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Jan Nepomucem Graf Potocki (1761-1815) galt zu Lebzeiten als einer der reichsten Männer Europas. Er bereiste die ganze Welt und hinterließ einen Meilenstein der europäischen Literaturgeschichte, 'Die Handschrift von Saragossa'. Felix Philipp Ingold folgt den Spuren des legendenumrankten polnischen Adligen und nähert sich spielerisch, verspielt, spielend seiner Biografie. Malta, London, Afrika, Asien, Petersburg, Begegnungen mit Schachautomaten, einem sprechenden Affen, rauschende Feste, wo immer er auftritt - und ein Lebensende, das sich auf mehrerlei Arten ereignet haben könnte. In jedem Fall: Ein Leben, das zum Roman geworden ist.…mehr

Produktbeschreibung
Jan Nepomucem Graf Potocki (1761-1815) galt zu Lebzeiten als einer der reichsten Männer Europas. Er bereiste die ganze Welt und hinterließ einen Meilenstein der europäischen Literaturgeschichte, 'Die Handschrift von Saragossa'. Felix Philipp Ingold folgt den Spuren des legendenumrankten polnischen Adligen und nähert sich spielerisch, verspielt, spielend seiner Biografie. Malta, London, Afrika, Asien, Petersburg, Begegnungen mit Schachautomaten, einem sprechenden Affen, rauschende Feste, wo immer er auftritt -
und ein Lebensende, das sich auf mehrerlei Arten ereignet haben könnte. In jedem Fall: Ein Leben, das zum Roman geworden ist.
Autorenporträt
Ingold, Felix Philipp
Felix Philipp Ingold lebt und arbeitet nach langjähriger Lehr- und Forschungstätigkeit als Schriftsteller, Publizist und Übersetzer in Romainmôtier/VD. Zu seinen zahlreichen Auszeichnungen gehören der Petrarca-Preis für literarische Übersetzung, der Ernst-Jandl-Preis für Lyrik, der Erlanger Preis für Übersetzung als Poesie, der Berner Literaturpreis Spezial und der Basler Lyrik-Preis.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Felix Philipp Ingolds Roman um den vielgereisten, ebenso gebildeten wie reichen und berühmten Grafen Potocki hat Andreas Langenbacher sichtlich fasziniert. Er sieht in "Noch ein Leben für John Potocki" ein komplexes und mitunter vertracktes Spiel mit der abenteuerlichen Biografie des Grafen (1761-1815), die in ein literarisches Comupterspiel eingebettet ist. Das Ganze strotzt für Langenbacher nur so von Witz und Ironie, aber auch von Empathie und Gelehrsamkeit. Manchmal werden ihm die zahlreichen, den Fluss der Handlung unterbrechenden reflexiven Kommentare allerdings ein wenig zu viel. Dennoch: ein Roman, den er mit großen Vergnügen gelesen hat.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.01.2014

John Potocki gegen den Rest der Welt

Da muss wohl etwas aus dem Ruder gelaufen sein: Felix Philipp Ingold schickt einen absonderlichen Helden auf Abenteuerreise und lässt den Leser ratlos an Land zurück.

Was lässt sich mit einem solchen Helden anfangen? Noch ungetauft, wäre er beinahe in geweihtem Wasser ertrunken, und schließlich vollzieht Pater Eliasz die Taufe linkshändig. Angesichts solcher fundamentaler Probleme ist allein "der Generalist unter den Schriftstellern" gefragt. Dabei aber gerät unser Held ganz schön ins Phantasieren. "Salonlöwen! Philanthropen! Mätressen! Artisten! Universitätsprofessoren! Hochstapler! Hofnarren! Extrembergsteiger! Feld- und Frauenärzte! Waffenhändler! Heiratsschwindler! Bankiers!"

Ob wir Felix Ingold zur Ordnung rufen sollen? Nein, Ordnung scheint nicht in das Leben von Ingolds Helden Johann Nepomuk Potocki zu passen, der unter solchen Wirrnissen zur Welt kommt und dessen weiteres Leben von dem Spiel innerhalb eines Spiels geprägt sein wird. Sein Titel: "John Potocki gegen den Rest der Welt".

