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Dies ist eine grundlegende Untersuchung des malerischen Oeuvres Hans Schäufelins, das in der Forschung lange Zeit unterschätzt wurde und im Schatten Albrecht Dürers stand. Der ausführlich kommentierende Katalog analysiert alle durch Signatur gesicherten Werke oder anerkannte Zuschreibungen. Die Bearbeitung des ästhetischen und auftragsgeschichtlichen Umfelds ermöglicht eine Neubestimmung des künstlerischen Rangs Schäufelins.

Produktbeschreibung
Dies ist eine grundlegende Untersuchung des malerischen Oeuvres Hans Schäufelins, das in der Forschung lange Zeit unterschätzt wurde und im Schatten Albrecht Dürers stand. Der ausführlich kommentierende Katalog analysiert alle durch Signatur gesicherten Werke oder anerkannte Zuschreibungen. Die Bearbeitung des ästhetischen und auftragsgeschichtlichen Umfelds ermöglicht eine Neubestimmung des künstlerischen Rangs Schäufelins.
Autorenporträt
Christof Metzger, geboren 1968, studierte an der Universität Augsburg Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Volkskunde. Die Monographie über Hans Schäufelin wurde 1999 in Augsburg als Dissertation vorgelegt. Sein Forschungsschwerpunkt ist die süddeutsche Kunst des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts, darunter 1996 auch zum "Christgartener Altar" des Hans Schäufelin. Nach dem Volontariat an den Bayerischen Staatlichen Museen München Forschungs- und Kuratorentätigkeit an den Kunstsammlungen und Museen Augsburg, der Staatlichen Graphischen Sammlung München und der Universität Trier. Zu den Schwerpunkten seiner kunsthistorischen Arbeit zählen die Kunst der Dürerzeit und des deutschen Barock.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hans Schäufelin stand durch lange kunstgeschichtliche Jahrhunderte hindurch so tief im Schatten seines Lehrers Albrecht Dürer, dass er als eigenständige Figur kaum sichtbar wurde. Dagegen will nun Christof Metzger etwas unternehmen. Ausführlich wird, auch vom Rezensenten, der Lebensweg des Künstlers nacherzählt, von den Jahren in Dürers Werkstatt, von der Zeit danach, in Italien zunächst, dann in Nördlingen. Abrupt endete die Malerkarriere mit der Reformation - Schäufelin orientierte sich um und arbeitet erfolgreich als Produzent von Buchholzschnitten (diese letzte Phase, bedauert der Rezensent Andreas Beyer, komme ein wenig kurz in Metzgers Darstellung). Keineswegs ist Metzgers Rehabilitierungs-Taktik darauf ausgerichtet, Schäufelin als völlig selbständigen Künstler kenntlich zu machen. Gerade in dessen "Anlehnung und Orientierung am Vorbild Dürer" sieht er eine große Qualität. So ganz gelöst sieht Beyer den "Widerspruch" zwischen Eigenständigkeit und Schulzugehörigkeit nicht, das Buch aber lobt er, einigen "Redundanzen" zum Trotz, als "monumentale Monografie".

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.01.2003

Bahn frei für diesen Exportunternehmer alteuropäischer Meisterschaft
Der Maler Hans Schäufelin, lange als Adept Dürers vernachlässigt, erscheint in Christof Metzgers monumentaler Monographie nun wieder kostbarer als Rubine

Der unmittelbare künstlerische Wirkungskreis Albrecht Dürers ist von der Forschung schrittweise immer genauer umschrieben und exakter bestimmt worden; seine Werkstattpraxis wurde dabei erhellt und einzelne aus ihr hervorgegangene Persönlichkeiten - allen voran Hans Baldung Grien und Hans Süß von Kulmbach - haben zunehmend an Kontur gewonnen. Sie behaupten heute ihren eigenen Platz innerhalb der Künstlergeschichte in einer ihrer entscheidenden Phasen. Allein Hans Schäufelin - von etwa 1503 bis 1507 in Diensten des Nürnbergers - hat bislang unter dem Vorwurf weitgehend unschöpferischer Abhängigkeit von Dürer gelitten, wurde von folgenden Generationen verdächtigt, sich auch später nicht aus dessen übermächtigem Schatten befreit zu haben und hat so die auch ihm doch durchaus zustehende Aufmerksamkeit nicht erlangt.

