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Unter dem - auf ihn zurückgehenden - Begriff "versöhnte Verschiedenheit" als Titel legt der lutherische Theologe Harding Meyer nunmehr den zweiten Band seiner Aufsätze zur ökumenischen Theologie vor. Er widmet sich ganz dem katholisch-lutherischen Gespräch. Dabei geht es in erster Linie um den offiziellen Dialog zwischen Lutherischem Weltbund und römisch-katholischer Kirche, an dem der Verfasser - als theologischer Sekretär, später als theologischer Berater - vom ersten Tag im Herbst 1967 bis zur Konzipierung, Erarbeitung und Überarbeitung der "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre"…mehr

Produktbeschreibung
Unter dem - auf ihn zurückgehenden - Begriff "versöhnte Verschiedenheit" als Titel legt der lutherische Theologe Harding Meyer nunmehr den zweiten Band seiner Aufsätze zur ökumenischen Theologie vor. Er widmet sich ganz dem katholisch-lutherischen Gespräch. Dabei geht es in erster Linie um den offiziellen Dialog zwischen Lutherischem Weltbund und römisch-katholischer Kirche, an dem der Verfasser - als theologischer Sekretär, später als theologischer Berater - vom ersten Tag im Herbst 1967 bis zur Konzipierung, Erarbeitung und Überarbeitung der "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" teilgenommen hat.

Der erste Teil des Aufsatzbandes beschreibt aus erlebter Nähe den Gang und den Ertrag dieses Dialogs in seinen, bislang abgeschlossenen drei Phasen von 1967 bis 1994. Das wird ergänzt durch Darstellungen jener Fragen und Debatten, die sich neben und gleichzeitig mit dem Vollzug des eigentlichen Dialogs ergaben: dem Gespräch über eine katholische "Anerkennung" der Confessio Augustana, der evangelischen Kritik am katholisch/lutherischen Dialogdokument "Einheit vor uns", der Diskussion über eine katholisch/evangelische "Grunddifferenz", der Bedeutung und Tragweite der "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" und der Frage der katholischen Einheitsvorstellung. Der zweite Teil widmet sich einzelnen noch weitgehend offenen und weiterhin dem Dialog aufgegebenen Kontroversfragen: dem Schrift-Tradition-Problem, dem Verständnis von Kirche, dem Bischofsamt und der apostolischen Sukzession, dem päpstlichen Primat und der Mariologie. Dabei geht es immer um beides, zunächst um die möglichst exakte Beschreibung des status controversiae, dann aber stets und vor allem um die Frage nach den Möglichkeiten der Verständigung.

Die knappe Hälfte der insgesamt 16 Aufsätze sind leicht überarbeitete Artikel, die in theologischen und ökumenischen Zeitschriften oder als Beiträge zu Sammelbänden bereits veröffentlicht wurden. In der Mehrzahl jedoch handelt es sich entweder um neue Aufsätze oder um Neufassungen, die jeweils verschiedene, zum Teil schon publizierte Vorarbeiten raffen und integrieren.

Zum Autor/Herausgeber: Harding Meyer, geb. 1928, 1958-1967 Professor für Systematische Theologie in São Lepoldo /Brasilien, 1967-1971 Theol. Sekretär für ökumenische. Angelegenheiten des Lutherischen Weltbundes, Genf und 1971-1994 bis zu seiner Emeritierung Professor und langjähriger Direktor am Institut für Ökumenische Forschung in Strassburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.07.2001