In der Tat: Dieser Graf Potocki befindet sich für uns, die Leser seiner Lebensgeschichte, in einer heiklen Lage. Genau wissen wir ja nicht einmal, ob es ihn überhaupt gibt, ob bei diesem seltsamen Grafen einfach "die Logik aus dem Ruder gelaufen" ist und er in einer verkehrten Welt lebt, "die quer zu allem steht, was die klassische Physik, der gesunde Menschenverstand, die ökonomische Vernunft, das soziale Gewissen und das allgemeine religiöse Bedürfnis für normal hält". Da ist für Fassbares, Begreifliches wenig Raum gelassen. Für den neugierigen Leserkreis ist diese Geschichte wohl eher ein Appell an die Phantasie.

Im Laufe der Lektüre, immerhin 536 Seiten, verstärken sich dergleichen Bedenken noch, denn über weite Strecken mischt sich der Autor als Theoretiker des Geschäfts mit hinein, wie es dem tatsächlichen Autor dieses Buches als einem der Theorie hörigen Verfasser durchaus gebührt. So hält die Geschichte dieses gräflichen Helden noch weitere Überraschungen bereit, die zu erfassen, zu verstehen sich Wissen, Verstand, Vernunft sträuben.

Dass Tante Anna Dorota Mniszeck zur wichtigsten Bezugsperson des Jungen werden soll - wen ficht das an, wenn doch schon das Schloss Lancut eigentlich Landshut hieß? Wirre Bahnen, wo "alles möglich ist, wenn wir es nur wollten". Was aber wollen wir? "Ihn beobachten beim Traben, Springen, Siegen, Fliegen, Strahlen, Straucheln, Basteln, Tagträumen, Trübsalblasen." Es ist eine Liste, die sich leicht ins Unendliche fortsetzen lässt und nichts von dem verrät, "was wir mit unserem Helden noch vorhaben - und er mit uns!".

So schütter und wacklig ist es mit dem bestellt, was der Verfasser des Buches anzubieten hat, dessen Leben "zwar stark auf sein professorales Gehäuse fokussiert ist, sich aber insgesamt doch wie eine Abenteuergeschichte ausnimmt". Denn Ersteres trifft ja in der Tat auf den Autor des Buches zu, den Professor Ingold. Letzteres - aber ach, wo gibt es das in diesem Buche schon! Denn unvermittelt entsteht die Frage, ob die Sprache überhaupt das rechte Verständigungsmittel hier sei, wenn zum Beispiel von den "geheimnisvollen Ytiliern" berichtet wird, deren Sprache ein einziger endloser Kalauer ist, ein Geräusch von sich reibenden Lippen-, Zahn- und Kehl- und Rachenlauten, womit dann drei Seiten des Buches sparsam gefüllt sind: "mnk ... frss ... krlkp ... krrrrrrrrrrm"und so fort. Und dann hat das wohl alles noch dazu mit einem Goldenen Zeitalter zu tun und einer heilen Welt, durch die, wie uns berichtet wird, das gewaltige Schiff namens "Nitschewo" jagt.

Irgendwann wird die Welt aber auch wieder greifbarer, kommt Klartext vor der geladenen Prominenz zur Sprache: "Kijewer Hühnerkotelett", "Podolische Kirschtorte", "Wódka Wyborowa von Potocki Brothers", "Mehlsuppe à la bâloise", "Gummibärchen à discrétion". Auch das über drei Seiten bis zu dem siebengängigen Festmenü von Pecorino über Omelette bis zu Ingwerspänen, ein Menü, dessen Anfangsbuchstaben dann von oben bis unten als P-O-T-O-C-K-I zu lesen sind. Und die Schlussfrage: "Hat unsere Spielerei eine Moral, eine Logik, auf die wir achten sollten? Der wir folgen, die wir erfüllen sollten?" Vielleicht eine große, riesige Ballonfahrt? Nein, auch der mit derart vorsätzlich heißer Luft gefüllte Ballon wird zu Boden stürzen, und man wird am Ende dankbar die Summe des Autors entgegennehmen: "Ich habe ja nur fortgesetzt, was niemand sonst begonnen hat." Und in der Hand des Toten findet sich ein zerknüllter Zettel: "Ende des Spiels".

Damit darf sich dann die Leserschaft des Buches von dessen Verfasser mit einer lächelnden Verbeugung - nach links, rechts oder rückwärts vielleicht? - verabschieden.

GERHARD SCHULZ

Felix Philipp Ingold: "Noch ein Leben für John Potocki". Roman.

Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2013. 536 S., geb., 29,90 [Euro].

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