Dagegen haben die Zeitgenossen Schäufelin schon früh gewürdigt. Jean Pélerin (gen. Viator) zählt ihn in seinem Kunsttraktat von 1521 zu jenen Künstlern, die "kostbarer als Rubine, Saphire oder Smaragde" wögen und führt ihn gleichberechtigt neben Dürer, Lucas Cranach d. Ä. und Baldung Grien auf. Den Nachweis, daß auch Schäufelins Beitrag zur Kunst der "Dürerzeit", wenn vielleicht auch weniger eigenständig, so doch gerade deshalb enorm aufschlußreich ist, belegt die jetzt von Christof Metzger vorgelegte Monographie - ein opulentes Dokument kennerschaftlicher Urteilskraft und quellenkritischer Recherche gleichermaßen.

Von den frühen Gemälden, die Schäufelin, dessen eigentliche Lehrzeit noch vor seinem Wechsel nach Franken liegt, selbständig in Dürers Werkstatt ausführte, ist keines - nicht in der Faktur und nicht motivisch - ohne dessen prägendes Vorbild denkbar; daher wohl auch sind einige seiner Arbeiten lange Zeit irrtümlich Dürer zugeschrieben geblieben. Dieser muß sich des besonderen mimetischen Talents Schäufelins bewußt gewesen sein und scheint darauf vertraut zu haben, in ihm einen verläßlichen Multiplikator seiner Kunst zu fördern. Unter anderem überließ er, nach seinem Aufbruch in Richtung Venedig, Schäufelin die nach seinen Vorzeichnungen zu vollendende Ausführung des großen Passionsaltars für Friedrich den Weisen von Sachsen - den heute in Wien aufbewahrten, sogenannten "Ober-St.-Veiter Altar".

Aber auch nachdem Schäufelin im Jahr 1507 die Nürnberger Werkstatt verließ und zunächst in Tirol tätig wurde, blieb er im Bannkreis des Nürnberger Meisters. Tatsächlich wird man diese Hinwendung nach Süden wohl weniger als traditionelle Gesellenwanderung zu deuten haben - Italien hat er offenbar nicht betreten - , sondern vielmehr als gelungenes Exportunternehmen. Gerade im südlichen Alpenraum herrschte um 1500 ein reges Interesse an der dürerschen Bildproduktion, und kaum einer versprach, dessen Stilhabitus verbindlicher zu transportieren als namentlich Schäufelin. Nicht ausgeschlossen werden kann zudem, daß es Dürer selbst war, der gelegentlich seiner Rückkehr in den Norden, auf Zwischenstation in Tirol, die Aufträge für seinen treuesten Adepten ausgehandelt hat.

Gleichwohl erweist sich Schäufelin mit seinen dort geschaffenen Werken, allen voran den Tafeln des Altars von Niederlana, als zunehmend freihändig, vor allem figürlich und weniger räumlich operiender Maler, der virtuos auf ein eigenes Formenrepertoire zurückzugreifen beginnt und auch andere Einflüsse, etwa Lucas Cranachs d. Ä., wirkungsvoll verarbeitet. Aber auch das freilich steht durchaus nicht im Widerspruch zur Kunstlehre und -praxis Dürers, der die fortschreitende Verselbständigung seiner Werkstattmitarbeiter unterstützte und vom Maler forderte, sich nur so lange am Vorbild zu orientieren "pis daz er ein freie hant erlangt". Nicht verhandelbar war für Dürer allein der Dualismus von individueller Unverwechselbarkeit und verbindlichen Gestaltungsnormen der Zeit.

Für die weitere Karriere Schäufelins sollte sich der Aufenthalt in Tirol aber vor allem deshalb als besonders folgenreich erweisen, weil er dort in Kontakt mit Auftraggebern gelangte, die in engstem Verhältnis zum kaiserlichen Hof standen, allen voran mit Leonhard von Völs. Es ist dieser Umgang, der auch Schäufelins anschließende Station in Augsburg (ab 1509) erklärt, wo sich um den Humanisten Konrad Peutinger eine Vielzahl von Künstlern scharte, die den gesteigerten Kunstbedarf Kaiser Maximilians zu befriedigen suchte. Obschon Schäufelin in Augsburg in die Werkstatt Hans Holbeins d. Ä. eintrat, war es doch auch hier seine notorische Nähe zu Dürer, die ihn für die höfischen Aufträge besonders interessant machte.

