wurde er beim Ingeborg-Bachmann- Preis in Klagenfurt ausgezeichnet, 1987 erhielt er ein Stipendium der Villa Massimo in Rom. Er veröffentlichte u.a. die Romane Jakob Oberlin oder Die Kunst der Heimat, Die Zeit der Tagediebe, Ein obskures Nest. Von 1993 an leitete Hegewald das Studio für Literatur und Theater an der Universität Tübingen, seit 1996 ist er Professor für Rhetorik und Poetik an der HAW Hamburg. Hegewald lebt in Hamburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.07.2014

Namensfindungspreisausschreiben
Schliff und Satire: Wolfgang Hegewalds Roman "Herz in Sicht" über vier Patienten

Das Herz und der Schmerz, rein medizinisch gesprochen, ergeben als existentiell ausdeutbare Diagnosefelder ein reiches literarisches Arbeitsgebiet. Nach Julya Rabinowich ("Herznovelle") und Peter Stephan Jungk ("Das elektrische Herz") nun also des Dresdeners Wolfgang Hegewald neuer Roman "Herz in Sicht": Vier Männer begegnen einander im Krankenzimmer einer Herzstation und vertreiben sich die Wartezeit auf ihre Operationen mit Geschichten.

Teil I enthält "Urbanskis Erzählungen": Paul Urbanski, freischaffender Literaturkritiker (Herzinfarkt), wird drei Bypässe verpasst bekommen und hat wahrhaft Unglaubliches zu erzählen, von der Eroberung seines Wohnortes im Landkreis Uelzen durch das Meer. Unversehens finden sich Urbanski, seine fluchtwillige Geliebte Nina und die übrigen Dorfbewohner auf einer Insel, die der Kritiker im Rahmen eines Namensfindungspreisausschreibens auf den Namen Malipo tauft, worauf die Umbenennung des örtlichen "Heidekrugs" in "Strandperle" nur noch eine Frage der Zeit ist. Teil II dreht sich vor allem um den vielfach begabten, aber wenig erfolgreichen Mathematiker Wilhelm Hausladen (Mitralklappenrekonstruktion), der aber meistenteils nicht selbst erzählt, sondern einen zentralen Platz in den "Erinnerungen und Ansichten des Andrologen Dr. Joachim Oehlmann" einnimmt.

Sehr gern würde die Rezensentin für die Erstellung ihrer Besprechung auf die Dienste des "computergestützten Expertensystems" Ephraim zurückgreifen, das Urbanski, nach Eingabe des Textes, zuverlässig mit einer pointiert formulierten Instant-Kritik versorgt: Ephraim "dachte von Natur aus druckreif". Zumindest würde sie gern über Urbanskis Methode des beschleunigten Prüfverfahrens verfügen, denn dieser, "ein Routinier in Sachen literarischer Motivermittlung, schlug traumwandlerisch die richtige Stelle in Kapitel acht auf". Nach zwanzig Seiten Lektüre schläft er ein, für wenige Minuten, beim Erwachen hat er die Argumentation seiner Besprechung im Kopf: "Nur ganz und gar Ahnungslose mochten das für Scharlatanerie oder Faulheit halten."

Ohne derlei Arbeitserleichterungen muss die Rezensentin sich jedoch der nicht unanstrengenden Gesamtlektüre des Romans befleißigen, seinen Handlungssträngen und geradezu rabiaten Arabesken bis in die feinsten Verzweigungen folgen und viel Geduld für all die Binnengeschichten, Anekdötchen und Da-capo-Schleifen, die Traumschiffgaladiner-Speisefolgen, Fragebögen und Briefe aufbringen. "Herz in Sicht" kommt daher wie der letzte eingefrorene Posthornton der Postmoderne - und es ist eine Sache des Temperaments, ob man sich daran ergötzt oder ihn als Ohrenschmerz wahrnimmt.

"Patienten geht, kurz bevor sie fachmännisch aufgeschlitzt werden, der Mund über", heißt es in einem beigegebenen "Abstract", und auch der Erzähler ist sichtlich einer, dem der Mund übergeht. Apropos "literarische Motivermittlung": Das Aufschneiden und Untersuchen fungiert als Leitmotiv, von der Herzoperation über die Rezensionspraxis bis zu jenem Max aus einem zu besprechenden Roman, der als zeitgemäßer Haruspex der prophetischen Eingeweideschau frönt.

Ein anderes Thema ist die Kinderlosigkeit, derentwegen Wilhelm Hausladen den Facharzt Oehlmann aufsucht, mit dem er sich trotz Unfruchtbarkeitsdiagnose bald eng befreundet. Aber auch die DDR ragt in den durch Republikflucht geknickten Lebensläufen massiv in die Gegenwart, lässt die Kreise einiger Figuren einander berühren; ein ehemaliger Stasi-Major und Verhörspezialist fristet sein Dasein als privater Häftling im Badezimmer einer Antiquarsfamilie, die gleich zwei Herren im Krankenzimmer kennen: "Die Welt war klein. Der Osten nahm zu."

Der Ernst des politischen Gegenstands wird in dieser Feier des sacht Absurden genauso gnadenlos verwitzelt wie die Bedrohung durch ein defektes Herz. Sosehr Hegewalds geistreiche Wortspielsucht, sein diamantener Satzschliff, seine satirische Treffsicherheit in literaturbetrieblichen wie medizinischen Belangen für dieses Buch einnehmen, so muss man sich doch erst einmal durch ein Schlaraffenland der faktenreichen Fußnoten und überfrachteten Personalstände fressen. Ständig bekommt man süßen Haferbrei und sehnt sich nach einem Stück Schwarzbrot. (So könnte Ephraim getextet haben.)

Selten nur geschieht es, dass "das Lauffeuer der Schrift auf das Terrain" der eigenen Gedanken übergreift, zumeist bleibt der Funke aus. Und man versteht Ninas Dankbarkeit gegenüber ihrem "Romanliebhaber" Urbanski - dafür, dass ein gründlicher Lektürebericht den Kauf so manchen Buches überflüssig macht.

DANIELA STRIGL

Wolfgang Hegewald: "Herz in Sicht". Roman.

Matthes & Seitz, Berlin 2014. 286 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

So recht weiß Rezensentin Daniela Strigl nichts mit Wolfgang Hegewalds neuem Roman "Herz in Sicht" anzufangen. In dieser Geschichte um vier Herz-Patienten und ihre unterschiedlichen Schicksale - vom Literaturkritiker mit drei Bypässen bis zum erfolglosen Mathematiker, der auf eine neue Herzklappe wartet ist alles vertreten - kämpft sich die Kritikerin tapfer durch zahlreiche irgendwo zwischen DDR-Vergangenheit und medizinisch-metaphorischer Eingeweideschau mäandernde Handlungsstränge und "Da-capo-Schleifen", lernt eine Unmenge an Roman-Personal kennen und amüsiert sich immer wieder über Hegewald satirische Pointen und seine hintersinnigen Wortspiele. Zwischen Erschöpfung und Entzückung schwankend - nicht zuletzt dank des ausladenden Fußnotenapparates - kommt Strigl schließlich zu dem Schluss: Dieser Roman ist wie der "letzte eingefrorene Posthornton der Postmoderne".

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