Ab nach Frankfurt/Oder
Harding Meyer untersucht den harten Magen des Ökumenikers

Da gibt es seit wenigen Jahrzehnten einen neuen kirchlichen Beruf: Ökumeniker. Sein Profil: absolut interkonfessionell; zumeist sind systematische Theologen davon ergriffen, daher ist es zumindest ein Teilzeitjob. Der Ökumeniker hat den Optimismus eines amerikanischen Nahost-Vermittlers, er hat die Aktenmappe voll von wichtigen ökumenischen Papieren, die alle zehn Jahre ausgewechselt werden, er lächelt auch bei Hagel aus Rom oder lutherischen Zorneswallungen, lächelt ferner bei der Nennung von bekannten Kurorten in Verbindung mit Jahreszahlen wie "Santiago 1993", denn das waren wichtige Meetings, er ist jet- und konferenzerprobt, hat ferner einen harten Magen. Man kennt sich untereinander, nennt Yves Congar mit Ehrfurcht und kennt Ratzinger aus besseren Zeiten und Lehmann noch aus Zeiten, bevor er Kardinal wurde. Und man hofft strikt gemeinsam und innig auf jeden neuen Papst. Ein Ökumeniker sagt in jedem Absatz einmal "Und dennoch . . .".

Also ganz im Ernst: Ohne diese Spezies wäre die Christenheit um manche Hoffnung ärmer. "Und dennoch" - die Schlachten, die hier um Formelkompromisse geschlagen werden, finden irgendwo im dritten Himmel statt. Nun ist es gewiß keine Alternative, mit fanatisierten Mönchen "Papst raus!" zu kreischen. Doch wenden wir uns zunächst einem verdienstvollen Ökumeniker lutherischer Konfession zu. Unter dem schönen Titel "Versöhnte Verschiedenheit", der irgendwo nach Nicolaus Cusanus klingt, hat Harding Meyer, Professor in Straßburg, sechzehn Aufsätze zum lutherisch-katholischen Dialog jetzt in einem Band vorgelegt. Die Aufsätze betreffen zentrale Themen wie den Kompromiß in der Rechtfertigung, an dessen Zustandekommen Meyer großen Anteil hatte, das Verständnis von Amt und Primat, von Einheit und Überlieferung in der Kirche und schließlich auch von Maria. Gewichtige Probleme werden daher aufgerollt, und sie werden dargestellt mit gründlicher Kenntnis Luthers und des ökumenischen Jet-sets.

Wie schön ist es zum Beispiel zu hören, was Luther alles über Maria gesagt hat. Er meinte wirklich: "Sie ist über alle Menschen erhaben", "niemand ist ihr gleich". Er sagt, man solle das Ave Maria gebrauchen, zu "Lob und Ehre". Er will die Marienfeste Lichtmeß, Verkündigung und Heimsuchung festhalten. Ja, Maria ist für ihn "Werkzeug, darinnen Gott wirkt", ihr gebühre "Verehrung und Lob", sie sei "Exempel der Gnade". Konsequent schlägt der Autor vor, die Mariologie ökumenisch zu entfrachten. Gerade auch mit den neueren Mariendogmen kann Meyer etwas anfangen: In dem von der Unbefleckten Empfängnis geht es um die Priorität der Gnade, in dem von der Himmelfahrt Mariens um Maria als Exempel der Gnade, als Zeichen der Hoffnung. Kein Katholik sollte fürderhin wegen dieser beiden Dogmen in Zweifel geraten. Richtig wird beobachtet: Die Zuordnung von Maria und Kirche - sie steht für Luther ganz fest! - bedeutet ein Zurücktreten der Neigung, Maria miterlöserhaft zu denken. Und selbst wenn . . ., Meyer findet einen Ausweg: Mittler zum einzigen Mittler (Jesus Christus) kann die Mutter Gottes ja sein, denn Jesus stand nicht allein auf weiter Flur.

Was den Papst und die Unfehlbarkeit betrifft, so nimmt Meyer den Vorschlag Walter Kaspers auf, den Papst in die Kirche zu integrieren (!) und achtet sorgfältig auf neuere katholische Vorschläge von der notwendigen "Rezeption" des Lehramts durch die Gläubigen - wo diese nicht geschieht, da ist alle Lehre umsonst. So werde die lutherische Forderung nach Rückbindung der Lehre in der Kirche zum Teil erfüllt.