Peutingers Auftrag und entschiedenem Einfluß verdankt sich wohl auch eine der spektakulärsten Arbeiten Schäufelins, sein Zyklus der "Vier Temperamente", der heute zwischen Kreuzlingen und Wien verwahrt wird. Es handelt sich um die erste solche Serie in der europäischen Kunst, die zudem dadurch merkwürdig blieb, daß sie nicht allegorisch argumentiert - wie etwa Dürer in seiner "Melencholia I" -, sondern ausschließlich auf die äußere Erscheinung, die Gesichtslandschaft von Choleriker, Phlegmatiker, Melancholiker oder Sanguniker vertraut. Während Dürers künstlerischer Humanismus zu Recht in seinen Proportionsstudien erkannt wird, äußert er sich bei Schäufelin in seinem Interesse an der Physiognomik, das gleichsam in das achtzehnte Jahrhundert vorauszuweisen scheint. Voraussetzung dieser Bildfindungen ist eine umfängliche Lektüreerfahrung antiker und spätmittelalterlicher Autoren; zugleich aber eine stupende Beobachtungsfähigkeit, die Schäufelin auch zu Selbstbildnissen befähigte, die zu den frühesten künstlerischen Selbstreflexionen und Formulierungen vom Topos des schwermütigen Künstlers gehören.

Ab 1510 verlegt Schäufelin seine Tätigkeit nach Nördlingen, wo er um 1513 eine eigene, bald prosperierende Werkstatt gründet und "seiner Kunst halben" 1515 das Bürgerrecht verliehen bekommt. Zwar bildeten die kaiserlichen Bestellungen zunächst noch immer die unverzichtbare Existenzgrundlage, zunehmend aber bediente Schäufelin nun auch das schwäbisch-fränkische Grenzgebiet. Für Kirchen und Klöster lieferte er Altäre; vor allem aber war es das wohlhabende Patriziat, das ihn mit Aufträgen versorgte. Diesem vielversprechenden Beginn setzte die Einführung der Reformation in Nördlingen im Jahr 1522 ein jähes Ende. Fast alle von Metzger katalogisierten Gemälde datieren in der Tat vor diesem Zeitraum. Es lohnte, einmal all jene Künstlerkarrieren vergleichend zu verfolgen, die infolge des reformatorischen Bildersturms oder gewandelten Bildbedürfnisses, in existentielle Bedrohung gerieten. Zur Ironie der Kunstgeschichte gehört, daß es gerade die humanistisch inspirierte Kunst aus dem Dürerkreis ist, die zu den wirkungsvollsten Verbreitern des reformatorischen Gedankenguts zählte, und die zugleich zu dessen prominenten Opfern zählt.

Schäufelin hat sich in der Folge, und bis zu seinem Tod um 1540, ganz dem zeitgemäßen Buchholzschnitt gewidmet, und, meist für Augsburger Verleger, Illustrationen zu Werken von Martin Luther, Hans Sachs oder Giovanni Boccaccio geschaffen. Mit diesen Holzschnitten endlich geriet Schäufelin selbst zum vielbeachteten Vorbild. Auch Dürer rekurrierte, in seiner "Kleinen Holzschnittpassion", auf Vorlagen seines einstigen Mitarbeiters, die er namentlich in ihrer Naturnähe zu übertreffen suchte.

Metzger aber widmet sich in erster Linie dem Maler Schäufelin, und erkennt gerade in dessen Anlehnung und Orientierung am Vorbild Dürer das besondere Qualitätsmerkmal dieses Künstlers. Diesem reizvollen Aspekt - der gegen den Mythos und das Primat der künstlerischen Individualität angeht, die ja noch immer hartnäckig unsere Sicht auf die Kunst der frühen Neuzeit beherrschen - arbeitet der Autor freilich dadurch entgegen, daß er durch einfühlsame Beobachtung und Beschreibung dann doch eine monumentale Monographie verfaßt hat, die das bis zur Unkenntlichkeit reichende Aufgehen seines Helden in einem Zeitstil anzuhalten versucht.

Bei aller archivalischen Energie und enormen fachlichen Kompetenz, mit der hier - nicht ohne gelegentliche Redundanz - ein Werk und eine Karriere rekonstruiert werden, bleibt so der Eindruck eines kaum lösbaren Widerspruchs. Die Kunstgeschichte mag um einen Maler der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts reicher geworden sein; das, was wir unter dem Signum "Dürer" als Epoche begreifen, ist deshalb aber um nichts ärmer geworden.

ANDREAS BEYER

Christof Metzger: "Hans Schäufelin als Maler". Denkmäler Deutscher Kunst. Hrsg. vom Deutschen Verein für Kunstwissenschaft. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin 2002. 624 S., 425 Farb- u. S/W-Abb., geb., 128, - [Euro].

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