Das Wunderbare: So gravierend die Probleme auch sein mögen, so viel Zornesglut hinter jedem Thema seit Jahrhunderten zu Asche geworden sein mag, immer gelingt es Meyer, Äußerungen herauszufinden, die aufeinander zustreben. Mit Fug kann man finden: Hier tun sich Wege auf, die man für weitere Verhandlungen nutzen möchte. Meyer zeigt, daß die Spezies Ökumeniker noch Gesprächsstoff für Jahrhunderte hat.

Blauäugig ist Meyers Gutwilligkeit in puncto Schrift. Wir hören, der Papst solle "unter dem Wort Gottes stehen". Was aber ist "Wort Gottes", und wer findet es heraus? Der emeritierte badische Landesbischof Klaus Engelhardt hat neulich gemeint, die Exegeten müßten herausfinden, was Gottes Wort sei. Das könnte uns Schriftgelehrten so passen: Der Papst tanzt nach unseren Fußnoten!

Nun sind alle diese ins Auge gefaßten Wege und Kompromisse wackelig, da es immer nur ein paar Vertreter der jeweils anderen Konfession sind, die für Meyer in die rechte Richtung weisen. Also Kartenhäuser im dritten Himmel. Soweit der Himmel. Kehren wir uns nun zur Erde, die ganz und gar nicht zum Ökumeniker-Himmel passen will. Von wegen "Gesprächsstoff für Jahrhunderte" - wo der Kirchenbesuch bei Protestanten bei einem Prozent der Mitglieder liegt und wo es eine Diözese im Norden Deutschlands gibt, in der bald nur noch ein Priester pro 100 000 Katholiken walten wird, wo das so ist, hat die Geschichte den Ökumenismus längst überholt. Wen oder was will man eigentlich vereinigen? Wo die Botschaft keine Faszination mehr hat und die je eigene konfessionelle Spiritualität erloschen ist, scheint anderes wichtiger als irenische Spielchen gelehrter, unendlich gutwilliger Herren - nämlich: von vorne anfangen, von ganz unten her. Zum Beispiel katholischer Pfarrer werden in Frankfurt an der Oder, wo niemand hin will wegen "toter Hose".

Und wenn denn - Gott sei Dank! - all diese sehr weit gehenden Gemeinsamkeiten bestehen, die Meyer hier aufzeigt, warum, "zum Teufel", muß man die Verantwortlichen wie einen bockigen Hund, der die Vierradbremse eingestellt hat, zum Thema Papst hinschleifen? Wehe also dem, der die Emotionen aus dem Auge verliert. Die Argumente hat der Aufklärer für sich - um das Herz aber streiten sich Engel und Teufel.

KLAUS BERGER

Harding Meyer: "Versöhnte Verschiedenheit". Aufsätze zur ökumenischen Theologie II. Der katholisch/lutherische Dialog. Verlag Otto Lembeck, Frankfurt am Main 2000. 387 S., br., 58,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In süffisantem Ton setzt der Rezensent Klaus Berger mit der Beschreibung der "Spezies" der Ökumeniker ein: um ein Exemplar derselben handelt es sich beim Verfasser dieses Buches. Dass er und das Buch vor den Augen des skeptischen Rezensenten keine Gnade finden, ist von der ersten Zeile an klar. Ziel und Aufgabe des Ökumenikers ist es, die Kirchen zusammenzuführen, Gemeinsamkeiten in Schrift und Praxis auszumitteln, Kompromisse zu finden. Klaus Berger zweifelt ganz grundsätzlich an den "Kartenhäusern im dritten Himmel", die da errichtet werden. In der Wirklichkeit sieht es, so sein Argument, ohnehin ganz anders aus: da gehe nämlich ohnehin kaum noch einer in die Kirche. Berger plädiert, ironisch, für einen ganz anderen Neuanfang. Wie wäre es, fragt er, mit der Übernahme einer katholischen Pfarrei in Frankfurt (Oder)?

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